Demenzkranke Menschen als Kunden Tipps für den Umgang

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Transkript:

Schweizerische Alzheimervereinigung Demenzkranke Menschen als Kunden Tipps für den Umgang In der zahnmedizinischen Praxis

In Ihrem beruflichen Alltag können Sie es mit Menschen zu tun haben, die an einer Demenz erkrankt sind. Es ist wichtig, die Anzeichen einer solchen Krankheit zu erkennen und zu wissen, wie man mit demenzkranken Menschen am besten umgeht, um Schwierigkeiten und Missverständnisse zu vermeiden. Diese Broschüre enthält allgemeine Informationen, auf dem Beiblatt gibt s Tipps für Ihren beruflichen Alltag. Als Demenz bezeichnet man eine Erkrankung, bei der mehrere Hirnfunktionen gestört sind. Bei allen Demenzformen ist das Erinnerungsvermögen beein - trächtigt und zudem mindestens noch ein weiterer Bereich wie Sprache, Handeln, Erkennen von Menschen oder Gegenständen, Planen und Organisieren von alltäglichen Dingen. Von einer Demenz spricht man dann, wenn eine betroffene Person bei ihren Aktivitäten des täglichen Lebens eingeschränkt ist. Anzeichen Folgende Einschränkungen können sich bemerkbar machen: Der demenzkranken Person fällt es immer schwerer, neue Dinge zu lernen oder sie sich zu merken. Sie hat Mühe mit dem Sprechen, weil sie die richtigen Wörter nicht mehr findet. Sie erkennt Gegenstände, Menschen und Orte nicht mehr. Früher problemlos erledigte Handlungen gelingen nicht mehr. Die demenzkranke Person hat Schwierigkeiten im Umgang mit Geld sowie mit der örtlichen und zeitlichen Orientierung. Sie kann sich nicht mehr der Jahresoder Tageszeit gemäss kleiden. Sie handelt oder entscheidet ungewöhnlich. Das Planen und Organisieren des Alltags bereitet ihr Mühe. Sie vernachlässigt ihr Äusseres und ihre Körperpflege. Sie zieht sich zurück oder wirkt antriebslos.

Verlauf Demenzkrankheiten werden in die Phasen «leicht», «mittelschwer» und «schwer» eingeteilt. Von einer leichten Demenz spricht man, wenn die genannten Einschränkungen wenig ausgeprägt sind und aktuelle Ereignisse oder neue Informationen vergessen werden die zeitliche und örtliche Orientierung beeinträchtigt sind die tägliche Lebensführung nicht mehr ohne Fehler bewältigt werden kann. In diesem Stadium sind viele Menschen mit Demenz depressiv und ziehen sich zurück. Sie leben zu Hause, manchmal sogar allein, und sind auf punktuelle Hilfe angewiesen. Bei einer mittleren Demenz sind die oben genannten Fähigkeiten stark gestört. Weiter können in diesem Stadium Verhaltensstörungen auftreten wie Angst, Unruhe, Ruhelosigkeit und Umherwandern Aggression und Wut, Überreaktion und Panik Wahnvorstellungen und Halluzinationen Depression, Rückzug und Stimmungsschwankungen Misstrauen, Weglaufen. Die demenzkranken Menschen können in diesem Stadium noch zu Hause leben und brauchen täglich Hilfe. Der Verlust der intellektuellen und verhaltensmässigen Fähigkeiten sowie Bewegungsstörungen und eine mögliche Inkontinenz sind Zeichen für eine schwere Demenz. In diesem Stadium sind viele Menschen völlig pflegeabhängig, die meisten leben in Pflegeheimen. Häufigkeit und Ursachen In der Schweiz leben über 116 000 Menschen mit Demenz*, jedes Jahr kommen weitere 28 000 Erkrankte hinzu. Viele Ursachen können für eine Demenz verantwortlich sein. Eine wichtige Rolle spielt das Alter: Das Demenzrisiko ist vor dem 60. Lebensjahr äusserst gering, verdoppelt sich danach aber alle fünf Lebensjahre. Von den 70 79jährigen Personen sind rund 5 7 % an einer Demenz erkrankt, von den 80 90jährigen etwa 12 25 % und bei den über 90jährigen betrifft es jede dritte Person. Zu den häufigsten Demenzformen zählen die Alzheimerkrankheit und die vaskuläre Demenz. Demenz ist heute noch nicht heilbar. * Bevölkerungsstatistik 2013 und Schweizerische Alzheimervereinigung: Eckdaten

Schweizerische Alzheimervereinigung Alzheimer-Telefon: 024 426 06 06 Das Alzheimer-Telefon gibt Ihnen Auskunft und berät Sie zu allen Fragen rund um Demenzerkrankungen. Deutsch, Französisch, Italienisch Mo durchgehend 8 19 Uhr, Di bis Fr 8 12 und 14 17 Uhr Auf www.alz.ch finden Sie: weiterführende, wertvolle Informationen einen Shop zum Bestellen vieler Gratisbroschüren und Infoblätter zu zahlreichen Aspekten des Lebens mit einer Demenz alle Adressen der kantonalen Sektionen der Schweizerischen Alzheimervereinigung Selbstverständlich können Sie auch Mitglied werden per Anruf oder online. Redaktion: Heike Gieche / Grafik: Doris Grüniger, Buch und Grafik Fotos v.l.n.r: Schweizerische Alzheimervereinigung, Fotolia Kantonspolizei Waadtland, plainpicture/folio Images Schweizerische Alzheimervereinigung, Yverdon-les-Bains, 2015 Schweizerische Alzheimervereinigung Rue des Pêcheurs 8E 1400 Yverdon-les-Bains Tel. 024 426 20 00 Fax 024 426 21 67 info@alz.ch www.alz.ch

Menschen mit Demenz als Patienten: In der zahnmedizinischen Praxis Viele Menschen mit Demenz leben ohne Diagnose und adäquate medizinische Betreuung. Selbst bei vorliegender Diagnose wird das zahnmedizinische Team in der Regel nicht in die Betreuung der Betroffenen einbezogen, obwohl eine Demenz Mundhygiene und infolgedessen Mundgesundheit rasch beeinträchtigt. Es ist für Sie als Zahnarzt wichtig, kognitive Defizite und Anzeichen einer Demenz frühzeitig zu erkennen. Nur so können Sie diagnostische und therapeutische Fehlentscheide vermeiden, orale Erkrankungen frühzeitig behandeln und die Mundgesundheit trotz Krankheit erhalten. Veränderungen, auf die Sie achten können Fähigkeiten, die beeinträchtigt sein können Erscheinungsbild: negative Veränderungen in Kleidung oder Körperpflege. Verhalten: Umständlichkeit, motorische Unruhe, Teilnahmslosigkeit, Verwirrung, Angst, Wahnvorstellungen, die nicht situationsgerecht auftreten. Zeitliche und räumliche Orientierung: aktueller Wochentag nicht bekannt, erscheint nicht zum vereinbarten Zeitpunkt, findet sich in der vertrauten Praxis nicht zurecht. Gedächtnis: Merkfähigkeit von Informationen oder Instruktionen. Erkennen, Verständnis von bekannten oder neuen Gebrauchsgegenständen. Planung und Durchführung von Handlungen wie Handhabung von Zahnersatz oder Mundhygienemassnahmen. Gleichzeitige Ausführung mehrerer Aufgaben wie Sprechen beim Gehen. Sprachfähigkeit: Satz- und Wortbildung, sinnfremde Verwendung von Worten. Lese- und Schreibfähigkeit: Lesen von Merkblättern, Notieren von Terminen. Abnahme der Selbständigkeit: Begleitung, Delegation von Aufgaben. Vermeidungsverhalten als Ausdruck verloren gegangener Kompetenzen. Was Sie tun können Stellen Sie die Frage nach Demenz in Ihrem Anamnesebogen. Trainieren Sie Ihr gesamtes Team in der systematischen Beobachtung kognitiver Auffälligkeiten älterer Personen. Bei Auffälligkeiten holen Sie die Erlaubnis des Betroffenen oder der Begleitperson ein, mit dem Hausarzt Kontakt aufnehmen zu dürfen. Äussern Sie hierzu keine Verdachtsdiagnose, sondern geben Sie eine zahnmedizinische Begründung.

Tipps für den beruflichen Alltag und die interdisziplinäre Vernetzung Planen Sie mehr Konsultationszeit. Halten Sie die Wartezeit kurz. Planen Sie regelmässige Kontrolltermine und erinnern Sie den Patienten daran. Arbeiten Sie mit allen an der Erhaltung der Mundgesundheit Beteiligten eng zusammen. Behandeln Sie frühzeitig und konsequent die als Folge der Demenz auftretenden oralen Erkrankungen. Erleichtern Sie die Betreuung mit therapeutischen Massnahmen. So reduzieren Sie das Risiko, dass sich die Mundgesundheit weiter verschlechtert. Instruieren Sie einfach umsetzbare Mundhygienemassnahmen. Falls notwendig organisieren Sie eine praxisexterne zahnmedizinische Betreuung. So kommunizieren Sie erfolgreich Suchen Sie den Blickkontakt mit einem Lächeln in den Augen. Sprechen Sie langsam und deutlich mit einfachen Sätzen, die nur eine Aussage enthalten. Stellen Sie geschlossene Fragen. Schaffen Sie eine angenehme Atmosphäre durch sanftes Sprechen, positive Formulierungen. Berührungen fördern das Wohlbefinden und stärken die Handlungsfähigkeit. Gezielt eingesetzte nonverbale Signale (Vormachen) dienen dem besseren Verständnis. Berücksichtigen Sie die Stimmung der Person und nehmen Sie Veränderungen wahr. Konfrontieren Sie Ihr Gegenüber nicht mit seinen Defiziten und korrigieren Sie keine falschen Aussagen. Zureden ist alles andere als hilfreich. Nutzen und fördern Sie vorhandene Ressourcen. Seien Sie stets aufrichtig. Tolerieren Sie Verweigerung eher, als dass Sie eine Massnahme unbedingt durchsetzen. Geben Sie Erklärungen und Anweisungen schriftlich mit. Diese Broschüre entstand in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. med. dent. Christian E. Besimo, Seeklinik Brunnen. Schweizerische Alzheimervereinigung Rue des Pêcheurs 8E 1400 Yverdon-les-Bains Tel. 024 426 20 00 Alzheimer-Tel. 024 426 06 06 Fax 024 426 21 67 info@alz.ch www.alz.ch