ALZHEIMER-DEMENZ 3 PUNKTE. Zertifizierte Fortbildung 2012: MODUL 1: Die Indikation Alzheimer. Demenz was ist das? MODUL 1: Die Indikation Alzheimer



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Von der Apothekerkammer 3 PUNKTE für Apotheker/PTAs zertifiziert! Die Alzheimer-Demenz ist eine neurodegenerative Erkrankung, die neben den sprichwörtlichen kognitiven Einschränkungen mit einem Verlust der Fähigkeit einhergeht, Aktivitäten des täglichen Lebens durchzuführen sowie Verhaltensveränderungen nach sich zieht. Gerade diese Einschränkungen erfordern im Laufe der Zeit eine immer stärkere Unterstützung durch die Angehörigen, die häufig bis an ihre eigenen Grenzen gehen, um die Mutter oder den Vater zu pflegen. Da der Hauptrisikofaktor für die Erkrankung das Alter ist, führt der demografische Wandel unserer Gesellschaft dazu, dass immer mehr Demenzpatienten in Altenheimen und Pflegeeinrichtungen versorgt werden, was an die Pflegekräfte besondere Anforderungen stellt. In der Apotheke stehen Sie oft in engem Kontakt mit Angehörigen bzw. Pflegepersonal und erfahren die Probleme aus erster Hand. Eine ausführliche Beratung zur Indikation Alzheimer und der entsprechenden Arzneimitteltherapie kann helfen, die Compliance in der Arzneimitteltherapie zu erhöhen und Angehörige und Pflegekräfte in ihrer Aufgabe zu unterstützen. Mit dieser Fortbildung können Sie Ihr Wissen rund um die Indikation Alzheimer und deren Behandlung vertiefen. Sie ist in drei Module gegliedert: MODUL 1 behandelt das Krankheitsbild Alzheimer inklusive der Ursachen, in MODUL 2 werden Optionen der medikamentösen sowie der nicht medikamentösen Therapie dargestellt und MODUL 3 befasst sich mit Themen, die bei der Beratung in der Apotheke besonders wichtig sind. Inhalt MODUL 1: Die Indikation Alzheimer MODUL 2: Therapie der Alzheimer-Krankheit MODUL 3: Beratung in der Apotheke MODUL 1: Die Indikation Alzheimer Die Alzheimer-Krankheit (lateinisch Morbus Alzheimer) ist eine neurodegenerative Erkrankung und zählt zu den sog. Demenzerkrankungen. Häufig werden die Begriffe Alzheimer und Demenz synonym verwendet, tatsächlich ist Alzheimer eine von mehreren Formen der Demenz. Demenz was ist das? Demenz bezeichnet den Verlust verschiedener kognitiver und alltagspraktischer Fähigkeiten. Der Begriff bezieht sich nicht auf eine bestimmte Krankheit, sondern beschreibt ein Muster von Symptomen, die unterschiedlich stark ausgeprägt sein können. Eine Demenz ist vor allem durch eine Beeinträchtigung des Gedächtnisses und des Denkvermögens gekennzeichnet, daneben sind aber auch die Sprache, die Orientierung und das Urteilsvermögen betroffen. Die Bewältigung gewohnter Alltagsaufgaben ist dadurch beeinträchtigt. Zudem treten im Verlauf häufig Veränderungen in der Persönlichkeitsstruktur auf, wie etwa starke Stimmungsschwankungen, ungewohnt aggressives Verhalten oder depressive Zustände. 1

In über 80% der Fälle liegt der Demenz eine diagnostizierbare Erkrankung des Gehirns zugrunde. Häufigste Ursache ist die Alzheimer-Demenz: Etwa zwei Drittel aller Demenzkranken sind an Alzheimer-Demenz erkrankt. Die Häufigkeit der Demenz-Erkrankungen steigt mit dem Alter steil an. Ist unter den 60-Jährigen noch lediglich jeder 100ste betroffen, ist es unter den 80-Jährigen bereits jeder Zehnte und unter den 90-Jährigen schließlich jeder Dritte. Gelegentlich leiden auch jüngere Menschen an einer Demenz, allerdings treten weniger als 3 % der Erkrankungen in einem Alter von unter 65 Jahren auf. Gegenwärtig rechnet man in Deutschland mit 1,2 Millionen Demenzkranken. Jährlich kommen ca. 280.000 Fälle hinzu. Da der Altersdurchschnitt der Bevölkerung stetig ansteigt, nimmt auch die Zahl der Demenzkranken kontinuierlich zu. Schätzungen zufolge könnte sich die Krankenzahl bis zum Jahr 2050 auf etwa 2,6 Millionen erhöhen. Insgesamt sind deutlich mehr Frauen als Männer betroffen. Dies liegt aber vor allem an der höheren Lebenserwartung von Frauen und nicht an einer grundsätzlich unterschiedlichen Wahrscheinlichkeit, zu erkranken. Insgesamt liegt der Frauenanteil unter den Demenzkranken bei etwa 70 %. Neurobiologische Grundlagen der Alzheimer-Demenz Die Alzheimer-Demenz ist durch Ablagerungen im Gehirn gekennzeichnet, sowie durch einen fortschreitenden Verlust von Nervenzellen. Auch die Verbindungen zwischen den Nervenzellen, die für die Informationsverarbeitung Gehirn eines Alzheimer-Kranken und -weiterleitung notwendig sind, gehen verloren. Die Degeneration betrifft vor allem die Areale CT eines gesunden Gehirns CT eines Alzheimer-Kranken des Gehirns, die für das Gedächtnis zuständig sind. Schließlich erfasst der Verlust von Nervenzellen die gesamte Gehirnoberfläche. Die Windungsfurchen im Gehirn, genannt Sulci, sind dann deutlich vertieft und es zeigt sich ein Rückgang der Gyri, der Falten an der Hirnoberfläche. Insgesamt schrumpft das Gehirn um bis zu 20 %. Rolle von Acetylcholin Eine im Vorderhirn liegende Hirnstruktur, die besonders frühzeitig degenerative Erscheinungen aufweist, ist der sog. Meynert-Basalkern. Da die Nervenzellen des Meynert-Basalkerns den Neurotransmitter Acetylcholin bilden, führt eine Nervendegeneration in diesem Bereich zu einem Mangel des Neurotransmitters. Da viele kognitive Prozesse jedoch an Acetylcholin als Botenstoff gebunden sind, führt der Mangel zu Störungen in der Informationsverarbeitung und Merkfähigkeit. Rolle von Glutamat Außerdem kommt es bei Alzheimer-Patienten im Gehirn zu Störungen in der Glutamat-vermittelten Reizweiterleitung. Glutamat ist der wichtigste erregende Neurotransmitter im Gehirn. Dieser Botenstoff ist eben- 2

falls unverzichtbar für kognitive Leistungen wie Lernen und Erinnern. Es wird vermutet, dass eine andauernd erhöhte Konzentration von Glutamat im synaptischen Spalt zu einer Erhöhung der Reizschwelle für eingehende Signale führt. Bleiben entsprechende Reize unterschwellig, kommen Sinneswahrnehmungen, Lernund Gedächtnisleistungen nicht mehr zustande. Ursachen der Neurodegeneration Die Ursachen für das Zugrundegehen der Nervenzellen sind noch nicht vollständig geklärt. Fest steht aber, dass das Absterben der Nervenzellen mit der Bildung abnorm veränderter Eiweißpartikel verbunden ist, die sich im Gehirn sowohl in den Zellen als auch in den Zwischenräumen ablagern. Dieser Prozess beginnt schon viele Jahre bevor erste klinische Krankheitssymptome auftreten. Plaques: Eiweißablagerungen zwischen den Nervenzellen Die Eiweißablagerungen in den Zwischenräumen wurden von ihrem Entdecker Alois Alzheimer als Plaques bezeichnet. Sie bestehen aus einem zentralen β-amyloid-kern, der von pathologisch veränderten Nervenzellfortsätzen und Stützzellen umgeben wird. Das β-amyloid entsteht aus einem Vorläufer-Protein, dem Amyloid-Precursor-Protein (APP), welches einen normalen Bestandteil der Nervenzellhüllen darstellt. Das Vorläufer-Protein wird normalerweise durch das Enzym α-sekretase zu Fragmenten abgebaut, die leicht abtransportiert werden können. Zu einem gewissen Teil wird es aber auch durch zwei andere Enzyme (β- und γ-sekretase) gespalten. Dadurch entstehen die β-amyloid-partikel, die zu unlöslichen, für Nervenzellen schädlichen Ablagerungen verklumpen können. Bei den seltenen, familiär gehäuften Fällen von Alzheimer, die bereits vor dem 60. Lebensjahr auftreten, wird das β-amyloid aufgrund von genetischen Faktoren im Übermaß gebildet. Da es in diesen Mengen nicht aus dem Gehirn entfernt werden kann, lagert es sich in Form der sog. Plaques zwischen den Nervenzellen ab. Warum es bei den sehr viel häufigeren, nicht genetisch bedingten Krankheitsfällen zur Bildung von Plaques kommt, ist nicht geklärt. Die Plaques stören den Stoffwechsel der Nervenzellen und die Kommunikation untereinander. Die Folge ist eine Verminderung der Informationsverarbeitung und weiterleitung und damit der geistigen Leistungsfähigkeit. Neurofibrillenbündel: faserförmige Eiweiß-Ablagerungen in den Nervenzellen Neben den extrazellulären Ablagerungen, kommt es bei Alzheimer-Patienten auch zu Ablagerungen in den Nervenzellen: diese Ablagerungen sind von faserförmiger Struktur und werden als Neurofibrillenbündel bezeichnet. Sie bestehen aus dem sog. Tau-Protein einem natürlichen Bestandteil des Zellskeletts, das für die Stabilisierung von Transportstrukturen innerhalb Plaques und Neurofibrillenbündel der Nervenzellen verantwortlich ist. Plaques im Gehirns eines Alzheimer-Patienten Neurofibrillen und Amyloide Bei der Alzheimer-Krankheit wird das Tau-Protein übermäßig mit Phosphat-Gruppen beladen, wodurch es sich nicht mehr an die Transportstrukturen anheften kann und damit seine Stützfunktion verliert. Es verklebt zu den sog. Neurofibrillenbündeln, die die Nervenzelle zunehmend ausfüllen und ihren Stoffwechsel schließlich lahmlegen. 3

Woher die Alzheimer-Demenz ihren Namen hat Der Name der Alzheimer-Krankheit geht auf ihren Entdecker, den Psychiater und Neuropathologen Alois Alzheimer zurück. Als dieser im Jahr 1906 erfuhr, dass eine ehemalige Patientin, Auguste Deter, verstorben war, bat er darum, das Gehirn der Verstorbenen untersuchen zu dürfen. Das Krankheitsbild der Patientin war vor allem durch eine stetig zunehmende Vergesslichkeit und Orientierungslosigkeit gekennzeichnet. Das Gedächtnis der Patientin war schließlich so stark beeinträchtigt, dass sie ihren Ehemann nicht mehr erkannte und ihren eigenen Namen nicht mehr wusste. Die Untersuchung des Gehirns ergab flächenweise zu Grunde gegangene Nervenzellen sowie Eiweißablagerungen in der gesamten Hirnrinde, die Alois Alzheimer als Ursache der Krankheit vermutete. Ein halbes Jahr später stellte Alzheimer auf einer Fachtagung in Tübingen das später nach ihm benannte Krankheitsbild als eigenständige Krankheit vor. Genetische Faktoren als Ursache für Alzheimer Die Alzheimer-Demenz kann in Einzelfällen familiär gehäuft auftreten. Allerdings finden sich in weniger als 2 % aller Fälle tatsächlich dominante Vererbungen. Dominant erblich bedeutet, dass die Mutation eines einzigen Gens für die Entstehung der Krankheit ausreicht und somit statistisch gesehen jedes zweite Kind eines Betroffenen ebenfalls erkrankt. Bisher sind 3 Gene bekannt, die die dominant vererbte Form der Alzheimer-Krankheit auslösen können. Dazu zählt auch das Gen, das im Falle einer Mutation eine übermäßige Produktion des β-amyloid-proteins bewirkt, wodurch es zur typischen Plaque-Bildung kommt. Bei der Entstehung der sehr viel häufigeren nicht erblichen Alzheimer-Demenz spielen genetische Faktoren ebenfalls eine Rolle. Allerdings haben sie hier nur eine krankheitsbegünstigende Rolle. Zu den genetischen Risikofaktoren gehört die sog. Epsilon-4-Variante des Gens für das Apolipoprotein E (ApoE). Dieses Gen kommt in drei häufigen Varianten vor, die als die Allele Epsilon-2, Epsilon-3 und Epsilon-4 bezeichnet werden. Das Allel Epsilon-4 kommt bei ca. 40 % der Alzheimer-Patienten, aber nur bei 10 % der gesunden Bevölkerung vor. Träger des Epsilon-4-Allels haben also offenbar eine höhere Wahrscheinlichkeit, an Alzheimer zu erkranken. Allerdings ist diese Gen-Variante weder eine notwendige noch eine hinreichende Voraussetzung für die Entstehung einer Alzheimer-Demenz. Hauptrisikofaktor für eine Alzheimer-Demenz bleibt das Alter selbst: Jenseits des 65. Lebensjahres steigt die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung mit zunehmendem Lebensalter steil an. Weitere Risikofaktoren für eine Alzheimer-Demenz Es gibt zahlreiche Faktoren, die das Auftreten einer Alzheimer-Demenz offenbar begünstigen können. Dazu zählen z. B. Rauchen, erhöhte Cholesterinwerte, Übergewicht, Bluthochdruck und Bewegungsmangel. Durch eine gesunde Lebensweise kann das Risiko gesenkt werden. Vor allem eine gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung sind hier von Bedeutung. Außerdem helfen stimulierende Reize für das Gehirn, z. B. durch berufliche Aktivitäten, kreative Hobbys, kulturelle und soziale Aktivitäten, die geistige Fitness zu bewahren. 4

Symptome und Verlauf der Alzheimer-Erkrankung Zu Beginn einer Alzheimer-Krankheit zeigen sich noch keine Symptome, da das Gehirn den Verlust von Nervenzellen bis zu einem bestimmten Grad ausgleichen kann. Mit Fortschreiten der Erkrankung lässt jedoch das Erinnerungs- und Denkvermögen immer mehr nach. Auch die Orientierung selbst in bekannter Umgebung fällt zunehmend schwerer. Die Patienten können ihren Alltag immer weniger alleine meistern und sind daher zunehmend auf Unterstützung angewiesen. Mit der Abnahme der kognitiven Fähigkeiten gehen zudem häufig Begleiterscheinungen wie Depressionen, Aggressionen und andere Verhaltensauffälligkeiten einher. Generell wird die Alzheimer-Krankheit in drei verschiedene Stadien unterteilt, die sich in der Ausprägung der Symptome unterscheiden.» Frühes Stadium Zu Beginn der Erkrankung kann das Gehirn die Degeneration der Nervenzellen noch ausgleichen. Bei Eintritt des frühen Stadiums der Demenz sind die Gedächtnisleistung und die Konzentrationsfähigkeit leicht vermindert. Die Betroffenen haben Schwierigkeiten, sich neue Informationen zu merken. Sie können sich schlechter konzentrieren, verlegen häufiger Gegenstände und vergessen kurz zurückliegende Ereignisse. Leichte Beeinträchtigungen der Sprache und des Orientierungsvermögens können ebenfalls auftreten. Im frühen Stadium können Alzheimer-Patienten Alltagsaufgaben noch weitgehend selbstständig bewältigen. Bei komplizierten Tätigkeiten sind sie jedoch bereits auf Hilfe angewiesen. Da die Betroffenen ihre Defizite bemerken, leiden sie oft unter Angst- und Schamgefühlen und versuchen, ihre Probleme zu verbergen. Häufig treten auch depressive Zustände oder starke Stimmungsschwankungen auf. Diese Emotionen können dazu führen, dass der Besuch eines Arztes hinausgezögert wird dabei könnte ein frühzeitiger Therapiebeginn das Fortschreiten der Erkrankung deutlich verzögern.» Mittleres Stadium Im mittleren Stadium der Erkrankung finden die Patienten sich immer weniger im Alltag zurecht und sind daher zunehmend auf die Hilfe anderer Personen angewiesen. Das Gedächtnis wird immer schlechter und sowohl die zeitliche als auch die räumliche Orientierung fallen schwer. Häufig ist auch der Schlaf-Wach-Rhythmus gestört. Zudem zeigt sich eine deutliche Beeinträchtigung der Sprache und des Sprachverständnisses. Es treten immer mehr Fehler im Satzbau auf und Unterhaltungen gestalten sich müßig, da die Patienten häufig den Faden verlieren bzw. die gleiche Geschichte mehrfach wiederholen. In diesem Stadium können sich die Erkrankten kaum noch etwas merken und auch die Erinnerung an Erlebnisse und wichtige Personen der vergangenen Jahre und Jahrzehnte wird immer schwächer. Selbst engste Familienmitglieder können aus dem Gedächtnis verschwinden, was für Freunde und Angehörige des Patienten oft sehr schmerzlich ist. An manche Geschehnisse aus der Kindheit und Jugend können sich Alzheimer-Patienten im mittleren Stadium hingegen mitunter schlagartig erinnern und empfinden diese dann häufig als gerade erst erlebt. Dieses Entschwinden aus der Gegenwart ist den Patienten selbst nicht bewusst; für Angehörige ist es umso belastender. Hinzu kommt, dass sich auch die Persönlichkeit der Erkrankten stark verändern kann. Sie sind häufig gereizt, nervös und rastlos. 5

» Spätes Stadium Im späten Stadium der Alzheimer-Demenz besteht ein hochgradiges Defizit in Bezug auf die geistigen Fähigkeiten. Die Betroffenen können sich kaum oder gar nicht orientieren und irren oft ziellos herum. Da sie dann auch kein Zeitgefühl mehr besitzen, kommt dieses Umherirren auch mitten in der Nacht vor. In diesem Stadium sollte stets sichergestellt sein, dass der Patient nicht alleine aus dem Gebäude gelangen kann, denn er findet selten zurück. Da auch Gespräche nicht mehr geführt werden können bestenfalls werden einzelne Wörter aneinander gereiht wirken die Betroffen oft völlig isoliert. Dabei sind sie keinesfalls unerreichbar: Sie reagieren z. B. auf Berührungen, vertraute Gerüche und insbesondere auch auf Musik. Mit diesen Hilfsmitteln können Angehörige und Pflegekräfte eine gewisse Beziehung zu dem Patienten aufrechterhalten. Neben dem Verlust der kognitiven Leistungen kommt es im späten Stadium der Erkrankung auch zu einem Kontrollverlust über Körperfunktionen. So lassen sich etwa Blase und Darm nicht mehr kontrollieren, Muskeln und Gelenke versteifen und koordinierte Bewegungen sind kaum noch durchzuführen. Die Patienten werden bettlägerig und selbst das Schlucken fällt immer schwerer. Schließlich ist eine Versorgung rund um die Uhr notwendig. Die Alzheimer-Krankheit selbst führt nicht zum Tode, allerdings ist im späten Stadium die Anfälligkeit für Infektionen erhöht. Daher ist die Lungenentzündung eine häufige Todesursache bei Alzheimer-Patienten. EXKURS: Weitere Demenzerkrankungen Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste Ursache von Demenz, es gibt aber noch zahlreiche andere Krankheiten, die den Zustand der Demenz hervorrufen können. Die sog. vaskuläre Demenz ist nach der Alzheimer-Demenz die zweithäufigste Form der Demenz; sie ist Ursache für etwa jede fünfte Demenzerkrankung. Bei dieser Krankheit führen Durchblutungsstörungen im Gehirn zu Hirninfarkten und zu Schädigungen der Nervenverbindungen, wodurch sich Alzheimerähnliche Symptome ergeben. Die sog. Lewy-Körperchen-Demenz ist der Alzheimer-Demenz sehr ähnlich: auch hier lagern sich Eiweißpartikel in den Nervenzellen des Gehirns ab (sog. Lewy-Körper), es bilden sich aber keine Plaques zwischen den Zellen. Auch die Symptome sind denen der Alzheimer-Demenz ähnlich, jedoch kommt es bei dieser Erkrankung zu zusätzlichen Beschwerden wie z. B. optischen Sinnestäuschungen und leichten Parkinson-Symptomen. Eine seltenere Form der Demenz ist die Frontotemporale Demenz oder Pick-Krankheit. Diese wird durch eine Nervendegeneration im Stirnlappen hervorgerufen. Diese Form der Demenz ist leicht mit einer psychischen Störung zu verwechseln, da Betroffene sich auffällig und unsozial verhalten, Gedächtnis und Orientierungsvermögen aber im Gegensatz zu anderen Demenzen verhältnismäßig gut erhalten bleiben. Neben diesen Demenzformen gibt es noch eine große Zahl weiterer Krankheiten, die den Zustand einer Demenz hervorrufen können. Dazu zählen z. B. neurologische Krankheiten, die mit Bewegungsstörungen einhergehen (z. B. Huntington-Krankheit), Infektionen des Gehirns (z. B. Creutzfeldt-Jakob-Krankheit), Schädel-Hirn-Verletzungen oder Hirntumore. Wichtig ist die Abgrenzung von einer Depression, welche sich häufig auch in Gedächtnisstörungen äußern kann. 6

Die Diagnose der Alzheimer-Krankheit Wenn Anzeichen für eine Demenz auftreten, sollten diese möglichst schnell von einem Arzt abgeklärt werden. Denn je früher die Diagnose gestellt wird, desto besser und länger lässt sich das Fortschreiten der Krankheit aufhalten. Außerdem gibt es Erkrankungen, die einer Alzheimer-Demenz zunächst ähneln, sich bei rechtzeitiger Diagnose aber gut behandeln und sogar heilen lassen. Feststellung der Symptome Um eine gesicherte Diagnose zu stellen, muss der Arzt eine sorgfältige diagnostische Untersuchung durchführen, bei der er zuerst das Muster der Symptome analysiert. Dazu benötigt der Arzt Informationen über das frühere Leistungsniveau, über die Art der Symptome und den bisherigen Verlauf. Weiterhin prüft der Arzt das Gedächtnis und das Denkvermögen, die Sprache, das Orientierungsvermögen und die optisch-räumliche Informationsverarbeitung. Dazu lassen sich verschiedenen Tests verwenden. Häufig eingesetzte Tests sind der Mini Mental Status Test (MMST), der Demenz-Detektions-Test (DemTect) und der Test zur Früherkennung der Demenz mit Depressionsabgrenzung (TFDD). Klärung der Ursache Der Feststellung der Symptome folgt die Klärung der Ursache. Die eingesetzten Untersuchungen orientieren sich dabei an den Symptomen des Patienten. Durch eine entsprechende körperliche Untersuchung lassen sich neurologische Erkrankungen wie z. B. Parkinson erkennen. Mit Hilfe der sog. Doppler-Sonographie können Veränderungen der Arterien als Hinweis auf eine Erkrankung der Blutgefäße dargestellt werden. Laborbe-stimmungen geben Aufschluss über andere Erkrankungen wie z. B. Infektionen. Die Liquorpunktion ist eine Spezialuntersuchung zur Bestimmung von β-amyloid und Tau-Protein in der Hirnrückenmarksflüssigkeit. Weiterhin kommen bildgebende Verfahren wie Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) zum Einsatz. Damit lassen sich z. B. Tumore, Blutungen und Infarkte erkennen; aber auch eine Größenabnahme bestimmter Hirnstrukturen, die auf eine Nervendegeneration hindeuten, sind zu erkennen. Diese Untersuchungen können helfen, andere Krankheiten mit ähnlicher Symptomatik abzugrenzen. 7

MODUL 2: Therapie der Alzheimer-Erkrankung Die Alzheimer-Krankheit ist bislang nicht heilbar, aber durch die richtige Therapie lässt sich ihr Verlauf verzögern. Die verringerten kognitiven Fähigkeiten lassen sich durch Medikamente verbessern, Veränderungen des Verhaltens lassen sich ebenfalls medikamentös beeinflussen. Zudem gibt es eine Reihe von nicht medikamentösen Maßnahmen, die das Fortschreiten der Krankheit und Begleiterscheinungen verlangsamen können. Medikamentöse Therapie Das schleichende Absterben der Nervenzellen lässt sich nicht aufhalten, aber die resultierenden Beschwerden lassen sich durch den Einsatz von Medikamenten lindern. Da alle verfügbaren Präparate den fortschreitenden Verfall nur verzögern können, ist es wichtig, möglichst frühzeitig mit der Behandlung zu beginnen: Einmal erlittene Verluste können in der Regel nicht wiederhergestellt werden. Antidementiva Zur Verbesserung und/oder Stabilisierung der geistigen Leistungsfähigkeit werden sog. Antidementiva eingesetzt. Dies sind Arzneistoffe, die die Verfügbarkeit oder Wirkung von Neurotransmittern wie Acetylcholin oder Glutamat beeinflussen und damit die Signalweiterleitung und -verarbeitung im Gehirn verbessern. Cholinesterasehemmer Die Alzheimer-Krankheit ist u. a. durch eine verminderte Produktion des Neurotransmitters Acetylcholin gekennzeichnet. Dieser Botenstoff ist für die Signalübertragung im Gehirn und damit für das Konzentrationsund Denkvermögen wichtig. Der Mangel an Acetylcholin lässt sich im frühen und mittleren Stadium der Krankheit durch Cholinesterasehemmer wie Donezepil (Aricept, Generika), Galantamin (Reminyl, Generika) oder Rivastigmin (Exelon, Generika) ausgleichen. Diese Strukturformel Rivastigmin hemmen das für den Abbau von Acetylcholin verantwortliche Enzym Acetylcholinesterase. Rivastigmin hemmt zudem das Enzym Butyrylcholinesterase, das im Verlauf der Alzheimer-Demenz zunimmt und ebenfalls Acytylcholin hydrolysieren kann. Damit steht mehr Acetylcholin im Gehirn zur Verfügung. Die Wirksam-keit wurde in verschiedenen Studien geprüft, wie z. B. in einer Vergleichs-studie, in der sich Rivastigmin in seiner Wirksamkeit auf die Alltags-kompetenz Donezepil gegenüber als signifikant überlegen zeigte (1). Durch den Einsatz von Cholinesterasehemmern wie Rivastigmin bleiben kognitive Fähigkeiten wie Denken, Lernen und Erinnern länger erhalten und die Patienten können Aufgaben des Alltags länger meistern (10). 8

Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten Beim Einsatz von Cholinesterasehemmern sind mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu bedenken, denn die meisten Demenz-Patienten müssen neben antidementiven Medikamenten zusätzlich oft mehrere verschiedene Medikamente zur Behandlung von Begleiterkrankungen einnehmen. Dabei können ungünstige Wechselwirkungen auftreten. Die Cholinesterasehemmer Donepezil und Galantamin werden über das Cytochrom P450-System (CYP450) metabolisiert. Über dieses werden aber auch viele andere Arzneimittel wie etwa Betablocker, Digitalisglykoside, Kalziumantagonisten oder Antiarrhythmika verstoffwechselt, was zu klinisch relevanten Interaktionen führen kann. Häufig wird die Therapie daraufhin abgebrochen, was jedoch ein schnelles Fortschreiten der Erkrankung bedeuten kann. Mit dem Wirkstoff Rivastigmin steht ein Cholinesterasehemmer zur Verfügung, der nicht über das CYP450- System verstoffwechselt wird. Rivastigmin wird durch Hydrolyse durch seine Zielenzyme Acetyl- und Butyrylcholinesterase zu inaktiven Metaboliten abgebaut, die hauptsächlich über die Niere ausgeschieden werden. Da keine klinisch relevanten Interaktionen mit dem CYP450-System erfolgen, kann Rivastigmin diesbezüglich mit den gängigen Arzneistoffen in der Therapie des Demenz-Patienten kombiniert werden (2). Nebenwirkungen Unter der Therapie mit Cholinesterasehemmern können Nebenwirkungen wie Erbrechen, Übelkeit und Durchfall auftreten. Diese sind in der Regel dosisabhängig und treten somit insbesondere durch die Plasmaspiegelspitzen, die kurz nach der oralen Einnahme erreicht werden, auf. Um unerwünschte Nebenwirkungen zu vermeiden, erhalten Patienten anstelle der empfohlenen Erhaltungsdosis oft nur die Einstiegsdosis erreichen damit aber nicht die optimale Wirksamkeit des Medikaments. Mögliche Folgen sind neben einer geringeren Lebensqualität ein erhöhter Pflegebedarf und demnach oft eine frühere Einweisung in ein Pflegeheim. Da ein klarer Zusammenhang zwischen Dosis und Wirkung besteht, sollten Patienten jeweils die individuell höchste, noch gut verträgliche Dosis des jeweiligen Medikaments erhalten (3, 4). Bei dem Wirkstoff Rivastigmin kann die optimale Dosis auch durch Anwendung eines transdermalen Pflasters erreicht werden. Innovative Behandlungsmöglichkeit: Rivastigmin als transdermales Pflaster für eine wirkstarke Therapie Bei einer Therapie mit Rivastigmin lassen sich die schlecht verträglichen Plasmaspiegelspitzen vermeiden, denn der Wirkstoff steht nicht nur in oraler Darreichungsform sondern auch als transdermales Pflaster (Exelon Pflaster) zur Verfügung. Aufgrund der speziellen Pflaster-Galenik erfolgt die Freisetzung des Wirkstoffs langsam und kontinuierlich, so dass es im Vergleich zur oralen Gabe zu einer sehr viel langsameren Wirkstoffanflutung und einem langanhaltenden, gleichmäßigen Plasmaspiegel kommt (5). 9

Mit dem transdermalen Pflaster können daher auch höhere Rivastigmin-Dosen verabreicht werden, bei gastro-intestinaler Verträglichkeit auf Placebo- Niveau. Dadurch erreichen deutlich mehr Patienten die optimale Wirkdosis für die langfristige Erhaltungstherapie. Zudem bietet das Pflaster eine Reihe weiterer Vorteile: Abb. zeitlicher Verlauf des Plasmaspiegels nach oraler und transdermaler Applikation von Rivastigmin Konzentration C max t max transdermal oral Zeit Die Wirkstofffreisetzung erfolgt kontinuierlich über 24 Stunden, so dass das Pflaster nur 1 x täglich gewechselt werden muss. Die Umgehung des Magen-Darm-Traktes macht die Medikation unabhängig von der Nahrungsaufnahme und evtl. Störungen des Magen-Darm-Systems. Das Pflaster kann individuell in den Tagesablauf integriert werden. Die Möglichkeit der visuellen Applikationskontrolle erleichtert die Einhaltung des Therapieplanes erheblich. Damit bietet das Pflaster gute Voraussetzungen für eine optimale Patienten-Compliance. Wie eine große Vergleichsstudie von Rivastigmin-Pflaster mit oral verabreichtem Rivastigmin gezeigt hat, wird die Darreichung als Pflaster von Angehörigen und Pflegekräften daher auch deutlich bevorzugt (6). Eine Umstellung auf eine Therapie mit dem Rivastigmin-Pflaster kann sowohl bei Patienten erfolgen, die bislang Rivastigmin oral eingenommen haben, als auch bei solchen, die mit anderen Antidementiva behandelt wurden. NMDA-Antagonisten In fortgeschrittenem Krankheitsstadium (schwere Demenz) ist derzeit kein Acetylcholinesterase-Hemmstoff in Deutschland zugelassen. Hier ist der Einsatz einer anderen Präparateklasse möglich, dem sog. NMDA- Antagonisten Memantin, der die sog. NMDA-Rezeptoren im Gehirn hemmt. Ihr Name rührt daher, dass die Rezeptoren im Experiment durch die normalerweise nicht im Körper vorkommende Substanz N-Methyl-D- Aspartat (NMDA) aktiviert werden können. NMDA-Rezeptoren gehören zu den ionotropen Glutamatrezeptoren. Strukturformel Memantin Glutamat ist ein Neurotransmitter, der für kognitive Leistungen wie Lernen und Erinnern unverzichtbar ist. Es wird postuliert, dass bei Patienten mit Alzheimer-Demenz eine zu hohe Grundaktivität des Glutamats vorliegt, was dazu führt, dass sinnvolle Signale nicht mehr ausreichend wahrgenommen werden. Die Hemmung des NMDA-Rezeptors soll die Signalverarbeitung verbessern. Damit können Lernfähigkeit und Gedächtnisleistungen länger aufrechterhalten werden. 10

Übersicht: Medikamente zur symptomatischen Behandlung der Alzheimer-Demenz Substanzklasse Wirkstoff Darreichung Indikation Cholinesterasehemmer Donepezil oral Leichtgradige bis mittelschwere Alzheimer-Demenz Galantamin oral Rivastigmin transdermales Pflaster Rivastigmin oral Leichtgradige bis mittelschwere Alzheimer-Demenz und Demenz im Rahmen der Parkinson-Krankheit NMDA-Antagonist Memantin oral Mittelschwere bis schwere Alzheimer-Demenz Eine pflanzliche Therapie mit Ginkgo-biloba-Extrakten ist grundsätzlich verordnungsfähig. Allerdings ist die Bewertung der Wirksamkeit dieser Therapieform sehr uneinheitlich. Die S3-Leitlinie zur Diagnose und Behandlung von Demenz empfiehlt, Ginkgo nicht einzusetzen (9). Antidepressiva Mit der Erkrankung an Alzheimer-Demenz gehen häufig depressive Zustände einher. Diese können zum einen eine Reaktion auf die schwerwiegende Diagnose sein. Aber auch die Nervendegeneration selbst kann zu Depressionen führen, denn mit dem Verlust an Nervenzellen kommt es auch zu einem Mangel an den Botenstoffen Serotonin und Noradrenalin, die von wesentlicher Bedeutung für das Wohlbefinden sind. Es gibt eine Reihe von Antidepressiva, die hier zum Einsatz kommen können. Neuroleptika Manche Patienten leiden auch unter aggressiven Verstimmungen, unter Sinnestäuschungen oder Verfolgungswahn. Solche Symptome können durch Neuroleptika gelindert werden. Neuroleptika hemmen die Übertragung des Neurotransmitters Dopamin, der im engen Zusammenhang mit den beschriebenen Symptomen steht. Allerdings erhöhen diese Substanzen das Sterberisiko vorwiegend durch kardiovaskuläre Ereignisse und sollten daher nur wenn unbedingt nötig eingesetzt werden (7). 11

Nicht medikamentöse Behandlung Zusätzlich zu der medikamentösen Behandlung gibt es auch nicht medikamentöse Therapieansätze, die dazu beitragen, dass Alzheimer-Patienten durch positive Erfahrungen und Erlebnisse zufriedener werden und länger selbstständig bleiben. Dazu zählen z. B.: Verhaltenstherapie Die Diagnose Alzheimer löst bei den Betroffenen häufig Angst und depressive Zustände aus. Hier kann eine Verhaltenstherapie helfen, in der die Betroffenen mit Hilfe von Psychologen/Psychotherapeuten lernen, mit ihrer Erkrankung besser umzugehen. Kognitives Training Durch kognitives Training können Patienten im frühen bis mittleren Stadium ihr Denkvermögen und ihre Lernfähigkeit stärken und dem Leistungsabbau entgegenwirken. Wichtig sind dabei abwechslungsreiche Beschäftigungen, damit verschiedene Hirnareale trainiert werden. Das Training muss zudem dem jeweiligen Leistungsstand angepasst werden. Ziel ist es, die noch vorhandenen kognitiven Leistungen anzusprechen und zu trainieren, ohne den Patienten zu überfordern. Demenzkranke nehmen eine Überforderung durchaus wahr und lehnen eine weitere Mitarbeit dann ab. Autobiografische Arbeit / Erinnerungstherapie Ebenfalls im frühen bis mittleren Stadium eignet sich auch biografisches Arbeiten. Beispielsweise können mit Hilfe von Fotos oder persönlichen Gegenständen positive Erinnerungen wachgerufen werden. Dadurch wird das Gefühl der eigenen Identität aufrechterhalten und die Patienten fühlen sich im Alltag sicherer. Weitere Behandlungsmöglichkeiten Eine Möglichkeit, die Fähigkeit der Alltagsbewältigung zu fördern, bietet die Ergotherapie, bei der die Patienten zusammen mit einem Therapeuten Tätigkeiten des Alltags gezielt üben. In der sog. Realitätsorientierung werden die zeitliche und räumliche Orientierung trainiert. Ziel der Milieutherapie ist es, die räumliche Umgebung so zu gestalten, dass sich der Patient in dieser wohl fühlt. Zusätzlich können Therapieverfahren, die sich gezielt auf die Emotionalität und Kreativität beziehen, in allen Stadien zum Wohlbefinden der Patienten beitragen. Dazu zählt neben der Musiktherapie auch die Kunsttherapie. 12

MODUL 3: Beratung in der Apotheke Eine Beratung zur Indikation Alzheimer und der entsprechenden Arzneimitteltherapie erfolgt in der Apotheke in erster Linie im Zusammenhang mit einer Verordnung von antidementiven Medikamenten. Manchmal berichten Kunden aber auch von typischen Symptomen einer Demenz, ohne bislang eine entsprechende Diagnose erhalten zu haben oder in Behandlung zu sein. Bei Anzeichen für Alzheimer ist ein Arztbesuch zu empfehlen Im Durchschnitt dauert es in Deutschland über ein Jahr, bevor ein Patient mit Demenz nach dem ersten Auftreten von Symptomen zum Arzt geht. Gründe können u. a. Schwierigkeiten in der Einordnung der Symptome und die Furcht vor der Diagnose Alzheimer sein. Dabei zeigen mehrere Studien deutlich, dass ein verspäteter Therapiebeginn nicht wieder aufzuholen ist. Zu dem Ergebnis kommt z. B. eine Studie, bei der Patienten zunächst über 6 Monate entweder den Acetylcholinesterasehemmer Rivastigmin oder ein Placebo erhielten (8). Nach den 6 Monaten wurden auch die Patienten der Placebogruppe auf die medikamentöse Therapie umgestellt. Nach weiteren 6 Monaten zeigte sich, dass der verspätete Therapiebeginn nicht wieder aufgeholt werden konnte: Zwar profitierten auch die Patienten von der Behandlung, die erst nach 6 Monaten mit der Medikation begannen, jedoch erreichten sie nicht mehr die kognitiven Leistungen derjenigen Patienten, die von Anfang an Rivastigmin erhalten hatten. Daher sollte Patienten unbedingt ein Arztbesuch empfohlen werden, wenn sie über zunehmende Hirnleistungsschwäche klagen. Beratung in Bezug auf die Arzneimitteltherapie In den meisten Fällen erfolgt eine Beratung dann, wenn ein Rezept für ein antidementives Medikament eingelöst wird. D. h., dass bei diesen Patienten die Krankheit bereits diagnostiziert wurde. Allerdings kommen nur im frühen Krankheitsstadium Alzheimer-Patienten noch selbst in die Apotheke, um ihre Rezepte einzulösen. Diese sollten insbesondere über die richtige Anwendung der Medikamente sowie über mögliche Nebenwirkungen und Wechselwirkungen informiert werden, um den korrekten und sicheren Umgang mit den Arzneimitteln zu unterstützen. Später kommen in der Regel Angehörige oder andere pflegende Personen in die Apotheke, da der Patient selbst dazu nicht mehr in der Lage ist. Da insbesondere für Angehörige die Erkrankung oft eine starke, auch emotionale Belastung darstellt, ist eine ausführliche Beratung bezüglich der Indikation und Arzneimitteltherapie wichtig, um sie in ihrer Aufgabe als Pflegende zu unterstützen. Auf diese Weise kann indirekt auch die Compliance und damit der Therapieerfolg gefördert werden. Je nach vorliegender Verordnung und dem jeweiligen Vorwissen der Patienten und Angehörigen, können unterschiedliche Themen im Vordergrund der Beratung stehen. 13

Hinweise zur Einnahme der Medikamente In erster Linie ist es wichtig, die Patienten bzw. pflegende Personen über die richtige Einnahme der verordneten Medikamente aufzuklären. Denn nur wenn das Arzneimittel in der jeweils empfohlenen Dosierung und zum richtigen Zeitpunkt eingenommen wird, kann es optimal wirken. Da Alzheimer-Patienten häufig nicht nur dement, sondern multimorbid sind und daher meist mehrere, verschiedene Medikamente einnehmen müssen, kann es bei dieser Indikation besonders leicht zu Compliance-Problemen kommen. Daher sollten Angehörige und andere pflegende Personen frühzeitig mit der genauen Medikation vertraut gemacht werden, damit sie die Medikamenteneinnahme der Patienten kontrollieren können. Hier bietet die Anwendung des Rivastigmin-Pflasters den Vorteil einer einfachen visuellen Applikationskontrolle. Hinweis auf mögliche Wechselwirkungen Wenn Alzheimer-Patienten mehrere verschiedene Medikamente einnehmen, sind immer auch mögliche Wechselwirkungen zu bedenken. Diese sind z. B. zu befürchten, wenn andere Präparate, wie Donepezil oder Galantamin mit Arzneistoffen kombiniert werden, die ebenfalls über das Cytochrom P450-System verstoffwechselt werden, wie z. B. Betablocker, Digitalisglykoside, Kalziumantagonisten oder Antiarrhythmika. Patienten bzw. Angehörige sollten demnach in der Apotheke am besten danach gefragt werden, ob und welche Medikamente sie zusätzlich zu dem verordneten Arzneimittel einnehmen. Vermeidung von Wechselwirkungen Sind Wechselwirkungen zu befürchten, kann durch Rücksprache mit dem Arzt geklärt werden, ob die Einnahme des verordneten Medikaments dennoch erfolgen soll oder eventuell eine Umstellung auf ein anderes Arzneimittel vorzunehmen ist. Mit dem Wirkstoff Rivastigmin steht z. B. ein Cholinesterasehemmer zur Verfügung, der nicht über CYP450 verstoffwechselt wird und daher in der Regel mit den gängigen Arzneistoffen in der Therapie des Alzheimer-Patienten kombiniert werden kann (3). Hinweis auf mögliche Nebenwirkungen Grundsätzlich sollten Patienten und Angehörige immer auch über mögliche Nebenwirkungen der verwendeten Arzneimittel informiert werden. Treten unerwünschte Nebenwirkungen auf, sollte je nach Art und Schwere der Symptome der behandelnde Arzt konsultiert werden, der dann über die weitere Therapie entscheiden kann. Nebenwirkungen, die bei der Verabreichung des NMDA-Antagonisten Memantin auftreten können, sind vor allem Unruhe, Schlafstörungen, Schwindel und Kopfschmerzen. Typische Nebenwirkungen von Cholinesterasehemmern sind hingegen Erbrechen, Übelkeit und Durchfall. Diese sind in der Regel dosisabhängig und treten somit insbesondere durch die Plasmaspiegelspitzen auf, die kurz nach der oralen Einnahme erreicht werden. 14

Vermeidung von Nebenwirkungen Bei einer Therapie mit Rivastigmin lassen sich diese Plasmaspiegelspitzen vermeiden, da der Wirkstoff nicht nur in oraler Darreichungsform sondern auch als transdermales Pflaster (Exelon Pflaster) zur Verfügung steht. Bei diesem erfolgt die Freisetzung des Wirkstoffs langsam und kontinuierlich, so dass es im Vergleich zur oralen Gabe zu einer sehr viel langsameren Wirkstoffanflutung kommt (5). Die niedrigere Rate an Nebenwirkungen im Vergleich zur oralen Therapie ermöglicht es, bei deutlich mehr Patienten die höchstwirksame Dosis zu erreichen. Die Anwendung des Rivastigmin-Pflasters Bei der Verwendung des Rivastigmin-Pflasters sind einige Anwendungshinweise zu beachten: Es sollte immer nur ein Pflaster gleichzeitig angebracht werden. Der Wechsel erfolgt 1 x täglich, möglichst immer zu etwa der gleichen Uhrzeit. Beim Pflasterwechsel wird das neue Pflaster an einer neuen Hautstelle angebracht; innerhalb von 14 Tagen sollte genau dieselbe Hautstelle nicht erneut ausgewählt werden. So wird das Pflaster richtig angebracht: 1. Jedes Pflaster ist in einem Schutzbeutel versiegelt. Dieser wird entlang der punktierten Linie aufgeschnitten, so dass das Pflaster entnommen werden kann. Das Pflaster sollte weder geschnitten noch scharf geknickt werden. 2. Die Haftschicht des Pflasters ist mit einer Schutzfolie bedeckt. Es wird nur eine Hälfte der Schutzfolie entfernt, wobei darauf zu achten ist, die Haftschicht des Pflasters nicht zu berühren. 3. Die nun freie Haftschicht wird auf die Haut am oberen oder unteren Rücken, am Oberarm oder an der Brust aufgeklebt. Anschließend wird die zweite Hälfte der Schutzfolie abgezogen und das Pflaster komplett aufgeklebt. 4. Für eine gute Haftung das Pflaster kurz andrücken. 1 2 3 Die Hautstelle, auf die das Pflaster aufgebracht wird, sollte sauber, trocken und unbehaart sein, frei von Puder, Öl und Feuchtigkeitscremes sein und keine Verletzungen, Ausschläge oder Reizungen aufweisen. Da der Wirkstoff Rivastigmin über die Haut und nicht über den Magen-Darm-Trakt aufgenommen wird, ist die Anwendung des Pflasters unabhängig von der Nahrungsaufnahme und kann daher zu jeder beliebigen Tageszeit erfolgen. Um das Pflaster zu entfernen, wird es vorsichtig an einer Kante gegriffen und dann langsam abgezogen. 4 15

EXKURS: Kann es bei der Anwendung von Rivastigmin-Pflastern zu Hautreaktionen kommen? Die Applikation des Cholinesterasehemmers Rivastigmin in Form des transdermalen Pflasters bietet mit der einfachen Handhabung und der Möglichkeit zur visuellen Applikationskontrolle viele Vorteile für den Patienten und für pflegende Angehörige. Allerdings kann es bei der Verwendung des Pflasters gelegentlich zu Hautreaktionen kommen. Um diese zu vermeiden, sollten Patienten und Angehörige darauf hingewiesen werden, dass das Pflaster täglich gewechselt werden muss, jedes Mal eine andere Applikationsstelle zu wählen ist und das Pflaster immer langsam abgezogen werden soll. Generell sollte eine leichte Feuchtigkeitspflege der Haut nach der Pflasterapplikation in Erwägung gezogen werden. Treten dennoch Hautreaktionen auf, ist es wichtig, zwischen einer einfachen Irritation und einer Allergie zu unterscheiden, denn Irritationen bilden sich in der Regel schnell zurück und die Therapie kann fortgesetzt werden. Bei einer echten Allergie hingegen ist die Verwendung der Pflaster einzustellen. Wichtiges Unterscheidungsmerkmal zwischen Allergie und Irritation ist die Ausdehnung der Hautreaktion: Während sie bei einer Allergie in der Regel über den Bereich des Pflasters hinausgeht, bleibt sie bei einer Irritation auf den Pflasterbereich beschränkt. Weitere Beratungsthemen Möglichkeiten und Grenzen der medikamentösen Alzheimer-Therapie Patienten und Angehörige haben leicht eine falsche Vorstellung davon, was die medikamentöse Therapie bei einer Alzheimer-Demenz bewirken kann. Hegen sie die Hoffnung, erhebliche Verbesserungen der kognitiven Leistungen oder sogar eine Heilung der Krankheit zu erzielen, führt dies unweigerlich zu einer Enttäuschung. Denn die medikamentöse Therapie kann das Fortschreiten der Alzheimer-Krankheit lediglich verzögern. Eine Enttäuschung bezüglich des begrenzten Therapieerfolgs kann zur Folge haben, dass verordnete Medikamente nicht den Anweisungen entsprechend weiter eingenommen oder sogar ganz abgesetzt werden. Es ist daher wichtig, Patienten und Angehörige darüber aufzuklären, dass ein Nicht-Fortschreiten der Demenz bereits als Therapieerfolg zu bewerten ist und dass ein Absetzen der Medikation einen schnelleren Verlauf der Krankheit mit sich bringen kann. Nicht medikamentöse Therapiemöglichkeiten Neben der medikamentösen Therapie gibt es eine Reihe von nicht medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten, mit denen das Fortschreiten der Krankheit verzögert und das Wohlbefinden der Patienten gesteigert werden kann. Dazu zählen z. B. kognitives Training, autobiografische Arbeit, Verhaltenstherapie, Ergotherapie, Realitätsorientierung, Milieutherapie, Kunst- und Musiktherapie. Durch eine Kombination verschiedener Behandlungsansätze kann der Therapieerfolg häufig optimiert werden. Daher kann es sinnvoll sein, Patienten und Angehörige auf diese unterstützenden Therapiemöglichkeiten hinzuweisen. 16

Beispiel für ein Beratungsgespräch in der Apotheke A Guten Tag! Wie kann ich Ihnen helfen? K Ich möchte dieses Rezept einlösen. A Ist das Medikament für Sie oder für eine andere Person? K Es ist für meine Mutter. Sie hat Alzheimer. A Wissen Sie, welche Arzneimittel Ihre Mutter sonst noch bekommt? Das ist wichtig, denn eventuell kann es zu Wechselwirkungen kommen, wenn sie dieses Medikament in Kombination mit einem anderen einnimmt. K Sie nimmt noch irgendwas für die Knochen, was aber laut Arzt problemlos zusammen mit dem Alzheimer-Medikament genommen werden kann. A Gut. Hat der Arzt Ihnen gesagt, wann und wie viele Tabletten Ihre Mutter einnehmen soll? K Ja, er hat es mir aufgeschrieben. A Das ist gut, denn die richtige Einnahme ist sehr wichtig, damit das Medikament richtig wirken kann. Kontrollieren Sie, ob Ihre Mutter die Tabletten regelmäßig einnimmt? K So gut es geht. Aber leider kann ich nicht immer dabei sein, wenn sie ihre Tabletten nehmen muss. Und wenn ich sie dann frage, ob sie ihre Medikamente genommen hat, sagt sie immer ja, aber ich bin mir nicht immer sicher, ob das stimmt. A Vielleicht besteht die Möglichkeit, auf ein anderes Medikament umzusteigen. Denn es gibt ein Arzneimittel, das ganz ähnlich wirkt, aber auch in Form eines Pflasters verfügbar ist. Das Pflaster wird einfach auf die Haut aufgeklebt und muss nur einmal am Tag gewechselt werden. Das können Sie ganz leicht kontrollieren. K Das hört sich gut an. Hat das Pflaster die gleichen Nebenwirkungen wie diese Tabletten? Denn von denen wird meiner Mutter oft übel. A Übelkeit ist eine häufige Nebenwirkung bei diesen Arzneimitteln. Aber das Pflaster ist besser verträglich als Tabletten. Denn aus dem Pflaster wird der Wirkstoff nur nach und nach freigegeben, die Konzentration im Blut steigt daher nur langsam an und erreicht nicht solche Spitzen wie bei den Tabletten. Dadurch ist die Verträglichkeit besser. K Dann spreche ich den Arzt mal auf dieses Pflaster an. Aber ich frage mich ehrlich gesagt manchmal, was diese Therapie überhaupt bringen soll. Wirklich gebessert hat sich der Zustand meiner Mutter durch die Medikamente nicht. A Alzheimer ist leider eine unheilbare Krankheit, die stetig fortschreitet. Mit Hilfe der Medikamente kann der Verlauf aber verzögert werden, so dass die geistigen Fähigkeiten länger erhalten bleiben. Aber ganz aufhalten kann man die Krankheit nicht. Also ist bereits ein Nicht-Fortschreiten der Demenz ein Therapieerfolg. Wenn Ihre Mutter die Medikamente nicht nehmen würde, wäre der Verlauf der Krankheit unter Umständen deutlich schneller. Vielleicht kann Ihrer Mutter aber auch noch zusätzlich geholfen werden. Neben der Arzneimitteltherapie gibt es noch weitere Behandlungsmöglichkeiten, die helfen können, dass Patienten sich besser zurechtfinden und sich wohler fühlen. Man kann z. B. ein gezieltes Gedächtnistraining machen oder eine Ergotherapie, bei der Alltagsaufgaben geübt werden. Erkundigen Sie sich doch einmal bei der Alzheimer-Selbsthilfegruppe in unserer Stadt nach den Möglichkeiten vor Ort. K Ja, der Arzt hat auch schon solche Möglichkeiten angesprochen. Ich werde mich da weiter erkundigen. Ich bedanke mich. Auf Wiedersehen! A Sehr gerne. Auf Wiedersehen! 17

Zusammenfassung Eine Demenz bezeichnet den Verlust verschiedener kognitiver und sozialer Fähigkeiten. Sie ist vor allem durch eine Beeinträchtigung des Gedächtnisses und des Denkvermögens gekennzeichnet, daneben sind aber auch die Sprache, die Orientierung und das Urteilsvermögen betroffen. Etwa zwei Drittel aller Demenz-Fälle sind auf eine neurodegenerative Erkrankung des Gehirns zurückzuführen, die als Alzheimer-Krankheit bezeichnet wird. Diese ist durch einen fortschreitenden Verlust von Nervenzellen gekennzeichnet. Das Absterben der Nervenzellen ist mit der Bildung abnorm veränderter Eiweißpartikel verbunden, die sich im Gehirn sowohl in den Zellen (Neurofibrillenbündel) als auch in den Zwischenräumen (Plaques) ablagern. Als Ursache der Alzheimer-Krankheit spielen genetische Faktoren eine gewisse Rolle; Hauptrisikofaktor ist jedoch das Alter: Jenseits des 65. Lebensjahres steigt die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung mit zunehmendem Lebensalter steil an. Die Alzheimer-Krankheit ist bislang nicht heilbar, aber durch die richtige Therapie lässt sich ihr Verlauf verzögern. Der bei Alzheimer auftretende Mangel an dem Neurotransmitter Acetylcholin lässt sich im frühen und mittleren Stadium durch Cholinesterasehemmer wie Donezepil, Galantamin oder Rivastigmin ausgleichen. Allerdings sind neben unerwünschten Nebenwirkungen auch mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu berücksichtigen. Mit Rivastigmin steht ein Cholinesterasehemmer zur Verfügung, der nicht über das CYP450-System verstoffwechselt wird, und daher mit allen gängigen Arzneistoffen in der Therapie des Alzheimer-Patienten kombiniert werden kann. Durch die Darreichungsform als transdermales Pflaster lassen sich Plasmaspiegelspitzen vermeiden, was die Nebenwirkungsraten im Vergleich zur oralen Therapie reduziert. In fortgeschrittenem Krankheitsstadium (schwere Demenz) ist der NMDA-Antagonisten Memantin zugelassen. Dieser reguliert die durch Glutamat vermittelte Signalverarbeitung im Gehirn. Häufig liegen zusätzliche Verhaltensstörungen vor, die ggf. ebenfalls einer medikamentösen Therapie bedürfen. Manche Patienten leiden z. B. unter aggressiven Verstimmungen, unter Sinnestäuschungen oder Verfolgungswahn. Solche Symptome können durch Neuroleptika gelindert werden. Neben der medikamentösen Therapie gibt es eine Reihe von nicht medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten wie z. B. kognitives Training, autobiografische Arbeit, Verhaltenstherapie, Ergotherapie, Realitätsorientierung, Milieutherapie, Kunst- und Musiktherapie. Eine ausführliche Beratung in der Apotheke zur Indikation Alzheimer und der entsprechenden Arzneimitteltherapie kann helfen, die Compliance in der Arzneimitteltherapie zu erhöhen und Angehörige in ihrer Aufgabe als Pflegende zu unterstützen. Wichtig sind vor allem Hinweise zur richtigen Anwendung der Medikamente, zu möglichen Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln. Es ist sinnvoll, Patienten und Angehörige darüber aufzuklären, dass die medikamentöse Therapie lediglich das Fortschreiten der Krankheit, nicht aber eine Heilung bewirken kann und dass somit eine langsame Verschlechterung bereits einen Behandlungserfolg darstellt. 18

Quellen Hintergrundinformationen zu Krankheitsbild und Therapiemöglichkeiten Informationen der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e. V. (www.deutsche-alzheimer.de): Broschüre: Das Wichtigste über die Alzheimer-Krankheit und andere Demenzformen. Ein kompakter Ratgeber Infoblätter "Das Wichtigste": 1. Die Epidemiologie der Demenz 2. Die neurobiologischen Grundlagen der Alzheimer-Krankheit 3. Die Diagnose der Alzheimer-Krankheit 4. Die Genetik der Alzheimer-Krankheit 5. Die medikamentöse Behandlung der Alzheimer-Krankheit 6. Die nichtmedikamentöse Behandlung der Alzheimer-Krankheit Wegweiser Demenz des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (www.wegweiser-demenz.de) Zitierte Fachliteratur 1 Bullock R et a. Rivastigmine and donezepil treatment in moderate to moderately-severe Alzheimer s disease. Current Medical Research and Opinion 2005, 21: 3117-1327. 2 Wattmo C et al. Risk Factors for Nursing Home Placement in Alzheimer s Disease: A Longitudinal Study of Cognition, ADL, Service Utilization, and Cholinesterase Inhibitor Treatment. The Gerontologist 2010. doi: 10.1093/geront/gnq050. 3 Fachinformation Exelon Transdermales Pflaster 4 Grossberg GT et al. Lack of adverse pharmacodynamic drug interactions with rivastigmine and twentytwo classes of medications. Int J. Geriat Psychiatry 2000, 15: 242-247. 5 Lefèvre G et al. Pharmacokinetics and Pharmacodynamics of the Novel Daily Rivastigmine Transdermal Patch Compared With Twice-daily Capsules in Alzheimer s Disease Patients. Clin Pharmcol Therapeutics 2008, 83: 106-114. 6 Winblad B et al. Caregiver preference for rivastigmine patch relative to capsules for treatment of probable Alzheimer s disease. Int J Ger Psychiatry 2007, 22: 456-467. 7 Livingston G, Johnston K, Katona C, Paton J, Lyketsos CG: Old Age Task Force of the World Federation of Biological Psychiatry. Systematic review of psychological approaches to the management of neuropsychiatric symptoms of dementia. Am J Psychiatry 2005, 162: 1996-2021. 8 Grossberg GT, Sadowsky C, et al. Safety and Tolerability of the Rivastigmine Patch Results of a 28-week Open-label Extension. Alzheimer Dis Assoc Disord 2009, 23: 158-164. 9 http://www.dggpp.de/documents/s3-leitlinie-demenz-kf.pdf 10 George Grossberg, Xiangyi Meng and Jason T. Olin: Impact of Rivastigmine Patch and Capsules on Activities of Daily Living in Alzheimer's Disease. AM J ALZHEIMERS DIS OTHER DEMEN 2011 26: 65 19

Von der Apothekerkammer 3 PUNKTE für Apotheker/PTAs zertifiziert! KONTROLLFRAGEN Bitte alle Antwortbogen faxen an: 0221 222 8 33 22 Herr Frau Vorname: Nachname: Apotheker PTA Sonstige BITTE VOLLSTÄNDIGE ANSCHRIFT DER APOTHEKE (IN DRUCKBUCHSTABEN) Name der Apotheke: Straße: PLZ: Fax: Ort: E-Mail-Adresse: Ich möchte regelmäßig über neue Fortbildungen informiert werden. MODUL 1 1) Welche Aussage/n trifft/treffen zu? Alzheimer ist die häufigste Form der Demenz In Deutschland sind über 1 Million Menschen von Demenz betroffen Männer sind häufiger von Alzheimer-Demenz betroffen als Frauen Der Hauptrisikofaktor für Alzheimer-Demenz ist das Alter 2) Was sind typische Symptome einer Alzheimer-Demenz? (mehrere richtige Antworten möglich) Dyskinesien Verlust kognitiver Fähigkeiten Persönlichkeitsveränderung Spielsucht 3) Welche neurobiologischen Veränderungen zeigen sich bei Alzheimer-Demenz? (mehrere richtige Antworten möglich) Eiweißablagerungen im Gehirn Degeneration von Nervenzellen im Gehirn Mangel an Acetylcholin im Gehirn Mangel an Dopamin im Gehirn 4) Wo befindet sich der sog. Meynert-Basalkern? Im Zwischenhirn Im Vorderhirn Im Endhirn 5) Wozu führt eine Nervendegeneration im Bereich des Meynert-Basalkerns? 6) Wo sind die als Plaques bezeichneten Eiweißablagerungen zu finden? In den Nervenzellen des Gehirns Zwischen den Nervenzellen des Gehirns 1