Alles tot geregelt im Medizinprodukterecht? Was möchte der Gesetzgeber erreichen? Was riskiere ich bei Nichtbeachtung?



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Transkript:

Alles tot geregelt im Medizinprodukterecht? Was möchte der Gesetzgeber erreichen? Was riskiere ich bei Nichtbeachtung? Ein Vortrag von Dipl.-Ing. Thomas J. Pleiss, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für medizinisch-technische Geräte Sachverständigenbüro Pleiss ~ Im Schneckenbangert 35 ~ 55263 Wackernheim ~ Tel.: (06132) 657448 ~ Fax.: (06132) 56852 ~ E-Mail: thomas@pleiss.de ~ Internet: www.pleiss.de 1

Medizinprodukterecht 1 Europäische Grundlagen sind die EG-Richtlinien Das MPG ändert sich mit den EG-Richtlinien Vortrag bei der IHK in Saarbrücken am 7. Oktober 2015 2

Medizinprodukterecht 2 Europäische Grundlagen EG-Richtlinien - Aktive implantierbare medizinische Geräte (Richtlinie 90/385/EWG) - Medizinprodukte (Richtlinie 93/42/EWG) - In-vitro-Diagnostika (Richtlinie 98/79 EG) - Neuklassifizierung von Brustimplantaten (Richtlinie 2003/12/EG) - Neuklassifizierung von Gelenkersatz (Richtlinie 2005/50/EG) EG-Leitlinien - Klassifizierung von Medizinprodukten - Beobachtungs- und Meldesystem - Auditierung von Qualitätssystemen von Medizinprodukte-Herstellern Ergänzende Europäische Unterlagen - Neue Konzeption auf dem Gebiet der technische Harmonisierung und Normung - Gesamtkonzept für die Konformitätsbewertung - Module für die Konformitätsbewertung Vortrag bei der IHK in Saarbrücken am 7. Oktober 2015 3

Medizinprodukterecht 3 Gesetzliche Grundlagen Medizinproduktegesetz Medizinprodukte - Verordnung Medizinprodukte - Sicherheitsplan - Verordnung Medizinprodukte - Vertriebswege - Verordnung Medizinprodukte - Abgabe - Verordnung Medizinprodukte - Verschreibungspflicht - Verordnung Medizinprodukte - klinische Prüfungen - Verordnung Medizinprodukte - Betreiber - Verordnung (MPG) (MPV) (MPSV) (MPVertrV) (MPAV) (MPVerschrV) (MPKPV) (MPBetreibV) Vortrag bei der IHK in Saarbrücken am 7. Oktober 2015 4

Medizinprodukterecht 4 Basis der EG-Richtlinien ist das Neue Konzept Jedes Medizinprodukt (MP) muss grundlegende Anforderungen erfüllen! Nachgewiesen werden muss: Die Sicherheit Die technische Leistung Die medizinische Leistung Daraus ergeben sich Anforderungen an: - Den Hersteller eines Medizinproduktes - An jedes einzelne Medizinprodukt Vortrag bei der IHK in Saarbrücken am 7. Oktober 2015 5

MPG 1 Die EG-Richtlinien für Medizinprodukte werden mit dem MPG in deutsches Recht umgesetzt! Medizinproduktegesetz seit 02.08.1994 In der heutigen Fassung ist das MPG gültig seit 21.07.2014 durch diverse Änderungen im Gesetzestext, die in der Regel auf Änderungen in den EG-Richtlinien beruhen. Verstöße gegen das MPG werden mit Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr geahndet. Vortrag bei der IHK in Saarbrücken am 7. Oktober 2015 6

MPG 2 Die letzte Änderung des MPG war am 21. Juli 2014: Das MPG besteht aus 9 Abschnitten und ist unterteilt in 1 bis 44: 1. Abschnitt Zweck, Anwendungsbereich des Gesetztes, Begriffsbestimmungen 2. Abschnitt Anforderungen an Medizinprodukte und deren Betrieb 3. Abschnitt Benannte Stellen und Bescheinigungen 4. Abschnitt Klinische Bewertung, Leistungsbewertung, klinische Prüfung, Leistungsbewertungsprüfung 5. Abschnitt Überwachung und Schutz vor Risiken 6. Abschnitt Zuständige Behörden, Rechtsverordnungen, sonstige Bestimmungen 7. Abschnitt Sondervorschriften für den Bereich der Bundeswehr 8. Abschnitt Straf- und Bußgeldvorschriften 9. Abschnitt Übergangsbestimmungen Vortrag bei der IHK in Saarbrücken am 7. Oktober 2015 7

MPG 3 Zulassungsverfahren für MP nach 5 bis 11 MPG Grundlage sind diverse EG-Richtlinien Keine behördliche Zulassung, jedoch eine behördliche Überwachung z.b. muss der Hersteller als Verantwortlicher für das erstmalige Inverkehrbringen eines MP nachweisen: 1. Zusammenarbeit mit einer Benannten Stelle (z.b. TÜV als Zertifizierer) 2. Vollständiges Qualitätssicherungssystem auch für - Produkt - Produktion - Prüfung 3. Qualitätssicherungssystem mit Zulassung und Überwachung 4. Produkt Prüfung 5. EG-Baumusterprüfung durch Benannte Stelle Vortrag bei der IHK in Saarbrücken am 7. Oktober 2015 8

MPBetreibV 1 Medizinprodukte-Betreiber-Verordnung (MPBetreibV) Veröffentlichung: Die MPBetreibV trat am 29.06 1998 in Kraft (Bundesgesetzblatt I Seite 1762) Erste Änderung: 21.08.2002 (Bundesgesetzblatt I Seite 3396) Letzte Änderung: 11.12.2014 (Bundesgesetzblatt I Seite 2010, 2072) Verstöße gegen die MPBetreibV werden mit Geldbußen bis zu 25.000,- geahndet. Vortrag bei der IHK in Saarbrücken am 7. Oktober 2015 9

MPBetreibV 2 Medizinprodukte-Betreiber-Verordnung (MPBetreibV) Aufbau: Besteht aus 6 Abschnitten (18 Paragraphen plus 3 Anlagen) 1. Abschnitt Anwendungsbereich und allgemeine Vorschriften 2. Abschnitt Spezielle Vorschriften für aktive Medizinprodukte 3. Abschnitt Medizinprodukte mit Messfunktionen 4. Abschnitt Vorschriften für die Bundeswehr 5. Abschnitt Ordnungswidrigkeiten 6. Abschnitt Übergangs- und Schlussvorschriften Vortrag bei der IHK in Saarbrücken am 7. Oktober 2015 10

MPBetreibV 3 Medizinprodukte-Betreiber-Verordnung 1 Anwendungsbereich (für alle MP) Die Verordnung gilt für Errichten, Betreiben, Anwenden und Instandhalten von MP nach 3 MPG, nicht für MP zur klinischen Prüfung oder Leistungsbewertungsprüfung und nicht für den Privatbereich. Vortrag bei der IHK in Saarbrücken am 7. Oktober 2015 11

Weitere wichtige Gesetze und Verordnungen Neben dem MPG und der MPBetreibV haben wir noch weitere Gesetze und Verordnungen im Bereich der Medizinprodukte zu beachten, zum Beispiel: BGB UVV Allgemein anerkannte Regeln der Technik Arbeitsschutzgesetze Strahlenschutzverordnung Röntgenverordnung Strahlenschutzvorsorgegesetz Chemikaliengesetz Arzneimittelgesetz Gefahrstoffverordnung Richtlinien der Bundesärztekammer zu Qualitätssicherung in medizinischen Laboratorien Vorschriften zum Datenschutz Eichgesetz / Eichordnung etc. Vortrag bei der IHK in Saarbrücken am 7. Oktober 2015 12

Rückblick Am 14. Januar 1985 wurde mit Veröffentlichung im BGBl Seite 93 die Medizingeräte-Verordnung (MedGV) verabschiedet. Der Text der MedGV ersteckte sich über sieben DIN A4-Seiten und enthielt alle relevanten Regelungen zum Umgang mit medizin-technischen Geräten. Heute umfasst das MPG und die MPBetreibV einen Umfang von mehr als 63 Seiten: Textlicher Zuwachs um das fast 10-fache! Vortrag bei der IHK in Saarbrücken am 7. Oktober 2015 13

Ziel der gesetzlichen Regelungen Die Ziele, welche der Gesetzgeber mit dem Erlassen der Regelungen im MPG / in der MPBetreibV erreichen will, sind wie folgt zusammengefasst zu beschreiben: - Es sollen nur sichere und geprüfte Medizinprodukte auf den Markt kommen - Die Instandhaltung soll klar geregelt werden - Die Medizinprodukte sollen in der Handhabung sicher sein - Patientenschäden sollen weitestgehend vermieden werden Vortrag bei der IHK in Saarbrücken am 7. Oktober 2015 14

Schlusswort Vielen Dank für Ihr Zuhören! Ich wünsche Ihnen noch weitere interessante Vorträge und Gespräche im Rahmen dieser IHK-Veranstaltung und stehe Ihnen für Fragen auch in der anschließenden Podiumsdiskussion gern zur Verfügung. Vortrag bei der IHK in Saarbrücken am 7. Oktober 2015 15