Anhang Leverage-Effekt Leverage-Effekt Bezeichnungs- Herkunft Das englische Wort Leverage heisst Hebelwirkung oder Hebelkraft. Zweck Der Leverage-Effekt wirkt sich unter verschiedenen Umständen auf die Eigenkapitalrendite aus. Einleitung Der Leverage-Effekt ist keine eigenständige Anwendung. Er ergibt sich erst durch verschiedene Umstände, die mit der Eigenkapitalrendite in Zusammenhang stehen. Weil solche verschiedenen Umstände die Eigenkapitalrendite steigen oder aber auch sinken lassen, wird hier von einer Hebelwirkung gesprochen. Im Kapitel Bilanz- und Erfolgsanalyse ist auf den Leverage-Effekt bereits wie folgt hingewiesen worden: Je nach Fremdkapitalzinssatz steigt die Eigenkapitalrendite, je weniger Eigenkapital besteht. Vereinfacht ausgedrückt verhält es sich dabei so, dass ein nach Fremdkapitalzinsen übrig bleibender Gewinn mehr Prozente des Eigenkapitals ausmacht, je kleiner dieses Eigenkapital ist. Theoretisches Beispiel: Ein Gewinn von 80 beträgt 20 % von einem Eigenkapital von 400 - der gleiche Gewinn von 80 beträgt aber schon 40 % von einem Eigenkapital von 200, usw. Es handelt sich in dieser Betrachtungsweise also nicht etwa um eine Vermehrung des Gewinnes in seinem absoluten Wert in CHF, sondern nur in seiner Verhältnisgrösse zum Eigenkapital, also um die Prozente, die er vom Eigenkapital ausmacht. Wirkungsweise im Detail Umstände, die die Eigenkapitalrendite beeinflussen, sind - Höhe des Anteils des Eigenkapitals am Gesamtkapital - Höhe des Fremdkapitalzinses im Vergleich zur Gesamtkapitalrendite Ausgangsdaten für die Beispiele sind folgende Bilanz und Erfolgsrechnung: Bilanz alle Aktiven 100 Fremdkapital 20 Eigenkapital 80 Gesamtkap. 100 Erfolgsrechnung alle übrigen A 992 alle Erträge 1000 FKZinsA 1.2 993.2 Reingewinn 6.8 In dieser Ausgangslage besteht der Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital aus 80 %, der Gewinn vor Fremdkapitalzins beträgt 8, was der Gesamtkapitalrendite von 8 % entspricht, der Fremdkapitalzinssatz ist 6 %. Anhang Leverage-Effekt Seite 1 von 6
Alle Beispiele zeigen zwei Versionen: Eine mit einem hohen Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital (mit "viel EK" bezeichnet) und eine mit einem tiefen Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital (mit "wenig EK" bezeichnet), die restlichen Vorgaben sind jeweils für beide Versionen gleichbleibend. Beispiel mit unterschiedlichem Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital Variante 1 nur Änderung Anteil EK - FKZins 1.2 4.8 = Reingewinn 6.8 3.2 Eigenkapitalrendite (%) 8.5 % 16 % Bei 80 EK bleiben nach dem Fremdkapitalzins 6,8 Reingewinn übrig, = Eigenkapitalrendite 8,5 %. Dies lässt sich auch noch wie folgt ableiten: Auf die 80 EK gibt es erst einmal die 8 % Rendite, wie sie für das gesamte Kapital besteht, also den Betrag von 6,4. Weil das Fremdkapital nur 6 % Zins erhält, fallen die "übrigen 2 %" von 20, also 0,4, auch noch den Eigenkapital zu, was zusammen 6,8 ergibt. Es gibt hier auf dem Eigenkapital mehr Rendite, als die Gesamtkapitalrendite beträgt, weil das Fremdkapital nicht mit den "zur Verfügung stehenden" 8 % verzinst wird, sondern bloss mit 6 %. Hiermit hat der Leverage-Effekt noch nichts zu tun. Dies ist einfach eine Angelegenheit der ganz normalen Verzinsung. Bei 20 EK (die anderen Vorgaben bleiben gleich) bleiben nach dem Fremdkapitalzins zwar nur noch 3,2 Reingewinn übrig, in Prozenten der 20 EK ergibt dies nun jedoch die Eigenkapitalrendite von 16 %. Die andere Ableitung wie oben lautet hier: Auf die 20 EK gibt es erst einmal die 8 % Rendite, wie sie für das gesamte Kapital besteht, also den Betrag von 1,6. Weil das Fremdkapital nur 6 % Zins erhält, fallen die "übrigen 2 %" von 80, also (weitere) 1,6, auch noch dem Eigenkapital zu, was zusammen 3,2 ergibt. Der Unterschied der Eigenkapitalrendite in den obigen Beispielen ist erstens aus dem Unterschied des Anteils des Eigenkapitals am Gesamtkapital entstanden. Sobald das Eigenkapital weniger als das Fremdkapital beträgt, steigt die Eigenkapitalrendite. (Gegenprobe in Excel-Tabelle*: Anteil EK am Gesamtkapital 49 % eingeben, unter viel EK ablesen.) Die zweite Bedingung ist, dass der Fremdkapitalzinssatz tiefer ist als die Gesamtkapitalrendite. (Gegenprobe in Excel-Tabelle*: Variante Hochzinssatz 8,1 % eingeben, unter Variante Hochzins ablesen.) Dieser Unterschied in der Eigenkapitalrendite wird Leverage-Effekt genannt. * Im Lösungsteil wird die Excel-Tabelle zum download angeboten, mit der die Beispiele dieses Kapitels erzeugt worden sind. Sie eignet sich sehr gut zur sofortigen Feststellung von Auswirkungen, die sich bei der Änderung irgend eines Wertes ergeben. Anhang Leverage-Effekt Seite 2 von 6
Beispiel mit gleich hohem Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital wie Fremdkapital Variante 2 keine Änderung Anteil EK Anteil EK gleichviel gleichviel Fremdkapital 50 50 Eigenkapital 50 50 - FKZins 3 3 = Reingewinn 5 5 Eigenkapitalrendite (%) 10 % 10 % Dieses Beispiel beweist die Verhältnisse bei gleichviel EK wie FK. Hier findet eben gerade kein Leverage-Effekt statt. Es wird deshalb nicht näher auf die Zahlen eingegangen. Beispiel mit extrem hohem und tiefem Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital Variante 3 Extremanteil EK Fremdkapital 1 99 Eigenkapital 99 1 - FKZins 0.06 5.94 = Reingewinn 7.94 2.06 Eigenkapitalrendite (%) 8.020202 % 206 % Hier ist der Leverage-Effekt extrem erkennbar: Minimales EK = maximale Eigenkapitalrendite. Anhang Leverage-Effekt Seite 3 von 6
Beispiel mit (nur geringfügig) höherem Fremdkapitalzinssatz als Gesamtkapitalrendite Variante 4 Hochzins Zinssatz für FK (%) 8.1 % 8.1 % - FKZins 1.62 6.48 = Reingewinn 6.38 1.52 Eigenkapitalrendite (%) 7.975 % 7.6 % Bereits ab einem solch geringfügig höheren Fremdkapitalzinssatz gegenüber der Gesamtkapitalrendite kehrt die "Hebelwirkung", der Leverage-Effekt also, um: Hier hilft "der Trick" mit dem geringeren Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital nicht mehr, es gibt weniger Eigenkapitalrendite als bei höherem Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital. Beispiel mit deutlich höherem Fremdkapitalzinssatz als Gesamtkapitalrendite Variante 5 Hochzins Zinssatz für FK (%) 12 % 12 % - FKZins 2.4 9.6 = Reingewinn 5.6-1.6 Eigenkapitalrendite (%) 7 % -8 % Hier wird die Umkehrung des Leverage-Effektes ganz deutlich: Es gibt durch den hohen zu verzinsenden Anteil des Fremdkapitals sogar einen Verlust, der bei hohem Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital gar nicht eintritt. Anhang Leverage-Effekt Seite 4 von 6
Beispiel mit geringerem Ertrag (kleinerer Gewinn) Variante 6 Ertragsschwankung Gewinn vor FKZins 3 3 - FKZins 1.2 4.8 = Reingewinn 1.8-1.8 Gesamtkapitalrendite (%) 3 % 3 % Eigenkapitalrendite (%) 2.25 % -9 % Wenn der Ertrag schrumpft, bis die Gesamtkapitalrendite kleiner wird als der Fremdkapitalzinssatz, reicht der Gewinn auch nicht mehr, um den Fremdkapitalzins zu decken: Es gibt Verlust, obwohl - oder eben gerade weil der Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital tiefer ist und dadurch der Anteil des zu verzinsenden Fremdkapitals höher ist. Dies ist prinzipiell die selbe Erscheinung wie im Beispiel zuvor, diesmal jedoch nicht durch Hochzins hervorgerufen, sondern durch Rückgang von Gewinn, wie sich dies markt- oder konjunkturbedingt einstellen kann. Hinweis - Der Leverage-Effekt ist bereits dann negativ, wenn eine Kapitalzusammensetzung weniger Eigenkapitalrendite ergibt als die mit ihr verglichene Kapitalzusammensetzung. Der Leverage- Effekt ist nicht erst dann negativ, wenn die Eigenkapitalrendite im Minusbereich liegt. Beispiele: Die obige Variante 4 zeigt bereits einen negativen Leverage-Effekt, nicht bloss die Varianten 5 und 6. Zusammenfassung zu den Beispielen - Die Eigenkapitalrendite steigt, je kleiner der Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital ist (ab 50 % und weniger, solange der Fremdkapitalzinssatz unter der Gesamtkapitalrendite liegt. (in Variante 1 bis 3 gezeigt) - Sobald der Fremdkapitalzinssatz höher als die Gesamtkapitalrendite ist, kippt die Wirkung des Leverage- Effektes auf die negative Seite um. Die Eigenkapitalrendite ist dann wieder umso höher, je grösser der Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital ist (ab 50 % und mehr). (in Variante 4 bis 5 gezeigt) - Ein anderer Grund für einen negativen Leverage-Effekt ist zu geringer Gewinn (beziehungsweise natürlich der Verlust), der dann für die Deckung des Fremdkapitalzinses nicht mehr ausreicht. (in Variante 6 gezeigt) Anhang Leverage-Effekt Seite 5 von 6
Übersicht graphisch Grafische Darstellung des Level-Effektes in den vorangegangenen Varianten Eigenkapitalrendite (%) 16 15 Variante 3 (Extremanteil EK am GK) 14 13 Variante 1 (EK 80 % und 20 % des GK) 12 11 10 Variante 2 (EK und FK je 50 %) 9 8 Variante 4 (schwacher Hochzins) 7 6 5 4 Variante 5 (starker Hochzins) 3 2 1 0-1 -2-3 -4-5 -6-7 -8 Variante 6 (Ertragseinbruch) -9-10 100 95 90 85 80 75 70 65 60 55 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 Anteil EK am GK (%) Eine nach oben gerichtete Linie zeigt einen positiven Leverage-Effekt (hier Varianten 1 und 3), eine nach unten gerichtete Linie zeigt einen negativen Leverage-Effekt (hier Varianten 4, 5 und 6). Die obige Darstellung zeigt nur korrekte Werte bei den EK-Anteilen am GK von 20 % und von 80 % an. Die Werte dazwischen verlaufen in Wirklichkeit nicht linear. (Gegenproben in Excel-Tabelle nachvollziehbar.) Kurzzusammenfassung - Je kleiner der Eigenkapitalanteil am Gesamtkapital ist, desto höher wird die Eigenkapitalrendite, solange der Fremdkapitalzinssatz tiefer ist als die Gesamtkapitalrendite. - Diese Auswirkung wird Leverage-Effekt genannt. Betrachtung Im Lösungsteil des Bandes III wird die Excel-Tabelle zum download angeboten, mit der die Beispiele dieses Kapitels erzeugt worden sind. Sie enthält alle funktionsnotwendigen Formeln, damit alle möglichen Kombinationen durchgespielt werden können Zu diesem Anhang bestehen keine Arbeiten. Anhang Leverage-Effekt Seite 6 von 6