23/S1. Forensische Psychiatrie. Psychopathie Die Renaissance eines Persönlichkeitskonzeptes



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Postvertriebsstück Entgelt bezahlt B 20695 F Dustri-Verlag Dr. Karl Feistle Bajuwarenring 4 D-82041 Deisenhofen Oberhaching Psychiatrie, Psychotherapie, Public Mental Health und Sozialpsychiatrie Wissenschaftliches Organ der pro mente austria, ÖAG, ÖGBE, ÖGKJP, ÖSG This journal is indexed in Current Contents / Science Citation Index / MEDLINE / Clinical Practice and EMBASE/Excerpta Medical Abstract Journals and PSYNDEX Forensische Psychiatrie Psychopathie Die Renaissance eines Persönlichkeitskonzeptes ISSN 0948-6259 23/S1

Band 23 Sonderheft 1 2009 Volume 23 Special Edition 1 2009 Editorial Psychopathie die Renaissance eines Persönlichkeitskonzeptes in der forensischen Psychiatrie Th. Stompe 1 Editorial Psychopathy the renaissance of a personality concept in forensic psychiatry Th. Stompe Psychiatrie, Psychotherapie, Public Mental Health und Sozialpsychiatrie Übersicht Psychopathie Geschichte und Dimensionen Th. Stompe 3 Review Psychopathy history and dimensions Th. Stompe S1 Biologische Grundlagen und Psychopharmakotherapie der Psychopathie K. Ritter, Th. Stompe 10 Biology and drug therapy of psychopathy K. Ritter, Th. Stompe Zeitungsgründer Franz Gestenbrand, Innsbruck Hartmann Hinterhuber, Innsbruck Kornelius Kryspin-Exner 09 Psychotherapie bei Psychopathie H. Kastner 18 Psychopathy and psychotherapy H. Kastner Redaktion Hartmann Hinterhuber, Innsbruck Ullrich Meise, Innsbruck Psychopathie bei Frauen: Konzept, klinisches Erscheinungsbild und Therapiestrategien C. Logan Originalarbeit Psychopathy und die Rückfallprognose für Gewalttaten N. Nedopil Schizophrenie, Psychopathie und Delinquenz Th. Stompe, H. Schanda 25 34 42 Psychopathy in Women: Conceptual Issues, Clinical Presentation and Management C. Logan Original Psychopathy and risk assessment N. Nedopil Schizophrenia, Psychopathy and Violence Th. Stompe, H. Schanda Wissenschaftliches Organ pro mente austria Dachverband der Sozialpsychiatrischen Gesellschaften Österreichische Alzheimer Gesellschaft Österreichische Gesellschaft für Bipolare Erkrankungen Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie Österreichische Schizophreniegesellschaft Psychopathische Persönlichkeitscharakteristika bei einer Gruppe von verurteilten Sexualstraftätern: Zusammenhang zwischen Tätertypus und Einfluss auf Rückfälligkeit R. Eher, M. Rettenberger 48 Psychopathic personality traits in incarcerated sexual offenders: the relationship between offender type and sexual recidivism R. Eher, M. Rettenberger Dustri-Verlag Dr. Karl Feistle http//:www.dustri.de http://www.durstri.de ISSN 0948-6259 I

Kritisches Essay Psychopathieartige Persönlichkeitszüge bei Kindern und Jugendlichen L. Johnstone, D. J. Cooke 54 Critical Essay Conceptualizing Psychopathic- Like Traits in Children and Adolescents: Promise or Peril? L. Johnstone, D. J. Cooke Psychiatrie, Psychotherapie, Public Mental Health und Sozialpsychiatrie Bericht Kulturelle Varianten der psychopathischen Persönlichkeit D. J. Cooke 64 Bericht Understanding Cultural Variation in Psychopathic Personality Disorder: Conceptual and Measurement Issues D. J. Cooke S1 09 Zeitungsgründer Franz Gestenbrand, Innsbruck Hartmann Hinterhuber, Innsbruck Kornelius Kryspin-Exner Redaktion Hartmann Hinterhuber, Innsbruck Ullrich Meise, Innsbruck Wissenschaftliches Organ pro mente austria Dachverband der Sozialpsychiatrischen Gesellschaften Österreichische Alzheimer Gesellschaft Österreichische Gesellschaft für Bipolare Erkrankungen Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie Österreichische Schizophreniegesellschaft Dustri-Verlag Dr. Karl Feistle http//:www.dustri.de http://www.durstri.de ISSN 0948-6259 II

Zeitungsgründer Franz Gerstenbrand, Innsbruck Hartmann Hinterhuber, Innsbruck Kornelius Kryspin-Exner Herausgeber Hartmann Hinterhuber, Innsbruck Ullrich Meise, Innsbruck (geschäftsführend) Johannes Wancata, Wien Gastherausgeber Thomas Stompe, Wien Kristina Ritter, Wien Wissenschaftlicher Beirat Hans Förstl, München Andreas Heinz, Berlin Wulf Rössler, Zürich Christian Bancher, Horn Ernst Berger, Wien Karl Dantendorfer, Wien Max Friedrich, Wien Armand Hausmann, Innsbruck Hans Rittmannsberger, Linz Christian Simhandl, Neunkirchen Reinhold Schmidt, Graz Werner Schöny, Linz Erweiterter wissenschaftlicher Beirat Josef Aldenhoff, Kiel Michaela Amering, Wien Redaktionsadresse Jules Angst, Zürich Wilfried Biebl, Innsbruck Peter Falkai, Göttingen Wolfgang Gaebel, Düsseldorf Verena Günther, Innsbruck Reinhard Haller, Frastanz Ulrich Hegerl, Leipzig Isabella Heuser, Berlin Florian Holsboer, München Christian Humpel, Innsbruck Kurt Jellinger, Wien Hans Peter Kapfhammer, Graz Siegfried Kasper, Wien Heinz Katschnig, Wien Ilse Kryspin-Exner, Wien Wolfgang Maier, Bonn Karl Mann, Mannheim Josef Marksteiner, Klagenfurt Hans-Jürgen Möller, München Heidi Möller, Kassel Franz Müller-Spahn, Basel Thomas Penzel, Berlin Walter Pieringer, Graz Anita Riecher-Rössler, Basel Peter Riederer, Würzburg Wolfgang Rutz, Uppsala Hans-Joachim Salize, Mannheim Alois Saria, Innsbruck Norman Sartorius, Genf Heinrich Sauer, Jena Gerhard Schüssler, Innsbruck Ingrid Sibitz, Wien Gernot Sonneck, Wien Marianne Springer-Kremser, Wien Thomas Stompe, Wien Gabriela Stoppe, Basel Hubert Sulzenbacher, Innsbruck Hans Georg Zapotoczky, Graz Univ.-Prof. Dr. Ullrich Meise, Universitätsklinik für Psychiatrie Innsbruck, Anichstraße 35, A-6020 Innsbruck, Telefon: +43-512-504-236 16, Fax: +43-512-504-23628, Email: ullrich.meise@uki.at Produktion in Lizenz durch VIP-Verlag Integrative Psychiatrie Innsbruck Anton-Rauch-Straße 8 c, A-6020 Innsbruck, Email: vip-verlag@aon.at www.vip-verlag.com Tel. +43 (0) 664 / 38 19 488 Psychiatrie, Psychotherapie, Public Mental Health und Sozialpsychiatrie Zeitungsgründer Franz Gestenbrand, Innsbruck Hartmann Hinterhuber, Innsbruck Kornelius Kryspin-Exner Redaktion Hartmann Hinterhuber, Innsbruck Ullrich Meise, Innsbruck Wissenschaftliches Organ pro mente austria Dachverband der Sozialpsychiatrischen Gesellschaften Österreichische Alzheimer Gesellschaft Österreichische Gesellschaft für Bipolare Erkrankungen Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie Österreichische Schizophreniegesellschaft Dustri-Verlag Dr. Karl Feistle, Postfach 1351, 2009 Jörg Feistle. D-82032 München-Deisenhofen, Dustri-Verlag Dr. Karl Feistle. Tel. +49 (0) 89 61 38 61-0, Telefax +49 (0) 89 6 13 54 12 ISSN 0948-6259 Email: info@dustri.de Regulary indexed in Current Contents/Science Citation Index/MEDLINE/Clinical Practice and EMBASE/Excerpta Medical Abstract Journals and PSYNDEX Mit der Annahme des Manuskriptes und seiner Veröffentlichung durch den Verlag geht das Verlagsrecht für alle Sprachen und Länder einschließlich des Rechts der photomechanischen Wiedergabe oder einer sonstigen Vervielfältigung an den Verlag über. benutzt werden dürften. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen wird vom Verlag keine Gewähr übernommen. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers. Die Neuropsychiatrie erscheint vierteljährlich. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in dieser Zeitschrift berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daß solche Namen im Sinne der Warenzeichenund Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann Bezugspreis jährlich 84,. Preis des Einzelheftes 23, zusätzlich 6, Versandgebühr, inkl. Mehrwertsteuer. Einbanddecken sind lieferbar. Bezug durch jede Buchhandlung oder direkt beim Verlag. Die Bezugsdauer verlängert sich jeweils um 1 Jahr, wenn nicht eine Abbestellung bis 4 Wochen vor Jahresende erfolgt. Dustri-Verlag Dr. Karl Feistle http//:www.dustri.de ISSN 0948-6259 IIII

Hinweise für AutorInnen: Sämtliche Manuskripte unterliegen der wissenschaftlichen und redaktionellen Begutachtung durch Schriftleitung und Reviewer. Allgemeines: Bitte die Texte unformatiert im Flattersatz (Ausnahme: Überschrift und Zwischenüberschriften, Hervorhebungen) und keine Trennungen verwenden! Manuskripte verfasst im Word sind am besten per Email an die Redaktion (Adresse siehe unten) zu übermitteln. Sie können auch elektronisch auf CD oder Diskette an die Redaktionsadresse gesandt werden. Die Zahl der Abbildungen und Tabellen sollte sich auf maximal 5 beschränken. Manuskriptgestaltung: Länge der Arbeiten: - Übersichtsarbeiten: bis ca. 50.000 Zeichen inkl. Leerzeichen - Originalarbeiten: bis ca. 35.000 Zeichen inkl. Leerzeichen - Kasuistiken, Berichte, Editorials: bis ca. 12.000 Zeichen inkl. Leerzeichen Titelseite: (erste Manuskriptseite) - Titel der Arbeit: - Namen der Autoren (vollständiger Vorname vorangestellt) - Klinik(en) oder Institution(en), an denen die Autoren tätig sind - Anschrift des federführenden Autors (inkl. Email-Adresse) Zusammenfassung: (zweite Manuskriptseite) - Sollte 15 Schreibmaschinenzeilen nicht übersteigen - Gliederung nach: Anliegen; Methode; Ergebnisse; Schlussfolgerungen; - Schlüsselwörter (mindestens 3) gesondert angeben Titel und Abstract in englischer Sprache (3. Manuskriptseite) - Kann ausführlicher als die deutsche Zusammenfassung sein - Gliederung nach: Objective; Methods; Results; Conclusions - Keywords: (mindestens 3) gesondert angeben Text: (ab 4. Manuskriptseite) Für wissenschaftliche Texte Gliederung wenn möglich in Einleitung, Material und Methode, Ergebnisse, Diskussion, evtl. Schlussfolgerungen, evtl. Danksagung, evtl. Interessenskonflikt Literaturverzeichnis: (mit eigener Manuskriptseite beginnen) - Literaturangaben sollen auf etwas 20 grundlegende Werke und Übersichtsarbeiten beschränkt werden. Das Literaturverzeichnis soll nach Autoren alphabetisch geordnet werden und fortlaufend mit arabischen Zahlen, die in [eckige Klammern] gestellt sind, nummeriert sein. - Im Text die Verweiszahlen in [eckiger Klammer] an der entsprechenden Stelle einfügen. Beispiele: Arbeiten, die in Zeitschriften erschienen sind: [1] Rittmannsberger H., Sonnleitner W., Kölbl J., Schöny W.: Plan und Wirklichkeit in der psychiatrischen Versorgung. Ergebnisse der Linzer Wohnplatzerhebung. Neuropsychiatr 15, 5-9 (2001). (Abkürzung Neuropsychiatr) Bücher: [2] Hinterhuber H., Fleischhacker W.: Lehrbuch der Psychiatrie. Thieme, Stuttgart 1997. Beiträge in Büchern: [3] Albers M.: Kosten und Nutzen der tagesklinischen Behandlung. In: Eikelmann B., Reker T., Albers M.: Die psychiatrische Tagesklinik. Thieme, Stuttgart 1999. Abbildungen und Tabellen: (jeweils auf eigener Manuskriptseite - Jede Abbildung und jede Tabelle sollte mit einer kurzen Legende versehen sein. - Verwendete Abkürzungen und Zeichen sollten erklärt werden. - Die Platzierung von Abbildungen und Tabellen sollte im Text durch eine Anmerkung markiert werden ( etwa hier Abbildung 1 einfügen ). - Abbildungen und Grafiken sollten als separate Dateien gespeichert werden und nicht in den Text eingebunden werden! - Folgende Dateiformate können verwendet werden: Für Farb-/Graustufenabbildungen:.tiff,.jpg, (Auflösung: 300 dpi); für Grafiken/Strichabbildungen (Auflösung: 800 dpi) Psychiatrie, Psychotherapie, Public Mental Health und Sozialpsychiatrie Zeitungsgründer Franz Gestenbrand, Innsbruck Hartmann Hinterhuber, Innsbruck Kornelius Kryspin-Exner Redaktion Hartmann Hinterhuber, Innsbruck Ullrich Meise, Innsbruck Wissenschaftliches Organ pro mente austria Dachverband der Sozialpsychiatrischen Gesellschaften Österreichische Alzheimer Gesellschaft Österreichische Gesellschaft für Bipolare Erkrankungen Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie Österreichische Schizophreniegesellschaft Ethische Aspekte: Vergewissern Sie sich bitte, dass bei allen Untersuchungen, in die Patienten involviert sind, die Grundsätze der zuständigen Ethikkommissionen oder der Deklarationen von Helsinki 1975 (1983) beachtet worden sind. Besteht ein Interessenskonflikt gemäß den Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors, muss dieser gesondert am Ende des Artikels ausgewiesen werden. Korrekturabzüge: Nach Anfertigung des Satzes erhält der verantwortliche Autor einen Fahnenabzug des Artikels elektronisch als pdf-datei übermittelt. Die auf Druckfehler und sachliche Fehler durchgesehenen Korrekturfahnen sollten auf dem Postweg an die Verlagsadresse zurückgesandt werden. Manuskript-Einreichung: Redaktion: Univ.-Prof. Dr. Ullrich Meise, Universitätsklinik für Psychiatrie, Medizinische Universität Innsbruck, Anichstraße 35, A-6020 Innsbruck, Telefon: +43-512-504-236 68, Fax: +43-512-504-23628, Email: ullrich.meise@uki.at Dustri-Verlag Dr. Karl Feistle http//:www.dustri.de ISSN 0948-6259 IV

Editorial Editorial Neuropsychiatrie, Band 23, Nr. S1/2009, S. 1 2 Psychopathie die Renaissance eines Persönlichkeitskonzeptes in der forensischen Psychiatrie Thomas Stompe 1,2 1 Klinische Abteilung für Sozialpsychiatrie der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Universität Wien 2 Justizanstalt Göllersdorf Psychopathy the renaissance of a personality concept in forensic psychiatry Bereits Anfang 2006 schrieben Haller und Prunnlechner-Neumann im Editorial eines der Forensischen Psychiatrie gewidmeten Heftes der Neuropsychiatrie, dass die Forensische Psychiatrie auch in Österreich in Bewegung gekommen ist [6]. Die Entwicklung der letzten zwei Jahre konnte diesen Befund eindrucksvoll bestätigen. In verschiedenen Bereichen der forensisch-psychiatrischen Forschung konnten national und international durchaus bedeutungsvolle und anerkannte Akzente gesetzt werden [4,5,14,16,17]. Teil dieser Aufbruchsstimmung war die Etablierung der Wiener Frühjahrstagung für Forensische Psychiatrie, die am 18. Mai 2007 erstmals an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie im Allgemeinen Krankenhaus Wien stattfand. Das Generalthema der ersten Tagung war Psychopathie, ein Terminus, der in der klinischen Psychiatrie in den letzten Jahrzehnten nur mehr als Begriffshülse pejorativ verwendet wird. In der forensischen Psychiatrie 2009 Dustri-Verlag Dr. Karl Feistle ISSN 0948-6259 hingegen erlebte dieses Persönlichkeitskonzept im angloamerikanischen Raum eine bemerkenswerte Revitalisierung. Cleckley [1] lieferte in seiner Monographie Mask of Insanity präzise Beschreibung einer speziellen Form der antisozialen Persönlichkeitsstörung, die sich nicht nur durch sozial deviantes Verhalten äußert, sondern auch Defizite im emotionalaktionalen Bereich (oberflächliche Gefühle, generalisierter Empathiemangel) und auch im kognitiven Bereich (Defizite in der Fähigkeit aus negativen Erfahrungen zu lernen) zeigt. Robert Hare schuf mit der Psychopathy Checklist ein valides und reliables Instrument zur Beschreibung solcher Persönlichkeiten [7,8] Die Geschichte des Psychopathiekonzepts und die gegenwärtige Diskussion über die Komponenten der psychopathischen Persönlichkeit wird im Beitrag von Stompe herausgearbeitet [20]. Die Psychopathy Checklist erlangte in den letzten zwei Jahrzehnten einen bedeutenden Stellenwert für die Erforschung der biologischen, psychologischen und soziokulturellen Entstehungsmechanismen dieser Persönlichkeitsstörung. Kristina Ritter und Thomas Stompe stellen in ihrem Beitrag die neurobiologische Fundierung der Psychopathie dar. In zahlreichen bildgebenden Studien konnte inzwischen belegt werden, dass Menschen mit einer psychopathischen Persönlichkeit eine Überaktivierung der Amygdala bei gleichzeitiger Unteraktivierung hemmender Areale im Frontallappen zeigen. Auch ein verringertes Ansprechen des serotonergen Systems scheint für die Genese der Verhaltensauffälligkeiten der Psychopathen von Bedeutung zu sein. Aufbauend auf diesen Ergebnissen und unter Berücksichtigung deliktrelevanter Verhaltensweisen wie der impulshaften Aggressivität entwickeln die Autoren Therapievorschläge für eine psychopharmakologische Behandlung der Psychopathie [13]. Psychopathie kann in nahezu allen Kulturen beschrieben werden. Soziobiologische Theorien besagen, dass ein egoistisches, unempathisches Verhalten unter gewissen Umweltbedingungen ein Selektionsvorteil ist. In seinem Beitrag zeigt David Cooke allerdings, dass darüber hinaus kulturelle Muster sowohl die Ausprägung als auch die innere Struktur der psychopathischen Persönlichkeit beeinflussen [2]. Aber nicht nur Kultur, sondern auch Geschlecht und Reifegrad bewirken eine spezifische Ausformung dieser Persönlichkeitszüge: Lorraine Johnstone beschreibt in ihrem Beitrag den Wandel der psychopathischen Persönlichkeit vom Kindes- über das Jugend- zum Erwachsenenalter [9], Caroline Logan arbeitet geschlechtsspezifische Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten dieses Störungsbildes heraus [11].

Stompe 2 Psychopathie tritt auch in durchaus nennenswertem Ausmaß als komorbide Persönlichkeitsstörung bei Achse-1 Erkrankungen auf. In einem Sample von Maßnahmepatienten mit Schizophrenie fanden Stompe und Schanda eine Prävalenz von nahezu 20%. In ihrer Arbeit präsentieren die Autoren die Ergebnisse einer Untersuchung zum Substanzmissbrauch und zu kriminellen Verhaltensweisen von schizophrenen Straftätern mit und ohne Komorbidität [18]. Besonders im Bereich der Rückfallsprognostik erwies sich die Hare Psychopathie Skala als Untersuchungsinstrument mit hoher Aussagekraft in der Vorhersage neuerlicher Delikte. Norbert Nedopil präsentiert in seinem Beitrag Ergebnisse des groß angelegten Münchner Prognose Projekts, die die überragende Bedeutung der Psychopathy Checklist bei der Risikoeinschätzung (insbesondere für gewalttätige Rückfälle) eindrucksvoll belegen [12]. Besonders komplex ist der Einfluss der Psychopathie auf die Rückfallswahrscheinlichkeit bei Sexualstraftätern. Eher und Rettenberger konnten anhand eine Gruppe von Sexualstraftätern zeigen, dass das Zusammentreffen einer Paraphilie mit einer psychopathischen Persönlichkeit die Wahrscheinlichkeit der Begehung eines neuerlichen Sexualdeliktes deutlich erhöht [3]. Wie schon der Beitrag von Ritter und Stompe zeigt, zeichnen sich Psychopathen besonders durch einen Mangel an Leidensdruck und Compliance aus. Der Leidensdruck liegt auf der Seite des gesellschaftlichen Umfeldes. Dieser Umstand erschwert natürlich auch die Konzeption und Durchführung psychotherapeutischer Interventionen erheblich. Wie Heidi Kastner in ihrem Beitrag zeigt, wurden trotzdem oder gerade deshalb in den letzten Jahren vermehrt Anstrengungen unternommen, Therapiekonzepte für diese schwierige Klientel zu entwickeln [10]. Die ersten Evaluationen lassen hoffen, dass es einem Risikomanagement unter konsequenter Ausschöpfung der bestehenden psychotherapeutischen, psychopharmakologischen und sozialtherapeutischen Möglichkeiten gelingen könnte, in der Behandlung dieser schwierigen Patientengruppe Fortschritte zu erzielen. Literatur [1] Cleckley H.: The Mask of Sanity. Mosby: St. Louis (1941, 1976). [2] Cooke D.: Understanding Cultural Variation in Psychopathic Personality Disorder: Conceptual and Measurement Issues. Neuropsychiatrie 2008. [3] Eher R., Rettenberger M.: Psychopathische Persönlichkeitscharakteristika bei einer Gruppe von verurteilten Sexualstraftätern: Zusammenhänge zwischen Tätertypus und Einfluss auf Rückfälligkeit (2009). [4] Eher R., Schilling F., Graf Th., Frühwald St., Frottier P.: Die standardisierte Begutachtung von Sexualstraftätern im Österreichischen Strafvollzug. Neuropsychiatrie 19:32-39 (2006). [5] Haller R.: Die Unterbringung psychisch abnormer Rechtsbrecher nach dem Strafänderungsgesetz. Neuropsychiatrie;19:23-31 (2006). [6] Haller R., Prunnlechner-Neumann R.: Forensische Psychiatrie Die Rolle des Faches zwischen Medizin, Justiz und Öffentlichkeit. Neuropsychiatrie 20, 1-3 (2006). [7] Hare R.D.: A research scale for the assessment of psychopathy in criminal populations. Personality and Individual differences 1,111-119 (1980). [8] Hare R.D.: The Hare Psychopathy Checklist-Revised. Multi-Health Systems: Toronto (1991). [9] Johnstone L., Cooke D.: Psychopathiclike traits in children and adolescents. Conceptualizing psychopathic-like traits in children and adolescents: Promise or Peril? Neuropsychiatrie (2009). [10] Kastner H.: Psychotherapie bei Psychopathie. Neuropsychiatrie (2009). [11] Logan C.: Psychopathy in Women: Conceptual issues, clinical presentation, and management. Neuropsychiatrie (2008). [12] Nedopil N.: Psychopathy und die Rückfallprognose für Gewalttaten. Neuropsychiatrie (2009). [13] Ritter K., Stompe T.: Biologische Grundlagen und Psychopharmakotherapie der Psychopathie. Neuropsychiatrie (2009). [14] Schanda H., Knecht G., Schreinzer D., Stompe T., Ortwein-Swoboda G., Waldhoer T.: Homicide and Major Mental Disorders: A 25-Year Study. Acta Psychiatrica Scandinavia 110:98-107 (2004). [15] Schanda H., Stompe T., Ortwein-Swoboda G.: Psychisch Kranke zwischen Psychiatriereform und Justiz: Die Zukunft des österreichischen Maßnahmenvollzugs nach 21/1 StGB. Neuropsychiatrie 2006;19:40-49. [16] Stompe T, Ortwein-Swoboda G, Schanda H.: Schizophrenia, Delusional Symptoms and Violence: The Threat/Control-Override-Concept Re-examined. Schizophrenia Bulletin 30:31-44 (2004). [17] Stompe T., A. Strnad, K. Ritter, D. Fischer-Danzinger, M. Letmaier, G. Ortwein-Swoboda, Schanda H.: Patterns of socialization in male schizophrenic offenders. Australian and New Zealand Journal of Psychiatry 2006;40:554-561. [18] Stompe T., Schanda H.: Schizophrenie, Psychopathie und Delinquenz. Neuropsychiatrie (2009). [19] Stompe T.: Pharmakotherapie bei Sexualstraftätern. Neuropsychiatrie 2007;1:12-17. [20] Stompe T.: Psychopathie Geschichte und Dimensionen. Neuropsychiatrie (2009). Univ.-Prof. Dr. Thomas Stompe Klinische Abteilung für Sozialpsychiatrie, Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Universität Wien thomas.stompe@meduniwien.ac.at

Übersicht Review Neuropsychiatrie, Band 23, Nr. S1/2009, S. 3 9 Psychopathie Geschichte und Dimensionen Thomas Stompe 1,2 1 Klinische Abteilung für Sozialpsychiatrie der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Universität Wien 2 Justizanstalt Göllersdorf Schlüsselwörter: Psychopathie Geschichte Persönlichkeitsdimensionen Key words: psychopathy history factor structure Psychopathie - Geschichte und Dimensionen Psychopathie (oder aktueller Psychopathy ) ist ein Konzept, dass in der forensischen Psychiatrie in den letzten zwei Jahrzehnten zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Dieser Artikel beschreibt die Geschichte dieses Begriffs, die mit Pinel und Rush Anfang des 19. Jahrhunderts einsetzt, bis zu den gegenwärtigen Diskussionen um die innere Struktur dieser Persönlichkeitsstörung. Psychopathy history and dimensions Psychopathy is a concept which has gained weight during the last two decades in forensic psychiatry. This article describes the history of this concept, starting in the beginning of the 19 th century with Pinel and Rush, ending up with the recent discussions about the inner structure of this personality disorder. 2009 Dustri-Verlag Dr. Karl Feistle ISSN 0948-6259 Historischer Rückblick Die Terminologie der psychiatrischen Wissenschaften unterliegt einem ständigen Wandlungsprozess. Die geschichtliche Aufarbeitung der psychiatrischen Klassifikationsbemühungen zeigt, dass immer wieder ursprünglich zentrale Bezeichnungen von Störungsbildern wie etwa die Hysterie ihre Validität verlieren und von der offiziellen Fachwelt aufgegeben werden. Danach fristen sie häufig ein Schattendasein im klinischen Alltag als unreflektierte pejorative Zuschreibungen. Ähnliches vollzog sich mit dem Begriff der Psychopathie, der für Jahrzehnte aus dem wissenschaftlichen und klinischen Sprachgebrauch verschwunden war, allerdings in den letzten Jahren - zunächst in der forensischen Psychiatrie zunehmend an Bedeutung gewann. Frankreich und Italien Philippe Pinel (1745-1826) kann als einer der ersten gelten, der sich intensiv mit dem Erscheinungsbild und dem Verhalten dieser Menschen auseinander gesetzt hat. Er beschrieb mit dem Begriff manie sans delir eine Kombination aus antisozialem Verhalten bei fehlender Psychose und verwendete den Terminus um ein Verhaltensmuster zu erfassen, das durch völlige Gewissenlosigkeit und Hemmungslosigkeit geprägt war und sich von dem gewöhnlicher Verbrecher deutlich unterschied [15]. Pinel schwankte zwischen zwei ätiologischen Annahmen: zum einen hielt er es für wahrscheinlich, dass es sich dabei um die Folge einer ungünstig verlaufenden Biographie handelte, zum anderen hielt es aber nicht für ausgeschlossen, dass eine endogene Entwicklung hin auf eine perverse, ungezügelte Wesensart vorlag. Bis in die Gegenwart hinein liefert sich die psychiatrische Fachgemeinde zu diesem Thema leidenschaftlich geführte Gefechte. Mit dem Konzept der Monomanie entwickelte Jean Étienne Dominique Esquirol (1772-1840) die Idee einer diagnostischen Kategorie, die auf die Beschreibung und Bewertung einzelner Störungen intellektueller, emotionaler oder voluntaristischer Funktionen beruht [5]. Unter dem Terminus monomanie instinctive beschieb er ein Persönlichkeitsbild, das mit der heute gängigen Konzeption der Psychopathie im Wesentlichen übereinstimmt. Benedict Morel (1809-1873) und Valentin Magnan (1835-1912) integrierten diese Persönlichkeitsvariante in die Degenerationstheorie, die bis weit in das 20. Jahrhundert hinein eines der einflussreichsten Konzepte der Genese psychischer Erkrankungen bleiben sollte. Morels Version der Degenerationstheorie war in ein religiöses Weltbild integriert, in welchem biologische Degeneration als Folge des Sündenfalls erklärt wurde [19]. Er ging von drei Annahmen aus: (a) Degenerative Veränderungen sind Abweichungen von der Normalität, (b) Geisteskrankheiten

Stompe 4 sind vererbbar, wobei Morel von der Lamarckschen Theorie ausging, dass sich die Erkrankung durch eine schlechte Lebensführung in die menschliche Biologie einschreiben kann und im weiteren Verlauf von Generation zu Generation weitergegeben wird, (c) diese Degeneration sowohl zur Verschlechterung des ursprünglichen als auch zum Auftreten neuer Krankheitsbilder führen kann. Die Geisteskrankheiten werden bei Morel nach ihrem Schweregrad eingeteilt. Die weniger gestörten Fälle, unter dem Begriff folie morale zusammengefasst, sind charakterisiert durch exzentrische, instabile Gefühle und Unzuverlässigkeit. Im Gegensatz zu Morel betrachtete sich Magnan als Schüler Darwins und distanzierte sich von der religiösen Sicht seines Vorgängers auf die Geisteskrankheiten [17]. Er formulierte das Konzept der Prädisposition, die bei der Geburt bereits manifest sein kann oder über längere Zeit in Latenz verharren kann. Psychische Störungen waren nach Magnan Ausdruck von degenerativen Veränderungen der cerebro-spinalen Zentren, die zu einer Stressvulnerabilität des Betroffenen führen. Auch Magnan unterschied verschiedene Grade der Degeneration. Die Zustandsbilder, die wir heute als Psychopathie verstehen, bezeichnete er als dégénéres superieurs. Nach dem 1. Weltkrieg wurde in Frankreich die Theorie der Degeneration vom Konzept der Konstitution abgelöst. In Italien verband Cesare Lombroso (1836-1909) die Idee der Degenerationslehre und die Darwinsche Evolutionstheorie zu der lange Zeit populären Vorstellung vom geborenen Kriminellen, eine Form von menschlichem Atavismus [16]. Deutschland und Österreich In der deutschsprachigen Psychiatrie standen sich schon im 19. Jhdt. zwei Konzepte der Psychopathie gegenüber. Viele bedeutende Psychiater dieser Zeit vertraten einen Psychopathiebegriff, der in großen Zügen mit dem der Französischen Vertreter der Degenerationstheorie und den englischen Konzepten der moral insanity übereinstimmte. Der bekannteste Vertreter dieser Richtung war Julius Ludwig Koch (1841-1908), der zwischen 1891 und 1893 seine in der psychiatrischen Fachwelt positiv rezipierte Monographie über Psychopathische Minderwertigkeiten verfasste [12]. Der Ausdruck Minderwertigkeiten war bei Koch, ähnlich wie bei Magnan, allerdings eher organpathologisch und weniger soziologisch wertend gemeint. Durch Heinrich Schüle (1840-1916) fand die Degenerationstheorie weite Verbreitung in Deutschland, sein Freund Freiherr Richard von Krafft- Ebing (1840-1902), bekannt durch sein Buch, Psychopathia Sexualis, etablierte die Degenerationstheorie in Österreich, wo sie bis zu Erwin Stransky (1877-1962) ein zentrales Erklärungsmodell für die Existenz psychopathischer Menschen blieb [25]. Der Begriff der psychopathischen Persönlichkeit erschien bei Emil Kraepelin (1856-1926) erstmals in der 7. Auflage seines Lehrbuchs, wo er vor allem unter dem Gesichtspunkt der Dissozialität diskutiert wurde [13]. In der 8. Auflage (1909-1915) vollzog Kraepelin einen Wandel, der die spätere Entwicklung des deutschsprachigen Psychopathiekonzepts Emil Kraepelin die Erregbaren die Haltlosen die Triebmenschen die Verschrobenen die Lügner und Schwindler die Gesellschaftsfeinde die Streitsüchtigen entscheidend beeinflusste. Die dissoziale Persönlichkeit ( Gesellschaftsfeinde ) war nun ein Typus in einer Gruppe von 7 psychopathischen Persönlichkeiten: Die Erregbaren, die Haltlosen, die Triebmenschen, die Verschrobenen, die Lügner und Schwindler, die Gesellschaftsfeinde, sowie die Streitsüchtigen [14]. Obwohl bereits Kraepelin die Verbindung von Psychopathie und antisozialem Verhalten etwas lockerte, blieb es Eugen Bleuler (1857-1940) vorbehalten, in seinem Lehrbuch der Psychiatrie den Begriff der Psychopathie aufgrund seiner diskriminierenden Wirkung abzulehnen: Charakterlich hochgradig schwierige Menschen nannte man seit Jahrzehnten Psychopathen, wenn ihr Leiden dem Leiden eines Kranken wesensähnlich schien. Der Ausdruck ist im medizinischen Sprachgebrauch noch nicht ersetzt aber er ist mit Vorsicht anzuwenden. Beklagenswert ist, dass er populär fast zu einem Schimpfwort wurde und dass er bei vielen den Gedanken an kriminelle Psychopathen wachruft, obschon die meisten Psychopathen nicht kriminell werden und viele von ihnen moralisch auf höchster Stufe stehen. [2]. Mit Kraepelin und Bleuler vollzog sich der Übergang zu einer Richtung der deutschsprachigen Psychiatrie, die den Psychopathiebegriff von antisozialen Verhaltensweisen entkoppelte und auf Charakterformen ausdehnte, die wir heute unter dem Kurt Schneider hyperthymische Psychopathen depressive Psychopathen selbstunsichere Psychopathen anankastische Psychopathen fanatische Psychopathen geltungsbedürftige Psychopathen stimmungslabile Psychopathen explosible Psychopathen gemütlose Psychopathen willenlose Psychopathen asthenische Psychopathen Tabelle 1: Typologie der psychopathischen Persönlichkeiten bei Emil Kraepelin und Kurt Schneider

Psychopathie Geschichte und Dimensionen 5 Überbegriff Persönlichkeitsstörungen einordnen. Die Typologisierung der Psychopathien erreichte einen Höhepunkt im Werk Kurt Schneiders (1887-1967), der Psychopathien als Steigerungsformen der abnormen Persönlichkeiten betrachtete [24]. Schneider verstand abnorme Persönlichkeiten als quantitative Abweichungen von der Durchschnittsbreite von Persönlichkeiten der Normalbevölkerung. Als psychopathische Persönlichkeiten hob er diejenigen heraus, die an ihrer Abnormität leiden oder unter deren Abnormität die Gesellschaft leidet. Bezogen sich bereits nicht alle Termini der Kraepelinschen Typologie auf antisoziales Verhalten, so erweiterte Schneider das Spektrum psychopathischer Persönlichkeiten um Typen, die keineswegs mehr mit Delinquenz assoziiert werden konnten. Kurt Schneider unterschied 11 Typen, die sich auch überschneiden können: hyperthymische, depressive, selbstunsichere, anankastische, fanatische, geltungsbedürftige, stimmungslabile, explosible, gemütlose, willenlose und asthenische Psychopathen. Bereits hier finden wir die Trennung der Antisozialität von den affektiven Persönlichkeitsanteilen wie sie ursprünglich als integrale Eigenschaften einer Persönlichkeit von Pinel und seinen Nachfolgern beschieben wurde. Diese Vorgangsweise wurde von den heute international am häufigsten verwendeten Klassifikationssystemen, dem DSM-IV der American Psychiatric Association [1] und dem ICD-10 der WHO [26] übernommen. Der antisoziale Persönlichkeitsanteil wurde von Kurt Schneider unter dem Typus gemütloser Psychopath beschrieben: Gemütlose Psychopathen heißen wir Menschen ohne oder fast ohne Mitleid, Scham, Ehrgefühl, Reue und Gewissen, und wenig später: Gemütlose sind grundsätzlich unverbesserlich und unerziehbar. Ähnliches findet sich im DSM-IV unter der diagnostischen Kategorie Antisoziale Persönlichkeitsstörung (301.7) und im ICD-10 unter dissoziale Persönlichkeitsstörung (F60.2) aufgelistet. Der Persönlichkeitsanteil der Psychopathen, der Auffälligkeiten des Affekts und des Beziehungslebens umfasst, fand sich bei Kurt Schneider am ehesten unter dem Terminus geltungsbedüftiger Psychopath : Geltungsbedürftige Psychopathen heißen wir Persönlichkeiten, die mehr scheinen wollen, als sie sind, es sind unechte, eitle Persönlichkeiten. In Kurt Schneiders Beschreibung der geltungsbedürftigen Psychopathie fanden sich noch ungetrennt hysterische und narzisstische Persönlichkeitszüge, die in den beiden neuen Klassifikationssystemen separiert wurden. Nach dem 2. Weltkrieg wurde unter dem Einfluss der expandierenden psychoanalytischen Bewegung auch in der deutschsprachigen Psychiatrie der Terminus Psychopathie weitgehend durch das Konzept der Persönlichkeitsstörungen ersetzt. Die Psychopathie fristete mehrere Jahrzehnte nur mehr ein Schattendasein als eine pejorative Alltagsbezeichnung für einen gemeinen, bösartigen Menschen. Lediglich die von Werner Janzarik gegründete strukturdynamische Richtung der Psychiatrie, und hier insbesonders Henning Saß [23], setzte sich mit dem Psychopathieproblem auseinander, ohne allerdings damit ein Gegengewicht zum Mainstream der deutschen Psychiatrie setzen zu können. Erst mit der Übernahme des Psychopathiekonzepts von Hare durch die Forensische Psychiatrie, bekam der Terminus auch im deutschsprachigen Raum wieder eine diagnostische, vor allem aber prognostische Wertigkeit zurück. England und Nordamerika In der angloamerikanischen Psychiatrie griff als erster der Amerikaner Benjamin Rush (1746-1813) die Auffassung Pinels der manie sans délire auf. Er sprach von perversion of moral faculties, bzw. von moral alienation of mind bei Individuen, die bei ungestörten Kräften der Vernunft und des Intellekts frühzeitig Verantwortungslosigkeit, Aggressivität und mangelnde Rücksicht auf die Interessen anderer zeigten [22]. Während die Betonung des moralischen Defekts zwar auf Antisozialität verweist, ist zu bedenken, dass im 19. Jahrhundert unter dem englischen Begriff moral meist die gemüthaften oder emotional-affektiven Aspekte einer Persönlichkeit verstanden wurden. Weit über den englischen Sprachraum hinaus einflussreich wurde die Arbeit von James Cowles Prichard (1786-1848) über moral insanity. Unter diesem Begriff fasste er eine krankhafte Perversion der natürlichen Gefühle, Stimmungen, Gewohnheiten, moralischen Dispositionen und natürlichen Impulse ohne erkennbare Krankheit zusammen [21]. Im Anschluss an Prichard entzündete sich in England die Debatte um die Krankhaftigkeit und damit verbunden um die Schuldfähigkeit dieser Menschen. Ein wichtiger Exponent, in dessen Schriften sich die Ungereimtheiten dieser, die bis zum heutigen Tag anhaltenden Debatte repräsentieren, war Henry Maudsley (1835-1918). Er bezeichnete die moral insanity als eine Form der mental alienation, die so stark mit Kriminalität und menschlichen Laster verbunden sei, dass ihre medizinische Verankerung in Frage zu stellen wäre. Dennoch plädierte er in diesen Fällen für eine verminderte Schuldfähigkeit [18]. Großen Einfluss auf die weitere Entwicklung der englischen Psychiatrie im 20. Jahrhundert hatte David Kennedy Henderson mit seinem Buch Psychopathic States [11]. Er unterschied drei Formen: (a) die unangepassten, (b) die aggressiven und (c) die kreativen Psychopathen. Die ersten beiden Typen sind in die angloamerikanische Konzeption der antisozialen Persönlichkeitsstörung eingegangen.

Stompe 6 Seit etwa zwanzig Jahren erlebt die ursprüngliche Fassung des Terminus in den USA und Kanada eine unerwartete Renaissance. Die wohl wichtigste Ausgangsbasis für die heutige wissenschaftliche Erforschung der Psychopathie (Psychopathy) war Harvey Cleckleys Monographie The Mask of Sanity [3]. Für die Diagnose einer Psychopathie stellte er 16 Kriterien auf: (1) Oberflächlicher Charme und durchschnittliche bis überdurchschnittliche Intelligenz. (2) Keine Wahnvorstellungen oder andere Anzeichen irrationalen Denkens. (3) Weder Angst noch andere neurotische Symptome; auffallende Gelassenheit, Ruhe und Wortgewandtheit. (4) Unzuverlässig, keinerlei Pflichtgefühl; Verantwortungsgefühl weder in großen noch in kleinen Dingen. (5) Falsch und unaufrichtig. (6) Kennt weder Reue noch Schamgefühl. (7) Antisoziales Verhalten, das weder angemessen motiviert noch geplant ist und dessen Ursache eine unerklärliche Impulsivität zu sein scheint. (8) Geringe Urteilskraft und unfähig, aus Erfahrung zu lernen. (9) Pathologisch egozentrisch, vollkommen selbstzentriert; unfähig zu wirklicher Liebe und Bindung. (10) Genereller Mangel an tiefen und andauernden Emotionen. (11) Fehlen jeglicher Einsicht; unfähig, sich selbst mit den Augen anderer zu sehen. (12) Keine Anerkennung anderer für besonderes Bemühen, für Freundlichkeit und entgegengebrachtes Vertrauen. (13) Launisches und anstößiges Verhalten; unter Alkoholeinfluss und manchmal sogar auch nüchtern: Pöbelhaftigkeit, Grobheit, schneller Stimmungswechsel, üble Streiche. (14) Keine ernsthaften Suizidversuche. (15) Ein unpersönliches, triviales und kaum integriertes Sexualleben. (16) Unfähig, sein eigenes Leben zu planen oder seinem Leben irgendwie Ordnung zu geben, höchstens eine Planung, die ihm hilft, seine Selbsttäuschung aufrecht zu erhalten. Cleckely wies auf einige Persönlichkeitseigenschaften hin, die das psychopathische Handeln von dem normaler Straftäter unterscheidbar macht. Diese wären zum Beispiel das Fehlen planvoller Zielerreichung, das Nicht-in-Rechnung-Stellen negativer Konsequenzen des Tuns sowie fehlende Loyalität gegenüber der kriminellen Gruppe, der man angehört. Er betonte substanzielle Defizite im Erfahren und Ausleben zwischenmenschlicher Gefühle. Zur Kennzeichnung des Unvermögens, sozial angemessen auf normierte Anforderungen zu reagieren, verwendete er den Begriff semantic dementia. Robert Hare und der aktuelle Psychopathiebegriff ( Psychopathy ) Aus den Kategorien Cleckleys und eigenen umfangreichen Forschungsarbeiten mit Gefängnisinsassen entwickelte Robert Hare (1980) die Psychopathy-Checklist um die forensisch relevanten Cleckley schen Psychopathen in der Gefängnisumgebung zu identifizieren [6]. Die Diagnosekriterien Cleckleys wurden von Hare in Form eines semistrukturierten Interviews konzeptualisiert und operationalisiert. Die inzwischen weltweit verwendete revidierte Version, die Psychopathy Checklist Revised Version (PCL-R) akkumuliert für die Diagnose einer Psychopathie Informationen aus dem semistrkturierten klinischen Interview, aus der Selbsteinschätzung des Probanden, der Verhaltensbeobachtung durch den Untersucher und zusätzlichen Informationen aus anderen Quellen [7]. Die PCL-R besteht aus 20 Items (Tabelle 2), deren Ausprägung auf 1. Trickreich, sprachgewandter Blender mit oberflächlichem Charme 2. Erheblich übersteigertes Selbstwertgefühl 3. Stimulationsbedürfnis, ständiges Gefühl der Langeweile 4. Pathologisches Lügen (Pseudologie) 5. Betrügerisches manipulatives Verhalten 6. Mangel an Gewissensbissen oder Schuldgefühlen 7. Oberflächliche Gefühle 8. Gefühlskälte, Mangel an Empathie 9. Parasitärer Lebensstil 10. Unzureichende Verhaltenskontrolle 11. Promiskuität 12. Frühe Verhaltensauffälligkeiten 13. Fehlen von realistischen langfristigen Zielen 14. Impulsivität 15. Verantwortungslosigkeit 16. Mangelnde Fähigkeit oder Bereitschaft, Verantwortung für eigenes Handeln zu übernehmen 17. Viele kurzzeitige (ehe)ähnliche Beziehungen 18. Delinquenz in der Jugend 19. Verstoß gegen Weisungen und Auflagen 20. Polytrope Kriminalität Tabelle 2: Merkmale in der revidierten Psychopathie-Checkliste (PCL-R) nach Hare

Psychopathie Geschichte und Dimensionen 7 einer dreistufigen Skala bewertet wird (0 = die Eigenschaft ist nicht vorhanden, 1 = teils zutreffend, doch nicht eindeutig vorliegend, 2 = trifft voll und ganz zu). Bei einem maximal erreichbaren Punktewert von 40 gilt in den USA und Kanada ein Wert von 30, in Europa von 25 als pathologisch und definiert nach den derzeit verwendeten Forschungskriterien das Vorliegen einer Psychopathy. Erstmals existiert damit ein Erhebungsinstrument für Psychopathie, das in den USA und Kanada rasch zu einem Boom in der forensisch-psychiatrischen Forschung führte. Seit Mitte der 1990er Jahre wurde Hares Konzept der Psychopathie auch von der Europäischen Psychiatrie übernommen. Dabei ist allerdings eine bemerkenswerte Ungleichzeitigkeit zu registrieren. Während Psychopathie international zu einem zentralen Begriff für die forensische Psychiatrie wurde, wurde dieses neue amerikanische Konzept von der klinischen Psychiatrie kaum wahrgenommen oder völlig ignoriert. Faktorenanalytisch konnten von Harpur und Kollegen zwei Determinanten ermittelt werden, die regelmäßig in unterschiedlichem Ausmaß bei Psychopathen zu anzutreffen sind [10] (Tabelle 3). Faktor 1 erfasst Items, die die Störung der emotionalen und interpersonellen Bezüge reflektieren und trennt Personen mit Psychopathy von den übrigen dissozialen Persönlichkeiten und milieubedingten kriminellen Fehlentwicklungen. Studien an Gefängnisinsassen ergaben, dass zwar 70 bis 80% der Häftlingspopulationen in den USA und Kanada die Diagnosekriterien einer antisozialen Persönlichkeitsstörung, doch nur 25 bis 30% die einer Psychopathy gemäß der PCL-R erfüllten [9]. Bei Faktor 1. Aggressiver Narzissmus Trickreich, sprachgewandter Blender mit oberflächlichem Charme Erheblich übersteigertes Selbstwertgefühl Pathologisches Lügen (Pseudologie) Betrügerisches manipulatives Verhalten Mangel an Gewissensbissen oder Schuldgefühlen Oberflächliche Gefühle Gefühlskälte, Mangel an Empathie Mangelnde Fähigkeit oder Bereitschaft, Verantwortung für eigenes Handeln zu übernehmen Faktor 2. Antisoziales Verhalten Stimulationsbedürfnis, ständiges Gefühl der Langeweile Parasitärer Lebensstil Unzureichende Verhaltenskontrolle Promiskuität Frühe Verhaltensauffälligkeiten Fehlen von realistischen langfristigen Zielen Impulsivität Verantwortungslosigkeit Delinquenz in der Jugend Verstoß gegen Weisungen und Auflagen Items, die nicht mit einem der Faktoren assoziiert sind Promiskuität Viele kurzzeitige (ehe)ähnliche Beziehungen Polytrope Kriminalität Tabelle 3: Zwei-Faktoren Modell der Psychopathy (nach Harpur et al., 1989) Psychopathy handelt es sich also um eine Störung, die Mithilfe der operationalisierten Diagnosesysteme als antisoziale Persönlichkeitsstörung (DSM-IV) beziehungsweise als dissoziale Persönlichkeitsstörung (ICD-10) zu klassifizieren ist, sich auf Grund der spezifischen Faktor- 1-Störung aber von diesen abgrenzen lässt. Der Faktor 1 beschreibt den selbstsüchtigen, gewissenlosen Gebrauch von anderen. Probanden, die in diesem Faktor hoch laden, sind zumeist redegewandt, allerdings ohne inhaltlichen Tiefgang, verfügen über einen oberflächlichen Charme, ein übersteigertes Selbstwertgefühl ohne faktische Grundlage, sie lügen gewohnheitsmäßig ohne Schuld- oder Schamgefühle zu zeigen, wenn sie dabei ertappt werden. Sie sind betrügerisch und in hohem Maße manipulativ; ohne jegliches Schuldbewusstsein oder schlechtes Gewissen haben sie nur die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse im Sinn. Normale Gefühlsregungen sind ihnen zumeist vollkommen fremd, und sie zeigen für gewöhnlich einen Mangel an Einfühlungsvermögen. Die Verantwortung für ihre Taten lasten sie der Gesellschaft oder den Angehörigen an [8]. Die Faktor-2-Merkmale umfassen überwiegend antisoziale Verhaltensweisen und Einstellungen wie impulshaftes Handeln, unbeherrschtes Verhalten oder Verantwortungslosigkeit. Psychopathie läßt sich auffassen als stabile Kombination aus narzisstischen, dissozialen und Borderline- Persönlichkeitszügen. Wichtig ist, antisoziale bzw. dissoziale Persönlichkeitsstörungen von der Psychopathie nach Hare zu unterscheiden. Während sich bei beiden Gruppen delinquente Verhaltensweisen finden, zeigen ausschließlich Psychopathen die unter Faktor 1 subsumierten affektiven Auffälligkeiten. Das Verständnis des strukturellen Aufbaus dieser Persönlichkeitsstörung ist notwendig um zu einer korrekten Zuordnung von Außenvariablen zu gelangen. Obwohl die traditionellen PCL-R Faktoren verschiedenste Kor-

Stompe 8 Faktor 1: interpersonell Trickreich, sprachgewandter Blender mit oberflächlichem Charme Erheblich übersteigertes Selbstwertgefühl Pathologisches Lügen (Pseudologie) Betrügerisches manipulatives Verhalten Faktor 2: affektiv Mangel an Gewissensbissen oder Schuldgefühlen Oberflächliche Gefühle Gefühlskälte, Mangel an Empathie Mangelnde Fähigkeit oder Bereitschaft, Verantwortung für eigenes Handeln zu übernehmen Faktor 3: Lebensstil Stimulationsbedürfnis, ständiges Gefühl der Langeweile Parasitärer Lebensstil Fehlen von realistischen langfristigen Zielen Impulsivität Verantwortungslosigkeit Items, die nicht mit einem der Faktoren assoziiert sind Unzureichende Verhaltenskontrolle Delinquenz in der Jugend Frühe Verhaltensauffälligkeiten Verstoß gegen Weisungen und Auflagen Promiskuität Viele kurzzeitige (ehe)ähnliche Beziehungen Polytrope Kriminalität Tabelle 4: Drei-Faktoren Modell der Psychopathy (nach Cooke & Mitchie 2001) Faktor 1: interpersonell Trickreich, sprachgewandter Blender mit oberflächlichem Charme Erheblich übersteigertes Selbstwertgefühl Pathologisches Lügen (Pseudologie) Betrügerisches manipulatives Verhalten Faktor 2: affektiv Mangel an Gewissensbissen oder Schuldgefühlen Oberflächliche Gefühle Gefühlskälte, Mangel an Empathie Mangelnde Fähigkeit oder Bereitschaft, Verantwortung für eigenes Handeln zu übernehmen Faktor 3: Lebensstil Stimulationsbedürfnis, ständiges Gefühl der Langeweile Parasitärer Lebensstil Fehlen von realistischen langfristigen Zielen Impulsivität Verantwortungslosigkeit Faktor 4: antisozial Frühe Verhaltensauffälligkeiten Unzureichende Verhaltenskontrolle Delinquenz in der Jugend Verstoß gegen Weisungen und Auflagen Polytrope Kriminalität relationen mit Außenkriterien wie Rückfallsrisiko und Gewalttätigkeit zeigten, blieb das 2-Faktoren Modell jedoch nicht unwidersprochen. Cooke und Michie [4] schlugen anhand von neu berechneten Faktorenanalysen vor, dass Psychopathy als Störung verstanden werden kann, die aus drei Dimensionen zusammengesetzt ist: (a) interpersoneller Stil, (b) Affektgestaltung, (c) impulsiver und verantwortungsloser Lebensstil (Tabelle 4) Cooke und Michie eliminierten damit die Items aus dem Persönlichkeitsprofil, die antisoziale Tendenzen messen. Ihr Modell hat den Vorteil, dass damit leichter Psychopathy in nicht-forensischen Populationen gemessen werden kann und ein Vergleich mit Gefängnisinsassen möglich ist. Antisozialität wird dabei als Verhaltensmuster und nicht als Persönlichkeitsdimension gewertet. Allerdings wurden auch hier kritische Stimmen laut, die fanden, dass die Items, die antisoziale Tendenzen zusammenfassen, zu wichtig für die Konzeptionalisierung der Psychopathy wären, und daher nicht nur als Außenkriterien für Korrelationsberechnungen dienen sollten [20]. Auch von Seiten der Statistik wurde das 3-Faktoren Modell von Cooke und Michie kritisiert. Inzwischen hat sich ein 4-Faktoren Modell etabliert, das auch in der revidierten Fassung des PCL-R Handbuchs propagiert wird (Tabelle 5). Das 4-Faktoren Modell setzt sich aus den von Cooke und Michie errechneten Faktoren und den antisozialen Items zusammen, die zum Faktor 4 integriert wurden. Aus der Faktorenstruktur ausgeschlossen bleiben lediglich die Items Promiskuität und kurze, eheähnliche Beziehungen. Items, die nicht mit einem der Faktoren assoziiert sind Promiskuität Viele kurzzeitige (ehe)ähnliche Beziehungen Tabelle 5. Vier-Faktoren Modell der Psychopathy (nach Hare 2003)

Psychopathie Geschichte und Dimensionen 9 Zusammenfassung Seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts unterliegt der Psychopathiebegriff einem ständigen Wandlungsprozess. Auffällig dabei ist, dass die Extension des Begriffs periodisch zwischen Verengung und Aus- bis Überdehnung schwankt. Schneider etwa versteht Psychopathie als Synonym für schwer abnorme Persönlichkeiten, der ursprüngliche, von Pinel oder Morel beschriebene Inhalt des Terminus bleibt in dieser Typologie unbesetzt. Die gegengerichtete Verengung des Psychopathiebegriffs führt zum selben Ergebnis nämlich letztlich zu seinem Verschwinden. Durch die Fokusierung auf das kriminelle Verhalten dieser Personen geraten die spezifische Gestaltung des Affektlebens, der Beziehungen sowie bestimmter Persönlichkeitsmerkmale aus dem Blickfeld. Diese waren sowohl im 19. Jhdt. für die französische als auch die angloamerikanische Psychiatrie regelhaft Bestandteil der Beschreibung dieser Persönlichkeitsformation. Ersetzt wurde Psychopathie durch den Terminus antisoziale oder dissoziale Persönlichkeitsstörung. Allerdings wird paradoxerweise durch diese Verengung mit der Fokusierung auf die kriminellen Persönlichkeitsanteile im DSM-IV und ICD-10 eine breitere Personengruppe erfasst, da sich bei weitem nicht alle antisozialen Menschen durch eine defiziente Emotionsregulation und Emotionsverarbeitung, wie sie bei Psychopathen zu finden sind, auszeichnen [9]. Es war das Verdienst von Cleckley die beiden Persönlichkeitsfacetten zu reintegrieren, und Hares Verdienst, mit der Psychopathy Checklist ein Instrument zu schaffen, mit dem diese Persönlichkeit valide und reliabel erfasst werden kann. Bald jedoch kam es zu einer neuen, andersgearteten Engführung: Cooke und Michie gliederten mit ihrem 3- Faktorenmodells das delinquente Verhalten als Persönlichkeitsmerkmal aus und konzentrierten sich auf die anderen, in der Geschichte der Psychopathie zumeist vernachlässigten, Persönlichkeitszüge. Das neue 4-Faktorenmodell ist hoffentlich ein tragfähiger Kompromiss, der die weitere Forschung vorantreiben wird. Literatur [1] American Psychiatric Association (APA): Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, Fourth Edition. American Psychiatric Association: Washington, DC (1994). [2] Bleuler E.: Lehrbuch der Psychiatrie. Springer: New York (1983, Orig. 1916). [3] Cleckley H.: The Mask of Sanity. Mosby: St. Louis (1941, 1976). [4] Cooke DJ, Michie C, Hart SD, Clark DA.: Reconstructing psychopathy: clarifying the significance of antisocial and socially deviant behavior in the diagnosis of psychopathic personality disorder. Journal of Personality Disorders 18, 337-357 (2004). [5] Esquirol E.D.E. : Des Maladies Mentales Considerées sos les Rapports Médical. Hygienique et Médico-legal. Baillière: Paris (1838). [6] Hare R.D.: A research scale for the assessment of psychopathy in criminal populations. Personality and Individual differences 1,111-119 (1980). 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Übersicht Review Neuropsychiatrie, Band 23, Nr. S1/2009, S. 10 17 Biologische Grundlagen und Psychopharmakotherapie der Psychopathie Kristina Ritter 1 und Thomas Stompe 2, 3 1 Neurologisches Zentrum Rosenhügel des Krankenhauses Hietzing, Wien 2 Klinische Abteilung für Sozialpsychiatrie der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Universität Wien 3 Justizanstalt Göllersdorf Schlüsselwörter: Psychopathie Neurobiologie Psychopharmakatherapie Key words: Psychopathy neurobiology psychopharmacological treatment 2009 Dustri-Verlag Dr. Karl Feistle ISSN 0948-6259 Biologische Grundlagen und Psychopharmakotherapie der Psychopathie Diese Arbeit bietet eine Zusammenfassung der neurobiologischen Grundlagen der Psychopathie. Es gibt Hinweise, dass manche Eigenschaften dieser Persönlichkeitsstörung genetisch bedingt sind. Bestätigt wird die Annahme einer biologischen Basis der Psychopathie durch bildgebende Verfahren und durch Serumspiegeluntersuchungen (Serotonin). Aus den Ergebnissen dieser Studien, den Eigenschaften von psychopathischen Persönlichkeiten (Impulsivität, Aggressivität) und aus psychopharmakologischen Untersuchungen bei Cluster-B Persönlichkeitsstörungen lassen sich medikamentöse Therapieempfehlungen ableiten (Selektive Serotonin Wiederaufnahmehemmer, Antikonvulsiva, Neuroleptika). Da Psychopathen in der Regel non-compliant sind, sind vor allem Medikamente zu bevorzugen, die intramuskulär verabreicht werden können oder deren Serumspiegelbestimmung routinemäßig möglich ist. Biology and drug therapy of psychopathy This paper gives an overview of the neurobiological fundamentals of psychopathy. There are some indications, that certain characteristics of this personality disorder are congenital. The assumption of a biological basis of this personality disorder is confirmed by neuroimaging studies and by serum-level investigations (serotonine). The results of these studies, the characteristics of psychopathic personality traits (impulsivity, expressive and instrumental aggressiveness) and psychopharmacological trials on Cluster-B personality disorders lead to recommendations of certain drugs like Selective Serotonine Reuptake Inhibitors, anticonvulsive or antipsychotic drugs. Because of the noncompliance of psychopaths, drugs with intramuscular application and drugs, which offer the possibility of routinely serum-level investigations, should be favoured. Einleitung Es ist selbstverständlich bekannt, dass es keine kausal wirksame psychopharmakologische Behandlung von Psychopathie im Speziellen und Persönlichkeitsstörungen im Allgemeinen gibt. Daher basiert die medikamentöse Therapie von Persönlichkeitsstörungen entweder auf der Therapie einer Komorbidität mit einer Achse I Störung oder auf einer rein symptomorientierten Behandlung. Bis in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurde in der Psychiatrie die Meinung vertreten, dass Psychotherapie die einzig sinnvolle Behandlungsmöglichkeit für Persönlichkeitsstörungen darstellt. Erst in den achtziger Jahren begann man eine zusätzliche symptomatisch wirksame Gabe von Psychopharmaka als sinnvoll zu erachten. Schließlich wurde Psychopharmakotherapie auch als eigenständige, von der Psychotherapie unabhängige, Behandlungsoption bei schweren Persönlichkeitsstörungen akzeptiert [98,114]. Die klinische Erfahrung zeigt, dass inzwischen ein Großteil der Psychiatriepatienten mit der Diagnose einer Persönlichkeitsstörung psychopharmakologisch behandelt wird. Dabei stellt sich die Frage nach der rationalen und empirischen Grundlage einer solchen Behandlung. Der Terminus Psychopathie (Psychopathy) stellt keine im ICD-10 oder DSM IV beschriebene Diagnose einer Persönlichkeitsstörung dar, zeigt aber Assoziationen mit den Cluster-B- Persönlichkeitsstörungen. Im

Biologische Grundlagen und Psychopharmakotherapie der Psychopathie 11 Abbildung 1: Heuristisches Modell des Zusammenhangs von Psychopathie und Persönlichkeitsstörungen (PS) nach DSM-IV nach Nedopil (1998) heuristischen Modell nach Nedopil ist Psychopathie aus histrionischen, antisozialen und narzisstischen Persönlichkeitsanteilen zusammengesetzt [69]. Dieses theoretische Modell konnte inzwischen auch empirisch bestätigt werden. Borchardt et al. klassifizierten die Mehrzahl der Psychopathen nach Hare als antisoziale oder narzisstische Persönlichkeitsstörung [13] In den letzten beiden Jahrzehnten akkumulierten empirische Daten über Zusammenhänge von Neurotransmittern, Rezeptorfunktionen und Persönlichkeitsdimensionen [17,18, 111]. Ein Erklärungsansatz für die Abbildung 2. Persönlichkeitsstörungen nach DSM-IV bei psychopathischen Patienten (nach Borchard B. et al 2003) Entstehung einer Psychopathie ist das Violence Inhibition Mechanism Model von Blair [5]. Dieses leitet sich aus den Arbeiten der Ethologen Lorenz und Eibl-Eibesfeldt ab, die die Kontrollmechanismen der Aggressivität bei höher entwickelten Tierarten beschrieben haben. Auch beim Menschen ist die Assoziation von Gefühlen mit bestimmten körperlichen Zuständen und Reaktionen überwiegend angeboren [83]. Zu den ubiquitären Ausdrucksformen der Angst gehören auch Unterwerfungsgesten. Beim Menschen manifestiert sich Unterwerfungsverhalten als Reaktion auf aggressives Verhalten zumeist in einem traurigen Gesichtsausdruck. Dies führt beim Aggressor normalerweise zur Einstellung der aggressiven Verhaltensweise. Bei Psychopathen scheint dieser Mechanismus bereits in der Kindheit gestört zu sein [4,35]. Neurobiologie der Psychopathie Für Psychopathie gibt es bereits zahlreiche Untersuchungen zu genetischen, hirnmorphologischen, hirnfunktionellen und umweltbedingten ätiologischen Faktoren des Störungsbildes. Verhaltensgenetische Studien zeigen, dass die Entwicklung der psychopathischen Persönlichkeit zum überwiegenden Teil genetisch determiniert ist [3,6,10,11,105]. Bloningen und Mitarbeiter untersuchten 626 Zwillingspaare mittels MPQ (Multidimensional Personality Questionnaire) und fanden signifikante genetische Einflüsse auf Furchtlosigkeit und impulsive Antisozialität. Dabei war gesteigerte Furchtlosigkeit mit einem erniedrigten genetischen Risiko für internalisierte Psychopathologie, die impulsive Antisozialität mit einem erhöhten genetischen Risiko für externalisierte Psychopathologie assoziiert [10]. Soziale bzw. Umwelteinflüsse spielen dagegen nur eine untergeordnete

Ritter, Stompe 12 Rolle in der Entwicklung einer psychopathischen Persönlichkeit. Das soziale Umfeld hat allerdings großen Einfluss auf die Art und den Schweregrad des antisozialen Verhaltens des Psychopathen. Als neurobiologische Erklärung für Psychopathie wird zumeist eine frühe Entwicklungsstörung der Amygdala postuliert [5,8,9]. Daraus resultieren Defizite im Erkennen und in der Verarbeitung von negativen Emotionen anderer Menschen. Traurige oder ängstliche Gesichtsausdrücke werden nicht als aversive, unkonditionierte Stimuli wahrgenommen, was dazu führt, dass die Auslösung derartiger Gefühlsreaktionen auch nicht wie bei normalen Personen vermieden wird. Neben Funktionsstörungen der Amygdala scheinen Normabweichungen der verhaltensregulierenden Funktion des Frontallappens eine wesentliche Rolle zu spielen. Untersuchungen mittels EEG (Elektroenzephalographie) und ereigniskorreliertem EEG (ERP) kombiniert mit neuropsychologischen Tests zeigten, dass Probanden mit Psychopathie auf emotional besetzte Wörter und auf neutrale Wörter gleichermaßen einförmig reagieren [112]. Müller et al. fanden bei Psychopathen eine hochsignifikante Volumenminderung der Brodman Area 38 im rechten superioren, temporalen Gyrus (STG) [67]. Im fmrt (funktionelle Magnetresonanz Tomographie) war die emotionale Aktivierbarkeit beim Betrachten von emotional negativ besetzten Bildtafeln deutlich vermindert. Weiters fanden Intrator et al. bei Psychopathen eine gesteigerte Aktivität in den frontotemporalen Regionen bei der Exposition mit emotional besetzten Worten, aber auch eine erhöhte Aktivität dieser Regionen als Reaktion auf neutrale Worte [46]. Diese Reaktion wurde als Gegenintuition der psychopathischen Probanden interpretiert, die eine erhöhte Anstrengung benötigten, um emotionale Wörter zu erkennen und zu benennen. Eine fmrt Untersuchung der Gehirnaktivierung von Straftätern mit Psychopathie, Straftätern ohne Psychopathie und einer Kontrollgruppe ergab eine verminderte, affektabhängige Aktivität im Bereich des rostralen Zingulum, des linken Gyrus frontalis inferior, der rechten Amygdala und des ventralen Striatum, sowie eine verminderte affektabhängige Aktivität im Bereich der linken Amygdala, dem Gyrus hippocampalis und im Gyrus temporalis anterior superior beidseits [49]. Probanden mit einem PCL-R Score über 28 zeigten eine deutlich verringerte Amygdalaaktivität und eine gesteigerte Aktivierbarkeit im inferioren fronto-lateralen Kortex bei emotionalen Gedächtnisaufgaben. Da diese Region mit kognitiven Entscheidungsprozessen assoziiert ist, kann man daraus schließen, dass die Probanden mit Psychopathie emotionale Stimuli stärker kognitiv verarbeiten [49,50]. Die verminderte Aktivierbarkeit des Gyrus temporalis anterior superior rechts bei der Konfrontation mit abstrakten und konkreten Worten wiederum erklärt teilweise den unflexiblen, stereotypen Gesprächsstil der psychopathischen Persönlichkeit, der meist durch eine auffallend körperlich betonte Gebärdensprache unterstrichen wird [89,90]. Probanden, die des Mordes beschuldigt worden waren, wiesen im Vergleich mit Kontrollprobanden eine präfrontale Minderperfusion auf [74-76]. Raine et al. postulierten eine hemmende Funktion präfrontaler Hirnregionen bei der Regulation aggressiven Verhaltens. Weitere Untersuchungen konnten diese Ergebnisse eindrucksvoll unterstützen. So zeigte sich, dass bei gesunden Probanden alleine die Vorstellung von aggressiven Verhalten zu einer Hemmung der Aktivität des präfrontalen Kortex führt [43,52,54,60,72,84]. Psychopathische Persönlichkeiten zeichnen sich allerdings nicht nur durch impulsive aggressive Handlungen, sondern vor allem auch durch eine kontrollierte, instrumentell eingesetzte Gewalt aus. Dieses proaktive Vorgehen wird neurobiologisch anders als die impulsive Aggressivität reguliert. Müller et al. zeigten, dass bei gewalttätigen Psychopathen Emotionsverarbeitung gleichermaßen zu Aktivitätsverminderungen in der Amygdala und im präfrontalen Kortex führt [66]. Zusätzlich fand sich eine rechts temporal gelegene Minderperfusion. Dieser Befund bestätigt die Bedeutung des rechts temporalen Kortex (vor allem des superioren temporalen Sulcus) für die Empathiefähigkeit [14,27,34,40,44,5 5,86,108,109]. Abweichungen in diesem Hirnabschnitt könnten ein neurobiologisches Korrelat für proaktives Aggressionsverhalten sein [68]. Neurotransmittersysteme und Psychopathie Die Ergebnisse der bildgebenden Verfahren werden durch Untersuchungen des Serotonin-Transmittersystems bestätigt. Präfrontalen serotonergen Projektionen wird eine ganz zentrale Bedeutung für die Hemmung impulsiv-aggressiven Verhaltens zugeschrieben. Bei aggressiven Gewalttätern sind eben diese serotonergen präfrontalen Projektionen entweder defizitär oder aber die absolute Zahl der 5-HT-Rezeptoren ist reduziert bzw. die Rezeptoren sind abnorm geformt [68]. Letzteres würde die oft ungenügende Wirksamkeit von SSRI s bei impulsiven Gewalttätern erklären [2,15,41-43,59,106,107]. Dolan et al. untersuchten die 5-HT Funktion (Serotonin) von aggressiven psychopathischen Straftätern und einer Kontrollgruppe durch Gabe von D-Fenfluramin [28-31,89,90]. Parallel dazu wurden mittels MRI das Volumen des Frontal- und Temporallappens sowie durch spezielle Testverfahren neuropsychologische Funktionen gemessen. Dabei ergaben die regionalen Messungen des Gehirnvolumens keinen Unterschied zwischen Probanden und Kontrollgruppe. Die Impulsivität war allerdings regelhaft mit einer beeinträchtigten neu-

Biologische Grundlagen und Psychopharmakotherapie der Psychopathie 13 ropsychologischen Leistungsfähigkeit sowie mit herabgesetzten 5-HT Funktionen assoziiert. Aggressivität hingegen korrelierte nur mit der Beeinträchtigung der neuropsychologischen Funktionen und nicht mit dem Serotonin-System. In einer Folgeuntersuchung zeigte sich bei einer Gruppe von psychopathischen Straftätern, dass Serotonin unterschiedlich gerichtete Einflüsse auf die verschiedenen psychopathischen Persönlichkeitszüge ausübt. Die im Faktor 1 zusammengefassten Items, die die kalt-arroganten Persönlichkeitsanteile beschreiben, waren positiv mit der 5-HT Funktion korreliert, während der die antisozialen Verhaltensweisen umfassende Faktor 2 einen negativen Zusammenhang mit der 5-HT Funktion aufwies. Soderstrom et al. zeigten in zwei weiteren Untersuchungen an Sexualstraftätern mit hohen Psychopathie Scores, dass Aggression bei Psychopathie mit einem erniedrigten Serotoninspiegel und einem erhöhten Dopaminspiegel einhergeht [89,90]. Inzwischen kann also der Zusammenhang von Aggressivität und einer Serotonindysfunktion als gesichert gelten [68]. Psychopharmakologie der Psychopathie Bisher existieren keine empirischen Studien über psychopharmakologische Behandlungsregime bei Psychopathie. Es gibt lediglich eine fast 10 Jahre alte, hypothesengeleitete Arbeit, die sich allerdings vorwiegend mit dem Problem der pharmakologischen Behandlung der Impulsivität von Psychopathie befasst [53]. Daher gilt es über theoretisch fundierte Analogieschlüsse zu Psychopharmakastudien bei Cluster-B Störungen medikamentöse Behandlungskonzepte für Psychopathen abzuleiten, die in Zukunft empirisch zu prüfen wären. Zahlreiche Medikamentenstudien existieren für die Behandlung von Borderline Persönlichkeitsstörung [21-24,36,61,62,79,85,91-98,102,114]. Vereinzelt finden sich auch Arbeiten zu schizotypen, histrionischen, antisozialen, zwanghaften, ängstlich-vermeidenden, passiv-aggressiven Persönlichkeitsstörungen oder allgemein (undifferenziert) zu Cluster-B-Persönlichkeitsstörungen [45,63,77,115]. Zielsymptomatik der Untersuchungen war zumeist (auto)aggressives, impulsives oder suizidales Verhalten. Neuroleptika Unter Risperidon zeigte sich eine signifikante Besserung der Aggressivität, Depressivität und des klinischen Gesamteindrucks bei Borderline und bei antisozialer Persönlichkeitsstörung [81,102]. Unter niedrigen bis mittleren Dosierungen ergab auch Olanzapin eine deutliche Verbesserung des klinischen Gesamteindrucks [115]. Gute Effekte auf Irritabilität, Impulsivität und Aggressivität konnten in einer offenen Studie mit Quetiapin bei Patienten mit einer antisozialen Persönlichkeitsstörung nachgewiesen werden [110]. Alle Studien zur Gabe von Antipsychotika bei Persönlichkeitsstörungen zeigten gute Behandlungseffekte auf impulsive und perzeptionelle Symptome [111]. Antidepressiva Besonders gute Effekte wurden bei der Behandlung von impulsivaggressivem Verhalten bei Cluster- B-Persönlichkeitsstörungen mit Citalopram beschrieben [77]. Auch Fluoxetin und Sertralin reduzierten aggressiv-impulsives Verhalten, Depressivität, Suizidalität, Dissoziation und Angst [19,22,24,47,48,61,62]. Trizyklische und tetrazyklische Antidepressiva, sowie Monoaminooxidasehemmer waren in keiner Untersuchung bei Persönlichkeitsstörungen den neueren Antidepressiva überlegen. Wegen ihres größeren Nebenwirkungsspektrums und der geringeren therapeutischen Breite sind sie daher nicht Mittel der ersten Wahl. Antikonvulsiva Zu Carbamazepin existieren zwei kontrollierte Studien [25,39], die eine gute Wirkung auf Suizidalität, Impulsivität, Ärger und den klinischen Gesamteindruck bei Patienten mit Borderline Persönlichkeitsstörung belegen. Eine offene Untersuchung ergab zusätzlich noch eine deutliche Reduktion von Depressivität, psychotischen und pseudopsychotischen Symptomen, allerdings keinerlei Besserung bei den Symptomen Angst und Zwang [26]. Auch Valproat zeigte bei Cluster B- Persönlichkeitsstörungen positive Effekte hinsichtlich einer Reduktion der impulsiven Aggressivität, der Irritierbarkeit und des Gesamtschweregrades [45,100]. Bei Patienten, die auf eine Monotherapie mit Fluoxetin nicht ansprachen, führte eine Kombinationstherapie mit Valproat zu einer deutlichen Reduktion der Aggressivität und zu einer verbesserten Affektregulation [20]. Lamotrigin erzielte ebenfalls eine signifikante Verbesserung der Impulsivität, Suizidalität und des klinischen Gesamteindrucks [73,80]. Topiramat hingegen reduzierte zwar das selbstverletzende Verhalten, die depressive Symptomatik verbesserte sich jedoch nicht [16,51,58,63,70,71]. Lithium Obwohl Lithium in den siebziger Jahren in vier kontrollierten Untersuchungen an gewalttätigen Strafgefangenen erfolgreich angewandt wurde, ist die Verordnung aufgrund der Nebenwirkungen und der geringen therapeutischen Breite deutlich zurückgegangen [78,87,88,103]. Neuere kontrollierte Studien zu der Wirksamkeit dieser Substanz fehlen. In einer Untersuchung Anfang der 1990er Jahre zeigten Patienten mit ei-

Ritter, Stompe 14 ner Borderlinepersönlichkeitsstörung unter Lithium keinerlei Besserung bezüglich Suizidalität und Impulsivität. [56] Benzodiazepine Zwar zeigten Studien, dass lang wirksame Benzodiazepine wie Oxazepam, Chlordiazepoxid und Clonazepam Symptome wie Ängstlichkeit, Irritierbarkeit und Feindseligkeit bei Patienten mit Borderlinestörung verbessern können [32,33,37,57]. Grundsätzlich stellen die Benzodiazepine aber aufgrund des erhöhten Abhängigkeitsrisikos nur eine vorübergehende Behandlungsoption dar. Kurzwirksame Benzodiazepine wie Lorazepam und Triazolam werden dabei für akut bedrohliche Situationen, wie Gewaltausbrüche durch Impulskontrollverlust empfohlen [1,101]. Eine Verschlechterung hingegen wurde in zwei Untersuchungen mit Alprazolam beobachtet [38,104]. Naltrexon Neuere Untersuchungen zu dem Opiatantagonisten Naltrexon ergaben eine deutliche Reduktion von Autoaggression und dissoziativen Phänomenen bei Patienten mit Borderlinepersönlichkleitstörung [12,64,82,99]. Omega-3-Fettsäure Zanarini und Frankenburg untersuchten die Wirksamkeit von Omega-3- Fettsäure an 30 Patientinnen mit einer leicht bis mittelmäßig ausgeprägten Borderlinepersönlichkeitsstörung. Die Autoren konnten aufgrund der unklaren Ergebnisse nur feststellen, dass die Gabe der Substanz bei den Patienten zu keiner Verschlechterung der Symptomatik führt [113]. Schlussfolgerung Aus genetischen Untersuchungen, bildgebenden Verfahren und neurochemischen Studien ergeben sich deutliche Hinweise auf eine biologische Fundierung der Psychopathie. Dabei kommt Dysfunktionen der Amygdala und des Frontallappens eine entscheidende Bedeutung zu. Neurochemische Untersuchungen verweisen auf Defizite im serotonergen Neurotransmittersystem. Aus diesen Befunden, den Verhaltensauffälligkeiten der Patienten mit Psychopathie und den Ergebnissen von Medikamentenstudien zur Behandlung von Cluster B-Persönlichkeitsstörungen lassen sich Empfehlung zur psychopharmakologischen Therapie der Psychopathie ableiten. Allerdings suchen die meisten Personen mit einer schweren Persönlichkeitsstörung nur dann freiwillig fachärztliche Hilfe auf, wenn sie auch unter einer Achse I Störung leiden oder aufgrund ihrer Temperamentseigenschaften und den daraus resultierenden Symptomen einen erhöhten subjektiven Leidensdruck aufweisen. Besonders Patienten mit Psychopathie leiden aber nicht unter ihren Eigenschaften und zeigen deshalb für gewöhnlich keine Therapiemotivation. In Kontakt mit psychiatrischen Einrichtungen kommen Psychopathen daher meist erst, nachdem sie bereits straffällig geworden sind. Durch die mangelnde Einsicht in das eigene Fehlverhalten und durch das Fehlen von Schuldgefühlen besteht keine Motivation das Verhalten zu ändern und somit auch keine medikamentöse Compliance. Als zusätzliches Problem sind auch wesentliche Merkmale der Psychopathie, wie das Fehlen von Empathie und Moralvorstellungen, gestörtes zwischenmenschliches Verhalten und instrumentell aggressives Verhalten psychopharmakologisch kaum zu beeinflussen. Zur Reduktion der impulsiv-aggressiven Verhaltensweisen existieren wirksame Medikamente wie SSRIs, Stimmungsstabilisierer (Antikonvulsiva) und Antipsychotika (Neuroleptika), wobei aber eine langfristige psychopharmakologische Behandlung erforderlich wäre. Wegen der mangelnden Compliance von Personen mit Psychopathie empfiehlt es sich daher nur Medikamente einzusetzen, die entweder intramuskulär appliziert werden können (Depotneuroleptika) oder deren regelmäßige orale Einnahme durch Plasmaspiegelbestimmungen kontrollierbar ist (Antikonvulsiva). 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