Vom Energieausweis zum Nachhaltigkeitszertifikat - ein Ausblick - Prof. Dr.-Ing. habil. Thomas Lützkendorf Universität Karlsruhe (TH), Fakultät für Wirtschaftswissenschaften Ökonomie und Ökologie des Wohnungsbaus & Institut für baubezogene Energie- und Umweltforschung Weimar e.v. IEU Weimar e.v. 1
2 Green Building, LEED, BREEAM??????
3 Sonnenhaus des SOKRATES ein green building?
Nachhaltigkeit historische Ursprünge des Begriffs Carl von Carlowitz (1645 1714) Kursächsischer Kammer- und Bergrat Oberberghauptmann... eine sothane Conservation und Anbau des Holzes anzustellen, dass es eine continuierliche, beständige und nachhaltige Nutzung gebe. SYLVICULTURA OECONOMICA die naturmäßige Anweisung zur Wilden-Baum-Zucht (1713) 4
Suche nach geeigneter Begrifflichkeit Im Ergebnis einer Umfrage (UBA 2000) wurde festgestellt, dass sich ca. 90% der Befragten mit den Zielen einer nachhaltigen Entwicklung identifizieren können, aber nur ca. 15% mit dem Begriff selbst klare Vorstellungen verbinden. Gibt es ein Sprachproblem? Beitrag von Gebäuden zu einer nachhaltigen Entwicklung Zukunftsfähigkeit * Funktionalität, Akzeptanz * Flexibilität, Anpassbarkeit * Langlebigkeit * Objektqualität * Prozessqualität Zukunftsverträglichkeit * Ökonomische Aspekte * Ökologische Aspekte * Soziale Aspekte * Chancen * Risiken 5
Einordnung der Nachhaltigkeitsaspekte in Gesamtsystem Zuordnung Materialauszug Zuordnung Energieausweis Gebäudepass Gesamtperformance A B C D E F G H 6 gestalterische Qualität techn. Baubeschreibung technische Qualität funktionale Qualität soziale Aspekte ökonomische Aspekte Umweltqualität Prozess-Qualität - Planung -Bau - Bewirtschaftung
Die Wurzeln und Grundlagen in Deutschland Anforderungen an einen nachhaltiges Bauen und Wohnen ( Bedürfnisfeld ) Minimierung von Lebenszykluskosten Reduzierung Flächenverbrauch Verringerung Bodenversiegelung Ressourcenschonung, Stoffkreislauf Vermeidung von Schadstoffen Reduzierung von CO2-Emissionen Bedarfsgerechter Wohnraum Gesundes Wohnen Geeignetes Wohnumfeld, soz. Integration 1998 7
Initiativen des Bundes (Leitfaden & Runder Tisch Nachhalt. Bauen) Verbindlich für Bundesbauten, Empfehlungscharakter für sonstige Vorhaben Allg. Planungsprinzipen Bewertung der Umweltqualität Bewertung der Wirtschaftlichkeit Gesundheit, Behaglichkeit Checklisten Kennwerte Hinweise zum Gebäudepass Geplante Überarbeitung / Erweiterung 2008 8 2000
Von der Energieeffizienz zur Nachhaltigkeit - Vorstellungen der EU Alle Mitgliedstaaten, Kommunalbehörden und an öffentlicher Beschaffung beteiligten Stellen werden angehalten, bei der Ausschreibung von Bauleistungen und bei der Verwendung von Mitteln der öffentlichen Hand für Gebäude und Bauleistungen Anforderungen an die Nachhaltigkeit zu stellen. Die Richtlinie über die Energieeffizienz von Gebäuden markiert einen wichtigen Schritt in Richtung einer stärkeren Gewichtung langfristiger ökologischer Effizienz. Grundsätzlich sollte sie allerdings so erweitert werden, das zentrale Elemente des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit, z.b. Luftqualität, Zugänglichkeit, Lärmpegel, Komfort, Umweltqualität der Werkstoffe und Lebenszykluskosten des Gebäudes, einbezogen werden. So könnte beispielsweise ein hohes Nachhaltigkeitsniveau zu einer geringeren Besteuerung führen; Versicherungsgesellschaften und Kreditinstitute könnten günstigere Angebote vorschlagen. Die Demonstration der geringeren Lebenszykluskosten dürfte Gebäude für Verkäufer und Finanzinstitute attraktiver machen. MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN: Entwicklung einer thematischen Strategie für städtische Umwelt Brüssel, den 11.02.2004; KOM(2004)60 endgültig 9
Ressourceninanspruchnahme und Umweltbelastung Nach aktuellen Untersuchungen der OECD und von UNEP ist die Errichtung und Nutzung von Bauwerken in Europa verantwortlich für 25 40 % des Energieverbrauchs 30 40 % des Abfallaufkommens 30 40 % der CO2-Emissionen Source: UNEP Sustainable Building and Construction Initiative, Information Note 2006 10
Bedeutung des Lebensstils für eine nachhaltige Entwicklung Von den derzeit in Deutschland verursachten CO2-Emissionen von ca. 10 t / Person und Jahr entfallen ca. 3 t auf das Bedürfnisfeld Bauen und Wohnen 11 CO2-Rechner
Wirtschaftliche Minderungspotenziale bis 2030 (Gt CO2 equ./a) Quelle: WMO & UNEP: Intergovernmental panel on climate change IPCC, 2007 12
Fehleinschätzungen in der Branche Unterschätzung der Effekte Überschätzung der Mehrkosten Quelle: WBCSD EEB Facts & Trends Summary Report, Aug. 2007 13
Objektbeispiele aus Frankreich (0 10 % Mehrkosten) Quelle: Bruno Mesureur (CSTB) Building Environmental Quality Assessment Systems current trends and developments, Vortrag Peking 2008 14
Energieeffiziente Gebäude ohne erhebliche Mehrkosten realisierbar EnOB Büroprojekte, Baukosten KG 300 + 400 Zeit- und Regionsfaktorindexiert, mit BKI Referenzprojekt (Mittel aus 10 Projekten) [ /m²bgf,netto] 2.000 1.800 1.600 1.400 1.200 1.000 800 600 400 200 0 EnBau-V-06 DB Netz AG EnBau-V-13 Pollmeier En-Bau-V-15 KfW Ostarkade EnBau-V-17 Passivhaus EnerGon Ulm EnBau-V-19 BOB EnBau-V-22 Solar Info Center SIC EnBau-V-23 UBA Dessau EnBau-V-24 Barnim EnBau-V-26 Haus der Region EnBau-V01 ECOTEC EnBau-V-03 Wagner EnBau-V-09 Lamparter EnBau-V-16 Energieforum EnBau-P-11 SurTec EnBau-P-14 Solvis 1300 niedriger AusstattungsstandardBKI BKI Vergleichsprojektkosten 1320 höherer AusstattungsstandardBKI Herstellungskosten pro m² BGFmit Regional- und Zeitindexkostenfaktor hier nur KG 400 Herstellungskosten pro m² BGFmit Regional- und Zeitindexkostenfaktor hier nur KG 300 Quelle: Spars, Lehmann: EnOB 15
Existiert eine Zahlungsbereitschaft für nachhaltige Immobilien? Quelle: www.corenetglobal.org; Sustainability Perceptions and Trends, January 2008; Ergebnisse eine Befragung von über 400 Immobilienexperten während CoreNet Global Summits in London, Melbourne, Denver und Singapore 16
Zahlungsbereitschaften für nachhaltige Gebäude in Deutschland? Ergebnisse einer Befragung von ca. 200 Führungskräften aus der deutschen Immobilienwirtschaft im Rahmen der 15. Handelsblatt Jahrestagung Immobilienwirtschaft 2008 6./7.5.2008 in Berlin Veranstaltung Immobilienwirtschaft 2008 Fragestellung unter Mitwirkung des Autors 17
18 Grundlagen der Beschreibung Klarheit der Begriffe www.immowelt.de/customerspecials/bildergalerie/hebelhaus/ functionality energy resources impacts health costs income value Net. zero energy building Net. zero emission building Low energy building Low emission building Green building High performance build. Smart building Sustainable building
Verwirrende Vielfalt der Bewertungs- und Zertifizierungssysteme VERDE 19
Gütesiegel der Öffentlichkeit vorgestellt Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee hat beim Tag der Deutschen Bauindustrie in Berlin das erste deutsche Gütesiegel für nachhaltiges Bauen vorgestellt. "Mit diesem Gütesiegel haben wir in Deutschland jetzt ein echtes Zeugnis für nachhaltige Gebäude", sagte Tiefensee. "Wir schaffen damit Transparenz und Vergleichbarkeit. Ich bin sicher: Das Nachhaltigkeitssiegel wird zu einem unverwechselbaren Qualitätsmerkmal auf dem Immobilienmarkt werden." Mit dem Gütesiegel wird ein umfassendes Bewertungssystem eingeführt, das aus dem "Leitfaden Nachhaltiges Bauen" entwickelt wurde. Das System wurde gemeinsam vom Bundesbauministerium und der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen entwickelt. 20
Grundkonzept der Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden Ökologische Qualität 22,50 % Ökonomische Qualität 22,50 % Soziale & funktionale Qualität 22,50 % Technische Qualität 22,50 % Prozessqualität 10,00 % Gesamtbewertung (Objekt & Prozesse) 100,00 % 21
22 Vom Siegel zum Inhalt. das Deutsche Gütesiegel
Zertifizierung - Teil eines Gesamtkonzeptes zur Qualitätssicherung Projektziele Werzeuge Werzeuge Tools Monitoring / POE / Benchmarking Hilfsmittel Hilfsmittel Objektdokumentation / Gebäudepass Planung Errichtung Nutzung und Bewirtschaftung Planungsunterlagen Genehmigungen Nachweise Qualitätsnachweis Messung Wertermittlung 23
Auszeichnung versus flächendeckende Beschreibung??? VS. 24 Source: RICS EPBD facts
Beispiel : Einfluss der energetischen Qualität auf den Marktwert Energieeffizienz und Marktwert 80 bis 90% der Gebäudeeigentümer sieht im Ergebnis einer Verbesserung der energetischen Qualität eine Marktwertsteigerung des Gebäudes. (Eigentümerbefragung Dezember 2005) 25 Kohler (dena) Vortrag 2007
Zusammenfassung Mit u.a. Teilthemen wie Wärme- und Bautenschutz, Energieeinsparung, Ressourcenschonung, Umwelt- und Klimaschutz, thermische Behaglichkeit im Sommer und Winter, Auswirkungen auf Bau- und Nutzungskosten hat des energiesparende Planen, Bauen und Betreiben einen grossen Einfluss auf die Nachhaltigkeit von Bauwerken. Komplex ausgebildete Energieberater mit guter Berufspraxis haben gute Voraussetzungen für eine Weiterentwicklung in Richtung Nachhaltigkeitszertifizierung. Die flächendeckende Beurteilung der energetischen Qualität von Gebäuden u.a. durch die Erstellung von Energieausweisen und die Übernahme derartiger Daten in einen Gebäudepass, ein Objekt-Rating und eine Immobilienanalyse bleibt ein wichtiger Beitrag. Gute Energieberatung und Energieberater behalten ihren Wert! 26