Stärkt das Internet den Wettbewerb oder die Monopolbildung?



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Transkript:

Google, Facebook & Co: Stärkt das Internet den Wettbewerb oder die Monopolbildung? Prof. Dr. Justus Haucap Düsseldorf Institute for Competition Economics (DICE) Kronberger Kreis Berlin, 26. Oktober 2015

Wettbewerbswirkungen des Internets Erster Effekt: Durch das Internet intensiviert sich tendenziell der Wettbewerb in vielen Bereichen. Preis- und Produktvergleiche werden tendenziell einfacher. Die Märkte werden durch Online-Angebote größer. Aber: Befördert das Internet zumindest langfristig auch eine Monopolisierung oder zumindest wachsende Konzentration? Anders gefragt: Dominieren am Ende die Langfristeffekte über die kurzfristige Wettbewerbsbelebung? Antwort: Das Kartellrecht kann den Wettbewerb sichern, auch wenn es Anpassungsbedarf für das Kartellrecht gibt. Falsche Strategie: Neue Geschäftsmodelle in altes Recht pressen zu wollen. Professor Dr. Justus Haucap 2

Spezialfall Medien (I) Informationen und Meinungen sind heute im Internet verfügbar, Markteintrittsbarrieren sehr gering (Folge: the long tail ). Das Mediennutzungsverhalten der Verbraucher ändert sich. Folge: Die Vermarktung gebündelter Inhalte wird schwieriger, da es einfacher wird, Inhalte aus unterschiedlichen Quellen zusammenzutragen. Anders ausgedrückt: Der Mehrwert der Bündelung, der Komposition und der Vorauswahl von Inhalten nimmt ab, Entbündelung durch die Leser Verbraucher stellen sich ihre Inhalte selbst aus verschiedenen Quellen zusammen: Politik vom Spiegel/FAZ, Sport von kicker.de, Wirtschaft vom Handelsblatt, Musikrezensionen vom Amazon. Informationsprodukte sind grenzkostenlos mehrnutzbar je weniger differenziert/einzigartig ein Inhalt ist, desto eher geht der Preis gegen null. Professor Dr. Justus Haucap 3

Spezialfall Medien (II) Das Alleinstellungsmerkmal für viele Zeitungen sind die regionalen Inhalte. Früher Kauf von Berliner Zeitung, NOZ, RP etc. wegen regionaler Inhalte, der Rest kam gleich mit. Für viele Presseerzeugnisse wird das Geschäft auf dem Lesermarkt daher zunehmend schwieriger (Auflagen seit Jahren rückläufig). Dasselbe gilt für den Anzeigenmarkt: Viele Anzeigen sind ins Internet abgewandert. Bezahlmodelle sind durchsetzbar für Presse mit einzigartigen Inhalten, aber nicht zwangsläufig das profitabelste Modell. Plus: Öffentlich-rechtliche (Telemedien)-Angebote. Professor Dr. Justus Haucap 4

Pressefusionskontrolle Rezipierbare Meinungsvielfalt durch das Internet nimmt drastisch zu. Markteintrittsbarrieren in den Markt der Meinungen nehmen ab. Klare Substitutionsbeziehungen auf der Anzeigenseite des Marktes mit Ausnahme von Familienanzeigen. Vermutung, dass es bei regionalen Tageszeitungen zu potenziellen Markteintritt aus benachbarten Kreisen kommen könnte, um aus einem sog. Ein-Zeitungskreis einen Zwei-Zeitungskreis werden zu lassen, erscheint in einem schrumpfenden Markt ziemlich unwahrscheinlich. Allgemein: Mediennutzungsverhalten ändert sich. Professor Dr. Justus Haucap 5

Implikationen für den Rundfunk Brauchen wir immer noch den teuersten öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Welt? Brauchen wir den auch noch, wenn wirklich niemand mehr zusieht und auch der letzte ZDF-Zuschauer verstorben ist? Oder sollten die öffentlich-rechtlichen Anbieter, dann kostenlose Inhalte für (amerikanische) Plattformen wie Youtube, Netflix etc. produzieren? Die Begründungskette für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk werden zumindest in diesem Ausmaß ganz schwach: die sog. Lead-in bzw. Carry-over -Theorien werden noch dürftiger. Professor Dr. Justus Haucap 6

Allgemeine Fragen für das Kartellrecht Personalisierte Preise werden erheblich zunehmen (Preisdifferenzierung) das hat erhebliche Konsequenzen für (a) Verbraucherschutz und (b) die kartellrechtliche Marktabgrenzung. Datenschutzanliegen können nicht sinnvoll durch Kartellbehörden adressiert werden Rolle des Datenschutzes in der Fusionskontrolle? Wie lässt sich ein etwaiges Spannungsfeld von Datenschutz und Wettbewerb auflösen, insbesondere wenn bestimmte Daten essentiell für die Teilnahme am Wettbewerb sind? Der Portierung/Interoperabilität von Daten sind klare technische und rechtliche Grenzen gesetzt. Professor Dr. Justus Haucap 7

Literaturhinweise Haucap, J. (2015), Ordnungspolitik und Kartellrecht im Zeitalter der Digitalisierung, DICE Ordnungspolitische Perspektiven Nr. 77, https://ideas.repec.org/p/zbw/diceop/77.html Hamelmann, L. & J. Haucap (2015), Kartellrecht und Wettbewerbspolitik für Online-Plattformen, DICE Ordnungspolitische Perspektiven Nr. 78, https://ideas.repec.org/p/zbw/diceop/78.html Haucap, J. (2015), Ökonomie des Teilens nachhaltig und innovativ? Die Chancen der Sharing Economy und ihre möglichen Risiken und Nebenwirkungen, Wirtschaftsdienst 95, 91-95. Haucap, J. & U. Heimeshoff (2014), Google, Facebook, Amazon, ebay: Is the Internet Driving Competition or Market Monopolization?, International Economics and Economic Policy 11, 49-61. Haucap, J. & C. Kehder (2013), Suchmaschinen zwischen Wettbewerb und Monopol: Der Fall Google, in: R. Dewenter, J. Haucap & C. Kehder (Hg.), Wettbewerb und Regulierung in Medien, Politik und Märkten: Festschrift für Jörn Kruse zum 65. Geburtstag, Nomos-Verlag: Baden-Baden 2013, S.115-154. Haucap, J. & T. Wenzel (2011), Wettbewerb im Internet: Was ist online anders als offline?, Zeitschrift für Wirtschaftspolitik 60, 200-211. Professor Dr. Justus Haucap 8

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Prof. Dr. Justus Haucap Düsseldorf Institute for Competition Economics (DICE) Universitätsstraße 1 40225 Düsseldorf www.dice-consult.de haucap@dice.hhu.de Twitter: @haucap und @DICEHHU 9