zu den informellen Trilogverhandlungen zur Durchsetzungsrichtlinie KOM (2012) 131

Ähnliche Dokumente
Deutscher Gewerk. rkschaftsbund. Bezirk Nord. Schleswig-Holsteinischer Landtag Europaausschuss Herrn Vorsitzenden Peter Lehnert, MdL

Die Urteile des Europäischen Gerichtshofs: Folgen für die Gewerkschaften

Politischer Dialog Brüssel EU-Überregulierung am Beispiel der Entsenderichtlinie

EU-Dienstleistungsrichtlinie

Entsandte Arbeitnehmer schützen Sozialdumping stoppen!

Update Arbeitsrecht. Verschärfung der Arbeitnehmerentsenderichtlinie. November 2017

Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz ARBEITSDOKUMENT

Leitlinien Zugang von Zentralverwahrern zu den Transaktionsdaten zentraler Gegenparteien und Handelsplätze

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT. gemäß Artikel 294 Absatz 6 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN. Vorschlag für eine VERORDNUNG DES RATES

DE In Vielfalt geeint DE A8-0206/142. Änderungsantrag 142 Terry Reintke im Namen der Verts/ALE-Fraktion

Sozialdumping stoppen! Europa. Standpunkt. Die SPD-Abgeordneten Sozialdemokraten. im Europäischen Parlament. Die SPD-Abgeordneten Fraktion der

die Landesregierungen von Rheinland-Pfalz und Berlin haben beschlossen, beim Bundesrat den in der Anlage mit Begründung beigefügten Antrag für eine

VERMERK Herrn Inigo Mendes de Vigo die Mitglieder des Konvents Mandat der Arbeitsgruppe zum Subsidiaritätsprinzip

Auswirkungen der A-1 Bescheinigung auf die illegale Arbeitnehmerüberlassung. Anna Wilde

Stellungnahme der Verbraucherzentrale Nordrhein- Westfalen e.v.

VERORDNUNG (EU).../... DER KOMMISSION. vom XXX

Stellungnahme. Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum Verordnungsentwurf des Bundesministeriums der Finanzen

Leitlinien Zusammenarbeit zwischen Behörden gemäß den Artikeln 17 und 23 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014

Vorschlag für einen DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS DES RATES

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT. gemäß Artikel 395 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates

Die Dienstleistungsrichtlinie - mögliche Auswirkungen auf Gesundheits- und Sozialdienstleistungen

KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT UND DIE EUROPÄISCHE ZENTRALBANK

Bundesgesetz über die Anpassung der flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit

Billiger geht immer Werkverträge im Bereich der Gewerkschaft NGG. 9. Hans-Böckler-Forum zum Arbeits- und Sozialrecht Berlin 21./22.

Arbeitnehmerfreizügigkeit sozial, gerecht und aktiv gestalten

Vorschlag für einen BESCHLUSS DES RATES

Verstärkte Solidarhaftung oder «Kettenhaftung» Umsetzung als Teil der Flankierenden Massnahmen

Artikel 12 VO (EG) Nr. 883/2004

DGB-Bundesvorstand Abt. Europapolitik. Faire Mobilität. - Stand Oktober Projektaufbau und Aufgaben

RAT DER EUROPÄISCHEN UNION. Brüssel, den 11. Juli 2013 (OR. en) 11374/13 Interinstitutionelles Dossier: 2009/0139 (CNS) FISC 133

Stellungnahme des GKV-Spitzenverbandes vom

it-recht kanzlei münchen

EUROPÄISCHES PARLAMENT

DerVorschlagderEU-KommissionfüreineRichtliniedesEuropäischenParlamentsunddesRatesüberdieBedingungenfürdieEinreiseunddenAufenthalt

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

Rede von Thorben Albrecht Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Eingangsstatement

Studien zum deutschen und europäischen Arbeitsrecht. Anna Wilde. Arbeitnehmerüberlassung im Binnenmarkt. Nomos

Vorschlag für einen BESCHLUSS DES RATES

Stellungnahme zum Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung und der Behindertengleichstellungsverordnung

VSt. Beilage. An den Ausschuss der Regionen Referat für Subsidiaritätskontrolle Rue Belliard 101 B-1040 Brüssel

fair Arbeitnehmerfreizügigkeit sozial, gerecht und aktiv Arbeit im Schlachthof Deine Rechte als Beschäftigter in Deutschland

Gestaltungsspielräume für strategische Beschaffung Fokus soziale Aspekte Cornelia Markowski

Das schwedische Alkoholgesetz

Aktueller Stand: Lebensmittelkennzeichnung - rechtliche Rahmenbedingungen. Christoph Schönberg - Kennzeichnung des Tierwohls

Vorschlag für einen DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS DES RATES

Die Ernennung eines Datenschutzbeauftragten

RAT DER EUROPÄISCHE U IO. Brüssel, den 20. April 2012 (24.04) (OR. en) 8913/12 Interinstitutionelles Dossier: 2011/0130 (COD)

Bundesrat Drucksache 473/07 (Beschluss) Beschluss des Bundesrates

Zusammentreffen von Erwerbstätigkeiten & Soziale Sicherheit

Zur Möglichkeit der Aussetzung der Heranführungshilfe der EU an die Türkei

Lohn- und Sozialdumping- Bekämpfungsgesetz (LSD-BG)

INFORMATIONSBLATT DATENSCHUTZ. EU DATENSCHUTZ GRUNDVERORDNUNG Nr. 679/2016

Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung des Europäischen

Stellungnahme des BPI. zum Referentenentwurf. eines Gesetzes zur Umsetzung. der RL (EU) 2015/566 und 2015/565. Stand: 24.

Modernisierung der Mehrwertsteuer für den grenzübergreifenden elektronischen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (B2C)

Zu dem vorliegenden Referentenentwurf nehmen wir wie folgt Stellung:

Vorschlag für einen DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS DES RATES

Berlin, den 24. August 2017 GG 3/2017

Düsseldorf, EU Dienstleistungspaket Vorschläge der Europäischen Kommission. Sehr geehrte Damen und Herren,

EBA Leitlinien. zu Zahlungsrückständen und Zwangsvollstreckung EBA/GL/2015/

Die Delegationen erhalten in der Anlage das Dokument COM(2016) 214 final.

Stellungnahme zum EU-Dienstleistungspaket hier: Entwurf eines Berichts über den Vorschlag für eine Richtlinie zur Verhältnismäßigkeitsprüfung

1. Keine europarechtliche Pflicht zur Regelung nationaler Steuersachverhalte

Zweifelsfragen im Zusammenhang mit 60 Abs. 1 Satz 2 AO und der in der Anlage zu 60 AO enthaltenen Mustersatzung für gemeinnützige Körperschaften

Änderungsanträge 18 (14) bis 18 (14) Bundestags-Drucksache 18/ Stand

DELEGIERTE VERORDNUNG (EU).../... DER KOMMISSION. vom

Zwingende soziale Mindeststandards bei der Vergabe öffentlicher Aufträge

Die flankierenden Massnahmen

Stellungnahme des DGB zum Referentenentwurf. eines Gesetzes zur Einführung

Wissenschaftliche Dienste. Sachstand. Nachtarbeitszuschlag Deutscher Bundestag WD /17

Das Verhältnis von allgemeinem Vergaberecht und Verordnung (EG) Nr. 1370/2007

Rat der Europäischen Union Brüssel, den 15. Juli 2015 (OR. en)

Vorschlag für einen DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS DES RATES

8305/14 ADD 1 kwi/gha/hü 1 DG G 3 B

ArbeitnehmerInnen-Rechte in der Europäischen Union Eingezwängt zwischen neuen Gesetzen und alten Binnenmarktfreiheiten

Vorschlag der EU-Kommission für eine Verordnung zur Einführung von Notfallmaßnahmen

VERORDNUNGEN. (Text von Bedeutung für den EWR)

EUROPÄISCHE KOMMISSION GENERALDIREKTION GESUNDHEIT UND LEBENSMITTELSICHERHEIT DG(SANTE)/ RS

Vorschlag für eine RICHTLINIE DES RATES

Netz- und Informationssicherheit in der Union (sogenannte

***I ENTWURF EINES BERICHTS

Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen

DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU).../... DER KOMMISSION. vom

Vorschlag für einen BESCHLUSS DES RATES

Vorschlag der Bundesregierung

die Regierung des Landes Baden-Württemberg hat beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte

Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes

Richtlinie 96/71/EG vom über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen 2

9352/01 FR/lu DG H I DE

Vorschlag für eine RICHTLINIE DES RATES

DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2018/886 DER KOMMISSION

CA/PL 7/00 Orig.: englisch München, den Revision des EPÜ: Artikel 142 ff. EPÜ. Präsident des Europäischen Patentamts

IQ-Kongress Zuwanderung aus Bulgarien und Rumänien Fachkräftesicherung oder Armutszuwanderung

EU-Datenschutz-GVO - Was kommt da auf uns zu?

Rat der Europäischen Union Brüssel, den 22. September 2014 (OR. en)

Gutachten. Entsendung Mitarbeiter/Arbeitnehmer nach Italien

Transkript:

Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand Abteilung Europapolitik DGB Position zu den informellen Trilogverhandlungen zur Durchsetzungsrichtlinie KOM (2012) 131 Januar 2014

Die Verbesserung der Situation und der Rechte von entsandten Beschäftigten ist ein Kernanliegen des DGB und seiner Mitgliedsgewerkschaften. Entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind in besonderem Maße von Lohn- und Sozialdumping betroffen und unlautere Entsendeunternehmen nutzen Regelungslücken, um vermeintlich legal oder illegal nationale Standards zu umgehen. Der DGB und die europäischen Gewerkschaften fordern daher seit vielen Jahren eine Revision der Entsenderichtlinie, mit dem Ziel den Charakter der Entsenderichtlinie als sozialen Mindeststandard wiederherzustellen und die Rechte der entsandten Beschäftigten zu stärken. Bis zu einer Revision der Entsenderichtlinie muss die sog. Durchsetzungsrichtlinie 1 echte Verbesserungen im Bereich der Arbeitnehmerentsendung bringen. Jede Verschlechterung der aktuellen Situation und Rechtslage bzw. eine Festlegung auf den Status quo lehnt der DGB entschieden ab. Am 10.12.2013 haben sich die Arbeits- und Sozialminister im EPSCO-Rat bei der Durchsetzungsrichtlinie auf eine allgemeine Ausrichtung verständigt. Da sich der Beschäftigungsausschuss des Europäischen Parlaments bereits am 20.06.2013 auf ein Mandat verständigt hatte, können die sog. informellen Trilogverhandlungen mit dem Europäischen Parlament beginnen. Der DGB fordert insbesondere das Europäische Parlament auf, sich entsprechend ihres Mandats für umfangreiche Verbesserungen des Kommissions- und Ratstextes einzusetzen. 1. Anforderungen des DGB an die Durchsetzungsrichtlinie Wie in seiner Stellungnahme vom 05.06.2012 und in den Forderungen für Änderungen zum Richtlinienentwurf vom 05.11.2012 dargelegt, fordert der DGB umfangreiche Verbesserungen des Kommissionsvorschlags. Die wichtigsten Kernforderungen lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1) Effiziente Kontrollen und Sanktionen Zur Bekämpfung von Missbrauch und zum Schutz entsandter Beschäftigter müssen Kontrollen ausgeweitet und effizienter gestaltet werden. Keinesfalls darf es zu einer Einschränkung der Kontrollmöglichkeiten der Mitgliedstaaten kommen. Aus diesem Grund muss die Durchsetzungsrichtlinie in Artikel 9 einen nicht abschließenden Prüfkatalog an möglichen Anforderungen und Kontrollmöglichkeiten enthalten. Der DGB setzt sich insbesondere dafür ein, dass die Mitgliedstaaten zu bestimmten Kontrollen verpflichtet werden, um so für die entsandten Beschäftigten zumindest die in der Entsenderichtlinie enthaltenen Mindestarbeits- und Entlohnungsbedingungen zu gewährleisten. Da einige unlautere Entsendeunternehmen mit immer neuen, kreativen Strategien versuchen, die Mindestanforderungen der Entsenderichtlinie zu umgehen, muss es den nationalen Behörden weiterhin möglich sein, nationale Kontrollmaßnahmen anzupassen und weiterzuentwickeln, ohne dafür eine EU-Richtlinie abändern oder die Kommission um Erlaubnis fragen zu müssen. Eine geschlossene Liste würde zudem aktuelle, bewährte Kontrollpraktiken in Deutschland und anderen Mitgliedstaaten (z.b. umfangreiche Meldepflichten, Übersetzung von Dokumenten, Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten) massiv einschränken. Auch indirekte Einschränkungen der offenen Liste, z.b. durch eine Notifizierungspflicht von neuen Kontrollmaßnahmen, lehnt der DGB entschieden ab. 2) Klare Rechtsfolge bei Scheinentsendungen und Missbrauch durch Briefkastenfirmen Damit bei Scheinentsendungen oder Bestehen von Briefkastenfirmen kein Nachteil für die betroffenen Beschäftigten entsteht, dürfen letztere im Fall, dass keine Entsendung vorliegt, 1 Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Durchsetzung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen; KOM (2012) 131 2

nicht auf das Herkunftslandprinzip zurückfallen. Unter Anwendung des Günstigkeitsprinzips muss das Recht des Arbeitsortes gelten. Deshalb müssen die Rechtsfolgen der entsprechenden Konstellationen in Artikel 3 rechtssicher und unmissverständlich geregelt werden. 3) Wirksame Generalunternehmerhaftung Damit entsandte Beschäftigte im Falle von Missbrauch oder unterlassenen Zahlungen ihre Rechte durchsetzen können, muss in Artikel 12 der Durchsetzungsrichtlinie eine volle Durchgriffshaftung des Hauptauftraggebers für die gesamte Subunternehmerkette eingeführt werden. Auftraggeber dürfen nicht durch Einhaltung der Sorgfaltspflicht entlastet werden, und die Generalunternehmerhaftung muss für alle Branchen gelten. Keinesfalls darf die Regelung in der Durchsetzungsrichtlinie zu einer Einschränkung der bestehenden Regelung zur Generalunternehmerhaftung in Deutschland führen. 4) Recht auf Beratung und Information für entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit dem Projekt Faire Mobilität, in dessen Rahmen der DGB mit Unterstützung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und des Europäischen Sozialfonds seit 2011 mobile Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer berät, macht sich der DGB zudem für ein in der Durchsetzungsrichtlinie verankertes, eigenständiges Recht auf Information und Beratung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern stark. Informationen und Beratungsangebote dürfen nicht nur Dienstleistungserbringern zur Verfügung stehen, sondern müssen vor allem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zugänglich sein. Notwendig hierfür ist die flächendeckende Einrichtung von Beratungsstellen für entsandte Beschäftigte. Dafür müssen von der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden. 2. Bewertung der wichtigsten Artikel der Allgemeinen Ausrichtung des Rates Vorbemerkung: An vielen Stellen sind die gefundenen Kompromisse nicht eindeutig, unlogisch oder unsystematisch und enthalten damit viel Spielraum für Interpretationen. Genau diese Interpretationsoffenheit von Richtlinien ist jedoch der Ausgangspunkt vieler Probleme bei der Entsendung gewesen, denn sie hat dazu geführt, dass der Europäische Gerichtshof die Entsenderichtlinie anders auslegen konnte als vom Gesetzgeber ursprünglich beabsichtigt. Insofern ist es aus Sicht des DGB entscheidend, bei der Durchsetzungsrichtlinie klare und rechtssichere Formulierungen zu finden. Art. 3: Definitionen Art. 3 enthält Kriterien zur Feststellung, ob tatsächlich eine Entsendung bzw. ein Entsendeunternehmen vorliegt. Diese Kriterien können, müssen aber nicht, von den Mitgliedstaaten geprüft werden. Der Artikel enthält die Formulierung may include, hierbei ist nicht klar, ob die Liste geschlossen ist. Besser wäre in jedem Fall die Formulierung may in particular. In jedem Fall leistet der Artikel in dieser Form keinen Beitrag zur Bekämpfung von Scheinentsendungen und Briefkastenfirmen. Keine zufriedenstellende Lösung ist gefunden worden für die sog. Rechtsfolgenproblematik, also die Frage, welches Recht anwendbar, wenn die Entsenderichtlinie z.b. aufgrund von Missbrauch durch Scheinentsendungen nicht anwendbar ist. In Art. 3 ist die Rechtsfolge nicht geregelt. In Erwägungsgrund 6 wird auf Art. 8 der Rom I VO verwiesen, was eine Anwendung des Herkunftslandprinzips in diesen Fällen zumindest nicht ausschließt. Dies ist aus Sicht des DGB völlig inakzeptabel. 3

Art. 5: Zugang zu Information Artikel 5 enthält kein eigenständiges Recht auf Beratung und Information für entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es handelt sich lediglich um ein abgeleitetes Recht auf Information über Internetseiten oder (nicht einmal verpflichtend) Informationsblätter. Der Bericht des Beschäftigungsausschusses enthält in Art. 5 insbesondere in Abs. 4a diesbezüglich sehr gute Ansätze, die zur Grundlage der Trilogverhandlungen gemacht werden sollten. Art. 9: Verwaltungsanforderungen und Kontrollmaßnahmen Art. 9 enthält als Ausgangspunkt eine offene Liste für Kontrollmaßnahmen. Diese wird jedoch aufgrund einer Reihe von Formulierungen wieder eingeschränkt und könnte so zu einer defacto geschlossenen Liste werden. 1.) Verhältnismäßigkeitstest: Maßnahmen müssen justified and proportionate sein, damit stellt man alle Kontrollmaßnahmen egal ob in der Liste erhalten oder nicht unter den Generalvorbehalt der Dienstleistungsfreiheit anstatt die Belange der Beschäftigten in den Mittelpunkt zu stellen. 2.) Problematisch ist die Formulierung in Abs. 1a, wo die Einführung und Anwendung von Maßnahmen, die nicht in der Liste enthalten sind, an die Bedingung geknüpft werden, dass neue Situationen oder neue Entwicklungen aufgetreten sind und die anderen Maßnahmen nicht ausreichend sind. Abgeschwächt wurde die Einschränkung durch die Formulierung from which it appears. Trotzdem bleibt unklar, inwiefern auf diese Weise neue Beweispflichten und damit Hürden für neue Kontrollen geschaffen werden. Der Absatz enthält überdies wieder den Verhältnismäßigkeitsvorbehalt. 3.) Besonders problematisch ist der Absatz 2a, wonach neue Maßnahmen gegenüber der Kommission notifiziert werden müssen. Die Bundesregierung vertritt die Auffassung, dass hiermit kein Notifizierungsverfahren gemeint ist. Dagegen spricht zunächst die Tatsache, dass den Vertretern einer geschlossenen Liste die Formulierung to communicate nicht ausreichte und sich eine ähnliche Formulierung in der Dienstleistungsrichtlinie (Art. 15) findet, wo man sich eindeutig auf das formelle Notifizierungsverfahren bezieht, bei dem die Kommission neue Maßnahmen erst genehmigen muss. Dieser Punkt müsste in jedem Fall klar gestellt werden, besser wäre es die Notifizierung gänzlich zu streichen. Durch technische Weiterentwicklung und auf Grund der Erfahrungen in der Kontrollpraxis müssen die Maßnahmen permanent angepasst werden können. Daher ist eine offene Liste von Kontrollmaßnahmen ohne jegliche Einschränkungen von zentraler Bedeutung. Zudem ist es wichtig, Rechtssicherheit für bestehende Maßnahmen zu schaffen. Das wird nicht gelingen, wenn man diese weiterhin unter einen Verhältnismäßigkeitsvorbehalt stellt. Der Bericht des Beschäftigungsausschuss enthält in Art. 9 mit einer Kombination aus einigen verpflichtenden Anforderungen und einer offenen Liste eine gute Alternative zum Ratskompromiss, auf dessen Basis ein möglicher Kompromiss verhandelt werden sollte. Art. 10: Inspektionen Problematisch ist hier die Formulierung Inspections shall be based primarly on a risk assessment. Das bedeutet, dass Inspektionen grundsätzlich nach einer Risikoabschätzung erfolgen sollen. Flächendeckende und Zufallskontrollen sind demnach nicht ohne weiteres möglich, oder sind zumindest gerichtlich angreifbar. 4

Art. 12: Generalunternehmerhaftung Der Artikel ist das Ergebnis der schwierigen Verhandlungen und erscheint wenig logisch und systematisch: 1) Abs. 1 enthält die Möglichkeit für Mitgliedstaaten eine Generalunternehmerhaftung einzuführen, für Mindestlöhne und Sozialversicherungsbeiträge, allerdings begrenzt auf den direkten Subunternehmer, es ist nicht die ganze Kette umfasst. Problematisch ist, dass nur der Arbeitnehmer die Haftung geltend machen kann und nicht der Anspruch für den Arbeitnehmer geltend gemacht wird. In Deutschland klagt beispielsweise die Soka Bau oder die Sozialversicherung bisher selbst die zugunsten des Arbeitnehmers geschuldeten Beiträge ein. 2) Abs. 2 enthält die Verpflichtung eine Generalunternehmerhaftung einzuführen, begrenzt ebenfalls auf den direkten Subunternehmer und die Baubranche. Abs. 3a enthält aber eine Öffnungsklausel für die Verpflichtung, indem Mitgliedstaaten auch andere Maßnahmen zur Bekämpfung von Missbrauch einführen können. 3) Abs. 3 enthält die Möglichkeit, strengere Regelungen hinsichtlich Anwendungsbereich und Reichweite der Generalunternehmerhaftung anzuwenden. Allerdings wieder unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. Damit gibt es keine grundsätzliche Rechtssicherheit für nationale Generalunternehmerhaftungssysteme, da sie sich weiterhin im Spannungsfeld der Dienstleistungsfreiheit bewegen. Problematisch ist zudem der Hinweis auf due diligence, also die Möglichkeit sich auf die Sorgfaltspflicht zu berufen. Völlig unklar ist der Zusammenhang zu Abs.1. Hier ist nicht auszuschließen, dass Abs. 1 zum Maßstab genommen wird für die Frage, welche Regeln verhältnismäßig sind und welche nicht. 4) Problematisch ist die Rolle der Kommission, der in Abs. 3b,c, noch einmal explizit die Überwachung der Umsetzung, Anwendung dieses Artikel zugeschrieben wird. Auch bezüglich Art. 12 enthält der Vorschlag des Beschäftigungsausschusses einen weitgehenderen und ziel-führenderen Ansatz. Dabei sollte noch einmal klargestellt werden, dass die Haftung wie beabsichtigt, für die gesamte Kette gilt. 5