Julian S. Bielicki Römerberg ein Aufruf, in: Standpunkte, 10/2007, S. 37-38



Ähnliche Dokumente
Persönliche Zukunftsplanung mit Menschen, denen nicht zugetraut wird, dass sie für sich selbst sprechen können Von Susanne Göbel und Josef Ströbl

Wir machen neue Politik für Baden-Württemberg

Senioren ans Netz. schreiben kurze Texte. Lektion 9 in Themen aktuell 2, nach Übung 7

Eva Douma: Die Vorteile und Nachteile der Ökonomisierung in der Sozialen Arbeit

Geld Verdienen im Internet leicht gemacht

Was ist das Budget für Arbeit?

ONLINE-AKADEMIE. "Diplomierter NLP Anwender für Schule und Unterricht" Ziele

Was ist Sozial-Raum-Orientierung?

Papa - was ist American Dream?

Statuten in leichter Sprache

Ist Fernsehen schädlich für die eigene Meinung oder fördert es unabhängig zu denken?

Hinweise in Leichter Sprache zum Vertrag über das Betreute Wohnen

Informationen zum Ambulant Betreuten Wohnen in leichter Sprache

Primzahlen und RSA-Verschlüsselung

Lineargleichungssysteme: Additions-/ Subtraktionsverfahren

Was meinen die Leute eigentlich mit: Grexit?

Erfahrungen mit Hartz IV- Empfängern

Um Ihre Ziele durchzusetzen! Um Beziehungen zu knüpfen und zu pflegen! Um in Begegnungen mit anderen Ihre Selbstachtung zu wahren!

Einstellungen der Deutschen gegenüber dem Beruf der Putzfrau

Professionelle Seminare im Bereich MS-Office

Arbeit zur Lebens-Geschichte mit Menschen mit Behinderung Ein Papier des Bundesverbands evangelische Behindertenhilfe e.v.

Gutes Leben was ist das?

Bitte beantworten Sie die nachfolgenden Verständnisfragen. Was bedeutet Mediation für Sie?

Qualität und Verlässlichkeit Das verstehen die Deutschen unter Geschäftsmoral!

Situa?onsbeschreibung aus Sicht einer Gemeinde

Die richtigen Partner finden, Ressourcen finden und zusammenführen

Konzentration auf das. Wesentliche.

Evangelisieren warum eigentlich?

Kommentartext Medien sinnvoll nutzen

Örtliche Angebots- und Teilhabeplanung im Landkreis Weilheim-Schongau

B: bei mir war es ja die X, die hat schon lange probiert mich dahin zu kriegen, aber es hat eine Weile gedauert.

Wir machen uns stark! Parlament der Ausgegrenzten

DAVID: und David vom Deutschlandlabor. Wir beantworten Fragen zu Deutschland und den Deutschen.

Holiday plans: ein Gespräch über Urlaubspläne

Krippenspiel für das Jahr 2058

Zwischenablage (Bilder, Texte,...)

1: 9. Hamburger Gründerpreis - Kategorie Existenzgründer :00 Uhr

Schnellstart - Checkliste

Liebe Interessierte an technischen Lösungen für die Sicherheit zu Hause,

Menü auf zwei Module verteilt (Joomla 3.4.0)

Das Leitbild vom Verein WIR

Deswegen fordern wir Falken ein Lernen mit Lust, statt Notenfrust!

Outlook. sysplus.ch outlook - mail-grundlagen Seite 1/8. Mail-Grundlagen. Posteingang

GEHEN SIE ZUR NÄCHSTEN SEITE.

Mehr Geld verdienen! Lesen Sie... Peter von Karst. Ihre Leseprobe. der schlüssel zum leben. So gehen Sie konkret vor!

Unfallkasse Nord Träger der gesetzlichen Unfallversicherung Körperschaft des öffentlichen Rechts

Vorstand Sozialpolitik. Anerkennung von Erziehungszeiten. Mütterrente.

Jeder ist ein Teil vom Ganzen Inklusion ändert den Blick

Leitbild. für Jedermensch in leicht verständlicher Sprache

Fernsehen gehört zu unserem Alltag

Informationsblatt Induktionsbeweis

Elternzeit Was ist das?

Widerrufsbelehrung der Free-Linked GmbH. Stand: Juni 2014

Anleitung über den Umgang mit Schildern

Dr. Hans-Ulrich Rülke. Der nächste Schritt für unser Land Das Kurz-Wahlprogramm in Leichter Sprache

Schritte 4. Lesetexte 13. Kosten für ein Girokonto vergleichen. 1. Was passt? Ordnen Sie zu.

Wichtige Forderungen für ein Bundes-Teilhabe-Gesetz

Versetzungsgefahr als ultimative Chance. ein vortrag für versetzungsgefährdete

ratgeber Urlaub - Dein gutes Recht

Nicht kopieren. Der neue Report von: Stefan Ploberger. 1. Ausgabe 2003

Ein Vorwort, das Sie lesen müssen!

Würfelt man dabei je genau 10 - mal eine 1, 2, 3, 4, 5 und 6, so beträgt die Anzahl. der verschiedenen Reihenfolgen, in denen man dies tun kann, 60!.

Rede im Deutschen Bundestag. Zum Mindestlohn. Gehalten am zu TOP 17 Mindestlohn

Projektmanagement in der Spieleentwicklung

Meinungen zur Altersvorsorge

Erlebnisorientiertes Lernen mit Pferden

Kreativ visualisieren

Seit über. Jahren WIR SIND KARTZFEHN. Leitlinien zur Führung und Zusammenarbeit

Mt 22, Leichte Sprache

Also heißt es einmal mehr, immer eine eigene Meinungen bilden, nicht beeinflussen lassen, niemals von anderen irgend eine Meinung aufdrängen lassen.

Erfolg beginnt im Kopf

Baufinanzierung mit Wohnriester

Erfolg im Verkauf durch Persönlichkeit! Potenzialanalyse, Training & Entwicklung für Vertriebsmitarbeiter!

DAS PARETO PRINZIP DER SCHLÜSSEL ZUM ERFOLG

AGROPLUS Buchhaltung. Daten-Server und Sicherheitskopie. Version vom b

Mehr Arbeits-Plätze für Menschen mit Behinderung auf dem 1. Arbeits-Markt

Predigt Salvenmoser: Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe.

Deutsches Rotes Kreuz. Kopfschmerztagebuch von:

Senioren helfen Junioren

anderen Beruf werden formal so wenige Anforderungen gestellt. Die Freien überschwemmen folglich den Arbeitsmarkt, arbeiten für Dumping-Honorare zum

Wärmebildkamera. Arbeitszeit: 15 Minuten

Autoformat während der Eingabe

Information zum Projekt. Mitwirkung von Menschen mit Demenz in ihrem Stadtteil oder Quartier

Bürgerhilfe Florstadt

ALEMÃO. Text 1. Lernen, lernen, lernen

Webalizer HOWTO. Stand:

Stand: Adressnummern ändern Modulbeschreibung

EÜR contra Bilanzierung

Deutscher Bürgerpreis. Jetzt bewerben: Deutschland 2016 Integration gemeinsam leben

Tutorium zur Mikroökonomie II WS 02/03 Universität Mannheim Tri Vi Dang. Aufgabenblatt 3 (KW 44) ( )

Der Klassenrat entscheidet

Zu 3.7 Werbung Erstellt eine Werbung für eure Schule. Ihr könnt zum Beispiel ein Werbeplakat malen oder einen kurzen Werbefilm dazu drehen.

expopharm 30. September 2015

a) Bis zu welchem Datum müssen sie spätestens ihre jetzigen Wohnungen gekündigt haben, wenn sie selber keine Nachmieter suchen wollen?

Welche Gedanken wir uns für die Erstellung einer Präsentation machen, sollen Ihnen die folgende Folien zeigen.

Woche 1: Was ist NLP? Die Geschichte des NLP.

Mit dem Tool Stundenverwaltung von Hanno Kniebel erhalten Sie die Möglichkeit zur effizienten Verwaltung von Montagezeiten Ihrer Mitarbeiter.

Wichtige Forderungen für ein Bundes-Teilhabe-Gesetz von der Bundesvereinigung Lebenshilfe. in Leichter Sprache

Transkript:

Julian S. Bielicki Römerberg ein Aufruf, in: Standpunkte, 10/2007, S. 37-38 Seite 1

J. S. Bielicki 2007 Römerberg ein Aufruf Die Stadt Frankfurt vertreten durch Frau Roth, bzw. Frau Roth vertreten durch die Stadt Frankfurt wollen bauen. Toll. Sie möchten, daß es gut wird. Auch toll. Und sie wollen nichts falsch machen, sie wollen es richtig machen. Hierbei wird es schwierig, denn was ist falsch und was ist richtig? Darum wird seit längerer Zeit unter den Beteiligten gestritten, betroffene Bürger bleiben von der Diskussion fern, denn es betrifft sie nicht vermeintlich nicht. Wen betrifft es denn? Die, für die es sich rechnen soll? Zählt nur noch etwas, wenn es sich rechnet? Dann braucht man uns, Architekten und Stadtplaner, für diese Aufgabe nicht, dann reicht es, Betriebswirte und Kaufleute nach ihrer Meinung zu fragen. Oder japanische Touristen, die ihr Wohlgefallen an restaurierten Fachwerkhäusern äußern. Falls sich jedoch die Architektur in Deutschland nicht ausschließlich nach dem Gusto japanischer Touristen richten soll, wonach soll sie sich dann orientieren? Nach der Geschichte? Dann wäre es eine sich selbst reproduzierende Geschichte, die keine Zukunft mehr kennt. Und hier liegt der Hund begraben, den man rasch findet, wenn alle ihre Köpfe in den Sand stecken. Das Problem der Architektur und der Stadtplanung, nicht nur in Frankfurt, sondern im ganzen Land und darüber hinaus, und nicht nur der Architektur und der Stadtplanung, ist eine bisher nie gekannte totale Historisierung des Lebens, das keine andere Zukunft mehr kennt, als nur eine rückwärts gewandte, also keine eigentliche Zukunft, die etwas Neues, nicht durch das Vergangene bedingtes, enthielte, sondern eine Vergangenheit als Geschichte und eine gedoppelte Vergangenheit, die man Zukunft nennt, die jedoch keine Zukunft ist, sondern lediglich eine abgewandelte Historie. Seite 2

Aber alle Kunst, auch Architektur, lebt von der Hoffnung, daß es möglich wäre, Neues zu kreieren, und Kreativität ist eine nur dem Menschen und Gott (falls es ihn gibt) eigene Fähigkeit, etwas Neues nicht nur aus dem Vorhandenen, sondern auch aus dem Nichts zu erschaffen. Und auch, wenn es sich nicht rechnet, so ist des Menschen Dasein Neues zu erschaffen, und ohne kreativ sein zu dürfen, wird er verrückt oder bringt sich oder andere oder sich und andere um. Ob das, was der Mensch tut, Neues enthält, stellen wir an der Authentizität seines Tuns fest, ob es ein Vorgaukeln des Neuen oder ob es tatsächlich echt ist. Das ist der Unterschied zwischen Werbung und Kunst, zwischen bloßem Bauen und Architektur. Und gerade Frankfurt ist eine Stadt, die einem sonst nichts vorgaukelt, Frankfurt is almost alright, Frankfurt hat keinen Charakter, es ist eine Hure, die jedem zu gefallen versucht, der es bezahlen oder auch dem, der es nicht bezahlen kann, es ist eine insbesondere dem Fremden großzügige, extrem soziale Stadt, nicht weil sie den Fremden umgarnt oder sich ihm gleich zuwendet, sondern weil sie für jeden zugänglich ist, da sich hier der Fremde nicht fremd fühlt, weil diese Stadt jedem sein eigenes Gesicht widerspiegelt, da sie selbst keins hat, so daß jeder diese Stadt seine eigene nennen darf. Anders als z.b. das mondäne München, das eitle Düsseldorf, das emsige Stuttgart, das provinzielle Mainz, das aufgeplusterte Wiesbaden, das schmollende Darmstadt, ist Frankfurt jedem zu seinem Willen, zu jedem ist es anders. Eigentlich ist es ein Raum an der Kreuzung zwischen zwei großen Autobahnen, Nord-Süd und Ost-West, mit Häusern und Straßen dazwischen, vor allem Häusern, in denen es sich rechnet. Es war und ist die Stadt der Pfeffersäcke, die seit eh und je alles Beständige mit ihren Pfeffermühlen zermalmte, wie Königsbergs Kant, nur erfolgreicher. Also schafft bloß keine Harmonie, denn Harmonie bedeutet, daß nicht kommuniziert wird, und alles was lebt ist widersprüchlich, und alles was lebt, macht Dreck und Unordnung (außer natürlich die Putzfrauen). Zeigt also, daß Ihr noch lebt, macht etwas Neues, macht Dreck und Unordnung! Julian Siegmund Bielicki, Frankfurt am Main, Dipl.Ing., freier Architekt, dwb Dipl.Psych., Psychologischer Psychotherapeut, DPV Seite 3

Impressum Deutscher Werkbund Hessen e.v. (Hrsg.). 2007 Inheidener Straße 2. 60385 Frankfurt am Main Telefon: 069-28 55 80 E-Mail: hessen@deutscher-werkbund.de Internet www.deutscher-werkbund.de Projektkoordinator Gregor Fröhlich Dipl. Ing. Rodgau Redaktion: Ursula Wenzel, Frankfurt am Main Gestaltung: Martina Voegtler, Dipl. Des., Offenbach und Ursula Wenzel Bildredaktion: Max Pasztory. Dipl. Ing., Frankfurt am Main Coverfoto und alle Fotografien, de nicht anders namentlich gekennzeichnet sind: Max Pasztory Die Beiträge ertsprechen nicht unbedingt der Meinung des Deutschen Werkbund Hessen und der Redaktion. Sämtliche Rechte beim Deutschen Werkhund Hessen und den Autoren Druck: VARIOplus Druck & Medien Gmbh Flinschstraße 61, 60388 Frankfurt am Main Seite 4

DWB Hessen e.v Inheidener Straße 2 60385 Frankfurt am Main Tel.: 069 / 28 55 80 E-mail: hessen(at)deutscher-werkbund.de Frankfurt am Main, den 16.10.2007 Präsentation der Veröffentlichung STANDPUNKTE- des Deutschen Werkbundes- Hessen DWB zur Bebauung Dom-Römerberg Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, seit etwa zwei Jahren ist die öffentliche Diskussion zur künftigen Bebauung des Bereiches zwischen Dom und Römerberg in vollem Gange. Diese Diskussion sowie die aktuellen Beschlüsse städtischer Gremien zeigen, dass sich die anfangs ergebnisoffene Suche nach dem richtigen Entwicklungsziel nunmehr auf eine einzige Grundsatzfrage verengt hat: Wie viele Gebäude der im letzten Weltkrieg zerstörten Altstadt sollen rekonstruiert und welcher verbleibende Teil des Areals soll kleinteilig neu bebaut werden? Bei der Beantwortung dieser Frage bleiben jedoch weitere wichtige Aspekte zur Entwicklung des Areals und deren generelle Bedeutung für die zeitgenössische Baukultur unbeachtet. Daher haben Sie sich als Mitglieder des DWB-Hessen, über einen längeren Zeitraum intensiv mit dieser Entwicklungsaufgabe beschäftigt. Die jeweiligen persönlichen Haltungen hierzu sind in Form von Essays und Alternativplanungen nunmehr in unserer Veröffentlichung STANDPUNKTE- dargestellt. Mit freundlichem Gruß Ulf Kilian Vorsitzender des DWB-Hessen Prof. Dr. Michael Peterek stellv. Vorsitzender des DWB-Hessen Seite 5