EUROPÄISCHES PARLAMENT 2009-2014 Ausschuss für Wirtschaft und Währung 23.9.2009 ARBEITSDOKUMENT über den Vorschlag für eine Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds Ausschuss für Wirtschaft und Währung Berichterstatter: Jean-Paul Gauzès DT\791043.doc PE428.292v01-00 In Vielfalt geeint
Einführung Mitte 2009 wurden fast 1.000 Milliarden 1 Dollar an Aktiva (zum Vergleich, Mitte 2008 2.000 Milliarden) von Verwaltern alternativer Fonds verwaltet. Dieser Tätigkeitsbereich, der aufgrund seiner Bedeutung eine wichtige Rolle bei der Finanzierung der Wirtschaft in Europa spielt, umfasst sehr unterschiedliche Akteure und Produkte: alternative Fonds, Private-Equity- Gesellschaften, Immobilienfonds, Rohstofffonds usw. Die derzeitige Finanzkrise zeigt, dass die Funktionsstörungen des weltweiten Finanzsystems zum einen daher rühren, dass entscheidende Akteure im System zu großen Risiken ausgesetzt sind, und zum anderen daher, dass bei der Bewältigung dieser Risiken systemimmanente Mängel existieren. In diesem Kontext hat die Europäische Kommission am 30. April 2009 einen Vorschlag für eine Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM) veröffentlicht, mit dem ein Rahmen für sämtliche alternativen Investmentfonds (AIF) sowie die anderen durch die OGAW-Richtlinie geregelten Fonds geschaffen werden soll. Dieser Vorschlag stützt sich auf umfangreiche Initiativen des Europäischen Parlaments zur Vermögensverwaltung: Initiativbericht über Investmentfonds (2001), Vermögensverwaltung I (2006), Vermögensverwaltung II (2007), Investmentfonds und Private-Equity-Gesellschaften (2008) und Transparenz institutioneller Investoren (2008). In ihrer Begründung rechtfertigt die Kommission mit einer Reihe von Zielen ihren neuen Vorschlag, der die einzelstaatlichen Regelungen für AIF und AIFM durch eine europäische Regelung ersetzen soll: Gewährleistung von mehr Stabilität des Finanzsystems, Verbesserung des Schutzes von Investoren, Verwirklichung eines europäischen Binnenmarkts für alternative Investmentfonds. In Anbetracht dieser Ziele sollte sichergestellt werden, dass die mit der Richtlinie gelieferten Lösungen ein Gleichgewicht zwischen den Besonderheiten, der Vitalität und der Kreativität dieser Sparte einerseits und der Verankerung einer adäquaten Regulierung und Aufsicht andererseits wahren. Vorläufiger Zeitplan Erste Aussprache: 2. September 2009 Zweite Aussprache (mit Arbeitsdokument): 6. Oktober 2009 Anhörung und Workshop: 10. November 2009 Vorlage des Berichtsentwurfs: 1./2. Dezember 2009 Frist für die Einreichung von Änderungsanträgen: 21. Januar 2010 Debatte über die Änderungsanträge: 22./23. Februar 2010 Zweite Debatte über die Änderungsanträge: 16./17. März 2010 Abstimmung im Ausschuss für Wirtschaft: 12. April 2010 1 EZB Financial stability review Juni 2009 PE428.292v01-00 2/5 DT\791043.doc
Triloggespräche mit Rat und Kommission: Mai 2010 Abstimmung im Plenum: Juli 2010. 1. Geltungsbereich der Richtlinie und Zulassung der Verwalter Der Vorschlag sieht vor, dass außer in ordnungsgemäß begründeten Ausnahmefällen alle in der Gemeinschaft niedergelassenen und tätigen Verwalter alternativer Fonds, die unabhängig von deren Sitz alternative Fonds verwalten, zugelassen sein und beaufsichtigt werden müssen. Mit dem Vorschlag werden Anforderungen in Bezug auf finanzielle, technische und humane Ressourcen verankert, ebenso Erfordernisse in Bezug auf Organisation und Verhaltensregeln, um einen Rahmen für die Verwalter sowie in geringerem Maße die weiteren Akteure der Wertschöpfungskette, insbesondere die Bewertungsstelle und die Depotbank, zu schaffen. Der Text sieht keine Regulierung der Fonds selbst vor. Dieser Anwendungsbereich lässt sich zwar mit den praktischen Schwierigkeiten bei der Umsetzung sektorbezogener Maßnahmen begründen, dennoch sollten mehrere Fragen im Zusammenhang mit den Definitionen der AIF, der AIFM und der Ausnahmen vom Geltungsbereich der Richtlinie geprüft werden. Zweckmäßig erscheint es vor allem, die Eignung der vorgeschlagenen Schwellenwerte zu hinterfragen. In der Tat ist es wesentlich, darüber zu wachen, dass die verankerten Bestimmungen eine bessere Transparenz bezüglich der Fonds selbst gestatten. 2. Vertrieb der Fonds und Beziehungen zu Drittländern Die Richtlinie sieht vor, dass die Verwalter nach Erlangung der Zulassung ihre Fonds an professionelle Anleger auf dem gesamten Hoheitsgebiet der Gemeinschaft vertreiben dürfen. Für die alternativen Fonds gilt also unabhängig von ihrem Sitz ein europäischer Pass. Dieser gestattet vorbehaltlich eines Notifizierungsverfahrens den Vertrieb eines Fonds mit Sitz innerhalb oder außerhalb der Gemeinschaft, der von einem in seinem Herkunftsmitgliedstaat zugelassenen Verwalter verwaltet wird, in allen Mitgliedstaaten. Allerdings soll der Vorteil dieses europäischen Passes für Fonds mit Sitz außerhalb der Gemeinschaft erst ab dem dritten Jahr nach Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie gelten. Außerdem sieht der Richtlinienentwurf drei Jahre nach Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie für die in Drittländern niedergelassenen Verwalter die Möglichkeit einer Zulassung gemäß den Bestimmungen der Richtlinie vor, vorausgesetzt im betreffenden Land existiert ein von der Europäischen Kommission als äquivalent anerkannter Regelungsrahmen. Schließlich wird der Vertrieb im Richtlinienvorschlag als das Angebot und die Platzierung von Fonds definiert, wobei keine Rolle spielt, auf wessen Initiative diese erfolgen. Derart formuliert scheint diese Definition die Investitionstätigkeit auf Initiative der Fonds zur Zusammenstellung ihres Portfolios zu beinhalten. Damit können die Bestimmungen des Richtlinienentwurfs, mit denen der Vertrieb in der Gemeinschaft zunächst einzig und allein auf die alternativen Fonds mit Sitz in der Gemeinschaft begrenzt wird, die von in der Gemeinschaft niedergelassenen und zugelassenen Verwaltern verwaltet werden, als Maßnahmen interpretiert werden, die die Investitionsmöglichkeiten der europäischen Fonds beschränken könnten. Diese Definition wirkt sich in Bezug auf europäische Fonds damit direkt und unmittelbar auf die Auswahl alternativer Fonds mit Sitz in Drittländern aus, DT\791043.doc 3/5 PE428.292v01-00
gleichgültig, ob sie von zugelassenen europäischen Verwaltern verwaltet werden oder nicht. Dieses Modell gibt möglicherweise Anlass zu Fragen hinsichtlich mehrerer Punkte, insbesondere betreffend die Tragweite der Definition des Vertriebs (aktiv und/oder passiv), die Auswahl alternativer Fonds von Drittländern für europäische Fonds sowie gegebenenfalls die entsprechenden Bedingungen, die Funktionsmöglichkeiten eines europäischen Passes für alternative Fonds, die Rechtfertigung einer Bestimmung, die die Zulassung von Verwaltern aus Drittländern und die Öffnung des europäischen Marktes für die AIF aus Drittländern binnen einer dreijährigen Frist vorsieht. 3. Depotbank und Bewertungsstelle Die AIFM-Richtlinie schlägt eine für die Depotbanken der AIF geltende Regelung vor. Diesbezüglich wären Klarstellungen denkbar hinsichtlich der Definition der Depotbank, ihres Standorts, ihrer Rolle, ihrer Funktionen und Zuständigkeiten sowie der Bedingungen für eine Delegierung bestimmter ihrer Funktionen. Außerdem könnte die Definition betreffend die Verwahrung des Anlagevermögens präzisiert werden. Darüber hinaus beinhaltet die AIFM-Richtlinie Bestimmungen für die Bewertungsstellen, die für die Bestimmung des Werts der Aktiva eines Fonds und seiner Bestandteile zuständig sein sollen. Dem Vorschlag zufolge müssen diese Bewertungsstellen von den Verwaltern unabhängig sein. Eine Äquivalenzregelung für die in Drittländern niedergelassenen Bewertungsstellen ist ebenfalls vorgesehen. Einige Elemente wären diskussionswürdig, vor allem diejenigen betreffend die Möglichkeit, dieses Unabhängigkeitskriterium zu verankern, vor allem betreffend die Private-Equity- Gesellschaften, die Klärung der Zuständigkeit der an der Bewertung beteiligten Akteure, die Zweckmäßigkeit der Schaffung einer Äquivalenzregelung. 4. Rückgriff auf Fremdkapital Diesbezüglich könnte eine Klärung der Definition hebelfinanzierter Fonds nützlich sein, ebenso Überlegungen hinsichtlich der Informationsströme betreffend Systemrisiken, die gegenüber den einzelstaatlichen Behörden und der neuen europäischen Aufsichtsstruktur existieren sollten. 5. Informationspflichten Die Übermittlung bestimmter Informationen an die Aufsichtsbehörde und den Investor ist ein Schlüsselelement, um die Ziele der Richtlinie zu erreichen. In Anbetracht der Besonderheit bestimmter Produkte sollte allerdings die Anpassung dieser Anforderung hinterfragt werden, damit der europäische Markt insbesondere bei Private- Equity-Gesellschaften nicht unter unlauterem Wettbewerb zu leiden hat. 6. Aufsicht Die Europäische Kommission wird (auf der Grundlage der Empfehlungen des Berichts von Herrn de Larosière) einen Text über die künftige europäische Aufsichtsstruktur PE428.292v01-00 4/5 DT\791043.doc
veröffentlichen, um insbesondere mehr finanzielle Stabilität sicherzustellen und Systemrisiken zu begrenzen. In diesem Rahmen stellt sich bezüglich alternativer Investmentfonds die Frage nach der Rolle des ESRB (Europäischer Ausschuss für Systemrisiken) und der ESMA (Europäische Wertpapier- und Börsenaufsichtsbehörde). 7. Lamfalussy-Verfahren Die AIFM-Richtlinie ist Gegenstand des Lamfalussy-Verfahrens: Sie enthält Leitprinzipien (Maßnahmen der Stufe 1) und sieht Durchführungsbestimmungen (Maßnahmen der Stufe 2) vor, die von der Europäischen Kommission nach dem Komitologieverfahren erlassen werden können. In Anbetracht der Anzahl von Maßnahmen der Stufe 2, die im Vorschlag enthalten sind, sollte ein faires Gleichgewicht zwischen den Maßnahmen, die diesen unterschiedlichen Stufen entsprechen, gewährleistet werden. 8. Wechselwirkung und Kohärenz mit anderen Texten Bestimmte Themenbereiche der AIFM-Richtlinie werden auch in anderen Texten wie MIFID, OGAW, CRD usw. behandelt. Im Sinne der Kohärenz sollten sie berücksichtigt werden. Es handelt sich insbesondere um Anforderungen betreffend Eigenkapital, Rolle der Depotbanken, der Bewertungsstellen, den europäischen Pass, die Risikoverwaltung sowie die Definition des Vertriebs. Der vorläufige Zeitplan wird es im Übrigen gestatten, die parallelen Initiativen im Zusammenhang mit den AIFM zu berücksichtigen, insbesondere die Ergebnisse der Konsultation der Europäischen Kommission betreffend die Rolle der Depotbanken von OGAW, die CIS-Richtlinie (System für die Entschädigung der Anleger) und die Reform des europäischen Aufsichtsrahmens. DT\791043.doc 5/5 PE428.292v01-00