Renate Deininger, Wolfgang Gratz, Sandra Köberl: Welche Kultur hat die Verwaltung?



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Transkript:

Renate Deininger, Wolfgang Gratz, Sandra Köberl: Welche Kultur hat die Verwaltung? Organisationskultur ist einer jener Begriffe, die in den letzten Jahren modisch geworden ist. Wenn Fusionen von Großunternehmen nicht die erwarteten Ergebnisse bringen, spricht man häufig von Kulturproblemen. Wenn auch öffentliche - Organisationen verändert werden sollen, gelten Interventionen zur Verbesserung der Organisationskultur als Teil der Agenda. Was ist Organisationskultur eigentlich? Nach Edgar Schein ist Kultur ein Muster gemeinsamer Grundprämissen, das die Gruppe bei der Bewältigung ihrer Probleme erlernt hat, das sich bewährt hat und somit als bindend gilt. Es wird an neue Mitglieder als rational und emotional korrekter Ansatz für den Umgang mit diesen Problemen weitergegeben. Schein definiert 3 Ebenen einer Organisationskultur, die nach Sichtbarkeit und Bewusstheit unterschieden werden können: 1. Artefakte sichtbare Ressourcen, Strukturen und Prozesse in Organisationen, die leicht zu beobachten und schwer zu entschlüsseln sind 2. Bekundete bzw. gelebte Werte, informelle Normen, Beobachtungs- Verhaltensmuster 3. Grundprämissen weitgehend unbewusste, selbstverständliche Anschauungen, Wahrnehmungen, Gedanken und Gefühle, die als Ausgangspunkte für Werte und Handlungen anzusehen sind. Organisationskultur leistet u.a. Vermittlung von Sinn, Verhaltensregulierung der Mitglieder, Reduzierung von Angst (z.b. vor Ungewissheit, vor emotionaler Überforderung, Orientierungshilfe, Reduktion von Komplexität (die unendlichen Möglichkeiten, Kommunikationen und Verhalten zu gestalten, werden auf wenige Muster reduziert). Organisationskultur ist nicht nur "der Umgang miteinander", sondern steckt in der laufenden Leistungserbringung und in den Arbeitsbeziehungen der Organisationsmitglieder. Kultur ist kein Teil der Organisation, den man isoliert von anderen Teilen austauschen oder reparieren kann. Fundamentale, nur bedingt beeinflussbare Kultur-Faktoren sind nach Doppler/Lauterburg u.a.: Produkte, Dienstleistungen, Kunden, Anspruchsgruppen, Personalstruktur, Größe, Alter und Geschichte der Organisation. Häufig haben komplexere Organisationen keine in sich einheitliche Gesamtkultur, sondern in verschiedenen Bereichen auch Teil- (Sub-) Kulturen. Jede Kultur einer Organisation ist oder war in der Vergangenheit für die Organisation selbst oder für bestimmte Teil-Systeme der Organisation funktional.

Wenn Kulturen auch schwer veränderbar sind, können sie doch gezielt beeinflusst werden, so etwa durch: Verhalten des Managements, Führungsinstrumentarium und grundsätze, Belohnungs- und Sanktionssystem, Regelungsdichte, Arbeitsplatzgestaltung, Personalpolitik, Organisationsziele, -leitbilder, -philosophie, -strategie, Informationspolitik, Entscheidungsfindung, Architektur und Raumgestaltung. Der englische Management-Experte Charles Handy definiert in seinem Buch Gods of Management 4 Kulturen, die er jeweils einer griechischen Gottheit zuordnet: 1. Die Club-Kultur (Zeus) 2. Die Rollen-Kultur (Apollo 3. Die Aufgaben-Kultur (Athene) 4. Die individualistische Kultur (Dionysos) Die 4 Kulturen sind idealtypische Ausprägungen. In der Praxis findet man zumeist Mischformen vor. Organisationen können auch Aspekte aller vier Kulturen haben. 1. Club- Kultur (Zeus) Zeus wurde gefürchtet, respektiert und manchmal auch geliebt. Er repräsentierte eine patriarchalische Tradition mit ihrer irrationalen aber oft mildtätigen Macht, ihrer Impulsivität und ihrem Charisma. Die Beziehung zu Zeus ist in dieser Kultur wichtiger als der offizielle Titel oder die Arbeitsplatzbeschreibung. Die Qualität hängt vom Format des Zeus und seines engeren Clubs ab: Ein inkompetenter oder desinteressierter Zeus zerstört seine Organisation rasch. Auswahl und Nachfolge sind daher die kritischen Variablen in diesen Organisationen. Die Club-Kultur ist hervorragend, wenn es um die Geschwindigkeit von Entscheidungen geht. Natürlich garantiert Geschwindigkeit noch keine Qualität. Sie erreicht ihr Tempo durch das auf Zuneigung und Vertrauen beruhende Einfühlungsvermögen ihrer Mitglieder für das, was Zeus will. Die Club-Kultur kann aber grausam sein, wenn man falsch liegt. Zeus-Kulturen bieten gute Arbeitsplätze, vorausgesetzt, man gehört zum Club. Sie haben den üblen Beigeschmack von Paternalismus und Personenkult, von persönlichem Eigentum und persönlicher Macht. 2. Die Rollen-Kultur (Apollo) Die Rollen-Kultur ist eine Kultur, die auf der Definition der Funktionen und zu erledigenden Aufgaben basiert, nicht auf Persönlichkeiten. Apollo war der Gott der Ordnung und der Regeln. Diese Kultur ist der Ansicht, dass Menschen rational sind und alles logisch analysiert werden kann und soll. Die Aufgabe einer Organisation kann somit Stück für Stück aufgegliedert werden bis man ein Organigramm erhält mit einem System aus Stellenbeschreibungen, Regeln, Arbeitsabläufen, Anleitungen, Finanzplänen und Informationssystemen. Individuen sind in der Rollen- Kultur daher ein Teil der Maschine, auswechselbare menschliche Teile. Es ist ein Bild der Bürokratie. In einer Rollen-Kultur macht man seinen Job, nicht mehr und nicht weniger.

Apollo Kulturen sind effizient, wenn das Leben vorhersehbar ist. Sie hassen das Gegenteil Veränderung. Auf eine sich verändernde Umwelt reagieren sie zunächst mit Ignoranz. In Folge tun sie das, was sie immer tun, in verstärktem Ausmaß auch wenn eine tiefer gehende Veränderung erforderlich wäre. 3. Die Aufgaben-Kultur (Athene) Athene war die Kriegsgöttin, Schutzherrin von Odysseus, Problemlöserin der Handwerker und Kapitäne. Die Athene-Kultur ist der Meinung, dass Management in der ständigen und erfolgreichen Lösung von Problemen besteht. Sie beurteilt Leistung anhand von Ergebnissen oder gelösten Problemen. Die Athene-Organisation ist ein Netzwerk von lose verknüpften Kommandoeinheiten. Jede Einheit ist dabei eigenständig, hat aber eine bestimmte Verantwortung in der Gesamtstrategie. Diese Kultur erkennt nur Expertenwissen als Basis von Macht und Einfluss an. Um zur Gruppe etwas beizutragen, braucht man Talent, Kreativität, einen neuen Denkansatz oder neue Einsicht. Weil die Gruppe ein gemeinsames Ziel hat (die Lösung eines Problems), gibt es viel Enthusiasmus und Einsatz, und wenig von den persönlichen Interessenskonflikten, die die ersten beiden Kulturen umgeben. Diese Kultur funktioniert gut oder hervorragend - wenn das Produkt der Organisation die Lösung eines neuen Problems ist. Kommt die Athene- Kultur aber in eine sich wiederholende Situation, gibt es Probleme, da sie aufwendig und teuer und nicht für Routine-Aufgaben geeignet ist. 4. Die individualistische Kultur (Dionysos) Dionysos, Gott des Weines und des Gesangs, gibt dieser Kultur seinen Namen, weil er die individualistische Ideologie unter den Göttern am meisten repräsentierte. In den drei anderen Kulturen sind die Individuen der Organisation untergeordnet: Das Individuum ist da, um der Organisation zu helfen, ihre Ziele zu erreichen und wird von der Organisation dafür bezahlt. In der individualistischen Kultur existiert die Organisation, um dem Individuum zu helfen, seine Ziele zu erreichen. Die individualistische Kultur ist hervorragend, wenn das Talent oder die Fähigkeit des Individuums das Wichtigste in der Organisation ist. Diese Kultur wird von Fachleuten bevorzugt. Sie wollen ihre eigene Identität und ihre Freiheit bewahren. Dionysier kennen keinen Chef, aber sie akzeptieren eine Koordination, die ihnen über längere Zeit nützt. Management ist in ihren Organisationen eine lästige Pflicht, etwas, das getan werden muss so wie Hausarbeit. Beispielsweise ist die Lehrende gerne die ungestörte Königin in ihrem eigenen Klassenzimmer, so wie jede Ärztin die Göttin ihres Sprechzimmers ist. Es gibt eine wachsende Gruppe von neu entstandenen Professionen wie z.b. IT-Spezialisten. Diese Leute sehen sich selbst als unabhängige Spezialisten, die ihre Talente einer Organisation zur Verfügung stellen.

Wenn man die Geschichte der meisten Organisationen betrachtet, haben sie sich oft von der Club-(Zeus)Kultur zur Rollen-(Apollo)Kultur entwickelt, zu der sie die Aufgaben-(Athene) und die individualistische (Dionysos) Kultur hinzugefügt haben, als Änderung und Entwicklung notwendig wurde. Heute sind die meisten Organisationen eine Mischung aus allen vier Kulturen. Man braucht die richtige Kultur für die richtige Arbeit. Tätigkeiten in Organisationen kann man in drei Typen einteilen: 1. Stabiler Zustand (steady-state): Arbeiten, die steuerbar sind, weil sie vorhersehbar sind. Sie können durch Systeme und Programme erledigt werden, durch Regeln und Abläufe. In einer typischen Organisation macht das etwa 80 % des Arbeitsaufkommens aus. Der dazugehörende Gott ist Apollo. 2. Entwicklungstätigkeiten (development jobs) bei Konfrontation mit neuen Situationen oder Problemen: Diese Art von Tätigkeiten stellen sicher, dass sich die Organisation weiterentwickelt und sich anpasst (z.b. Systementwicklung, Produktentwicklung). Hier ist Athene mit ihrer Problemlösekapazität erforderlich. 3. Ausnahmesituation (asterisk): Vorfälle, bei denen die Regeln versagen, Notfälle, in denen Instinkt und Geschwindigkeit besser sind als logische Analysen und kreatives Problemlösen. Diese Situationen müssen durch persönliche Intervention gelöst werden. Zu ihnen gehören Zeus und Dionysos - diese mögliche Doppelzuständigkeit, (sowohl der Hierarch wie ein initiativer Mitarbeiter fühlen sich bei einem Zwischenfall zum Eingreifen berufen) kann Verwirrung und Probleme auslösen. Wenn einer Arbeit der falsche Gott zugeordnet wird, resultiert daraus ein chaotisches Management und somit Ineffizienz. Von Management spricht man, wenn diese Aktivitäten auf die richtige Weise verbunden werden und ihnen eine gemeinsame Richtung oder ein gemeinsamer Zweck gegeben wird. Der Manager muss daher alle vier Kulturen verkörpern. Er sollte fähig sein auch wenn diese Anforderung schwer zu erfüllen ist - jeden Gott in der richtigen Situation nachzuahmen. Die klassische Verwaltung ist eine Apollo-(Rollen-) Kultur mit da Normen und Regeln zur Koordination von Menschen und ihren Handlungen nicht ausreichen sowie aufgrund der Nahtstellen zur Politik - mehr oder wenig starken Zeus-(Club-)Elementen. Der Übergang zu neuen Formen des Verwaltungshandelns mit Tendenzen zur Ergebnisorientierung, Bürgernähe, verstärkte Bedeutung von Experten und Kontinuität von Veränderungsprozessen bedeutet, dass Athene-(Rollen-)Kulturelemente an Bedeutung gewinnen und vermehrt MitarbeiterInnen eine Dionysos- Orientierung aufweisen. Im Rahmen des berufsbegleitenden Bachelor-Studiengangs Public Management der FH-Campus Wien bot sich in einer Management- Lehrveranstaltung 2009 und 2010 die Gelegenheit, einen Test anzuwenden, den Charles Handy entwickelt hat, um einerseits die Wahrnehmung der

Organisationskultur durch die Test-Personen zu erfassen und andererseits ihre bevorzugte Organisationskultur zu bestimmen. Unsere 100 Studierenden der beiden ersten Jahrgänge kommen aus verschiedenen Bereichen der Verwaltung, sind in unterschiedlichen zumeist gehobenen A2-Verwendungen und teilweise auch in A1-Verwendungen tätig. Es ergaben sich zwischen Männern und Frauen sowie zwischen den beiden Jahrgängen nur geringfügige Abweichungen in den Ergebnissen. Wenngleich unsere Gruppe von Test-Personen nicht unbedingt als repräsentativ für die Gesamtheit von BeamtInnen angesehen werden kann, liefern die Ergebnisse doch relevante Anhaltspunkte zur Organisationskultur im Bundesdienst. Die Werte für jede der 4 Organisationskulturen können sich zwischen 9 und 36 bewegen. Die Testergebnisse waren: Einschätzung der Organisationskultur der Heimatorganisation : Durchschnittswerte, in Klammer jeweils die niedrigsten und höchsten erhobenen Werte: Club-K. Rollen-K. Aufgaben-K. Individualisten-K. 24 (13 35) 27 (15 35) 24 (15 32) 15 (9 27) Einschätzung der persönlichen organisationskulturellen Überzeugungen: Club-K. Rollen-K. Aufgaben-K Individualisten-K. 19 (12 26) 22 (15 30) 28 (17 35) 21 (14 33) Die Ergebnisse lassen sich folgendermaßen interpretieren: In den Organisationskulturen der Bundesverwaltung finden sich Legierungen aller 4 Kulturtypen. Auch im Bereich der Verwaltungskulturen gibt es somit Pluralismus und Mehrdeutigkeiten. Diese Mischformen sind im Gruppenvergleich bei verschiedenen Verwaltungsbereichen ähnlich. Die individuellen Wahrnehmungen der Organisationskultur zeigen hingegen auch innerhalb homogener Verwaltungsbereiche beträchtliche Unterschiede. Die wahrgenommenen Organisationskulturen sind am stärksten von Rollen-Kultur-Elementen geprägt, knapp gefolgt von Club- und Aufgaben- Elementen. Nach Wahrnehmung unserer Studierenden spielt unter organisationskulturellen Aspekten die Aufgabenorientierung im

Verwaltungsalltag somit eine mitbestimmende, aber im Verhältnis zu Rollen- und Club-Orientierung nicht dominierende Rolle. Die erhobenen persönlichen kulturellen Orientierungen sind am stärksten der Aufgabenkultur zuzuordnen, mit Abstand gefolgt von Rollen- und Individualisten-Elementen. Die Veränderungsprozesse in der Verwaltung haben demzufolge bereits kulturellen Niederschlag gefunden. Demzufolge stehen die Entscheidungsträger und -beteiligte bzw. Führungskräfte in der Verwaltung vor zumindest drei kulturellen Herausforderungen: 1. Bei Veränderungs- und Entwicklungsprozessen gilt es glaubwürdig zu kommunizieren, dass die Veränderungen primär aufgabenorientiert und weniger Club-bezogen oder bürokratisch ausgerichtet sind Bereitschaft zu aufgabenbezogener Grundhaltung ist bei den MitarbeiterInnen bereits vorhanden und sollte nicht irritiert werden. 2. Routine-Aufgaben sind so zu organisieren und weiterzuentwickeln, dass das Bedürfnis der Mitarbeiter, als verantwortungsvolle ExpertInnen arbeiten zu können, entsprechend den konkreten Zielen und Rahmenbedingungen abgedeckt werden kann. 3. Die sehr unterschiedlichen persönlichen kulturellen Wahrnehmungen und Orientierungen legen den Schluss nahe, dass in der kontinuierlichen Führungsarbeit Kulturaspekte mehr Bedeutung gewinnen sollten, will man Kulturentwicklung nicht nur als naturwüchsiges Phänomen bestaunen. ChefInnen sollten sich regelmäßig die Frage vorlegen: Wie wirken sich meine Kommunikationen, Handlungen, Unterlassungen, Entscheidungen auf die Kultur in meinem Verantwortungsbereich aus?