LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 23. Mai 2014 Az. L 5 KR 222/14 B ER



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Transkript:

LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 23. Mai 2014 Az. L 5 KR 222/14 B ER Gericht: LSG Nordrhein-Westfalen Datum: 23. Mai 2014 Aktenzeichen: L 5 KR 222/14 B ER Typ: Beschluss Fundstelle: openjur 2014, 12462 Verfahrensgang: Tenor Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.3.2014 abgeändert. Die Antragsgegenerin wird im einstweiligen Rechtsschutz bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Hauptsacheverfahrens S 9 KR 289/14, längstens jedoch bis zum 31.5.2015 verpflichtet, den Antragsteller mit dem Glukosemesssytem Dx G4 PLATINUM (Empfänger und Transmitter) einschließlich der für dessen Nutzung erforderlichen Dx G4 PLATINUM Sensoren zu versorgen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt auch die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren. Gründe Die Beschwerde des Antragsstellers ist zulässig und teilweise begründet. Nach 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, das heißt des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, das heißt die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.

Der geltend gemachte Anordnungsanspruch und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen ( 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.v.m. 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Die Glaubhaftmachung bezieht sich auf die reduzierte Prüfungsdichte und die nur überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewissheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes im summarischen Verfahren (vergleiche BVerfG, Beschluss vom 29.7.2003, 2 BvR 311/03, NVwZ 2004, 95). Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden; die grundrechtlichen Belange des Antragstellers sind umfassend in die Abwägung einzustellen (vergleiche BVerfG, Beschluss vom 12.5.2005, 1 BvR 569/05, NVwZ 2005, 927; BVerfG, Beschluss vom 29.6.2007, 1 BvR 2496/07, NVwZ 2008,880). Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Seine Erfolgsaussichten in der Hauptsache überwiegen, da die beantragte Leistung nach 13 Abs. 3 a Satz 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) als genehmigt gilt. Nach 13 Abs. 3 a SGB V hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (Medizinischer Dienst), eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Der durch den behandelnden Internisten und Diabetologen Urs Schaden gestellte "Antrag auf Kostenübernahme zur Vorlage bei der Krankenkasse" ging am 22.7.2013 als Sachleistungsantrag bei der Antragsgegnerin ein. Ihm waren die Kostenvoranschläge Nr. 5566 und 5567 für das am 7.7.2013 durch Herrn Schaden verordnete System zur kontinuierlichen Glukosemessung Dexcom G4 (Empfänger, Transmitter und Sensoren) und die ärztliche Verordnung beigefügt. Die Frist des 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V beginnt nach 26 Abs. 1 und 3 Satz 1 i.v.m. 187, 188 und 193 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) am auf den Antragseingang folgenden Tage - hier am 23.7.2013 - und endet mit dem Ablauf des Tages, der nach seiner Benennung dem Tag des Antragseingangs entspricht. Fällt dieser Tag auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, endet die Frist mit Ablauf des nächstfolgenden Werktags. Hier endete die Frist mit Ablauf des 26.8.2013 (Montag). Die Antragsgegnerin teilte dem Antragsteller zwar mit Schreiben vom 5.8.2008 -innerhalb der Frist nach 13 Abs. 3a SGB V - mit, dass sie den Medizinischen Dienst der Krankenkasse

(MDK) einschalten werde. Daraus ist aber weder erkennbar, ob die Antragsgegnerin überhaupt von einer Entscheidungsfrist ausging und ob sie eine solche - ggf. welche - einhalten oder aus welchen Gründen nicht einhalten kann. Der Begutachtungsauftrag erreichte den MDK Nordrhein am 8.8.2013, die Begutachtung erfolgte am 20.8.2013 und damit noch innerhalb der 5-Wochenfrist. Die Antragsgegenerin hat dem Antragsteller vor Ablauf der Fünf-Wochenfrist jedoch weder eine Entscheidung mitgeteilt noch dargelegt, dass und weshalb sie die Frist nicht einhalten kann; 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V. Sie hat den Antragsteller erst -außerhalb der Frist- mit Schreiben vom 29.8.2013 dazu aufgefordert, weitere Unterlagen einzureichen. Nach 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V gilt die beantragte Leistung damit als genehmigt. Die Rechtsauffassung der Beklagten, dass 13 Abs. 3a SGB V den Anspruch auf eine Kostenerstattung beschränkt, wird vom Senat nicht geteilt. Nach dem klaren Wortlaut der Norm gewähren Satz 6 und Satz 7 mittels einer Genehmigungsfiktion einen Sachleistungsanspruch oder einen Kostenerstattungsanspruch für die erforderliche Leistung. Zwar hatte der Gesetzgeber zunächst lediglich einen Kostenerstattungsanspruch für erforderliche Leistungen ins Auge gefasst, wie es sich aus dem Entwurf des Patientenrechtsgesetz (PatRechtG) ergibt (BR-Drucks. 312/12, S.46, siehe auch BT-Drucks. 17/10488, S. 32). Nachdem durch den Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestags im November 2012 mit dem Satz 6 eine Genehmigungsfiktion der Leistung bei Nichteinhaltung der Fristen neben der in Satz 7 geregelten Kostenerstattung aufgenommen worden war (BT-Drucks. 17/11710 S.30), um es dem Versicherten zu erleichtern, sich die ihm zustehende Leistung zeitnah zu beschaffen, wurden Satz 6 und Satz 7 - ohne weitere den klaren Wortlaut im Sinne der Beklagten einschränkende Erläuterungen - in der Gesetzesänderung aufgenommen. Beide Sätze stehen ihrem Wortlaut nach gleichberechtigt nebeneinander. Wäre der Geltungsbereich des 13 Abs. 3 a SGB V lediglich auf einen Kostenerstattungsanspruch beschränkt, käme Satz 6 kein eigener Regelungsgehalt zu. Zudem schlösse eine solche Auslegung mittellose Versicherte, die nach Ablauf der Frist nicht in der Lage sind, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen, entgegen des Gleichbehandlungsgebots nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) praktisch aus dem Schutzbereich des 13 Abs. 3 a SGB V aus (so im Ergebnis auch SG Dessau-Roßlau, Urteil vom 18.12.2013 - S 21 KR 282/13 -, SG Nürnberg, Beschluss vom 25.3.2014 - S 7 KR 100/14 ER - und Urteil vom 27.3.2014 - S 7 KR 520/13 - und wohl auch SG Dortmund, Beschluss vom 31.1.2014 - S 28 KR 1/14 ER - sowie Noftz in Hauck/Haines, SGB V, Erg.- Lfg. 1/14, 13 S. 78g ff.; a.a. wohl Dalichau in Dalichau "SGB V", Stand 1.7.2013, S. 51). Selbst wenn man sich der Auffassung anschließen würde, 13 Abs. 3 a SGB V gewähre nur einen Kostenerstattungsanspruch, so gelangt man zu keinem anderen Ergebnis, da der Kostenerstattungsanspruch auch einen Anspruch auf Freistellung umfasst. Nach 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Dabei umfasst die Krankenbehandlung gemäß 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V die Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln. Nach 33 Abs. 1 Satz 1 des SGB V haben Versicherte einen Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Erforderlichkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn das Hilfsmittel ausreichend, zweckmäßig, wirtschaftlich und notwendig ist, wie es auch 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V verlangt. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen ( 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V).

Das Erfordernis einer Leistungsgenehmigung ist in dem auf Sach- und Naturalleistungsverschaffung ausgerichteten System der Gesetzlichen Krankenversicherung auf Ausnahmefälle beschränkt, in denen die Prüfung aller formellen und materiellen Anspruchsvoraussetzungen vorab erfolgt. Der Verfügungssatz eines genehmigenden begünstigenden Verwaltungsakts regelt, dass der Antragsteller die beantragte Leistung in Anspruch nehmen darf und sich die Kasse unter Ausschluss aller Einwendungen zur Leistung verpflichtet (BSG SozR 4-2500 125 Nr.4, Rz. 23); die Regelung wird mit der Bekanntgabe des Verwaltungsakts gem. 39 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gegenüber dem Adressaten wirksam. Durch die Genehmigungsfiktion des 13 Abs. 3 a Satz 6 SGB V gilt die Genehmigung der beantragten Leistung durch einen fingierten Verwaltungsakt als erlassen (so auch Noftz in Hauck/Haines a.a.o., Seite 78h). Fingierte Verwaltungsakte haben die gleichen Rechtswirkungen wie tatsächlich erlassene Verwaltungsakte (BVerwG, NJW 2013, 99 Rz. 12) und sind dem Sozialrecht nicht fremd ( 32 Abs. 1b Satz 3 HS 2 SGB V, 116 Abs. 2 Satz 4 SGB V, 88 Abs. 5 Satz 2 SGB IX, 91 Abs. 3 Satz 2 SGB IX). Durch die Fiktion der Genehmigung ist die Leistungsberechtigung des Antragstellers wirksam verfügt und die Krankenkasse mit allen Einwendungen (wie hier der Frage, ob es sich bei dem Glykosemesssystem um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode handelt und ob es erforderlich im Sinne des 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist) ausgeschlossen. Nur auf diese Weise kann der Wunsch des Gesetzgebers, generalpräventiv die Zügigkeit des Verwaltungsverfahrens zu verbessern, umgesetzt werden. Dieses Ziel würde ins Leere laufen, könnte die Genehmigungsfiktion durch eine (außerhalb der Frist erfolgende) nachträgliche Prüfung der einzelnen Leistungsvoraussetzungen wieder erlöschen. Da es sich bei dem beantragten Glukosemesssystem unstreitig um ein ärztlich verordnetes Hilfsmittel gem. 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V handelt, kann der Senat offen lassen, ob die Fiktionswirkung auch bei klar von dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenkasse nicht erfassten Leistungen (wie z.b. Gegenständen des täglichen Lebens, Genussmitteln) greift. Hier sei aber darauf hinzuweisen, dass auch fiktive Verwaltungsakte grundsätzlich der Aufhebung (Rücknahme nach 45 SGB X) zugänglich sind und unbillige Ergebnisse dadurch wieder beseitigt werden könnten. Da dem Senat hinsichtlich des Anordnungsgrundes eine vollständige Aufklärung der Sachund Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, nimmt er eine Folgenabwägung vor, die hier zu Gunsten des Antragstellers ausgeht und zur vorläufigen Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Leistungsgewährung führt: Der behandelnde Diabetologe Schaden hat in seinem Antrag vom 17.7.2013 angegeben, der Antragsteller leide unter einem Diabetes I mit multiplen Folgeerkrankungen. Trotz intensiver Insulintherapie, Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Therapiemöglichkeiten und einer guten Compliance sei der Diabetes schwer einstellbar und die Stoffwechselsituation mit stark schwankenden Blutzuckerverläufen unbefriedigend. Trotz einer Schulung mit psychologischer Betreuung im Diabeteszentrum Bad Mergentheim habe die ausgeprägte Hypoglykämiewahrnehmungsstörung des Antragstellers nicht behoben werden können. Wegen unklarer Glykoseverläufe, einer schlechten glykämischen Einstellung und häufigen, schweren und insbesondere nachts unbemerkten Hypoglykämien sei die Indikation zur Langzeitglykosemessung gegeben. Die behandelnde Psychotherapeutin K hat bestätigt, dass der Antragsteller seine Ängste und Spannungen im Zusammenhang mit der Angst vor einer schweren Unterzuckerung mit der kontinuierlichen Glukosemessung deutlich besser in den Griff bekommen bzw. besser regulieren könne. Nach diesen fachärztlichen Ausführungen drohen dem Antragsteller ohne Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes

schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Ihm kann nicht zugemutet werden, bis zur Entscheidung in der Hauptsache auf das beantragte Hilfsmittel zu verzichten, da ohne seine Nutzung nicht ausgeschlossen werden kann, dass der (allein lebende) Antragsteller unbemerkt und vor allem nachts eine schwere Hyperglykämie erleidet, die dann zu einem hypoglykämischen Schock mit Bewusstseinsverlust oder -beeinträchtigungen und einer erheblichen Gefahr für Leib und Leben führt. Nach den Feststellungen des Diabetologen haben sich die Folgen eines dauerhaft schlecht einstellbaren Diabetes beim Antragsteller auch schon realisiert. Es ist in der länger zurückliegenden (ca. vor 19 Jahren) und jüngsten Vergangenheit (27.3.2014) bereits zu Unterzuckerungen mit Notarzteinsätzen gekommen. Bei einer Unterzuckerung sinkt der Zuckergehalt im Körper so weit ab, dass die Funktionsfähigkeit der Zellen beeinträchtigt wird. Hypoglykämien können &8722; abhängig vom Ausmaß und von der Häufigkeit &8722; zu Schäden am Gehirn bis hin zum Tode führen. Meist tritt der Tod jedoch nicht durch die Hypoglykämie selbst auf, sondern durch die Folgen des Kontrollverlustes, denn bei zunehmender Bewusstseinseintrübung kann es - ähnlich der Alkoholintoxikation - zu schweren Stürzen oder Verkehrsunfällen kommen; durch Aspiration aufgrund fehlender Schutzreflexe kann der Betroffene zudem ersticken (www.wikipedia.de, Stand: Mai 2014). Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, dass der Einsatz des Hilfsmittels die beschriebenen Risiken deutlich reduziert, zumal der Antragsteller das begehrte Hilfsmittel bereits probeweise getestet hat und den Blutzucker dadurch deutlich besser einstellen konnte. Diesen Feststellungen ist weder Dr. med. I in ihrem Gutachten nach Aktenlage vom 8.10.2013, in dem sie vor allem auf die Frage einer lebensbedrohlichen Erkrankung bei der Prüfung einer außervertraglichen Neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode eingeht, noch Dr. med. I1 in seinem Aktengutachten überzeugend entgegengetreten. In der Vergangenheit (2000 und 2009 in der Universitätsklinik Düsseldorf) unternommene Versuche des Antragstellers, alternative Methoden (z.b. Insulinpumpe) anzuwenden, sind erfolglos geblieben. Daraufhin hat der behandelnde Diabetologe die kontinuierliche Glukosemessung als geeignet angesehen, die notwendige Blutzuckereinstellung zu erreichen. Der Antragsteller ist als Empfänger von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) nicht in der Lage, sich das Hilfsmittel vorläufig selbst zu beschaffen oder (vor allem wegen der Kosten des Verbrauchsmaterials in Form der Sensoren) auch nur zu leihen. Daraus folgt, dass der Antragsgegnerin im Falle eines späteren Obsiegens in der Hauptsache die Nichteinbringlichkeit der für die Beschaffung des Hilfsmittels erforderlichen Kosten droht. In Anbetracht der Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens und der dem Antragsteller drohenden Gefahren ist das zeitlich begrenzte Kostenrisiko der vorläufigen Versorgung von der Antragstellerin jedoch zu tragen. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des 193 SGG. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar, 177 SGG.