Lehrveranstaltung Energieberatung und Gebäude-Energieausweise Prof. Dr.-Ing. Mario Adam E² - Erneuerbare Energien und Energieeffizienz Fachbereich Maschinenbau und Verfahrenstechnik Fachhochschule Düsseldorf Thema: Energieeinsparverordnung EnEV 2014 Vorgaben für Neu- und Altbauten (Wohngebäude) EnEV 1
EnEV - Berechnungssystematik Wohngebäude nach DIN 4708-6 (Gebäude Q H ) + DIN 4701-10 (Technik e P ) * Q P : Jahres-Primärenergiebedarf = (Q H + Q W ). e p Q H : Heizwärmebedarf = Q T + Q V η. (Q S + Q I ) monatsweise bilanziert ** Q T : Transmissionswärmeverlust Q V : Lüftungswärmeverlust Q S : Solare Wärmegewinne Q I : Interne Wärmegewinne η: Ausnutzungsgrad der Wärmegewinne Q W : Trinkwasserwärmebedarf pauschal = 12,5 kwh/m²a. Gebäudenutzfläche A N e P : Anlagenaufwandszahl Energieverluste in der Heiz-, Warmwasser-, Lüftungsanlage Elektrischer Hilfsenergiebedarf der Heiz-, Warmwasser-, Lüftungsanlage bei Erzeugung (g), Speicherung (s), Verteilung (d), Übergabe (ce) der Nutzwärme im Gebäude und bei der Endenergieträger-Bereitstellung (Primärenergiefaktoren) * alternativ: DIN V 18599 ** bis EnEV 2007: noch Heizperioden-Verfahren mit 1 Jahres-Energiebilanz möglich EnEV 2
EnEV - Berechnungssystematik Wohngebäude Nutzwärme Endenergie Primärenergie inkl. Stromverbrauch (als Hilfsenergie ) abzüglich am Gebäude regenerativ produzierter Strom Bildquelle: EnergieAgentur.NRW Energieausweis Überblick 3
EnEV - Vorschriften für Neubauten Grenzwert für Primärenergiebedarf Q P in kwh/(m²a) - definiert durch Referenzgebäude, d.h. Ausstattung der realen Gebäudegeometrie mit vorgegebener fiktiver Wärmedämmung und Anlagentechnik - Referenzklima: seit 1.5.2014 Potsdam (vorher Würzburg) - Verschärfung um 25% ab 1.1.2016 (gegenüber momentan noch gültigem Niveau der EnEV 2009) Grenzwert für Spezifischen Transmissions-Wärmeverlust H T in W/(m²K) - Vorgabe einer Mindest-Wärmedämmung des Gebäudes - Verschärfung um 20% ab 1.1.2016 (gegenüber momentan noch gültigem Niveau der EnEV 2009) Mindeststandards für Anlagentechnik, u.a. für Heizgeräte, Regelung, Wärmedämmung von Rohren, Umwälzpumpen (selbsttätig regelnd) Nachweis zum sommerlichen Wärmeschutz (um aktive Kühlung möglichst zu vermeiden) Energieausweis (Bedarfsausweis) EnEV 4
EnEV - Referenzgebäude Grenzwert Q p für Neubau Wärmedämmung Keller: 0,35 W/m²K ( 10 cm) Wand: 0,28 W/m²K ( 14 cm) Dach: 0,20 W/m²K ( 20 cm) Fenster: 1,3 W/m²K, g = 0,6 Heizungstechnik Brennwert-Heizgerät Heizkörper 55/45 C geregelte Umwälzpumpe Rohre in beheizter Hülle Primärenergie-Grenzwert für Neubauten geplantes Gebäude (Geometrie, Ausrichtung) mit Referenzausstattung Lüftungstechnik Gebäude-Dichtheitsprüfung zentrale Abluftanlage geregelter DC-Ventilator keine aktive Kühlung Warmwassertechnik thermische Solaranlage Anbindung an Heizgerät Zirkulationsleitung Rohre in beheizter Hülle EnEV 5
EnEV - Grenzwert H T für Neubau Bildquelle: EnergieAgentur.NRW EnEV 6
EnEV - Vorschriften für Altbauten bei Sanierung / Gebäudeänderungen - einzelne Bauteil-U-Wert-Anforderungen - alternativ: Gesamtgebäude besser als EnEV-Neubauniveau + 40% Altersklassen von Wohngebäuden in NRW Nachrüstpflichten - Ab 2015: Heizkessel älter als 30 Jahre, ausgenommen Brennwertkessel und effiziente Niedertemperaturkessel, - ungedämmte Rohre / Armaturen in unbeheizten Räumen - oberste Geschossdecken bei selbstgenutzten Ein-/Zweifamilienhaus aber erst 2 Jahre nach Eigentümerwechsel seit Mai 2014 Strafen bis 50.000 Euro möglich. Außerbetriebnahme von Nachtspeicherheizungen forderte EnEV 2009 - wurde im Juli 2013 zurückgenommen! Energieausweis (Bedarfs- oder Verbrauchsausweis) EnEV 7
Altersstruktur deutscher Wohngebäude Quelle: IWU EnEV 8
EnEV - Maximale U-Werte bei Altbausanierung Dach Fenster (window) Tür Außenwand unterste Geschossdecke Bildquelle: EnergieAgentur.NRW EnEV 9
EnEV - Beispiel für Einzelanforderung (Alt-/Neubau) e g e g Bildquelle: EnergieAgentur.NRW EnEV 10
EnEV - Bewertung elektrischer Strom (Alt-/Neubau) Stromverbrauch Stromproduktion Primärenergiefaktor Strom f P,Strom sinkt wegen mehr Ökostrom im Netz vorher 2,6 seit 1.5.2014 2,4 ab 1.1.2016 1,8 Ab 2016 entfällt die Sonderregelung für elektrische Warmwasserversorgung Stromproduktion aus erneuerbaren Energien Stromverbrauch darf vom Endenergiebedarf für Strom abgezogen werden (maximal so viel wie verbraucht wird), wenn in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Gebäude erzeugt und vorrangig im Gebäude selbst genutzt (nur Überschüsse in das öffentliche Netz gespeist) Bildquelle: Wagner-Solar EnEV 11
Energieausweise für Gebäude Bedarfsausweis auf Basis der energetischen Qualität von Gebäudehülle und Haustechnik Datenaufnahme vor Ort Berechnung des Energiebedarfs unter standardisierte Randbedingungen - Witterung (Standort) - Nutzerverhalten Verbrauchsausweis auf Basis der Verbrauchsdaten der letzten 3 Jahre + Witterungskorrektur nach BMVBS-Richtlinie Datenbereitstellung durch den Nutzer dezentrale Warmwasserbereitung bleibt bei Wohngebäuden unberücksichtigt rechnerische Berücksichtigung von Leerständen Neubau: Bedarfsausweis (immer) Altbau: Bedarfs- oder Verbrauchsausweis, Wahlfreiheit (Ausnahme: Pflicht zu Bedarfsausweis bei 1-4 Wohneinheiten und Energiestandard vor WSchVO 1977) Vorlagepflicht bei Neubau, Verkauf, Neuvermietung; Aushangpflicht bei öffentl. Gebäuden > 1000 m² (Ausnahme: denkmalgeschützte Gebäude) Aussteller haftet für Fehlerfreiheit (Eigentümer kann Daten bereitstellen, haftet für Richtigkeit) Gültigkeit: 10 Jahre mit kurz gefassten Empfehlungen für kostengünstige Modernisierungsmaßnahmen (in Abgrenzung zur ausführlichen Energieberatung) Energieausweis Überblick 12
Neuer Energieausweis: mehr Pflichten und Kontrollen, neue Optik 2009 Vorlagepflicht bei Neubau, Verkauf, Neuvermietung Aushangpflicht in öffentlichen Gebäuden > 1000 m² Skala im Bandtacho bis 400 kwh/m²a 2014 Energie-Kennwerte sind Pflicht in Immobilienanzeigen Energieausweis-Übergabepflicht an Neumieter/besitzer. Nicht-Übergabe ist Ordnungswidrigkeit (<15.000 Bußgeld). Aushangpflicht in öffentlichen Gebäuden >250 bzw. 500 m² Neue Energieausweise benötigen eine Registriernummer vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt). Der Ausweis- Aussteller muss dort gemeldet sein. elektronische Übergabe der Erfassungs- und Ergebnisdaten Der Energieausweis ist nach Beantragung endgültig, kann nicht mehr verändert werden (spezielle Druckapplikation) Stichproben-Kontrollsystem (10% aller Energieausweise) und detaillierte Prüfung von Energieausweisen durch Gutachter (1% der Ausweise) Skala bis 250 kwh/m²a. Mit Effizienzklassen von A+ bis H, wie bei Elektrogeräten Fotos: BMVBS EnEV 13
Kosten für Bedarfsausweis (Internetrecherche 2010): 1-2 Fam.H.: 200 300 3-6 Fam.H.: 350 450 7-12 Fam.H: 500 600 Energieausweis Überblick 14
Anhang EnEV 15
Kurzfassung: Neues in der EnEV 2014 im Vergleich zur EnEV 2009 Neubau : Jahres-Primärenergiebedarf um 25 Prozent senken ab 2016 Wärmedurchgangskoeffizient um 20 Prozent verbessern ab 2016 Niedrigstenergiegebäude ab 2021 europaweiter Neubaustandard, bei Behörden ab 2019 Altbau : wenig Änderungen: vor 1985 eingebaute Konstanttemperatur-Heizkessel sind zu tauschen, stärkere Sanktionen bei Verletzung der Nachrüstpflichten Energieausweis, Mieter und Käufer : Neue Effizienzklassen A+ bis H auf Energieausweisen Effizienzklasse muss in der Immobilienanzeige veröffentlicht werden EnEV 16
Wichtigste Normen zur EnEV Wohngebäude Heizwärmebedarf des Gebäudes DIN V 4108-6 (110 Seiten + 5 Seiten Berichtigung) Anlagenaufwandszahl der Heiz-, Warmwasser-, Lüftungsanlage DIN V 4701-10 (156 Seiten) + Beiblatt A1 (4 Seiten) + Beiblatt B1 (Musteranlagen, 211 Seiten) für Anlagen im Bestand vor 1995: DIN V 4701-12 (23 Seiten) PAS 1027 (44 Seiten) Sommerlicher Wärmeschutz: DIN 4108-2 Wohn- und Nicht-Wohngebäude DIN V 18599 (über 800 Seiten) Gebäude - Zonierung in Räume / Raumgruppen unterschiedliche Nutzerprofile (34) unterschiedliche Ausstattung - vereinfachtes Verfahren mit 1 Zone unter bestimmten Bedingungen Anlagentechnik - Heizung - Trinkwassererwärmung - Lüftung - Klimatisierung (Kühlung, Befeuchtung) - Beleuchtung Bekanntmachungen vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) und des Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) Regeln zur Datenaufnahme und Datenverwendung im Wohngebäudebestand : vereinfachte Erfassung von Gebäudeflächen, U-Werte und Anlagentechnik nach Baualtersklassen Regeln für Energieverbrauchskennwerte im Wohngebäudebestand Energieausweis Überblick 17
Nachweisverfahren / Rechenverfahren der EnEV Aktualisierungen durch die EnEV 2014 DIN 4108/4701-10 sind neben der DIN 18599 weiterhin für Wohngebäude anwendbar. Sobald das Wohngebäude gekühlt oder mit PV- oder Windkraftanlage ausgestattet wird, ist nach DIN 18599 zu bilanzieren. Es gilt die Fassung der DIN 18599-2011, mit Beiblättern Prüfung des sommerlichen Wärmeschutzes nach neuem Entwurf der DIN 4108-2 2011 Ausblick eneveasy : Geplant ist die Einführung eines vereinfachten Nachweisverfahrens eneveasy als Onlinetool (gemäß EnEV 3 Abs. 5), s.a. www.eneveasy.info Nur für bestimmte Gruppen von einfachen, nicht gekühlten Wohngebäuden mit bestimmten Ausstattungsvarianten Grundlage sind durchgeführte Modellberechnungen, daher auch Modellgebäudeverfahren genannt. Das Verfahren eignet sich - unabhängig von einer zukünftigen Verwendung zum EnEV-Nachweis - gut zur Vordimensionierung und Plausibilitätskontrolle EnEV 18
EnEV - Nachrüstpflichten für Altbauten Eigentümer müssen 1. vor dem 1.10.1978 eingebaute Heizkessel tauschen. (EnEV 2009) Ab 2015 dürfen Öl- und Gasheizungen nicht älter als 30 Jahre sein. (EnEV 2014) Aber für viele Altanlagen (d.h. vor 1985) gibt es Ausnahmen, z.b. Brennwertkessel und Niedertemperaturkessel sind befreit. 2. bisher ungedämmte, zugängliche Wärmeverteilungs- und Warmwasserleitungen sowie Armaturen in ungeheizten Räumen, nach Neubaustandard dämmen. 3. oberste Geschossdecken, die nicht die Anforderungen an den Mindestwärmeschutz erfüllen, bis Ende 2015 dämmen. Laut EnEV 2009 waren bisher nur zugängliche, aber nicht begehbare Geschossdecken zu dämmen. Gemeint sind Decken beheizter Räume, die an ein unbeheiztes Dachgeschoss grenzen. Die Forderung ist auch erfüllt, wenn das Dach darüber den Mindestwärmeschutz einhält. Ausnahmen gelten, wenn Hausbesitzer zum Stichtag 1.2.2002 in ihrem Haus eine Wohnung selbst nutzten EnEV 19
Fazit EnEV im Hinblick auf Politik / Klimawirkung Zur Erreichung der Klimaziele spielt die EnEV 2014 keine Rolle, da sie den Bestand kaum betrifft. Das ist politisch gewollt: Das zuständige Ministerium BMVI preist stolz die Wirkungslosigkeit der eigenen Verordnung und der (vom Bundesrat eingebrachten) Kessel-Nachrüstpflicht nach 30 Jahren : Erfasst werden demnach nur sogenannte Konstanttemperaturheizkessel. Der Anwendungsbereich der Pflicht ist also begrenzt. In der Praxis werden die Kessel ohnehin im Durchschnitt nach 24 Jahren ausgetauscht. Außerdem sind viele selbstgenutzte Ein- und Zweifamilienhäuser von der Pflicht ausgenommen. Rund 11 Millionen alte Niedertemperaturheizungen fallen nicht unter die Austauschpflicht, entsprechen aber auch nicht dem Stand der Technik. Der Bundesverband Erneuerbare Energie kritisierte die EnEV daher als "wirkungslos". Im Neubau ist die Kennwert-Verschärfung moderat und kommt erst ab 2016. Die Bedeutung des Energieausweis bei Verkauf / Vermietung wird aber gestärkt. Sanierungsmaßnahmen will die Politik durch Fördermaßnahmen auslösen, spricht von Modernisierungsoffensive. Der Koalitionsvertrag der großen Koalition kündigt einen Aktionsplan für 2014 an. Das wäre nötig, denn bisher sind 3/4 der Altbauten vor 1978 unsaniert und nur 1% werden pro Jahr saniert. Vor der ersten Ölkrise 1973 und der ersten Wärmeschutz-VO 1978 wurden Häuser kaum gedämmt. EnEV 20
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