Die Gefahr des Rückzugs stromintensiver Industrien aus Deutschland als Folge der Energiewende? Ulf Gehrckens Senior Vice President Corporate Energy Affairs Aurubis AG 3. Oktober 2013, Sylt 1
Kupfer, ein Produkt mit hoher Handelsintensität und weltweit einheitlichen Börsenpreisen Kupferbedarf nach Regionen 2011 (in Mio. t) Kupferüberschuss / -defizit 2,0-0,7 3,3-0,5 0,7 +0,7-4,0 12,6 0,9 +3,2 +0,7 0,3 0,1 +0,4 Gesamtbedarf 2011e: 19,9 Mio. t Weltproduktion 2011e: 19,7 Mio. t Quelle: Wood Mackenzie Dec 2011 2
Kupfer, das Energiewendemetall Kupferinhalt einer Windturbine (Repower 5M) Umrichter und Trafo Generator Azimutantriebe Blitzschutz Mittelspannungskabel Rotorblätter Sonstige Bauteile Summe 5.000 kg 2.400 kg 200 kg 100 kg 400 kg 120 kg 75 kg 8.295 kg» Eine hohe Verwendung von Kupfer erfolgt in Wind-turbinen, insbesondere in modernen Turbinen mit hochpoligen Generatoren» Zusätzlicher Kupfereinsatz in Offshore-Windparks (hauptsächlich Kabel) verdoppelt den spezifischen Kupfereinsatz Neben den Windmühlen benötigen auch Solarzellen, der Netzausbau, E-Mobilität und E-Effizienz hauptsächlich Kupfer. 3
Klare Benachteiligung der deutschen Industrie bei den Strompreisen Vergleich der Industrie-Strompreise (in /MWh inkl. Netz)» Lokale Mehrkosten können nicht an Kunden weitergegeben werden (Börsenpreisprodukt Kupfer)» Obwohl die reinen Strombörsenpreise in Europa auf ähnlichem Niveau liegen, besitzt die Industrie in den anderen Ländern Sonderkonditionen Quelle: KPMG 2012 4
Stromkostenanstieg bedroht die energieintensive Industrie Situation Aurubis Konzern (in Mio. ) Reales Risiko für 2013: Entlastungen sollen von Effizienzsteigerungen abhängig werden Aurubis ist bereits sehr effizient und hat kaum noch Potential: Entlastung entfällt? +? Neue Belastungen (Effizienzabgaben, Offshoreanbindung etc.) Stromsteuer CO 2 -Belastungen EEG Stromkosten 37,0 91,1 1,0 7,8 4,0 30 25 60 78,3 90 205 Der Differenzbetrag schwächt die Industrie und steht nicht mehr zur Verfügung für:» Wachstum» Investitionen in Entwicklung, Technik, Umweltschutz, Energieeffizienz» Mitarbeiter-Beteiligungen» Krisenbewältigung / Rücklagen» Investoren Stromkosten 2000 Stromkosten 2010 Stromkosten Vorschau 2013 ohne Kompensation oder Sonderregelungen 30% unsere Stromverbrauchs investieren wir in den Umweltschutz
Kompensation der indirekten CO 2 -Kosten Das Bild kann zurzeit nicht angezeigt werden. verfehlt das Ziel! Gefährdung Carbon Leakage Grad der Kompensation» Aktuelle Beihilferichtlinie zur Kompensation der indirekten CO 2 -Kosten verfehlt das Ziel, Carbon Leakage in der Kupferindustrie zu verhindern, wenn der CO 2 - Preis wieder steigt 80% aid intensity 80% Fall-Back- Reduktionsfaktor Produktionsschwankungen (historische Strommengen) Im Ergebnis nur halbe Kompensation Source: Brook Hunt 2006 Die von Deutschland zugesagte 100%ige Kompensation der CO 2 -Kosten im Strompreis wird durch die europäische Beihilferichtlinie im Ergebnis für die Kupferindustrie nur zu 55% wirksam. 6
Verschiebung der Merit-Order (Angebotskurve) durch den Anstieg der EE und die dadurch auftretenden Folgeeffekte» 25% der heutigen Strommenge kommen aus erneuerbaren Energien» Steinkohle- statt Gaskraftwerk weltweit preisbildend Quelle: Solarenergie-Förderverein Deutschland e.v. (SFV). Problem ist nicht der EEX-Preis, sondern die lokalen, künstlichen Aufschläge wie EEG, KWKG, Ökosteuer etc. 7
Vergleich Erdgaspreis Deutschland (NCG) und USA (Henry Hub)» Gaspreis in den USA ca. 1/3 im Vergleich zu Deutschland» Strompreis ungefähr ½ Tochter in Buffalo Shale-Gas und Shale-Oil bescheren den amerikanischen Firmen ungleich niedrigere Energiepreise. 8
Gesicherte Kraftwerksleistung stark reduziert (beschleunigte deutsche Energiewende) Wind Solar installierte elektrische Kapazität ~ 95 Laufwasserkraft, Biomasse ~5 Pumpenspeicher ~5 ~2 0 Kontroll- / Ausgleichskraft regelmäßig + unregelmäßig nicht verfügbar ~7 ~10 Stilllegung von 8 AKW (2011) gesicherte Kapazität ~8,4 < 82 garantierte elektrische Kapazität (unabhängig vom Wetter) ~80 mittelfristig benötigt Maximallast konventionelle Kraftwerke installierte elektrische Kapazität der 9 übrigen AKWs (Stilllegung bis 31.12.2022) 12 Dena-Studie 08.2012: Neben den AKWs werden die meisten Kohl-, Gas- und Ölkraftwerke bis 2050 abgeschaltet. Um die gesicherte Grundlastkapazität zu erhalten, müssen neue fossile Kraftwerke mit einer Kapazität von 49 Gigawatt zum größten Teil bis 2020 und bis spätestens 2030 gebaut werden Quelle: RWE, Dr. Hans-Wilhelm Schiffer, ergänzt um verbleibende AKW-Leistung 9
Zukünftige Herausforderungen bei der Versorgungssicherheit» Neues Marktmodell: vom reinen Energiemarkt zum Kapazitätsmarkt?» Kraftwerkkapazitäten» In Deutschland werden neben den AKWs die meisten Kohl-, Gas- und Ölkraftwerke bis 2050 abgeschaltet. Um die gesicherte Grundlastkapazität zu erhalten, müssen neue fossile Kraftwerke mit einer Kapazität von 49 Gigawatt zum größten Teil bis 2020 und bis spätestens 2030 gebaut werden» Schnelle Entwicklung erneuerbarer Energien» Neue Übertragungsleitungen und lokales Netz benötigt» Instabiles Netz (Blackout) Quelle: NEP 2012, Stand: August 2012,» Energieknappheit www.netzentwicklungsplan.de Große gleichmäßige Stromverbraucher leisten Ihren heute dringend notwendigen Beitrag zur Frequenz- und Spannungsstabilität sowie der Kurzschlussfestigkeit und Regelfähigkeit. Daher ist die Befreiung von den Netzentgelten mehr als gerechtfertigt, wird aber durch die Gesetzgebung infrage gestellt. 10
Zusammenfassung» Die Entlastungen von den Aufschlägen auf Strom in Deutschland sind keine Subventionen, wie die Beihilferechtsprüfung/Klage nahelegt. Die Entlastungen sind notwendig, damit die hiesigen politisch erzeugten Mehrkosten die internationale Wettbewerbsfähigkeit nicht weiter beeinträchtigen. Denn bei börsennotierten Produkten wie Kupfer können lokale Mehrkosten nicht an den Kunden weiter gegeben werden.» Netzstabilisierende Wirkung der kontinuierlichen und gleichmäßigen Stromabnahme muss als individueller Beitrag zur Netzentlastung (physikalische Komponente) bei der Ermittlung des reduzierten Netzentgeltes maßgeblich sein!» RNK ist ein Relikt aus VV2 und verhindert, dass vorgegebene Rabattierung überhaupt erreicht werden kann.» CO 2 -Kosten im Strompreis werden in der Kupferindustrie nur noch zur Hälfte kompensiert, daher ist Backloading Gift für Investitionen. Das Drohpotenzial deutscher Zusatzkosten auf einem ohnehin doppelt so hohen Strompreis wie in den USA, verbunden mit Netzstabilitätsrisiken führt sicher zu Investitionsentscheidungen aus Deutschland heraus. 11
Internationale Wettbewerbsfähigkeit erhalten! 12
Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit! Ulf Gehrckens Senior Vice President Corporate Energy Affairs www.aurubis.com