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Jean-Daniel Colladon 1802-1893 2
Vicenzo Vela 1820 1891 Museo Vicenzo Vela in Ligornetto TI Landesmuseum! 3
Lärmbekämpfung in der Schweiz was ist realistisch und finanzierbar? Walter Lips Technische Akustik Suva und Hochschule Luzern T&A 4
Inhalt Übersicht Wohnbauten Aussenlärm Strassenlärm Eisenbahnlärm Fluglärm Arbeitslärm 5
100 Jahre Ruheschutz in der Schweiz Die Geschichte der Lärmbekämpfung in der Schweiz beginnt 1912 mit dem Zivilgesetzbuch. Nach Artikel 684, Nachbarrecht, sind alle schädlichen und nach Lage und Beschaffenheit der Grundstücke oder nach Ortsgebrauch nicht gerechtfertigten Einwirkungen durch Luftverunreinigung, üblen Geruch, Lärm, Schall, Erschütterung (...) verboten. 1934 verfügt der Bundesrat mit dem Nacht- und Sonntagsfahrverbot für Lastwagen erstmals eine Lärmschutzmassnahme. 1963 wird der Bericht Lärmbekämpfung in der Schweiz publiziert. Er ist das Basisdokument für den künftigen Ruheschutz. 6
1971 nehmen Volk und Stände den Umweltschutzartikel mit 93 Prozent Ja-Stimmen in die Verfassung auf: Für den Schutz vor Lärm soll der Bund sorgen. 1985 tritt das Umweltschutzgesetz (USG) in Kraft. Es bezweckt den Schutz der Bevölkerung vor schädlichen und lästigen Einwirkungen, zu denen explizit auch der Lärm zählt. 1987 folgt die Lärmschutzverordnung (LSV). 2000 wird ein Programm für den Lärmschutz bei Bahnen lanciert. Diese sollen um 10 Dezibel leiser werden. Das Programm soll in Zukunft erweitert werden. 2007 beschliesst der Bundesrat, die Subventionen für den Schutz vor Strassenlärm zu erhöhen. 7
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90 % betreffen den Wertverlust von Liegenschaften, 10 % lärmbedingte Krankheitsfolgen 9
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Welche Lärmbekämpfungsmassnahmen sind realistisch? Beurteilungsgrundlage: verschiedene Grenzwerte Tatsache: Grenzwerte orientieren sich am Stand der Technik der Zumutbarkeit für die Betroffenen der Wirtschaftlichkeit Die Einhaltung der Grenzwerte gewährleistet nicht die absolute Ruhe! Ein Teil der Bevölkerung wird immer noch unzufrieden mit dem Lärmschutz sein. Subjektive Empfindung und Einstellung zum Lärm ist massgebend. Dies gilt sowohl für die Aussenlärmbelastung wie auch die Bauqualität von Miet- und Eigentumswohnungen. 11
Nicht geregelte Lärmbelastungen der Bevölkerung, die z.t. nur über das ZGB pauschal beurteilbar sind: Freizeitlärm (Fasnacht, Grossanlässe, Feuerwerk, Brauchtum, Sportveranstaltungen usw.) Lärm von Kinderspielplätzen Vom Verhalten abhängige Lärmquellen (Motorfahrzeuge wie Pw oder Motorräder) Musik im Auto, auf dem Balkon Zuknallen von Autotüren Laute Gespräche nachts in Wohnquartieren usw. Lärm ist nur beurteilbar, wenn er messbar ist und klare Grenzwerte vorhanden sind! 12
Wohnbauten Bestehende Wohnbauten Kosten ausgewiesen durch Sanierungsmassnahmen (später) Neubauten Schutz gegen Aussenlärm: Vernachlässigbare Mehrkosten, da Gute Fenster heute Standard Minergie-Standard aus energetischen Gründen Planerische Massnahmen beim Grundriss Zonenplanung Hausintern Allgemein Standard nach SIA 181 (Luft- und Trittschalldämmung, Haustechnik) 13
Strassenverkehrslärm 14
Wohnqualität und Ruheoasen in Genf, tags 15
Lärmsanierungsprogramm für Strassen Bisherige Kosten seit 1985 in Millionen CHF: Bund: 1096 Kantone und Gemeinden: 566 Total 1,66 Milliarden Franken Verbleibende Kosten bis zum Sanierungsende in Millionen CHF: Bund: 965 Kantone und Gemeinden: 1570 Total 2,53 Milliarden Franken Total 4,2 Milliarden Franken! 16
Verwendung der bisher eingesetzten Mittel: Lärmschutzwände 48 % Fahrbahnüberdeckungen 30 % Schallschutzfenster 18 % Lärmarme Beläge, Temporeduktionen 1 % Andere Massnahmen 2 % 17
NLZ 30.4.2014 18
Eisenbahnlärm 19
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Lärmsanierungsprogramm für Bahnen Bisherige Kosten seit Annahme der FinÖV- Vorlage (1998) in Millionen CHF: Sanierung des Rollmaterials (Bremsen) 248 Lärmschutzwände 619 Schallschutzfenster 57 Externe Aufträge und Personalkosten 24 Total 948 Millionen Franken 22
Kosten der noch geplanten Massnahmen in Millionen CHF: Sanierung des Rollmaterials (Bremsen) 21 Lärmschutzwände 243 Schallschutzfenster 51 Externe Aufträge und Personalkosten 7 Total 322 Millionen Franken Der Bund stellte 1,854 CHF Milliarden zur Verfügung. Gebraucht werden aber nur etwa CHF 1,3 Milliarden (günstigere Umbaulösungen, modernisierte und verkleinerte Wagenflotte). 23
Zusammenfassung Strassen und Schiene Basis Lärmschutz-Verordnung (LSV) Sanierungsprogramme laufen bis 2015 bzw. 2018 Ziel 1: 1,2 Millionen Personen vor Strassenverkehrslärm schützen Ziel 2: 180 000 Personen vor Bahnlärm schützen Bei Abschluss der Sanierungsarbeiten wurden etwa CHF 5,5 Milliarden aufgewendet! 24
Fluglärm Sonderfall: Die drei Flughäfen Zürich-Kloten, Basel und Genf werden in der LSV explizit ausgeschlossen und durch die Betreiber, Bund und Kantone separat behandelt und teilweise entschädigt. 25
Kleinflugplätze und Flugfelder verursachen keine Kosten zu Lasten der Allgemeinheit. Lärmreduktion durch Betriebliche Massnahmen (Flugzeiten, Flugrouten) Beschränkung der Anzahl Flugbewegungen Einsatz leiserer Flugzeuge Restriktive Bewilligung von Aussenlandeplätzen für Helikopter. 26
Beispiel Zürich-Kloten 19 000 Immobilienbesitzer verlangen Fluglärm- Entschädigungen. Total der Forderungen wegen Wertverminderung: CHF 800 Mio bis 1,2 Mrd., entspricht 35 % des Verkehrswertes. Unique will nur die Hälfte bezahlen. Kanton Zürich leistet eine umstrittene verzinsbare Vorfinanzierung. Der Geld-Topf wird vom Lärmfünfliber gespiesen, der für jeden Passagier erhoben wird und reicht aus, um die Forderungen zu erfüllen. Auch weitere Massnahmen wie Schallschutzfenster werden so finanziert. Keine Belastung für den Steuerzahler! 27
Industrielärm 28
Umgebungslärm Sanierung im Fall der Überschreitung von Grenzwerten immer Sache des Lärmverursachers. Keine Beteiligung der öffentlichen Hand. Bei Neubauten Gegenstand von UVP. Lärmexponierte Beschäftigte Kosten für persönliche Gehörschutzmittel, periodische Gehöruntersuchungen (Suva) sowie Renten liegen unter CHF 5 Millionen/Jahr. Bauliche Massnahmen Kosten für die Erfüllung der gestzlichen Vorschriften (ArG) nicht abschätzbar. 29
Weitere Lärmarten, Kosten zu Lasten der Allgemeinheit unbestimmt: Militärflugplätze Schiessanlagen Lärmbekämpfungsmassnahmen, praktisch ohne Mehrkosten, zu Lasten der Firmen und des Einzelnen: Lärmarme Arbeitsräume Lärmarme Maschinen und Anlagen Ruhigere Haushaltsgeräte (auch Rasenmäher) Ruhigere Motorfahrzeuge usw. 30
Danke! 31
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