Psychiatrie für Pflegeberufe



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Dr. Dagmar Stricker-Jannan Psychiatrie für Pflegeberufe 4. Auflage Bestellnummer 06666

service@bv-1.de www.bildungsverlag1.de Bildungsverlag EINS Ettore-Bugatti-Straße 6 14, 51149 Köln ISBN 978-3-427-06666-8 Copyright 2015: Bildungsverlag EINS GmbH, Köln Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Nutzung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu 52a UrhG: Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne eine solche Einwilligung eingescannt und in ein Netzwerk eingestellt werden. Dies gilt auch für Intranets von Schulen und sonstigen Bildungseinrichtungen.

Inhaltsverzeichnis Vorwort.......................................................... 10 Psychisch Kranke und psychiatrisch Tätige......................... 11 1 Einführung....................................................... 11 1.1 Psychiatrie und psychisch kranke Menschen............................ 11 1.1.1 Womit sich Psychiatrie beschäftigt.................................... 11 1.1.2 Was heißt psychisch krank?.......................................... 13 1.1.3 Die Begegnung mit psychisch Kranken................................ 16 1.2 Entstehung psychischer Störungen.................................... 17 1.3 Geschichte der Psychiatrie........................................... 19 1.3.1 Antike (ca. 1000 v. Chr. bis 500 n. Chr.)................................. 20 1.3.2 Mittelalter (500 bis beginnendes 16. Jahrhundert)....................... 20 1.3.3 Renaissance (15./16. Jahrhundert)..................................... 20 1.3.4 Aufklärung und industrielle Revolution (17. bis 19. Jahrhundert)........... 21 1.3.5 Das 20. Jahrhundert bis 1945........................................ 22 1.3.6 Das 20. Jahrhundert nach 1945....................................... 23 1.3.7 Psychiatrie der Gegenwart/Gesellschaft und Psychiatrie................... 25 1.4 Allgemeine Pflege psychisch Kranker.................................. 26 1.5 Der psychisch kranke, alte Mensch.................................... 29 2 Der Beruf des Pflegenden........................................... 31 2.1 Anforderungen an Pflegende in der Psychiatrie......................... 31 2.1.1 Selbstwahrnehmung................................................ 33 2.1.2 Empathie......................................................... 34 2.1.3 Begegnung und Beziehungsgestaltung................................ 34 2.1.4 Kommunikation................................................... 35 2.2 Besonders schwierige und belastende Situationen....................... 37 2.2.1 Kontrolle, Beaufsichtigung, Eindringen in die Privatsphäre................ 37 2.2.2 Aggressives Verhalten.............................................. 37 2.2.3 Zwangsmaßnahmen................................................ 39 2.2.4 Sexuelle Grenzüberschreitungen...................................... 41 2.2.5 Andere schwierige Verhaltensweisen.................................. 42 2.2.6 Besonders schwierige Situationen in der Altenpflege..................... 43 2.3 Helfersyndrom.................................................... 46 2.4 Burn-out-Syndrom................................................. 47 2.4.1 Begriff........................................................... 47 2.4.2 Entstehungsbedingungen........................................... 48 2.5 Entlastungsmöglichkeiten und Prävention.............................. 50 3 Diagnose und Klassifikation psychischer Störungen..................... 54 3.1 Einführung....................................................... 54 3.2 Das psychiatrische Gespräch......................................... 54 3.3 Psychischer Befund................................................. 56 3.3.1 Bewusstsein....................................................... 58 3.3.2 Orientierung...................................................... 59 3.3.3 Wahrnehmung.................................................... 60 3.3.4 Denken.......................................................... 61 3.3.5 Antrieb und Psychomotorik.......................................... 63 3.3.6 Grundstimmung und Affekt......................................... 64 3.3.7 Gedächtnis........................................................ 65 3.3.8 Auffassung, Aufmerksamkeit und Konzentration........................ 66 3.3.9 Intelligenz........................................................ 66 3.3.10 Störungen des Ich-Erlebens.......................................... 67 3.3.11 Zwangssymptome, Befürchtungen und Phobien......................... 68 3.3.12 Suizidrisiko....................................................... 69 3.3.13 Andere Störungen und Auffälligkeiten................................ 69 3

Inhaltsverzeichnis 3.4 Körperliche Untersuchung und testpsychologische Verfahren.............. 70 3.4.1 Körperliche Untersuchung........................................... 70 3.4.2 Testpsychologische Untersuchung..................................... 71 3.5 Klassifikation psychischer Störungen.................................. 71 Psychiatrische Krankheitsbilder................................... 75 4 Affektive Störungen................................................ 75 4.1 Begriffe und Einteilung............................................. 75 4.2 Depressive Störungen............................................... 77 4.2.1 Einteilung, Epidemiologie, Verlauf und Prognose........................ 78 4.2.2 Symptomatik...................................................... 79 4.2.3 Psychosoziale Folgen............................................... 86 4.2.4 Weitere Einteilung von Depressionen.................................. 87 4.2.5 Entstehungsbedingungen........................................... 89 4.2.6 Prävention........................................................ 93 4.2.7 Therapeutische Möglichkeiten....................................... 95 4.2.8 Depressive Störungen bei älteren Menschen............................ 100 4.2.9 Umgang und Pflege................................................ 103 4.3 Manische Episode.................................................. 105 4.3.1 Symptomatik...................................................... 105 4.3.2 Entstehungsbedingungen........................................... 109 4.3.3 Prävention und therapeutische Möglichkeiten.......................... 109 4.3.4 Manische Episoden bei älteren Menschen.............................. 110 4.3.5 Umgang und Pflege................................................ 110 4.4 Bipolare affektive Störungen........................................ 112 4.4.1 Begriff, Epidemiologie, Verlauf und Prognose.......................... 112 4.4.2 Entstehungsbedingungen........................................... 113 4.4.3 Prävention und therapeutische Möglichkeiten.......................... 114 4.5 Anhaltende affektive Störungen...................................... 114 4.5.1 Dysthymie........................................................ 115 4.5.2 Zyklothymie....................................................... 115 5 Schizophrenien und schizoaffektive Psychosen......................... 116 5.1 Einleitung und Epidemiologie........................................ 116 5.2 Symptomatik...................................................... 118 5.2.1 Denkstörungen.................................................... 119 5.2.2 Wahrnehmungsstörungen........................................... 120 5.2.3 Katatone Symptome................................................ 122 5.2.4 Affektstörungen................................................... 122 5.2.5 Störungen des Ich-Erlebens (Ich-Störungen)............................ 123 5.2.6 Kontakt- und Beziehungsstörungen................................... 124 5.2.7 Kognitive Störungen............................................... 124 5.2.8 Minussymptome und Plussymptome................................... 124 5.3 Einteilung in Unterformen........................................... 125 5.4 Entstehungsbedingungen, Verlauf und Prognose........................ 127 5.4.1 Entstehungsbedingungen........................................... 127 5.4.2 Verlauf und Prognose............................................... 129 5.5 Prävention und therapeutische Möglichkeiten.......................... 130 5.5.1 Prävention........................................................ 130 5.5.2 Therapeutische Möglichkeiten....................................... 130 5.5.3 Behandlungsmöglichkeiten im Anschluss an die stationäre Behandlung..... 133 5.6 Schizophrenien bei älteren Menschen................................. 133 5.7 Schizoaffektive Psychosen........................................... 134 5.8 Umgang und Pflege................................................ 135 6 Wahnhafte Störungen.............................................. 137 6.1 Begriff, Erkrankungen mit Wahnbildung............................... 137 6.2 Isolierter Wahn (anhaltende wahnhafte Störung)....................... 139 4

Inhaltsverzeichnis 6.2.1 Paranoia......................................................... 139 6.2.2 Sensitiver Beziehungswahn.......................................... 140 6.2.3 Wahnentwicklung bei Schwerhörigen................................. 141 6.3 Prävention und therapeutische Möglichkeiten.......................... 141 6.3.1 Prävention........................................................ 141 6.3.2 Therapeutische Möglichkeiten....................................... 142 6.4 Wahnhafte Störungen bei älteren Menschen........................... 142 6.5 Umgang und Pflege................................................ 144 7 Organische Psychosyndrome......................................... 146 7.1 Begriffe und Ursachen.............................................. 146 7.2 Akute organische Psychosyndrome (AOPS)............................. 147 7.2.1 Syndrome........................................................ 147 7.2.2 Verlauf, Therapie und Pflege......................................... 149 7.3 Chronische organische Psychosyndrome (COPS)......................... 150 7.3.1 Begriffe und Ursachen.............................................. 150 7.3.2 Symptome, soziale Folgen und Diagnostik demenzieller Erkrankungen...... 151 7.3.3 Epidemiologie und Einteilung der Demenzen........................... 154 7.3.4 Die wichtigsten Demenzformen...................................... 156 7.3.5 Therapeutische Möglichkeiten....................................... 162 7.3.6 Umgang und Pflege................................................ 166 8 Persönlichkeitsstörungen........................................... 170 8.1 Begriffe, Entstehung und Verläufe................................... 170 8.1.1 Begriffe.......................................................... 170 8.1.2 Entstehung....................................................... 172 8.1.3 Verläufe.......................................................... 172 8.2 Die wichtigsten Persönlichkeitsstörungen.............................. 173 8.2.1 Schizoide Persönlichkeitsstörung...................................... 174 8.2.2 Paranoide Persönlichkeitsstörung..................................... 174 8.2.3 Zwanghafte (anankastische) Persönlichkeitsstörung...................... 175 8.2.4 Ängstliche (vermeidende, selbstunsichere) Persönlichkeitsstörung.......... 175 8.2.5 Abhängige Persönlichkeitsstörung.................................... 176 8.2.6 Histrionische (hysterische) Persönlichkeitsstörung........................ 177 8.2.7 Narzisstische Persönlichkeitsstörung................................... 178 8.2.8 Dissoziale (antisoziale) Persönlichkeitsstörung.......................... 178 8.2.9 Emotional instabile Persönlichkeitsstörung............................. 179 8.2.10 Borderline-Persönlichkeitsstörung..................................... 179 8.3 Prävention und therapeutische Möglichkeiten.......................... 184 8.3.1 Prävention........................................................ 184 8.3.2 Therapeutische Möglichkeiten....................................... 184 8.4 Persönlichkeitsstörungen bei älteren Menschen......................... 185 9 Neurosen........................................................ 187 9.1 Begriffe und Entstehung............................................ 187 9.1.1 Begriffe.......................................................... 187 9.1.2 Entstehung....................................................... 188 9.2 Die wichtigsten Neurosen........................................... 189 9.2.1 Phobien.......................................................... 189 9.2.2 Panikstörung (Panikattacken)........................................ 191 9.2.3 Generalisierte Angststörung (Angstneurose)............................ 192 9.2.4 Zwangsstörung (Zwangsneurose)..................................... 193 9.2.5 Dissoziative Störung (Konversionsstörung, Konversionsneurose)............ 195 9.3 Prävention und therapeutische Möglichkeiten.......................... 196 9.4 Neurosen bei älteren Menschen...................................... 199 9.5 Umgang und Pflege................................................ 200 10 Erlebnisreaktionen und somatoforme Störungen........................ 202 10.1 Erlebnisreaktionen (Belastungs- und Anpassungsstörungen)............... 202 10.1.1 Akute Belastungsreaktion (psychischer Schock).......................... 203 5

Inhaltsverzeichnis 10.1.2 Posttraumatische Belastungsstörung.................................. 203 10.1.3 Anpassungsstörung................................................ 205 10.2 Somatoforme (funktionelle) Störungen................................ 206 10.2.1 Somatisierungsstörung.............................................. 207 10.2.2 Somatoforme autonome Funktionsstörung............................. 208 10.2.3 Anhaltende somatoforme Schmerzstörung............................. 209 10.3 Prävention und therapeutische Möglichkeiten.......................... 210 10.3.1 Prävention........................................................ 210 10.3.2 Therapeutische Möglichkeiten....................................... 210 10.4 Erlebnisreaktionen und somatoforme Störungen bei älteren Menschen..... 212 10.5 Umgang und Pflege................................................ 213 11 Angst, hypochondrisches Syndrom und Zwang......................... 214 11.1 Angst und Angststörungen.......................................... 214 11.1.1 Angst als normales Phänomen und als Symptom........................ 214 11.1.2 Umgang mit Angst................................................. 218 11.2 Hypochondrisches Syndrom......................................... 219 11.2.1 Symptomatik und Verläufe.......................................... 219 11.2.2 Therapie und Umgang.............................................. 221 11.3 Zwang und Zwangsstörungen........................................ 221 11.4 Angst, hypochondrisches Syndrom und Zwang bei älteren Menschen....... 223 12 Psychosomatische Erkrankungen..................................... 224 12.1 Begriff und Entstehung............................................ 224 12.1.1 Begriff........................................................... 224 12.1.2 Entstehung....................................................... 226 12.2 Beispiele für psychosomatische Erkrankungen.......................... 228 12.2.1 Endogenes Ekzem (atopisches Ekzem, Neurodermitis).................... 228 12.2.2 Asthma bronchiale................................................. 230 12.2.3 Ulcus ventriculi und Ulcus duodeni.................................... 231 12.2.4 Colitis ulcerosa.................................................... 232 12.3 Prävention und therapeutische Möglichkeiten.......................... 233 12.3.1 Prävention........................................................ 233 12.3.2 Therapeutische Möglichkeiten....................................... 234 12.4 Psychosomatische Erkrankungen bei älteren Menschen................... 235 12.5 Umgang und Pflege................................................ 236 13 Sucht............................................................ 237 13.1 Einführung, Entstehung, Folgen und Prävention........................ 237 13.1.1 Einführung....................................................... 237 13.1.2 Entstehungsbedingungen........................................... 240 13.1.3 Folgen........................................................... 242 13.1.4 Prävention........................................................ 243 13.2 Alkoholabhängigkeit............................................... 243 13.2.1 Epidemiologie, Diagnose und Entstehungsbedingungen.................. 243 13.2.2 Alkoholwirkung, Phasen und Typen der Abhängigkeit................... 244 13.2.3 Körperliche Folgeschäden........................................... 246 13.2.4 Psychische Folgeschäden............................................ 246 13.2.5 Therapie......................................................... 249 13.3 Medikamentenabhängigkeit......................................... 252 13.3.1 Benzodiazepinabhängigkeit......................................... 252 13.3.2 Abhängigkeit von Schmerzmitteln.................................... 254 13.4 Abhängigkeit von anderen Drogen................................... 255 13.4.1 Tabakabhängigkeit................................................. 255 13.4.2 Abhängigkeit von Opioiden......................................... 256 13.4.3 Abhängigkeit von Kokain........................................... 257 13.4.4 Abhängigkeit von Amphetaminen.................................... 258 13.4.5 Abhängigkeit von Halluzinogenen (Rauschmittel)....................... 259 13.5 Sucht bei älteren Menschen......................................... 260 13.5.1 Alkoholabhängigkeit im Alter........................................ 261 6

Inhaltsverzeichnis 13.5.2 Medikamentenabhängigkeit im Alter................................. 262 13.6 Umgang und Pflege................................................ 262 13.6.1 Pflege beim Entzug sowie bei organischen Psychosyndromen.............. 262 13.6.2 Umgang mit Süchtigen............................................. 263 14 Essstörungen..................................................... 266 14.1 Einführung, allgemeine Entstehungsbedingungen, Prävention............. 266 14.1.1 Einführung....................................................... 266 14.1.2 Allgemeine Entstehungsbedingungen, Prävention....................... 268 14.2 Anorexia nervosa (Anorexie, Magersucht).............................. 269 14.2.1 Diagnosekriterien und Verläufe...................................... 269 14.2.2 Körperliche, seelische und soziale Folgen.............................. 271 14.2.3 Entstehungsbedingungen........................................... 272 14.2.4 Therapeutische Möglichkeiten....................................... 273 14.3 Bulimia nervosa (Bulimie, Ess-Brechsucht).............................. 274 14.3.1 Diagnosekriterien.................................................. 275 14.3.2 Körperliche, seelische und soziale Folgen.............................. 276 14.3.3 Entstehungsbedingungen........................................... 276 14.3.4 Therapeutische Möglichkeiten....................................... 277 14.4 Esssucht (Binge-Eating-Störung)...................................... 278 14.4.1 Entstehungsbedingungen........................................... 278 14.4.2 Therapeutische Möglichkeiten....................................... 279 14.5 Essstörungen bei älteren Menschen................................... 280 14.6 Umgang und Pflege................................................ 281 15 Intelligenzminderung (geistige Behinderung)........................... 282 15.1 Begriffe, Schweregrad und Diagnose, Ursachen......................... 282 15.1.1 Begriffe.......................................................... 282 15.1.2 Schweregrad...................................................... 283 15.1.3 Diagnose......................................................... 284 15.1.4 Ursachen......................................................... 285 15.2 Erscheinungsbilder................................................. 286 15.2.1 Säuglings-, Kleinkind- und Vorschulalter............................... 286 15.2.2 Schulalter, Jugendliche und Erwachsene............................... 286 15.2.3 Persönlichkeitsentwicklung.......................................... 287 15.2.4 Belastungen für die Familie.......................................... 288 15.3 Prävention, Förderung und therapeutische Möglichkeiten................ 289 15.3.1 Prävention........................................................ 289 15.3.2 Förderung und therapeutische Möglichkeiten.......................... 289 15.4 Intelligenzminderung bei älteren Menschen............................ 291 15.5 Umgang und Pflege................................................ 292 15.5.1 Schaffen günstiger Voraussetzungen.................................. 292 15.5.2 Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten................................ 293 16 Sexuelle Störungen................................................ 294 16.1 Einführung....................................................... 294 16.2 Sexuelle Funktionsstörungen......................................... 296 16.2.1 Störungen des sexuellen Verlangens.................................. 296 16.2.2 Sexuelle Funktionsstörungen bei Männern............................. 297 16.2.3 Sexuelle Funktionsstörungen bei Frauen............................... 297 16.3 Sexuelle Abweichungen und Störungen der Geschlechtsidentität........... 298 16.3.1 Sexuelle Abweichungen............................................. 298 16.3.2 Störungen der Geschlechtsidentität................................... 300 16.4 Sexuelle Störungen bei älteren Menschen.............................. 301 16.4.1 Physiologische Veränderungen und sexuelle Funktionsstörungen........... 301 16.4.2 Sexuelle Abweichungen im Alter..................................... 302 16.5 Prävention, therapeutische Möglichkeiten und Umgang.................. 303 16.5.1 Prävention........................................................ 303 16.5.2 Therapeutische Möglichkeiten....................................... 303 16.5.3 Umgang.......................................................... 304 7

Inhaltsverzeichnis 17 Krisen, Krisenintervention und Suizidhandlungen....................... 305 17.1 Krisen und Krisenintervention....................................... 305 17.1.1 Begriff........................................................... 305 17.1.2 Krisenintervention................................................. 307 17.2 Suizidhandlungen.................................................. 308 17.2.1 Begriff........................................................... 308 17.2.2 Epidemiologie..................................................... 308 17.2.3 Motive für Suizidhandlungen........................................ 309 17.2.4 Kriterien für Suizidalität, Einschätzung des Suizidrisikos.................. 310 17.2.5 Prävention........................................................ 312 17.3 Krisen und Suizidhandlungen bei älteren Menschen..................... 313 17.4 Therapeutische Möglichkeiten, Umgang und Pflege..................... 314 17.4.1 Therapeutische Möglichkeiten....................................... 314 17.4.2 Umgang und Pflege................................................ 315 17.4.3 Eingetretener Suizid................................................ 317 17.4.4 Rechtliche Aspekte................................................. 318 Psychiatrische Therapie und rechtliche Grundlagen............... 319 18 Psychiatrische Einrichtungen und Behandlungskonzepte................. 319 18.1 Einführung....................................................... 319 18.1.1 Entwicklung psychiatrischer Strukturen, Versorgungsgebiete.............. 319 18.1.2 Allgemeines zu Behandlungsmöglichkeiten, -zielen und -konzepten........ 320 18.1.3 Soziotherapie..................................................... 321 18.1.4 Milieutherapie.................................................... 322 18.2 Stationäre und teilstationäre Einrichtungen und Behandlungskonzepte..... 323 18.2.1 Überblick über stationäre Einrichtungen............................... 323 18.2.2 Organisationsstrukturen und Behandlungskonzepte..................... 324 18.2.3 Spezielle Therapiemethoden......................................... 326 18.2.4 Teilstationäre Einrichtungen......................................... 328 18.3 Ambulante Behandlung und ergänzende Einrichtungen.................. 329 18.3.1 Ambulante Behandlung............................................. 329 18.3.2 Ergänzende (komplementäre) Einrichtungen........................... 331 18.4 Gerontopsychiatrische Einrichtungen und Altenhilfe..................... 335 18.4.1 Stationäre und teilstationäre Einrichtungen............................ 335 18.4.2 Behandlungskonzepte.............................................. 335 18.4.3 Ambulante psychiatrische Behandlung und Einrichtungen der Altenhilfe.... 336 19 Psychopharmaka.................................................. 339 19.1 Begriff, Einsatz, Aufgaben der Pflegenden............................. 339 19.1.1 Begriff........................................................... 339 19.1.2 Einsatz von Psychopharmaka......................................... 340 19.1.3 Aufgaben der Pflegenden........................................... 340 19.2 Antidepressiva..................................................... 342 19.2.1 Wirkung und Indikationen.......................................... 342 19.2.2 Einteilung der Antidepressiva........................................ 343 19.3 Neuroleptika (Antipsychotika)....................................... 347 19.3.1 Wirkung und Indikationen.......................................... 347 19.3.2 Einteilung........................................................ 348 19.3.3 Auswahl und Therapiedauer......................................... 350 19.3.4 Unerwünschte Wirkungen der typischen Neuroleptika................... 350 19.3.5 Unerwünschte Wirkungen der atypischen Neuroleptika.................. 352 19.4 Phasenprophylaktika (stimmungsstabilisierende Medikamente)............ 352 19.5 Tranquilizer (Anxiolytika)............................................ 354 19.6 Hypnotika (Schlafmittel)............................................ 356 19.6.1 Erwünschte und unerwünschte Wirkungen............................. 356 19.6.2 Allgemeine Maßnahmen bei Schlafstörungen........................... 357 19.6.3 Indikationen und Richtlinien für die Verordnung........................ 357 19.6.4 Substanzen....................................................... 358 8

Inhaltsverzeichnis 19.7 Psychostimulanzien................................................. 360 19.8 Nootropika (Antidementiva)......................................... 360 19.9 Psychopharmaka in der Geriatrie..................................... 361 20 Psychotherapie und Entspannungsverfahren........................... 363 20.1 Einführung....................................................... 363 20.2 Psychoanalyse und analytisch orientierte Psychotherapie.................. 366 20.2.1 Psychoanalyse..................................................... 366 20.2.2 Analytisch orientierte Psychotherapien................................ 368 20.3 Verhaltenstherapie................................................. 369 20.4 Andere psychotherapeutische Methoden............................... 370 20.4.1 Gesprächspsychotherapie............................................ 370 20.4.2 Supportive Psychotherapie........................................... 371 20.5 Entspannungsverfahren............................................. 371 20.6 Psychotherapie bei älteren Menschen................................. 373 21 Rechtliche Grundlagen.............................................. 374 21.1 Einführung, Schweige- und Aufklärungspflicht, Einsichtsrecht in Krankenakten....................................... 374 21.1.1 Einführung....................................................... 374 21.1.2 Schweigepflicht.................................................... 375 21.1.3 Aufklärungspflicht und Einsichtsrecht in Krankenakten................... 376 21.2 Geschäftsunfähigkeit und Betreuungsrecht............................ 376 21.2.1 Geschäftsunfähigkeit............................................... 376 21.2.2 Betreuungsrecht (BtG).............................................. 377 21.3 Landesrechtliche Unterbringungsgesetze (öffentlich-rechtliche Unterbringung).................................. 379 21.4 Schuldunfähigkeit, verminderte Schuldfähigkeit und Maßregelvollzug...... 380 21.4.1 Schuldunfähigkeit und verminderte Schuldfähigkeit..................... 380 21.4.2 Maßregelvollzug................................................... 381 21.5 Fixierung und fixierungsähnliche Maßnahmen.......................... 382 Literaturverzeichnis................................................ 385 Bildquellenverzeichnis.............................................. 389 Sachwortverzeichnis............................................... 390 Die Autorin Dr. med. Dagmar Stricker-Jannan, Jahrgang 1963, Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, unterrichtet seit 2001 als freie Dozentin das Fach Psychiatrie an der Fortbildungsakademie für Gesundheitshilfe in Olpe. Sie ist außerdem in der fachärztlichen Beratung von soziotherapeutischen Einrichtungen tätig. 9

Vorwort In einer sich wandelnden Gesellschaft verändert sich der medizinisch-pflegerische Versorgungsbedarf der Bevölkerung und damit auch das Profil der Pflegeberufe. Zahlreiche Modellprojekte der vergangenen Jahre zur Weiterentwicklung der Pflegeausbildung in Deutschland zeigen die Notwendigkeit einer breiten Grundausbildung, die für die Arbeit in allen Pflegebereichen qualifiziert. Das vorliegende Lehrbuch ist so konzipiert, dass es ebenso für die Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege wie auch in der Altenpflege geeignet ist. Meine langjährige Unterrichtstätigkeit an einer Kranken- und Altenpflegeschule bestätigt das mit diesem Buch verbundene ausbildungsübergreifende Konzept. Sowohl das am 01.08.2003 in Kraft getretene Bundesaltenpflegegesetz als auch das seit dem 01.01.2004 geltende Krankenpflegegesetz betonen die Bedeutung von Kernkompetenzen, die über die reine Wissensaneignung hinausgehen. Veränderte Strukturen im Gesundheits- und Sozialwesen führen dazu, dass Pflegekräfte heute in ganz unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern mit sich wandelnden Anforderungen arbeiten. Neben dem stationären und teilstationären Bereich gewinnen vor allem der ambulante Sektor und die ergänzenden Einrichtungen an Bedeutung. Schlüsselqualifikationen, wie kommunikative und soziale Kompetenz, Einfühlungsvermögen, fachliches Wissen, die Fähigkeit, mit belastenden Situationen umzugehen, eigenständiges Arbeiten und Teamfähigkeit, sind gefragter denn je. Die Erarbeitung dieser Qualifikationen soll das vorliegende Buch erleichtern. Die Kapitel sind klar gegliedert und beinhalten eine Kapitelübersicht, stellen das Krankheitsbild einschließlich Prävention und Therapie vor und beschreiben die Besonderheiten bei älteren Menschen sowie den Umgang und die Pflege mit den wesentlichen Aspekten der Beziehungsgestaltung. Über Fallbeispiele und Aufgaben zum jeweiligen Thema wird der Praxisbezug verdeutlicht und die Verbindung zu eigenen Erfahrungen hergestellt. In Anbetracht der steigenden Anforderungen an Pflegeberufe und der vor allem in der Altenpflege relativ hohen Aussteigerrate sollte ein Lehrbuch auch den Pflegenden selbst zum Thema machen. Kapitel 2 beschäftigt sich deshalb ausführlich mit dem Beruf des Pflegenden, mit belastenden Situationen und mit der Gefahr des Burn-out-Syndroms. Einzelne Kapitel sind für die vierte Auflage aktualisiert und ergänzt worden. Zugunsten der besseren Lesbarkeit wurde auf die Benennung sowohl der weiblichen als auch männlichen Form bei Berufsbezeichnungen verzichtet, gemeint sind selbstverständlich in allen Fällen weibliche und männliche Personen. Wenn bei Medikamenten Handelsnamen angegeben sind, so sind diese als Beispiele gedacht, es hätten auch andere genannt werden können. Dieses Buch soll für angehende und auch für examinierte Pflegefachkräfte ein Wegbegleiter sein, der dabei hilft, ihre anspruchsvolle berufliche Tätigkeit mit fachlicher Kompetenz und Freude auszuüben. Dr. med. Dagmar Stricker-Jannan 10

Psychisch Kranke und psychiatrisch Tätige 1 Einführung 1.1 Psychiatrie und psychisch kranke Menschen 1.2 Entstehung psychischer Störungen 1.3 Geschichte der Psychiatrie 1.4 Allgemeine Pflege psychisch Kranker 1.5 Der psychisch kranke, alte Mensch 1.1 Psychiatrie und psychisch kranke Menschen 1.1.1 Womit sich Psychiatrie beschäftigt Die Psychiatrie ist ein medizinisches Fachgebiet, das sich mit den Erkrankungen der Seele beschäftigt. Sinngemäß lässt sich das aus dem Griechischen kommende Wort Psychiatrie auch mit Seelenheilkunde übersetzen. Der deutsche Arzt Johann REIL verwendete 1816 erstmals diesen Begriff. Das Arbeitsfeld des in der Psychiatrie Tätigen sind psychische Störungen. Diese Störungen können fast alle Aspekte des Lebens beeinflussen: Körperfunktionen, Gefühle, Denken, Wahrnehmung, Verhalten, Beziehungen, Sexualität, Arbeit und Freizeit. Zur Psychiatrie gehören neben den psychisch Erkrankten und den psychiatrisch Tätigen (Ärzte, Psychologen, Pflegekräfte, Sozialarbeiter, Ergotherapeuten, Musiktherapeuten u. a.) auch noch die psychiatrischen Institutionen (siehe Kapitel 18). Von psychiatrisch Tätigen werden psychische Störungen auf verschiedenen Ebenen bearbeitet: Die Diagnostik beschäftigt sich mit der Erkennung und Benennung psychischer Störungen. Die Einteilung der Erkrankungen wird als Klassifikation bezeichnet. Die Verhütung einer psychischen Erkrankung und die Verhütung ihres Wiederauftretens oder ihrer Verschlimmerung durch vorbeugende Maßnahmen bezeichnet man als Prävention. Die Therapie umfasst alle Behandlungsformen psychischer Störungen. Die Rehabilitation beschäftigt sich mit Maßnahmen zur Genesung sowie zur beruflichen und sozialen Wiedereingliederung. Bei der Begutachtung werden psychische Störungen bewertet (z. B. bezüglich der Berufsfähigkeit). psych- = gr. Wortteil mit der Bedeutung Seele, Gemüt -iatrie = gr. Wortteil mit der Bedeutung Arzt, Heilung diagnosis = gr. Entscheidung praevenire = lat. zuvorkommen 11

Einführung Das Arbeitsfeld der Psychiatrie Therapie Diagnose Prävention psychische Störung Begutachtung Rehabilitation Je nach Arbeitsbereich kann man in der Psychiatrie verschiedene Schwerpunkte unterscheiden, von denen die folgende Übersicht einige beschreibt: Einige Schwerpunkte der Psychiatrie Psychiatrischer Schwerpunkt Kinder- und Jugendpsychiatrie Gerontopsychiatrie Arbeitsbereich Sie umfasst seelische Störungen vom Säuglingsalter bis zum Lebensabschnitt zwischen Pubertät und Erwachsenenalter ( Adoleszenz). Seelenheilkunde alter Menschen. adolescentia = lat. Jugendalter geron = gr. Alter forensis = lat. gerichtlich Sozialpsychiatrie forensische Psychiatrie Sie berücksichtigt in besonderem Maße den Einfluss von Familie (z. B. Erziehung), sozialem Umfeld (z. B. Arbeitsplatz, Bildung) und Gesellschaft (z. B. geltende Normen) auf die Entstehung und Behandlung psychischer Erkrankungen. Der Begriff ist im Grunde genommen jedoch überflüssig geworden, da sich die Psychiatrie immer mit diesen Einflüssen beschäftigen sollte. Sie beschäftigt sich mit rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen und mit der Behandlung straffällig gewordener psychisch Kranker. neuron = gr. Nerv In der psychiatrischen Arbeit kommt es naturgemäß zu Überschneidungen mit anderen Fächern. Hier sind besonders die Neurologie und die Psychologie zu nennen: Die Neurologie ist die Lehre von den Nerven und von den Erkrankungen des Nervensystems. Da es psychische Störungen gibt, die durch die Erkrankung des Nervensystems hervorgerufen werden (z. B. Verwirrtheitszustand bei einem Gehirntumor), müssen Psychiater gute Kenntnisse in der Neurologie besitzen. Die Psychologie ist die Wissenschaft vom Erleben und Verhalten des Menschen. Näheres hierzu entnehmen Sie bitte einschlägigen Lehrbüchern der Psychologie. 12

Einführung Die Frage nach der Eingrenzung des Begriffs der psychischen Störung und den Besonderheiten der Begegnung mit psychisch Kranken soll im Folgenden näher erläutert werden. In Kapitel 1.3 (S. 19 ff.) erfahren Sie Näheres zur Geschichte der Psychiatrie. 1.1.2 Was heißt psychisch krank? Begriff Eine allgemeine Definition für psychisch krank oder für psychische Störung gibt es nicht. Das liegt zum einen daran, dass die Grenze zwischen psychisch gesund und psychisch krank schwerer gezogen werden kann als bei körperlichen Erkrankungen (ein Gelenk beispielsweise ist entweder ausgekugelt oder nicht). Zum anderen ist die Einschätzung, was normal oder unnormal, was psychisch gesund oder krank ist, sehr davon abhängig, welche Normen, Regeln, Moralvorstellungen und Sichtweisen in einer Gesellschaft vorherrschen und welches Menschenund Weltbild Kultur und Gesellschaft prägen. So wurde beispielsweise Homosexualität lange Zeit als krank oder abnorm betrachtet. Im 21. Jahrhundert wird sie nicht mehr als behandlungsdürftige Erkrankung angesehen, sondern vielmehr als eine Variante des sexuellen Erlebens und Handelns. Bei einigen Naturvölkern wird Menschen mit psychischen Auffälligkeiten sogar besondere Bedeutung beigemessen, da man die Erkrankung als Wirken göttlicher Kräfte auffasst. Suchen Sie weitere Beispiele für die unterschiedliche Beurteilung von Verhalten (z. B. in anderen Kulturen).? Aufgabe Erscheinungsbild Wenn es auch keine allgemeine Definition für psychisch krank gibt, so kann man sich unter den Begriffen seelische Störung oder psychische Erkrankung vielleicht doch etwas vorstellen, wenn man beschreibt, welche Veränderungen psychische Störungen hervorrufen. Von besonderer Bedeutung sind hierbei folgende Veränderungen, die in der Übersicht auf der nächsten Seite noch einmal zusammenfassend dargestellt werden: Die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit, die seelische Belastbarkeit lassen nach (siehe Fallbeispiel Herr P., S. 14). Das Verhalten ist über einen längeren Zeitraum hinweg verändert (siehe Fallbeispiel Herr P.). Das Erleben ist verändert (siehe Fallbeispiel Herr P.). Oft liegen Störungen des Denkens (z. B. Denkverlangsamung bei einer Depression), der Wahrnehmung (z. B. Halluzinationen bei Schizophrenie) oder Störungen anderer psychischer Funktionen vor (Näheres hierzu in Kapitel 3, S. 56 ff.). alucinatio = lat. Verwirrung schizein = gr. spalten phren = gr. Geist, Gemüt 13

Einführung manie = gr. Raserei, Wut, Begeisterung depressio = lat. das Niederdrücken Es besteht ein Leidensdruck. Meist leidet der Erkrankte selbst unter seinem veränderten Zustand (siehe Fallbeispiel Herr P.). Manchmal fühlt sich ein psychisch kranker Mensch aber auch gesund und die Umwelt, in erster Linie die Familie, leidet. So schätzen sich z. B. manische Menschen (siehe Kapitel 4.3, S. 105 f.) meistens als völlig gesund ein. Die Familie, Arbeitskollegen und Nachbarn leiden aber oft ganz enorm unter dem Rededrang, der Umtriebigkeit, der Störung der Nachtruhe und anderen Verhaltensauffälligkeiten. Die Fähigkeit, sich selbst zu versorgen, kann bis zur Verwahrlosung beeinträchtigt sein (siehe Fallbeispiel Frau Z.). Die Beziehung zu sich selbst und zu den Mitmenschen, zur Umwelt ist gestört. Depressive Menschen erleben sich selbst z. B. oft als minderwertig, unfähig und nicht liebenswert (gestörte Beziehung zu sich selbst). Sie ziehen sich oft zurück, überlassen anderen wichtige Entscheidungen, können sich schlecht gegen Angriffe oder Grenzüberschreitungen durch andere wehren (gestörte Beziehung zu anderen). Ihre Umwelt erleben Depressive manchmal als fremd, von ihnen wie abgekoppelt (gestörte Beziehung zur Umwelt). Es kann zu Eigen- und Fremdgefährdung kommen. So kommt es z. B. während depressiver Krisen nicht selten zu Selbsttötungstendenzen. Aggressive Handlungen treten z. B. bei Erregungszuständen im Rahmen einer Schizophrenie auf. Fallbeispiel: Herr P. (38), ein schwer depressiver Mann, fühlt sich auch bei geringfügiger körperlicher Belastung sofort erschöpft: Alles strengt mich an. Jede noch so kleine Auseinandersetzung wirft mich um. Konzentrieren kann ich mich ganz schlecht. (Herabgesetzte körperliche und geistige Leistungsfähigkeit) Weiter berichtet er: Ich fühle mich innerlich ganz leer, wie ausgehöhlt, so, als ob ich tot wäre. (Verändertes Erleben) Die Ehefrau schildert den Zustand ihres Mannes so: Früher war mein Mann ein Vereinsmensch, er war immer gern in Gesellschaft. Seit er so bedrückt ist, geht er kaum noch raus, besucht keine Veranstaltungen und Feste mehr. (Verhaltensänderung) Im Gespräch mit der Stationsärztin sagt er: Ich halte das nicht mehr lange aus. (Leidensdruck) Fallbeispiel: Frau Z. (83), alleinstehend, ist desorientiert. Sie weiß nicht mehr, wie sie sich eine Mahlzeit zubereiten soll, isst kaum noch und vernachlässigt die Körperhygiene. Als die Nachbarn sie ins Krankenhaus bringen, ist sie abgemagert und völlig verschmutzt. Veränderungen bei einer psychischen Erkrankung verändertes Erleben Leidensdruck Eigen- oder Fremdgefährdung länger andauernde oder einschneidende Verhaltensänderung psychische Erkrankung Störung der Beziehung zu sich, zu anderen oder zur Umwelt eingeschränkte Fähigkeit, sich selbst zu versorgen 14

Der Beruf des Pflegenden Auch die Bereitschaft, Fehleinschätzungen und Fehlentscheidungen wahrzuneh men und zu korrigieren, ist gefordert, denn die Wahrnehmungs- und Sichtweise eines Einzelnen kann immer nur einen Teil der Situation wiedergeben und bedarf deshalb der Erweiterung und Berichtigung durch andere. Einen Überblick über die Vielzahl von Anforderungen an Pflegende in der Psychia trie gibt das Schaubild. Anforderungen an Pflegende Dokumentationsarbeit Beziehungen aufbauen und gestalten Wahrnehmung schärfen Anforderungen Beschäftigung mit der eigenen Persönlichkeit Angehörige Belastungen (emotional, körperlich, psychisch) Fallbeispiel: Herr S., Pfleger auf einer psychiatrischen Akutstation, neigt dazu, bei Patienten zunächst nur die Hilfsbedürftigkeit und Beeinträchtigung wahrzunehmen. Fähigkeiten, Stärken und Möglichkeiten erkennt er erst, nachdem Kollegen, denen es leichter fällt, diese Seiten an einem Patienten zu entdecken, ihn darauf aufmerksam gemacht haben. Jetzt kann Herr S. seine erweiterte Wahrnehmung z. B. dazu nutzen, die Beziehung zu seinen Patienten zu verbessern. So wichtig die Fürsorge für die zu Pflegenden ist, so notwendig ist auch die Fähig keit, das eigene Wohlergehen nicht aus den Augen zu verlieren. Auf diesen Aspekt wird in Kapitel 2.3 näher eingegangen. Der Pflegeberuf erfordert die Entwicklung einiger Fähigkeiten in ganz besonderem Maße: Die Fähigkeit zur Selbstwahrnehmung (z. B. eigener Gefühle, Gedanken). Die Fähigkeit zur Empathie (Einfühlung in das Gegenüber). Die Fähigkeit, zu dem Patienten eine Beziehung aufzunehmen und diese zu gestalten. Die Fähigkeit, mit dem Patienten kommunizieren zu können. In den Kapiteln 2.1.1 bis 2.1.4 wird ausführlich beschrieben, wie Sie diese Fähigkei ten üben und weiterentwickeln können. 32

Der Beruf des Pflegenden 2.1.1 Selbstwahrnehmung Jede Begegnung mit einem anderen Menschen löst in uns Gefühle aus. Manchmal werden diese nicht wahrgenommen, sie beeinflussen aber auch dann unsere Haltung und unser Verhalten dem anderen gegenüber. Die Fähigkeit zur Selbstwahrnehmung und die Bereitschaft, über eigene Konflikte, Ansichten, Verhaltenswei sen etc. nachzudenken, ist also ebenso wichtig wie die Wahrnehmung des Gegenübers. Fallbeispiel: Gesundheits- und Krankenpflegeschülerin Frau B. arbeitet seit einer Woche auf einer psychiatri schen Station. Kollegen fällt auf, dass sie Herrn V. meidet und manchmal sogar vergisst, wie z. B. bei der Blutdruckkontrolle. Erst als sie darauf angesprochen wird, erkennt sie, dass Herr V. ihr Angst macht. Folgende Fragen, die Sie sich selbst stellen können, sind Beispiele dafür, wie Sie Ihre Selbstwahrnehmung schulen können. Indem Sie Ihre Aufmerksamkeit auf eines der Themen lenken und versuchen, Ihre Gefühle, Gedanken und Ihr Verhalten zu erforschen, erfahren Sie Neues über sich selbst. Machen Sie sich zu jeder Frage Notizen. Noch interessanter wird es, wenn Sie Ihre Antworten mit der Einschätzung vergleichen, die ein Ihnen nahestehender Mensch über Sie hat. 1. Was macht mir Angst, welche Situationen fürchte ich? Meide ich diese Situationen oder stelle ich mich meinen Ängsten? 2. Was macht mich schnell ungeduldig, was ärgerlich, was richtig wütend? 3. Was deprimiert mich an mir, an anderen, in Beziehungen? Fragen zur Schulung der Selbstwahrnehmung 4. Was baut mich auf? 5. Mit welchen Menschen fällt mir der Umgang schwer? 6. Wie gehe ich mit Konflikten um? Diese Frage lässt sich am besten anhand eines konkreten Beispiels bearbeiten! 7. Wie reagiere ich auf Kritik? 8. In welchen Situationen überfordere ich mich? Wie überfordere ich andere? 9. Nehme ich bei mir körperliche und seelische Signale wahr, wenn ich überarbeitet oder überfordert bin? 10. Was tue ich dafür, dass es mir gut geht? 11. Kann ich selbst um Hilfe bitten und Hilfe auch annehmen? Bei der Entwicklung der Selbstwahrnehmung sind auch offene und ehrliche Gespräche mit anderen (Kollegen, Freunden), die Teilnahme an Fortbildungen mit Selbsterfahrungscharakter, an einer Supervision oder Balint-Gruppe (siehe Kapitel 2.5) hilfreich. 33

Diagnose und Klassifikation psychischer Störungen Neben dem Problem der Grenzziehung zwischen gesund und krank kann bei der Erhebung des psychischen Befunds noch eine andere Schwierigkeit auftreten. Bei einem Patienten kann z. B. die Wahrnehmung gestört sein, er hat Halluzinati onen. Dem Untersucher entgeht dies, wenn der Patient die Halluzinationen ver schweigt oder verneint und wenn diese auch nicht aus dem Verhalten des Patien ten (z. B. Reden mit Stimmen) geschlossen werden können. Die wichtigsten psychischen Funktionen und Auffälligkeiten, die bei der Erhebung des psychischen Befundes untersucht werden, sind in der folgenden Übersicht dargestellt. Sie werden in den Kapiteln 3.3.1 bis 3.3.13 ausführlicher erläutert. Bewusstsein Orientierung Die Beschreibung der psychischen Funktionen und Auffälligkeiten ergibt den psychischen Befund. Wahrnehmung Denken der psychische Befund psychische Funktionen und Auffälligkeiten Antrieb und Psychomotorik Grundstimmung und Affekt Gedächtnis Auffassung, Aufmerksamkeit und Konzentration Intelligenz Störungen des Ich-Erlebens Zwangssymptome, Befürchtungen und Phobien Suizidrisiko andere Störungen und Auffälligkeiten 57

Diagnose und Klassifikation psychischer Störungen 3.3.1 Bewusstsein In der Psychiatrie und Neurologie bezeichnet man als Bewusstsein die Fähigkeit, Umweltreize und inneres Erleben klar wahrzunehmen (je nach Zusammenhang kann der Begriff jedoch auch andere Bedeutungen haben). Der Grad der Wachheit und Aufnahmefähigkeit ist dabei entscheidend. Wer sehr schläfrig ist und immer wieder kurz einnickt, kann nicht mehr alles klar wahrnehmen, was um ihn herum geschieht. Man unterscheidet quantitative und qualitative Bewusstseinsstörungen. Quantitative Bewusstseinsstörungen koma = gr. tiefer Schlaf Sie betreffen den Grad der Wachheit, der von Bewusstseinsklarheit bis zum Koma reichen kann. Die Einteilung erfolgt dabei v. a. nach der Erweckbarkeit (siehe Tabelle). Quantitative Bewusstseinsstörungen kommen v. a. bei Hirnerkrankungen und Erkrankungen, die das Gehirn in Mitleidenschaft ziehen, vor (Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma, Hirntumor, entzündliche Gehirnprozesse, Sauerstoffmangel, Leber - und Nierenversagen etc.). Quantitative Bewusstseinsstörungen Quantitative Bewusstseinsstörung Benommenheit Beschreibung Der Patient ist schläfrig und verlangsamt. somnus = lat. Schlaf Somnolenz Der Patient ist apathisch, schläft leicht ein, kann aber mühelos durch äußere Reize geweckt werden. sopor = lat. tiefer Schlaf Sopor Der Patient schläft tief, ist nur schwer und meist nicht vollständig weckbar, die Reflexe sind erhalten. Koma Der Patient ist auch durch starke Reize nicht mehr weckbar, die Reflexe sind abgeschwächt oder fehlen. Qualitative Bewusstseinsstörungen Damit sind Zustände eines eingeengten Bewusstseins gemeint. Der Patient ist zwar wach (im Unterschied zur quantitativen Bewusstseinsstörung), sein Denken ist aber unklar, seine Wahrnehmung verschoben, wie die folgende Tabelle zeigt. 58

Affektive Störungen 4.2.9 Umgang und Pflege Der Umgang mit depressiven Menschen ist nicht einfach, er strengt oft an und ist durch die auf S. 86 beschriebenen Schwierigkeiten in der Beziehung gekennzeichnet. Die folgenden Vorschläge können dabei helfen, auch dann geduldig und handlungs fähig zu bleiben, wenn die Depression über einen längeren Zeitraum besteht oder anhaltendes Klagen und Jammern die Beziehung belasten. Haltung des Pflegenden Akzeptieren Sie den Patienten, so wie er ist. Vermeiden Sie, ihm das Gefühl zu geben, er müsse sich ändern. Akzeptieren Sie auch seine körperlichen Be schwerden, sie sind weder eingebildet noch vorgetäuscht, der Depressive fühlt sich wirklich so elend, wie er es mitteilt. Das Fallbeispiel von Frau E. zeigt eine Möglichkeit, mit ständigen Klagen über körperliche Beschwerden umzugehen. Verhalten der Pflegenden Seien Sie vorsichtig mit Sätzen wie Sehen Sie, es geht Ihnen ja schon besser, Sie haben sogar gelacht!. Viele Depressive denken dann, man halte ihre Depression für gar nicht so schlimm oder man sei der Meinung, sie könnten doch, wenn sie nur wollten. Es kann auch der Eindruck entstehen, dass alle nur auf das schnelle Verschwinden der Depression warten. Dies kann den inneren Druck verstärken und einen depressiven Patienten geradezu in die Suizidalität treiben. Besser ist es, den Patienten nach seinem momentanen Befinden zu fragen und sich mit ihm zu freuen, wenn er über eine positive Entwicklung berichtet. Das Besse rungssignal geht dann von ihm aus. Appelle, sich zusammenzureißen, Aufforderungen zum positiven Denken oder aufmunternde Worte helfen schwer Depressiven nicht. Solche Versuche verschlimmern nur das Gefühl zu versagen und verstärken damit die Hoffnungslosigkeit und Suizidgefahr. Hilfreicher ist, dem Patienten immer wieder zu sagen, dass die Chancen auf eine Besserung und Rückbildung einer Depression mit den heutigen Therapiemöglichkeiten gut stehen, es aber einige Zeit dauern kann, bis es bergauf geht. Vermitteln Sie gleichzeitig, dass Sie den Patienten begleiten und ihm helfen möchten, diese schlimme Phase zu überstehen. Ebenso können Aufforderungen, in Gesellschaft zu gehen, einen schwer depres siven Menschen überfordern und so die depressive Symptomatik verstärken. Wenn der Patient z. B. keinen Kontakt zu Mitpatienten möchte, sollte er nicht gedrängt werden. Wenn es dem Patienten besser geht, ist es wichtig, mit ihm das richtige Maß an Akti vität zu finden. Überforderung und Leistungsdruck sind gefährlich, andererseits zementiert eine Unterforderung unter Umständen die Depression. Wenn der Patient alles abgenommen bekommt, fühlt er sich vielleicht noch wert- und nutzloser. Gestaltung der Beziehung zwischen Depressiven und Pflegenden Es ist wichtig, dass Sie aktiv den Kontakt zu dem depressiv Erkrankten aufrechterhalten, da er selbst dazu vielleicht nicht mehr in der Lage ist. 103

Affektive Störungen In den schlimmsten Zeiten ist Anwesenheit statt Aktivität, Begleitung anstatt Trost wichtig. Tröstende Worte können von schwer depressiven Menschen als völ liges Nichtverstandenwerden aufgefasst werden. Bei anhaltendem Klagen und Jammern (siehe Fallbeispiel Frau E.) ist Zuhören zunächst wichtig. Die Klagen sollten aber nicht vertiefend thematisiert werden, das führt höchstens zu einer Zunahme derselben. Wenn sich eine Möglichkeit bietet, sorgen Sie für Ablenkung. Damit sich der Betreffende nicht abgeschoben fühlt, sollten Pflegende lieber öfter den Kontakt zum Depressiven suchen und dafür die einzelnen Kontakte nicht zu sehr ausdehnen, denn gerade klagende und jammernde Depressive strengen besonders an. Nach einer Phase des Mitgefühls lösen Depressive oft Wut, Hilflosigkeit und Ohn macht bei Behandelnden und Angehörigen aus. Wichtig ist, diese Gefühle bei sich zu erkennen, im Team oder in der Supervision darüber zu reden und sie nicht gegen den Patienten zu richten. Maßnahmen Achten Sie auf sorgfältige und liebevolle Grundpflege. Körperliche Zuwendung (z. B. ein warmes Vollbad oder Massagen) tut vielen depressiven Menschen gut. Sprechen Sie mit dem Betroffenen darüber, was ihm angenehm ist. Die Angehörigen müssen über die Art der Erkrankung informiert werden. Dies ist in erster Linie eine ärztliche Aufgabe. Oft fällt es Angehörigen aber leichter, mit Pflegenden zu sprechen. Sie können Angehörige ermuntern, das Gespräch mit den Ärzten zu suchen und sie gleichzeitig darin unterstützen, auf eine hilfreiche Art mit dem Depressiven umzugehen. Bei Schlafstörungen sollte der Depressive tagsüber möglichst nicht schlafen (zu Schlafstörungen siehe auch Kapitel 19.6.2, S. 356 f.). Achten Sie auf Anzeichen für Suizidalität und sprechen Sie diesbezügliche Beobachtungen oder Befürchtungen umgehend im Team an. Bei akuter Suizidgefahr muss eine stationäre psychiatrische Behandlung veranlasst werden. Zum Umgang mit Suizidalität siehe Kapitel 17.4. Fallbeispiel: Frau E. (48), zurzeit Patientin einer Tagesklinik, klagt sehr viel über verschiedene körperliche Beschwerden, die im Zusammenhang mit einer Depression zu verstehen sind. Die Geduld der behandelnden Ärzte und Pflegekräfte wird dadurch ziemlich strapaziert. Der Gesundheits- und Krankenpfleger Herr S. findet den richtigen Ton und Worte, welche die Situa tion entspannen: Wir können Ihre körperlichen Beschwerden leider nicht sofort zum Ver schwinden bringen. Aber vielleicht können wir zusammen einen Weg finden, wie Sie wenigstens zeitweise von den Beschwerden Abstand nehmen, sich ablenken können, so dass diese nicht mehr so quälend und übermächtig sind!? Aufgabe Sicher waren auch Sie schon einmal sehr traurig oder bedrückt (was ja nicht gleichbedeutend mit einer Depression im Sinne einer psychiatrischen Erkran kung sein muss). Wie sollten andere in solch einer Situation mit Ihnen umgehen? Was am Verhalten anderer tut Ihnen dann gut, was deprimiert Sie noch mehr, kränkt oder ärgert Sie? 104