Stefan Schirmer, dena Energieeffizientes Bauen und Sanieren Erfahrungen aus den dena-modellvorhaben Förderung und Chancen. Hamburg, 27. Oktober 2010
Die Gesellschafter der Deutschen Energie-Agentur. dena Bundesrepublik Deutschland 50 % 26 % KfW Bankengruppe Vertreten durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Einvernehmen mit: Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Allianz SE Deutsche Bank AG DZ BANK AG 8 % 8 % 8 % Geschäftsführung Stephan Kohler Vorsitzender Andreas Jung 2
Potenziale und Herausforderungen im Gebäudebereich.
EU Vorgaben: Verschärfte Anforderungen an Gebäude in der Neufassung der EPBD. Neufassung der EPBD (Energy Performance of Buildings Directive) am 18.Mai 2010 durch das EU-Parlament verabschiedet, tritt am 8.Juli in Kraft. Gebäuderichtlinie wichtiger Beitrag zur Erreichung der Energie- und Klimaschutzziele der EU (20-20-20). Mitgliedsländer haben nach Veröffentlichung der Richtlinie zwei Jahre Zeit die Vorgaben in nationales Recht umzusetzen. Quelle: pixelio 4
Die wichtigsten Änderungen der EPBD. Energieausweis in der EU. Qualitätssicherung von Energieausweisen - Einführung eines unabhängigen Kontrollsystems und mehr qualifiziertes Fachpersonal. Mehr Öffentlichkeit für den Energieausweis - Anzeigen. Niedrigst-Energiegebäude als Standard für Neubauten. Niedrigst-Energiegebäude (nearly zero-energy building) ab Ende 2019 / 2010. Erneuerbaren Energien decken den wesentlichen Teil des Energiebedarfs. Schaffung von Anreizen für die Sanierung von Bestandsgebäuden zu Niedrigst- Energiehäusern. Finanzielle Anreize und Marktschranken Sanktionen - wirksam, verhältnismäßig und abschreckend. 5
Aktuelle Situation in Deutschland : Energieeffizienz des Gebäudebestandes ist unzureichend. 12 Relative Häufigkeiten in % 10 8 6 4 2 EnEV-Neubau-Niveau Der Großteil der Bestandsgebäude in Deutschland liegt über EnEV- Neubau Niveau (Effizienzhaus 100) 0 0 100 200 300 400 500 600 700 Quelle:KleemannFZJ 2003 Flächenspezifischer Jahresendenergieverbrauch kwh/m 2 a. 6
Chance Sanierung Anlass zur energetischen Modernisierung nutzen. 75 % des Wohngebäudebestandes sind vor der 1. WSVO 1978 gebaut und weisen einen sehr hohen Energiebedarf auf. Etwa 50 % aller Gebäude werden in den nächsten 20 Jahren aus technischen Gründen saniert. Diese Anlässe müssen zur energetischen Modernisierung genutzt werden. Rahmenbedingungen müssen so sein, dass sich Eigentümer für Energieeffizienz entscheiden. 7
Sanierungspotenziale im Gebäudebestand. Im Gebäudebestand herrscht Sanierungsstau: Nur 12 % der bestehenden Heizungsanlagen sind auf aktuellem Stand der Technik, viele sogar älter als 20 Jahre, Gebäudehüllen in zahlreichen Gebäuden sind ungedämmt, Fenster sind erneuerungsbedürftig. Soll-Sanierungsrate: Ist-Sanierungsrate: 2,5 % des Gebäudebestandes pro Jahr. 0,9 1,3 % pro Jahr. Aktuell besteht ein erhebliches Potenzial zur Steigerung der Energieeffizienz im Gebäudebestand. Das wirtschaftliche Einsparpotenzial in der Gebäudesanierung wird heute jedoch nur zu etwa 32 % genutzt. 8
Energiekonzept der Bundesregierung. Was sind die Ziele: 2020: Reduzierung Wärmebedarf um 20% 2050: Minderung des Primärenergiebedarfs um 80% Gebäudebestand soll 2050 nahezu klimaneutral sein. Wie soll das erreicht werden? Modernisierungsoffensive für Gebäude Sanierungsfahrplan ab 2020 für Bestandbauten mit moderatem Standard Förderprogramm Energetische Städtebausanierung bei der KfW Vorlage eines Gesetzentwurfs Wärmeliefer-Contracting im Mietrecht (Sofortprogramm) Die Bundesregierung wird für ihre künftigen Neubauten und bei bestehenden Liegenschaften eine Vorbildfunktion bei der Reduzierung des Energieverbrauchs einnehmen. 9
Maßnahmen des Energiekonzepts für den Gebäudebereich I. Ordnungsrecht wird novelliert: bis 2020 sollen EnEV und EEWärmeG im Rahmen der wirtschaftlichen Vertretbarkeit weiterentwickelt werden. beim EEWärmeG soll geprüft werden, ob es stärker technologieoffen gestaltet werden kann. mit der EnEV 2012 wird das Niveau klimaneutrales Gebäude für Neubauten bis 2020 eingeführt (Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie, die bis 2020 Niedrigstenergiegebäude im Neubau verlangt). Sanierungsfahrplan für Bestandsgebäude, sieht ab 2020 eine schrittweise Sanierung von Gebäuden bis 2050 vor zunächst die ineffzientesten Gebäuden sanieren, die in der Regel auch bauphysikalisch saniert werden müssen. Umsetzung für Eigentümer technologieoffen (Hülle, Technik oder erneuerbare Energien) 10
Maßnahmen des Energiekonzepts für den Gebäudebereich II. Förderung wird ausgebaut: Marktanreizprogramm soll mit Mitteln des Energie- und Klimafonds aufgestockt werden CO 2 -Gebäudesanierungsprogramm soll im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten besser ausgestattet werden. Voraussichtlich stehen nach derzeitigem Diskussionsstand für 2011 rund 950 Mio. zur Verfügung (zum Vergleich: 2009 wurden Fördermittel in Höhe von rund 2,2 Mrd. bereitgestellt). haushaltsunabhängige Förderung durch ein Anreizsystem für erneuerbare Wärme wird geprüft. Besteuerung von Energie soll sich stärker an den CO 2 -Emissionen orientieren. Ersatz von Altbauten durch energieeffiziente Neubauten soll durch das CO 2 - Gebäudesanierungsprogramm gefördert werden. steuerliche Anreize zur Förderung der Sanierung werden geprüft 11
Fördererfolge und Entwicklungspfad. Fördererfolge: durch MAP und KfW ausgelöst notwendige Sanierungsrate Sanierungsrate Sanierungsrate bei Förderstopp 2000 2010 2020 12
Staatliche Förderung: 5 Mrd. jährlich notwendig! Ziel: Verdoppelung der Sanierungsrate auf 2 % bedeutet, dass jährlich mindestens 360.000 Gebäude (68 Millionen m² Wohnfläche) saniert werden. Dazu ist ein Fördervolumen von 5 Mrd. jährlich notwendig. Diese Förderung löst das fünf bis sechsfache an Investitionen aus. Förderung entlastet den Staatshaushalt (Einnahmen aus Umsatzsteuer, Lohnsteuer, Sozialbeiträgen und vermiedenen Kosten der Arbeitslosigkeit). Bisherige Strukturen haben sich als sehr tragfähig erwiesen. KfW hat 2009 bereits 2,2 Mrd. Förderung in Form von Krediten und Zuschüssen verwaltet. Durch die Förderung wurden 290.000 Arbeitsplätze geschaffen oder gesichert. Wichtig: Förderung muss langfristig verlässlich sein, um Nachfrage bei Eigentümern zu verstetigen, Handwerk zu Qualifikationen zu motivieren, Industrie und Gewerbe den Aufbau von Kapazitäten zu ermöglichen. 13
Erfahrungen aus dem dena Modellvorhaben Niedrigenergiehaus im Bestand.
Effizienzhaus-Standards in den Markt einführen: Modellvorhaben Niedrigenergiehaus im Bestand. Schrittweise Markteinführung eines hochinnovativen Energiestandards für Bestandsgebäude. Rund 350 Wohngebäude und 100 Schulen und Nicht- Wohngebäude vorbildlich saniert. Ergebnisse des Modellvorhabens relevant für Ausgestaltung der Förderung und Novelle der EnEV. Nachhaltige Erzeugung von Multiplikatoreffekten durch Netzwerke. Know-How-Transfer zu den Zielgruppen, z. B. Planern und Bauherren. Investitionen in Energieeffizienz. 15
Maßnahmen der energetischen Sanierung I. Minimierung der Wärmeverluste Dämmung der Außenwand Dämmung Dach Dämmung Kellerdecke Fensteraustausch Luftdichtheit Minimierung der Wärmebrücken Bauphysik 10 30 cm 20 40 cm 10 20 cm 2- oder 3-Scheiben-WSG Prüfung der bauphysikalischen Situation (insbesondere bei Innendämmung) Qualitätssicherung Blower-Door-Test und Thermografie 16
Maßnahmen der energetischen Sanierung II. Verwendung effizienter Anlagentechnik und erneuerbarer Energien Solarthermie und Brennwerttechnik, Umweltwärme, Biomasse Lüftungsanlage möglichst mit Wärmerückgewinnung zur Vermeidung von Lüftungswärmeverlusten aus 3-fachem Grund: Primärenergieeinsparung durch Wärmerückgewinnung Bauschadensvermeidung durch Reduzierung von Feuchte und damit von Schimmelpilzbildung Nutzwertsteigerung durch konstante Frischluft 17
Energieeinsparung und Klimaschutz durch energetische Sanierung im Modellvorhaben. Faktor 10 Primärenergieeinsparung vorher - nachher Ø 89% Primärenergieunterschreitung im Verhältnis zum EnEV 2009 Neubau Ø 47% Energieeinsparung um Faktor 10 18
Vermietungschancen durch energetische Sanierung im Modellvorhaben. Wohnungsleerstand vor der Sanierung Ø 27% Wohnungsleerstand nach der Sanierung Ø 0,4% 19
Auswertung und wissenschaftliche Begleitforschung Niedrigenergiehaus im Bestand.
Welche energetischen Standards sind in der Breite praxistauglich? Musterlösungen für energetische Modernisierungen im Mietwohnungsbestand. vor 1948 1949 bis 1957: Nachkriegszeit, Wiederaufbau 1958 bis 1968: Wirtschaftswunder, wirtschaftlicher Aufschwung 1969 bis 1978: erste Ergänzungen der DIN 4108 um energetische Mindestanforderungen 21
dena-studie zur Wirtschaftlichkeit der Modellvorhaben: Kostenstruktur bei Sanierung. Vollkosten energetischer Maßnahmen Nicht alle Kosten auf einer Baustelle sind energiebedingt! Ein Teil der Kosten dient dem Erhalt des Bauteils und nicht der Energieeinsparung! 22
dena-studie: Kostendurchschnitt bei energetischen Sanierungen im Mietwohnungsbestand. dena hat Modellvorhaben mit rund 400 hocheffizienten Sanierungen in Wohngebäuden durchgeführt und wissenschaftlich ausgewertet. Einsparung um 70% ( Effizienzhaus 100 ) Einsparung um 80% ( Effizienzhaus 55 ) Vollkosten Energiebedingte Mehrkosten 270 /m² 80 /m² 420 /m² 230 /m² Aussagen, dass energetische Sanierungen 800 1.000 /m² kosten würden, sind falsch! 23
dena-studie: Mieten bei Sanierung auf 80 %-Einsparung. Gebäudetyp: Mehrfamilienhaus bis 1948 1948-1957 1958-1969 1968-1978 Vollkosten je m² 305 468 322 341 warmmietenneutrale Mieterhöhung ( je m 2 und Monat) Notwendige Mieterhöhung* ( je m 2 und Monat) 0,88 1,18 0,83 0,72 0,95 1,25 0,97 0,90 Tatsächliche Mieterhöhung im Modellvorhaben sogar bei durchschnittlich 1,73! Hochwertige energetische Sanierungen auf etwa 70 % Einsparung lassen sich warmmietenneutral umsetzen. Für eine Sanierung auf 80 % Einsparung ist eine Förderung notwendig. * zur Refinanzierung der Investitionen (energiebedingte Mehrkosten) 24
dena-studie: Selbstnutzende Eigentümer und Lebenszykluskosten statt nur Baukosten. Selbstnutzenden Eigentümern kommt die Energiekosteneinsparung unmittelbar zu Gute. Sanierungskosten sind im Vergleich zu den kumulierten Energiekosten gering. Beispielgebäude 70er Jahre unsaniert 100 m² 150 m² Vollkosten (450 /m²) 45.000 67.500 Energiebedingte Mehrkosten (250 /m²) 22.500 37.500 25
Selbstnutzende Eigentümer: Geförderte Sanierung zur 80 %-Einsparung. Maßnahmen: Dämmung, Fensteraustausch Heizungsanlage: Pellets und Solar + Lüftungsanlage Investitionskosten: 68.300 wenn gestrichen Förderung: Marktanreizprogramm (MAP) - 7.400 KfW Energieeffizient Sanieren (Tilgungszuschuss + Zinsverb.) - 10.000 zu finanzieren: 68.300 jährliche Energiekosteneinsparung (Energiepreis 0,07 / kwh): 2.700 Wirtschaftlichkeit (mit Förderung) 17 Jahre Wirtschaftlichkeit (ohne Förderung aus MAP und KfW) 28 Jahre 26
Effizienzhaus-Datenbank: Energieeffizienz sichtbar machen. Gebäudedatenbank mit über 1.000 Beispielen. Vielfältige Such- und Filtermöglichkeiten: postleitzahlengenau. erreichte energetische Qualität. eingesetzte Techniken. erneuerbare Energien. www.zukunft haus.info/effizienzhaus 27
Markttransparenz und Verlässlichkeit: Vom Energieausweis Wichtiges und zentrales Instrument: Schafft Transparenz. Steigert die Nachfrage. Gibt Modernisierungsempfehlungen. Schafft Innovations- und Investitionsanreize. 28
Markttransparenz und Verlässlichkeit: über das dena-gütesiegel Energieausweis. 1. Eigentümer: Vertrauen und Verlässlichkeit. 2. Marktakteure: hochwertige Dienstleistung. 3. Qualität ohne staatlichen Bürokratieaufwand. Qualitätssicherungssystem: Anforderungen an Aussteller. Standards im Verfahren. Plausibilitätsprüfung aller Energieausweise. Stichprobenkontrollen. Gestartet: Juli 2008 29
Effizienzhauslabel Die neue Marke für energieeffiziente Gebäude. dena-siegel Effizienzhaus : Einheitlicher Standard für Neubauten und modernisierte Gebäude. Qualitätsgesicherte Analyse energetisch optimaler Gebäude. Effekte: Klarheit für Verbraucher: Wer Energieeffizienz sucht, achtet auf das Effizienzhaus-Label. Marketinginstrument für Anbieter: klare Positionierung im Markt. Eigentümer: Anreiz zur Nachahmung. 30
Ausblick: dena-aktivitäten im Baubereich 2010 bis 2011. Weiterführung und Auswertung der Projektphasen: 1. bis 2. Projektphase für Nichtwohngebäude 1. bis 4. Projektphase für Wohngebäude Standardisierte Handlungsempfehlungen auch für Einfamilienhäuser und Nichtwohngebäude nach Typengebäuden zu allen Maßnahmen (Details, Schwachstellen und Hinweise zur Steigerung der Ausführungsqualität) Weiterführung der Aktivitäten im Bereich Denkmalschutz (Integration der Expertengruppe Städtebaulicher Denkmalschutz) und Prüfung von Ausnahmen für Förderanträge Vorbereitung neuer Modellvorhaben zur Erreichung des EPBD Vorgaben nearly zero emmission" 31
dena-modellvorhaben Niedrigst-Energiehaus ab 2011. Sehr gute Gebäudehülle Dämmung Dach 25 40 cm, U-Werte unter 0,1 W/m²K Dämmung Wand 20 30 cm, U-Werte unter 0,12 W/m²K Dämmung Grund 16 25 cm, U-Werte unter 0,12 W/m²K Fenster mit 3-Scheiben-Glas, U W -Werte unter 0,8 W/m²K Lückenlose Dämmschicht Luftdichtigkeitsschicht Blowe-Door-Test (n 50 < 0,6 h-1) Gut geplante, gedämmte und berechnete Wärmebrücken Zu- und Abluftanlage mit WRG Effiziente Gebäudetechnik und Nutzung erneuerbarer Energie Qualitätssicherung Planen und Bauen Energetische Anforderungen werden bis Ende 2010 entwickelt Plusenergie durch Photovoltaik? 32
Effizienz entscheidet.