Tag der offenen Tür, 9. Oktober 2004 Psychiatrie erleben und verstehen Depression erkennen und behandeln Klaus-Thomas Kronmüller Psychiatrische Universitätsklinik Heidelberg
Traurigkeit ist nicht gleich Depression Erst eine bestimmte Konstellation von Symptomen, in einer bestimmten Intensität und von einer bestimmten Dauer verwandeln das normale menschliche Erleben in etwas Krankhaftes
Depression - was ist das? Depression ist eine Erkrankung des gesamten Körpers, die behandelt werden muss und erfolgreich behandelt werden kann Neben dem Denken sind die Gefühle, das Verhalten, der Umgang mit anderen Menschen und auch viele Körperfunktionen betroffen
Epidemiologie Lebenszeit-Prävalenz Major Depression 10-25% Frauen 5-12% Männer 6-Monats-Prävalenz (DEPRES-Studie) Major Depression 17,0% Minor Depression 1,8% Subsyndromale Depression 8,3%
Diagnostische und therapeutische Lücke Depressive Person Selbstbehandlung (40%) Sucht medizinische Hilfe (60%) Diagnose Depression (50%) Unerkannte Depression (50%) Spezifische Behandlung (50%) Keine spezifische Behandlung (50%)
Wie wird eine Depression diagnostiziert?
Leitsymptome der Depression Verstimmung Interessenverlust Antriebstörung Ich kann mich über nichts mehr freuen Ich kann mich zu nichts aufraffen
Kriterien für eine Depressive Episode A Über 2 Wochen mindestens 5 der folgenden Symptome: Verstimmung Interessenverlust Gewichtsverlust Schlafstörung Psychomotorische Hemmung oder Unruhe Energieverlust Schuldgefühle und Wertlosigkeit Denk- und Entscheidungshemmung Todesgedanken B Erhebliche Beeinträchtigung der sozialen Anpassung C Keine Schizophrenie, keine Trauerreaktion, keine organische Ursache
Depressive Episode: Symptomgruppen Psychische Symptome Somatische Symptome Gedrückte Stimmung Vitalstörungen Freudlosigkeit Schlafstörungen Interessenverlust Appetitmangel Negatives Selbstbild Gewichtsabnahme Negative Gedanken Antriebsverlust Entschlussunfähigkeit Kraftlosigkeit, Erschöpfung Gedächtnis- und Libidoverlust Konzentrationsstörungen
10 Schlüsselfragen zur Depression - Können Sie sich noch an etwas freuen? - Haben Sie noch Interesse an etwas? - Neigen Sie vermehrt zum Grübeln? - Haben Sie eine schlechte Meinung von sich, machen Sie sich Vorwürfe? - Haben Sie das Gefühl, das Leben sei sinnlos geworden? - Wären Sie manchmal lieber nicht mehr am Leben? - Fühlen Sie sich grundlos müde, erschöpft, antriebslos? - Spüren Sie Schmerzen, Enge- oder Druckgefühle am Körper? - Haben Sie Schlaf-, Appetitstörungen? - Haben Sie Schwierigkeiten in sexueller Hinsicht?
Wie entsteht eine Depression?
Vulnerabilitäts-Stress-Kompetenz- Modell der Depression Belastende Lebensereignisse chronische Belastungen Verletzbarkeit Depression Schützende Faktoren Ressourcen
Vulnerabilitäts-Stress-Kompetenz- Modell der Depression Genetische Faktoren Alkohol Drogen Medikamente Persönlichkeit Verletzbarkeit Körperliche Erkrankungen Familie Beruf Freizeit Erziehung Lebensgeschichte
Wie wird eine Depression behandelt?
Wie wird eine Depression behandelt? Depressionen sind gut behandelbare Erkrankungen aber die Behandlung braucht Zeit und Geduld!
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Behandlungsansätze der Depression Medikamente Belastende Lebensereignisse Chronische Belastungen Verletzbarkeit Depression Psychotherapie Soziotherapie Schützende Faktoren Ressourcen
Wie wird eine Depression behandelt? Leichte Depression Schwere Depression eher ambulamt eher stationär Pharmakotherapie oder Psychotherapie Pharmakotherapie und Psychotherapie
Geschichte der Depressionsbehandlung Opium TZA MAOI SSRI RIMA DSA SNaRI 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 EKT SE Li TMS
Die Depressionsapotheke
Akut-, Erhaltungstherapie und Rückfallvorbeugung Wochen Monate Jahre Antidepressiva Antidepressiva Antidepressiva/Phasenprophylaktika Zeit (Monate) Akutbehandlung Erhaltungstherapie Rückfallvorbeugung Depressionstiefe unbehandelter Depressionsverlauf behandelter Depressionsverlauf
Phasen der stationären Akutbehandlung Durchschnittliche Dauer von 4 bis 8 Wochen 1. Phase Diagnostische Abklärung Ausschluss organ. Ursachen 2. Phase Antidepressive Medikation, stützende Gespräche 3. Phase Zusätzlich: Psychotherapie, Soziotherapie 4. Phase Zusätzlich: Belastungserprobung Rückfalltraining Phasenprophylaxe
Was kann ich als Partner, Angehöriger oder Freund tun? über die Krankheit offen sprechen über mögliche Suizidgedanken offen sprechen Probleme ernst nehmen den Kranken nicht überfordern versuchen zu helfen, ohne zu bevormunden helfen, den Tagesablauf zu gestalten und zu strukturieren Geduld mit dem Kranken und mit mir selbst haben Aktivitäten des Patienten lobend aufgreifen gemeinsame Aktivitäten anregen echt bleiben und auch negative Gefühle zulassen wenn nötig, selbst Hilfe in Anspruch nehmen Aber das ist leichter gesagt als getan.