Erfahrungsbericht über meinen Auslandsaufenthalt in Kolumbien und der Zusammenarbeit mit der Escuela Normal Superior María Auxiliadora



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Transkript:

Pädagogische Hochschule Heidelberg Erfahrungsbericht über meinen Auslandsaufenthalt in Kolumbien und der Zusammenarbeit mit der Escuela Normal Superior María Auxiliadora im Rahmen des Projekts Patio13 Schule für Straßenkinder 15. Juli 2008 18. März 2009 Patricia Stumpf Lehramt an Grund- und Hauptschulen (5. Semester) Patricia.stumpf@web.de

Vorbereitung Bevor ich meine Reise nach Kolumbien antrat, besuchte ich, in Absprache mit Herrn Weber, Leiter des Projekts Patio 13, zwei Seminare, die mich auf meinen Aufenthalt in Kolumbien vorbereiten sollten. Im zentralen Sprachlabor Heidelberg belegte ich den Spanischkurs für Anfänger, bei dem man sich rechtzeitig anmelden sollte, um noch einen Platz zu erhalten. Im Mittwochskolloquium von Herrn Weber hatte ich die Möglichkeit, mit ehemaligen Projektteilnehmern ins Gespräch zu kommen und mich über den bevorstehenden Aufenthalt zu informieren. Jedes Jahr studieren einige Kolumbianer aus Medellin an der PH-Heidelberg, und so besteht die Möglichkeit sich einen Tandempartner zu suchen. Ich selbst tat dies und traf mich regelmäßig mit zwei Kolumbianerinnen aus Copacabana, mit denen ich mich sehr gut verstand und die ich in Kolumbien wieder traf. Um mich für mein eigenes Projekt vorzubereiten, besuchte ich zwei theaterpädagogische Seminare an der PH. Zusätzlich hospitierte ich in der Theatergruppe von Herrn Prof. Wilms in Neckargemünd. Hier begleitete ich zweimal wöchentlich die Arbeit mit verhaltensauffälligen Jugendlichen und körperlich Behinderten. Dort lernte ich einiges über den Umgang und die theaterpädagogische Arbeit mit Jugendlichen. In Kolumbien setzte ich meine Arbeit mit Herrn Prof. Wilms fort. Für diejenigen, die sich mit Theater beschäftigen möchten, empfehle ich die Theater- und Spielberatung in der Rohrbacherstraße 50 in Heidelberg. Hier gibt es eine große Auswahl an Spielen, Literatur und Informationen. Tritt man seinen Auslandsaufenthalt mit der Absicht an, eine Zulassungsarbeit zu schreiben, empfiehlt sich eine rechtzeitige Absprache mit dem verantwortlichen Dozenten bzw. Korrektor/Kokorrektorin. Je nachdem, in welchen Gebieten man sich in Südamerika aufhält, empfiehlt sich ebenfalls das Gesundheitsamt aufzusuchen, um sich über Impfungen zu informieren. Die Impfungen gegen Gelbfieber und Hepatitis A/B müssen ein halbes Jahr vor Auslandsantritt vorgenommen werden. Bedacht werden sollte auch, dass bei einem Aufenthalt, der länger als drei Monate andauert, ein Visum benötigt wird. Die deutsche Botschaft in Frankfurt kann bei der Beantragung eines Visums helfen. Eine Auslandskrankenversicherung darf man natürlich nicht vergessen. Ich habe beim ADAC eine gute Alternative gefunden, jedoch hängt die endgültige Entscheidung immer von der jeweiligen Krankenkasse an. Ob privat oder gesetzlich versichert, es kann sich einiges unterscheiden. Den Flug nach Bogota habe ich sehr früh gebucht, was nicht immer bedeutet, dass dies der günstigste Weg ist. Am besten ist es, wenn man sich frühzeitig bei den unterschiedlichen Fluggesellschaften informiert. Das STA-Travel Reisebüro im Neuenheimer Feld hat gute Angebote für Studenten.

Das Leben in Kolumbien Nachdem ich in Medellin angekommen war, brauchte ich einige Zeit, bis ich mich an das Klima, die Menschen, ihre Kultur und vor allem an die Sprache gewöhnt hatte. Die Menschen in Copacabana und Medellin begegneten mir stets aufgeschlossen, interessiert und sehr hilfsbereit. Oft wurde ich aufgefordert von Deutschland zu erzählen, und die Paisas (so nennen sich die Bewohner Antioquias) interessierten sich sehr für den Ruf Kolumbiens in Deutschland. Ich traf jedoch auch auf für mich ungewohnte Situationen: Nachts sollte man mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause fahren und nicht alleine unterwegs sein. Die Sicherheit zu dieser Zeit ist nicht vergleichbar mit der deutschen. Hierauf ist besonders zu achten. In der Gastfamilie ist es wichtig, sich an die Gebräuche und Verhaltensweisen der Kolumbianer anzupassen. Sie haben eine andere Art mit Problemen umzugehen und sind sehr auf ein familiäres Zusammenleben bedacht. Man kann in den Familien viel über Kolumbien und seine Bräuche lernen und sollte dieses stets offen gegenübertreten. Als Europäer fällt man gerade in einem Dorf wie Copacabana auf. Man sollte dessen bewusst sein und sich dem entsprechend verhalten. Ein unauffälliges Verhalten, was heißt, nicht mit Kamera oder Minirock auf die Straße zu gehen, ist angebracht. Studieren Der Hauptgrund meines Aufenthalts war weniger der Besuch der Universität Antioquia in Medellin, als viel mehr mein eigenes Projekt, im Rahmen von Patio13. Trotzdem nutzte ich die Gelegenheit eine ausländische Universität, ihre Vorlesungen und Methoden kennen zu lernen. Die Einschreibung an der Universität Antioquia war nicht einfach und nahm viel Zeit in Anspruch. Viele bürokratische Dinge waren für mich anfangs unverständlich und es traten Unklarheiten auf, die sich erst mit der Zeit legten. Nachdem die Verträge der Universität unterzeichnet waren, hatte ich die Möglichkeit unterschiedliche Kurse im Bereich Theater, Kunst und Spiel zu besuchen. Die Vorlesungen waren sehr interessant, da die Art des Lehren und Lernens eine ganz andere ist, als die in Deutschland. Der Umgang der Dozenten mit den Studenten ist persönlich, und auch die Studenten zeigen viel Ehrgeiz, Interesse und Begeisterung für ihr Studium. Die antioquenischen Studenten sind allerdings auch ein sehr temperamentvolles Volk, dass seine Meinung öffentlich vertritt, sodass ich nach Beginn des zweiten Monats aufgrund eines Streiks keinerlei Vorlesungen mehr besuchen konnte. Die Beantragung des Visums kann auch in Kolumbien selbst erfolgen. Für die Immatrikulation an der Universität braucht man ein Studentenvisum. Zur Beschaffung dieses Visums braucht man viel Zeit, Geduld und die nötigen Sprachkenntnisse. Das Ministerium, das mir mein Visum ausstellte, ist in Bogota unter dem Namen Ministerio de ralciones exteriores, in der Straße carrera 14, No 93-6 zu finden. Mitzubringen sind neben dem Reisepass, 2 Passbilder, ein Finanzierungsnachweis des Studiums, der Studienvertrag mit der jeweiligen Universität und ein weiteres Formular. Dieses Formular erhält man bei Sor Maria Nela an der Escuela Normal. Bei Fragen stehen einem die Schwestern der Normal immer gern mit Rat und Tat zur Seite.

Eine weitere Erfahrung, die ich durch die Universität Antioquia machen konnte, war der Besuch einer Waldorfschule in Estrellas, einem Vorort von Medellin. Hier bekam ich einen ersten Eindruck in die Waldorfpädagogik. Begleitendes Theaterprojekt In den ersten zwei Monaten begleitete ich das Theaterprojekt von Herrn Prof. Wilms. Täglich ging ich zur Probe in die Escuela Normal. Dort kamen Schüler unterschiedlicher Institutionen zusammen und so spielten die Schüler der Escuela Normal mit Internatskindern und ehemaligen Straßenkinder zusammen Theater. Anfangs sah ich zu und beobachtete, bis ich dann in der zweiten Woche bei der Planung der Probe, des Bühnenbildes und der Requisiten aktiv mitarbeiten konnte. Die Theaterarbeit war sehr spannend und schön. Ab und an fehlte mir allerdings, eine richtige Aufgabe innerhalb dieses Projekts. Zudem fiel es mir anfangs sehr schwer, Kontakt zu den Schülern aufzunehmen. Mein Spanisch war noch nicht sehr gut, und so blieb mir oft der Zugang zu den Schülern verschlossen. Die Tatsache, dass ich mich nicht richtig ausdrücken und verständigen konnte, führte dazu, dass ich den Schülern in den ersten Monaten sehr zurückhaltend und eingeschüchtert gegenüber trat. Zum Einleben und kennen lernen der Dinge in Kolumbien, war es allerdings sehr hilfreich an diesem Projekt teilzunehmen, denn ich hatte einen geregelten Tagesablauf und permanenten Kontakt zu den kolumbianischen Studenten. Zur Gestaltung des Bühnenbildes, der Werbeplakate und Eintrittskarten setzte ich mich mit Herrn Prof. Wilms zusammen und arbeitete diese aus. Während der Aufführungen kümmerte ich mich um die Technik und um Organisatorisches. Mein Spanisch verbesserte sich mit der Zeit, und so konnte ich nach der Abschlussfahrt der Theatergruppe, mit der wir Auftritte in Manizales und Bogota hatten, mit der Endausarbeitung meines eigenen Projektes beginnen. Herr Prof. Wilms half mir bei aufkommenden Fragen.

Das eigene Projekt Meine Projektpläne konkretisierten sich in den ersten Monaten meines Kolumbienaufenthaltes. Ich arbeitete einen Zeit- und Themenplan zur Durchführung meines Projektes aus, um ihn dann bei Sor Sara (Schulleitung) vorzulegen. Patricia Uribe, die Leiterin des Kompetenzzentrums in Kolumbien, half mir dabei Schüler für mein Projekt zu gewinnen. Ende September fand das erste Zusammentreffen zwischen mir und sechs Schülern der Escuela Normal statt. Ihnen stellte ich meinen Projektplan und die drei Theaterformen Augusto Boals vor. Mit diesen Formen arbeiteten wir in den darauf folgenden Wochen. Die Schüler waren interessiert und motiviert die nächsten zwei Monate mit mir zu arbeiten. Einige Wochen später begannen wir mit dem Projekt. Die Projektidee bestand darin, mit den Schülern der Escuela Normal (10. und 11. Klasse) einmal wöchentlich unterschiedliche Spiele und Methoden aus dem theaterpädagogischen Bereich zu erarbeiten, durchzuspielen und zu reflektieren. Dies war die Grundlage für die weiterführende Arbeit im Patio Don Bosco. In der Institution Patio Don Bosco werden ehemalige Straßenkinder untergebracht und betreut. In der Vorbereitungsphase mit den Schülern der Escuela Normal arbeitete ich anfangs mit theaterpädagogischem Spielen. Wir begannen mit einer Kennenlernphase. Es folgte eine Wahrnehmungsschulung, in der die Schüler für den Umgang mit sich selbst, den Raum und den anderen Teilnehmer sensibilisiert wurden. Die gruppendynamischen Übungen sollten den Zusammenhalt der Teilnehmer stärken. All diese Übungen sollten den Schülern ein breites Handlungsrepertoire für die Arbeit im Patio eröffnen. Mit den Kindern im Patio führten die Schüler und ich ähnliche Übungen durch und reflektierten diese anschließend. Hierbei war es uns wichtig die Tauglichkeit der Spiele zu hinterfragen. Es folgte die Praxiseinheit zu Augusto Boals Statuen- und Forumtheater. Anfangs hatten wir einige Schwierigkeiten: Die Kinder kamen sehr unregelmäßig, Es fehlte der Raum für die Durchführung, und auch die Schüler nahmen es mit der Anwesenheit nicht immer so genau. Ständige Reflexionen, in denen wir die Spiele, Methoden und unseren Umgang mit den Kindern besprachen, ermöglichten eine bessere Arbeit. Die Arbeit mit den Kindern war sehr spannend. Es gelang uns, durch das Medium Theater konzentriert zu arbeiten. Die Kinder überschritten persönliche Grenzen, zeigten sich anfangs unsicher, später begeistert. Wir bauten menschliche Statuen, spielten kleine improvisierte Stücke und tanzten. Nachdem das Projekt angelaufen war, besuchte ich mit einer Schülerin des Projekts einmal die Woche das Patio, um durch unterschiedliche Mittel etwas über die Kinder zu erfahren: Wir malten Bilder, töpferten, bastelten und spielten mit den ihnen. So konnte ich über einen indirekten, sehr schönen Weg, viel über die Kinder und ihre Lebensumstände erfahren. Ein Bespiel hierfür ist Folgendes: Die Kinder bekamen die Aufgabenstellung malt eine Situation, die euch nicht gefällt. Die Kinder malten Situationen aus ihrem Leben. Sie malten Diebstahl, Mord und Vergewaltigung. Mit einem Diktiergerät interviewten wir die Kinder im Anschluss und ließen uns die Geschichte zu ihrem Bild erzählen. Diese Methode war für die Kinder wesentlich angenehmer als eine direkte Befragung Die Interviews transkribierte ich mit meiner Gastschwester und arbeitete an den darauf folgenden Terminen mit den Schülern meines Projektes daran weiter. Wir lasen die Interviews, besprachen sie und brachten weitere Erfahrungen der Schüler

ein. Die Schüler der Escuela Normal arbeiten jährlich im Patio Don Bosco und konnten so vergangene Erfahrungen einbringen. Als Grundlage für unser geplantes Theaterstück war diese Arbeit sehr wichtig und lieferte mir wichtige Informationen für meine Zulassungsarbeit. Das Forumtheater beschäftigt sich mit problematischen Situationen aus dem Alltag und soll Teilnehmenden die Möglichkeit geben eine Problemsituation nachzuspielen. Dabei werden die Handlungsmöglichkeiten der Opferrolle diskutiert und im Anschluss reflektiert. Im Rahmen des Projekts schrieben wir ein Stück zur Straßenkinderproblematik in Medellin. Das Stück entstand in wenigen Tagen und wir spielten es Ende November den Kindern im Patio vor. Alle anwesenden Kinder waren sehr neugierig und interessiert. Als es darum ging sich mit einem der Schauspieler auszutauschen, also selbst zu spielen, war die Beteiligung groß. Vier Kinder nahmen die Rolle des Opfers ein und spielten die Problematik durch. Im abschließenden Forumsgespräch sprachen wir über das Geschehene und die Handlungsmöglichkeiten des Opfers in der gespielten Situation. Somit war meine Arbeit beendet und die Besuche im Patio leider auch. Im darauf folgenden Monat traf ich mich noch ein weiteres Mal mit meinen Schülern zu einer Nachbesprechung des Projekts. Dieses Treffen war nicht nur mir, sondern auch den Schülern wichtig. Ich brachte ihnen einen Ordner mit allen Protokollen, Interviews, eine DVD mit allen Fotos und Videos der Projektarbeit mit. Anhand dieses Materials reflektierten wir die Arbeit, klärten Fragen und übten Kritik. Wir klärten noch offene Fragen und ich bekam eine Rückmeldung zu meinem durchgeführten Projekt. Des Weiteren wollte ich die Schüler motivieren auch in Zukunft in diesem Bericht weiterzuarbeiten. Ich gab ihnen auch noch ein paar Tipps zum Forschen und Interviewen. Diese Nachbesprechung scheint erfolgreich gewesen zu sein, denn kürzlich bekam ich eine Email, in der stand, dass einige meiner Schüler ein Theaterprojekt im Patio Don Bosco durchführen. Sicherlich gab es während dieser Projektphase immer wieder Probleme, beispielsweise hat es einige Zeit gedauert, bis ich mit dem Projekt beginnen konnte. Es gab Tage, an denen meine Schüler nicht erschienen und ich ihnen nachtelefonieren musste oder gar den Termin ausfallen ließ, aber mit etwas Geduld und vor allem mit der richtigen Motivation, klappt alles früher oder später. Deutschunterricht Mitte Oktober begann ich an der Escuela Normal Deutsch als Fremdsprache in drei neunten Mädchenklassen zu unterrichten. Anfangs fiel es mir schwer die Lernvoraussetzungen der Schüler einzuschätzen, und so begann ich mit den Grundlagen der deutschen Sprache. Ich überprüfte das Gelernte anhand von Tests und zum Zwecke der Ergebnissicherung. Ich bemerkte schnell, dass ich mit einer sehr heterogenen Schülergruppe arbeitete. In meinen betreuten Klassen, die aus je 40 Schülerinnen bestanden, gab es sehr weit entwickelte Schülerinnen und einige, die große Probleme mit der deutschen Sprache hatten. Meine Konsequenz hieraus war unter anderem die Kreisform für den Unterricht zu wählen. Im Kreisgespräch

hatte ich 40 Schülerinnen im Blick und konnte durch willkürliches Aufrufen und ständiges Einbeziehen der Schüler, deren Aufmerksamkeit verbessern. Ich merkte schnell, dass die Schüler eine autoritäre Person brauchen, die strukturiert und motivierend arbeitet. Es war oft sehr anstrengend, die 40 Mädchen zu Ruhe und Konzentration zu bringen, doch waren sie für die von mir gehaltenen Stunden dankbar. Für die Schülerinnen waren viele Methoden neu und anfangs ungewohnt, aber sie machte bei allem mit und zeigten sich engagiert. Für die Arbeit mit den Schülerinnen bereitete ich Karteikaten mit Verben und Artikeln vor. Beispielsweise übte eine Spülerin mit diesen Karteinkarten, eine andere überprüfte diese Arbeit und eine dritte erklärte die angewandte Grammatik. Ende des Jahres bot ich einen weiteren Kurs an. Ich unterrichtete zwei Wochen die Schülerinnen, die im darauf folgenden Jahr nach Deutschland gehen sollten. Wir arbeiteten sehr intensiv und effektiv. Ich ging auf die Wünsche der Schüler ein. Wir besprachen mit der Kasusbildung und übten uns im Sprechen und Verstehen der deutschen Sprache. Mir machte die Arbeit sehr viel Spaß, zumal es sich diesmal um eine sehr kleine und angenehme Gruppe von sechs Schülerinnen handelte. Die Arbeit als Deutschlehrerin ist an der Escuela Normal immer gern gesehen, da es oft noch an methodischen und vor allem didaktischen Kompetenzen mangelt. Als Muttersprachler kann man den Schülern bei Ausspracheproblemen schnell behilflich sein.

Zustimmungsklausel Name: Patricia Stumpf Hiermit erkläre ich mich einverstanden, dass mein Erfahrungsbericht über meinen Aufenthalt in Kolumbien an der Escuela Normal Superior María Auxiliadora auf der Internetseite der Landesstiftung Baden-Württemberg veröffentlicht werden darf. Ich bin ebenfalls damit einverstanden, dass der Bericht auf der Internetseite des Akademischen Auslandsamts der Pädagogischen Hochschule Heidelberg veröffentlicht und interessierten Personen zur Einsicht zur Verfügung gestellt wird. Heidelberg den 25.04.2009, Patricia Stumpf