Positionspapier -Fortschreibung -

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Transkript:

Bund Deutscher Kriminalbeamter Landesverband Rheinland - Pfalz 1 Positionspapier -Fortschreibung - Sozialkriminalität durch Einführung der Gesundheitskarte und intelligente Software erfolgreich bekämpfen! Mainz, Juni 2007 1. Sozialkriminalität: Unser bundesdeutsches System der sozialen Sicherung findet seinen Ursprung in dem Grundgedanken der Solidarität und beinhaltet, dass in der Solidargemeinschaft die wirtschaftlich Bessergestellten für die Schwächeren eintreten. Dieses soziale Sicherungssystem wird von verschiedenen Sozialleistungsträgern gewährleistet und kann umschrieben werden als die Gesamtheit der Einrichtungen, deren Zweck es ist, die wirtschaftlich und soziale Existenz bestimmter sozialer Gruppen gegen allgemeine Lebensrisiken wie Unfall, Krankheit, Invalidität, Alter, Arbeitslosigkeit und Tod des Ernährers zu sichern. Den Begriff Sozialkriminalität wird man in klassischen kriminologischen Lehrbüchern vergeblich suchen. Er umfasst unserer Auffassung nach den unberechtigten Bezug staatlicher Leistungen, die Missachtung von Zahlungsverpflichtungen und die Irreführung von Behörden im Rahmen des Erhalts von sozialen Gesundheitsleistungen. Sozialkriminalität umfasst damit neben den typischen Fällen des Sozialhilfemissbrauchs alle Handlungen rechtsmissbräuchlicher Inanspruchnahme von Leistungen der öffentlichen Hand bzw. der Nichtabführung von Beiträgen an öffentliche Kassen. Sozialmissbrauch umfasst somit das breite Spektrum aller Leistungssysteme einschließlich des Steuer- und Gesundheitssystems. Kriminalstatistisch werden diese Delikte u.a. als Widerrechtliches Ausnutzen staatlicher Vergünstigungen (PKS - Schlüsselzahl 5170) und Sonstiger Sozialleistungsbetrug (PKS -Schlüsselzahl 5178) registriert. Auffällig ist in diesem Zusammenhang der besonders hohe Ausländeranteil bei den Tatverdächtigen in diesen Deliktsfeldern. Für den Bund Deutscher Kriminalbeamter ergaben sich bereits Anfang 1998 auf dieser Basis erste Forderungen: Verstöße gegen unser soziales Leistungssystem werden von der Gesellschaft noch zu oft als legitime Mittel zur Einkommenssteigerung B u n d D e u t s c h e r K r i m i n a l b e a m t e r Landesverband Rheinland Pfalz Mühltal 58 a, 56154 Boppard Tel.: 06742/899340 - Fax: 06742/899341 Mitglied im Conseil Européen des Syndicats de Police Mitglied des Stifterrates Deutsches Forum für Kriminalprävention

2 oder zur Freizeitverbesserung angesehen. Aus diesem Grund müssen Delikte der Sozialkriminalität konsequenter und professioneller verfolgt werden als dies bisher der Fall ist. Eine professionellen Fallbearbeitung muss von einer deutlichen Eindämmung der Tatgelegenheitsstrukturen begleitet werden. Potentiellen Betrügern muss das Erreichen ihrer Ziele durch intelligente Kontrollsysteme, verbunden mit einem missbrauchsverhindernden Datenabgleich wesentlich erschwert bzw. unmöglich gemacht werden. Die Aufklärung der Sozialkriminalität darf nicht mehr nur dem Zufall überlassen bleiben! Die beteiligten Stellen müssen vom Gesetzgeber einen klaren Auftrag und die personellen und technischen Mittel bekommen, konsequent den Leistungsmissbrauch zu bekämpfen. In diesem Zusammenhang war und ist auch zu berücksichtigen, dass Sozialkriminalität auch eine über die einzelnen Staaten hinausgehende europäische Qualität hat, die z.b. schnellen und effektiven Datenabgleich zwischen den beteiligten Stellen notwendig macht. 2. Sozialkriminalität durch Missbrauch der Krankenversichertenchipkarte Der Bund Deutscher Kriminalbeamter betrachtet auch die betrügerische Inanspruchnahme unseres Gesundheitswesen als Sozialkriminalität! Bei der Einführung der Versicherungskarten 1994 wurde aus Kostengründen auf Sicherheitsvorkehrungen gegen Missbrauch verzichtet. Eine eindeutige Identifizierung des Patienten war somit bis heute nicht möglich. Die Versicherungskarten konnten nach Verlust nicht gesperrt werden, sondern bleiben bis zum Ablauf einer in der Regel fünfjährigen Laufzeit gültig. Dies galt auch für nicht zurückgegebene Karten bei einem Kassenwechsel! Mit der Ausgabe der Versicherungskarten an den Patienten, hatte dieser Anspruch auf medizinische Leistungen. Versicherungskarten konnten aber auch problemlos z.b. auf Bahnhöfen illegal kostengünstig geliehen oder gekauft werden ohne jegliches Risiko bei der Anwendung! Kaum eine Arztpraxis überprüfte, ob der Patient auch tatsächlich mit der versicherten Person identisch ist. Auch fiel z.b. bei Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen der Besuch von mehr als zehn Haus- oder Fachärzten oder die Verordnung von übermäßig vielen Medikamenten nicht auf. Ein überaus fragwürdiges Verfügungssystem, welches auf EC Karten übertragen unzweifelhaft eine europaweite Bankenkatastrophe auslösen würde! Dass es für den Betrug mit Versicherungskarten einen Bedarf gibt, war hingegen offenkundig: Rund 600.000 Bundesbürger sind überhaupt nicht krankenversichert! Etwa 1 Million illegal hier aufenthältlicher Ausländer

3 und ca. 1,5 Millionen Medikamentenabhängige, die ihren hohen Medikamentenbedarf nur über Missbrauch decken können, sind dankbare Nachfrager und Abnehmer. 1 3. Schadenshöhe durch Missbrach der Krankenversicherungskarte In Deutschland führte der Missbrauch dieser Krankenkassen-Chipkarten laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) zu jährlichen Verlusten von etwa 1,5 Milliarden Euro. Dabei war es unbedeutend ob ein Privatpatient, der die Beitragsrückerstattung von seiner Krankenversicherung retten will, sich die Krankenversichertenkarte eines Freundes ausleiht und als Kassenpatient zum Arzt geht oder ob der Junkie eine gestohlene Karte vorlegte, um Arzneimittel zu erschleichen. Das deutsche Gesundheitssystem lud jahrelang die ganze Welt großzügig zu Betrug und Missbrauch ein! Die kassenärztliche Vereinigung Bayerns hat 2003 erstmals retrograd die Verschreibungspraxis von Medikamenten systematisch untersucht und ging dabei von folgender Annahme aus: Ein Missbrauch liegt vor wenn ein Patient pro Quartal mehr als 20 Medikamente verordnet bekommt und die Arzneimittel mehr als zehn Wirkstoffgruppen enthalten. Nach Ansicht der Ärztevertreter 2 ist eine Kumulation beider Bedingungen allein aus medizinischer Sicht nicht vertretbar und deshalb ein sehr starkes Indiz für einen Sozialbetrug. Ergebnis: Allein in Bayern wurde im untersuchten ersten Quartal 2001 auf rund 26.000 Chipkarten Anzeichen auf diese fragwürdigen Vergabemodalitäten festgestellt. Schaden: Rund 25 Millionen Euro. Hochgerechnet aufs Jahr ergab sich daraus ein Schaden von rund 100 Millionen Euro in Bayern und von 800 Millionen in ganz Deutschland! Die AOK Bremen benannte 2005 aktuell 26 800 Karten der 230 000 AOK- Versicherten als gestohlen oder verloren. Allein durch die missbräuchliche Verwendung dieser Karten hat die AOK Bremen im Jahr rund 0,5 bis 1 Prozent mehr für Arzneimittel ausgeben müssen. Für das Jahr 2003 ein Betrugsverlust von bis zu 820 000 Euro. 3 Der immense Schaden verteilte sich auf alle Vertragspartner: Die Kassen müssen für Medikamente, Heil- und Hilfsmittel sowie für 1 2004 untersuchte die Betriebskrankenkasse BKK VBU und die CompuGROUP in einem Pilotprojekt mit 400 Ärzten in Berlin und Brandenburg den Medikamentenmissbrauch. Innerhalb von nur drei Monaten deckten sie 138 Missbrauchsfälle auf! 2 Professor Dr. Franz Hofmann, Direktor des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie der Technischen Universität München, 3 Pressemitteilung der mhplus vom 17.05.2005

4 Krankenhauskosten aufkommen. Die Vertragsärzte werden zwar im Einzelfall honoriert, die Gemeinschaft aller Vertragsärzte erhält aber für Patienten, die mit ungültigen Karten das System in Anspruch nehmen, keine Kopfpauschalen von den Kassen. Das heißt, dass letztlich der Punktewert für alle erbrachten Leistungen fällt. Verlierer sind aber auch alle Bürgerinnen und Bürger, die mit ihren Beiträgen unser Gesundheitssystem finanzieren. 4. Weitere Konkretisierung unserer kriminalpolitischen Forderungen Der Bund Deutscher Kriminalbeamter forderte letztmalig 2003 ein Abrechnungssystem, welches diesen Missbrauch verhindert und stellte folgende Grundforderungen auf: Einführung von Versicherungskarten mit Lichtbild 4, bei gleichzeitiger Vorlage des Personalausweises und elektronischen Sperrmöglichkeiten. Die Krankenkassen müssen so wieder die Kontrolle über ihre Ausgaben durch eine schnelle Reform ihres Kundenkartensystems erhalten. Geltung der Versicherungskarten grundsätzlich pro Quartal nur für einen Hausarzt und einen Facharzt - alles andere muss durch Überweisungen abgedeckt sein. Konsequente Anzeigepflicht aller beteiligten Stellen bei erkannten Missbrauchsfällen. Einführung von intelligenten, internen und EDV-unterstützten Kontrollensystemen als sog. Frühwarnsysteme bei den Krankenkassen oder sonstigen Abrechnungsstellen. 5. Die erste Lösung: Die elektronische Gesundheitskarte Bundesweit wurden unsere Forderungen von den politischen Verantwortungsträgern stets mit dem Hinweis auf die bevorstehende Einführung der Gesundheitskarte zurückgewiesen. So konnte der Missbrauch weitergehen und unsere ohnehin sehr angeschlagenen Gesundheitskassen weiter belasten. 2002 wurde in Deutschland dann endlich die stufenweise Einführung einer Gesundheitskarte als strukturgebende Telematiklösung beschlossen. Für die letzte Stufe war und ist vorgesehen, eine elektronische Gesundheitsakte einzusetzen, damit das volle Potenzial der Gesundheitskarte genutzt werden. Gesundheitskarte und Gesundheitsakte sollten sich dann praktisch einander ergänzen wie Schlüssel und Schloss. Damit alle vernetzten Leistungserbringer - rund 123.000 niedergelassene Ärzte, 65.000 Zahnärzte, 21.000 Apotheken, 2.200 Krankenhäuser sowie die gesetzlichen Krankenkassen und privaten Krankenversicherungen - sicher und effizient miteinander kommunizieren können, waren und sind Tests notwendig. 4 Mehrkosten pro Karte: 26 Cent

5 Seit Januar 2006 stehen die Testregionen fest - jene Regionen also, in denen die elektronische Gesundheitskarte und die für den Betrieb der Karte notwendigen Komponenten erstmalig unter Praxisbedingungen zum Einsatz kommen. Es sollte aber noch bis Dezember 2006 dauern, bis die Gesundheitskarte mit fast einem Jahr Verspätung in sieben ausgewählten Regionen erprobt werden konnte! Die ausgewählten Regionen sind: Bochum-Essen (Nordrhein-Westfalen), Flensburg (Schleswig-Holstein), Heilbronn (Baden-Württemberg), Ingolstadt (Bayern), Löbau-Zittau (Sachsen), Trier (Rheinland-Pfalz) und Wolfsburg (Niedersachsen). Wenn nun der weitere Fahrplan der Gesundheitskarte eingehalten werden kann, kann ab Mitte 2007 die Online-Prüfung mit den Krankenkassen stattfinden, um ab 2008 dann die Gesundheitskarte flächendeckend einzuführen. Laut einer Studie 5 vom September 2006 sollen sich die Gesamtkosten des gesamten Projekts über die nächsten fünf Jahre auf bis zu 3,6 Milliarden Euro belaufen. Kosten, die sich schnell wieder einspielen, bzw. sich schon längst eingespielt hätten, wenn man schneller reagiert hätte. Die elektronische Gesundheitskarte soll die heutige Versicherungskarte ablösen. Sie zeigt gegen den Missbrauch ein Foto des Patienten. Neben Name, Adresse und Krankenkasse enthält sie auch Zuzahlungsstatus und Daten für die europaweite Behandlung. Zudem sollen Ärzte auf der Karte Rezepte elektronisch speichern können. Mit der Einführung, Pflege und Weiterentwicklung der Karte ist die Betriebsorganisation Gematik beauftragt. Es steht schon jetzt fest, dass der Zeitplan, bis 2008 die Gesundheitskarte einzuführen, nicht gehalten werden kann. Mit einer flächendeckenden Einführung ist leider nicht vor 2010 zu rechnen. Mittlerweile konnten durch die Fa. CompuGroup, HABA Computer AG u.a., parallel dazu ein auf diese elektronische Gesundheitskarte abgestimmtes Kontrollsysteme entwickeln, welches unsere kriminalpolitischen Forderungen mehr als erfüllt. 6. Die beste Lösung: Gesundheitskarte verbunden mit einer intelligenten Software Vera-X 2004 wurden für ein Pilotprojekt 400 Berliner Ärzte mit der Verax-Liste ausgestattet, einer Software, die von der HABA Computer AG in Zusammenarbeit mit führenden Arztinfomationssystemherstellern entwickelt worden ist. Sie ermöglicht, das die Vertragsärzte direkt bei der Vorstellung der Patienten in der Praxis erkennen können, ob eine Krankenversicherungskarte (zukünftig elektronische Gesundheitskarte) gefälscht, nicht mehr gültig oder gesperrt ist. 5 Booz Allen Hamilton

6 Damit wird ein wesentlicher betrügerischer Anwendungsfall, nämlich die Verwendung von gefälschten, ungültigen oder gesperrten Karten wirkungsvoll unterbunden. Der Einsatz der Verax-Liste dämmt das Erschleichen von Kassenleistungen zum Nulltarif drastisch ein! Die Techniker Krankenkasse (TKK), unterstützt von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), ging bundesweit seit dem vierten Quartal 2004 mit der Verax-Liste gegen den missbräuchlichen Einsatz abgelaufener Chipkarten vor. Weitere Krankenkassen haben sich mittlerweile dem Programm angeschlossen weitere, aber leider noch nicht alle! Zweifelhafte Interessengruppen scheinen die flächendeckende Einführung verhindern zu wollen. Finanziert wird die Verax-Liste von den Krankenkassen. Allein die Techniker Krankenkasse erwartete durch den Einsatz jährliche Einsparungen von über 20 Millionen Euro. Ifo-X Diese Software prüft das vom Arzt ausgestellte Rezept und die Patientenakte und weist automatisch auf Arzneimittelwechselwirkungen, Gegenanzeigen, potenzielle Unverträglichkeiten mit Lebensmitteln, Risiken und Gegenanzeigen bei schwangeren und stillenden Patientinnen sowie auf versehentliche Doppelverordnungen des gleichen Wirkstoffes hin. So verhindert Ifox nicht nur eine falsche und damit gesundheits- und lebensbedrohliche Medikation 6, sondern unterbindet auch als sog. Reflexwirkung den betrügerischen Medikamentenmissbrauch in Form der Weitergabe der Gesundheitskarte an nicht Anspruchsberechtigte. Vita-X Abgerundet werden die zuvor beschriebenen Systeme durch die Patientenakte Vita-X, die als freiwillige Ausbaustufe der Gesundheitskarte folgen soll. Vita-X Karte funktioniert ähnlich wie eine EC-Karte: Alle wichtigen Patientendaten lagern auf den Servern von Vita-X und können dort mit der Patientenkarte, einer vierstelligen PIN - Nummer und zusätzlich nur mit einer Karte des behandelnden Arztes (Heilberufeausweis) abgerufen werden. Diese elektronische Patientenkarte, die z.b. eine institutsübergreifende Kommunikation zwischen Klink und Arztpraxis ermöglicht, wird von allen behandelnden Ärzten gemeinsam geführt und erschwert damit über die dokumentierte medizinische Historie eines Patienten ebenfalls eine betrügerische Weitergabe der Gesundheitskarte an nicht anspruchsberechtigte Personen. 6 Aktuelle Studien aus den USA weisen darauf hin, dass mehr Menschen durch Fehler bei der Medikation sterben als bei Verkehrsunfällen!

7 Vita-X wird seit zwei Jahren in Trier erfolgreich gestestet und ist bereits serienreif. 7. Fazit Der Bund Deutscher Kriminalbeamter fordert die Politik auf, den Druck auf die Vertragspartner im Gesundheitswesen zu erhöhen. Die elektronische Gesundheitskarte muss schnellstens flächendeckend eingeführt werden. Jede weitere Verzögerung muss verhindert werden. Aus diesem Grund teilen wir auch der Forderung des Ärztepräsidenten Jörg-Dietrich Hoppe auf dem 110. Ärztetag in Münster, die Gesundheitskarte erst nach deutlichen Verbesserungen einzuführen, eine klare Absage. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich weiterhin Betrüger auf Kosten der Allgemeinheit bereichern zu lange haben alle schon mehr oder weniger untätig dieser Selbstbedienungsmentalität zugeschaut. Begleitend dazu müssen Politik und Krankenkassen alle Vertragspartner im Gesundheitswesen verstärkt bei der Einrichtung von intelligenten Softwarelösungen z.b. in der Form von Vera-X, Ifo-X und Vita-X unterstützen. Eine Anzeigeverpflichtung für Missbrauchsfälle muss das strategische Gesamtkonzept der Bekämpfung der Sozialkriminalität zum Nachteil unseres Gesundheitswesen vervollständigen. Werner Märkert Landesvorsitzender