Das pilotierte Fahren kommt



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Transkript:

Das pilotierte Fahren kommt This is the life: safe, cool, comfortable. Es ist eine der großen Visionen des vergangenen Jahrhunderts: das pilotierte Fahren. In den letzten Jahren wurde das Thema durch alternative Antriebe, allen voran die Elektromobilität, verdrängt. Derweil sind im Hintergrund, ohne große mediale Aufmerksamkeit und ohne politischen Druck, autonome Autos fast marktreif geworden. Wo stehen wir eigentlich momentan? GM Motorama Exhibit: Eine Vision von General Motors aus dem Jahr 1956 zum pilotierten Fahren Es gibt einen Werbefilm aus dem Jahr 1956 von General Motors anlässlich der damaligen Motorama Ausstellung, in dem die automobile Zukunft von 1976 skizziert wird. Eine glückliche all-american family sitzt in einem stromlinienförmigen Heckflossen-Turbinenauto. Es gibt große digitale Monitore, ein Navigationssystem und einen Autopilot. Auf der Autobahn übergibt der stolze Vater voller Vertrauen in die Technik die Kontrolle des Fahrzeugs an den Tower und schaltet den Autopilot ein. Das futuristische Lenkrad wird automatisch eingezogen und das Turbinenauto folgt alleine dem Verlauf des Highways auf einer Linienmarkierung, ähnlich wie bei einer Monorail. Der Vater zündet sich lässig eine Zigarre an und der Rest der Familie freut sich über die effektive Klimaanlage sowie den Getränke- und Eiscreme-Spender

im Auto. This is the life: safe, cool, comfortable, konstatiert werbewirksam der Vater. Das Jahrzehnt der Assistenzsysteme Die Geschichte hat uns gezeigt, dass sich Turbinenantriebe (zu ineffizient) und Getränkespender (zu unpraktisch) im Auto bis heute nicht durchgesetzt haben. Und 1976 war die Automobilindustrie noch meilenweit weg von kommerziellen Navigationssystemen, ebenso wie von Autopiloten. Andererseits sind einige der Visionen tatsächlich in Erfüllung gegangen. Vor allem in den letzten zehn Jahren haben sich Navigationssysteme mit großen Displays und teilweise mit Touch- Bedienung durchgesetzt. Im gleichen Zeitraum hielt eine ganze Armada von Assistenzsystemen Einzug ins Automobil. Durch Sensoren, Kameras und Radare wurde das Auto immer sicherer und eigenständiger: Einparkassistenten, Spurhalteassistenten, Spurwechselwarner, Nachtsichtassistenten, Abstandsregelautomaten, Tempolimitanzeigen und viele weitere elektronische Helfer machen das fahren nicht nur sicherer. Sie machen den Fahrer auch immer entbehrlicher. Audi: Audi stellte seine realitätsnahe Vision vom pilotierten Fahren in urbanen Räumen Anfang 2013 vor Mittlerweile gibt es so viele intelligente Helfer im Auto, dass wenn sie miteinander vernetzt und aufeinander abstimmt werden, das autonom fahrende Auto zum Greifen nah ist. Im Gegensatz zur Elektromobilität können momentan beim autonomen Auto schnellere Fortschritte erzielt werden, weil die Hardware bereits existiert und problemlos in nahezu jedes Fahrzeug eingebaut werden kann. Hier kommt es jetzt nur noch auf die Software und die Gewährleistung der Sicherheit an. Bei der Elektromobilität hingegen müssen noch wesentlich leistungsfähigere Energiespeichersysteme entwickelt werden, da die momentane Reichweite

durchschnittlich nur 160 Kilometer beträgt. Außerdem bleiben reine Elektroautos in den nächsten Jahren ein teures Vergnügen und somit für die breite Masse unerschwinglich. Hinzu kommt eine mangelnde Infrastruktur mit Ladestationen, wodurch die Praxistauglichkeit außerhalb urbaner Räume sehr eingeschränkt bleibt. Im Gegensatz dazu sind die meisten Assistenzsysteme, die beim autonomen Fahren verwendet werden, schon seit Jahren auf dem Markt. Außerdem befinden sich die Preise für die Technologie im Sinkflug. Somit stünde einer schnellen Verbreitung des Autopilots theoretisch nichts im Wege. Wie schnell sich der Autopilot durchsetzen kann, bringt eine Studie der amerikanischen Unternehmensberatung Navigant Research zum Ausdruck. Laut der Studie Autonomous Vehicles werden ab 2020 jährlich mindestens 8.000 alleinfahrende Fahrzeuge verkauft. Im Jahr 2035 könnten schon mehr als 95 Millionen Fahrzeuge mit Autopilot auf den Straßen unterwegs sein und würden damit drei Viertel aller Neuzulassungen ausmachen. Audi: Anfang 2013 erhielt Audi in Nevada (USA) eine exklusive Lizenz zum Testen von autonomen Fahrzeugen Das Wettrennen um den Autopilot hat begonnen Je serienreifer der Autopilot wird, desto stärker entwickelt sich ein Wettrennen zwischen den Unternehmen um das erste autonome Auto auf dem Markt. Besonders ambitioniert wird bei Audi, Nissan und Daimler getestet. Aber auch der Internetkonzern Google engagiert sich seit Jahren intensiv in der Forschung zum autonomen Fahren. In Zusammenarbeit mit Continental und IBM will Google ein selbstfahrendes Taxi entwickeln. Eine durchaus sinnvolle Idee. Denn wovor die meisten Autofahrer Angst haben, ist die Langeweile und Spaßfreiheit, wenn der Autopilot die Kontrolle übernimmt. In einem autonomen Taxi würde das niemanden

stören und vermutlich den Taxi-Betreibern auf lange Sicht eine enorme Kosteneinsparung bringen. Der Audi-Vorstandsvorsitzende Rupert Stadler geht davon aus, dass ein Serienautomobil mit pilotierter Fahrfunktion noch in diesem Jahrzehnt technisch realisierbar ist. Audi will die Technik in den nächsten Jahren zur serienreife bringen und sie in dem nächsten Audi A8, der vermutlich 2016 erscheinen soll, einführen. Dabei spielt neben einer Kamera, den Ultraschallsensoren sowie Radareinheiten ein neu entwickelter Laserscanner die Schlüsselrolle. Er scannt die Fahrbahn und die Straßenränder. Wie zuverlässig das System bereits funktioniert zeigen die Versuchsergebnisse von Audi: Auf den 37.000 Kilometern, die wir bisher gefahren sind, waren noch keine menschlichen Korrektur-Eingriffe notwendig sagte Audi- Entwickler Björn Giesler schon zu Beginn 2013. Der Aufpreis für das pilotierte Fahren soll sich bei Audi in Grenzen halten, da weder die elektromechanische Lenkung noch das Bremssystem modifiziert werden müssen. Die hohen Kosten für die neue Lasereinheit konnten zudem drastisch reduziert werden. Lagen die Kosten bislang in der Höhe eines Kleinwagens, hat Audi gemeinsam mit den Zulieferern Ibeo Automotive Systems (Deutschland) und Valeo (Frankreich) einen Laserscanner für die Serie entwickelt, der nur einen dreistelligen Euro-Betrag kosten soll. Der Laser ist zudem so kompakt, dass er im vorderen Kühlergrill genügend Platz findet. Audi: Das pilotierte Einparken in Parkhäusern will Audi mit Hilfe einer mobile App umsetzen Wir brauchen neue gesetzliche Voraussetzungen Technisch steht also dem pilotierten Fahren nichts mehr im Wege. Es ist nur noch eine Frage von wenigen Jahren bis die Systeme perfekt aufeinander abgestimmt sind und über eine zuverlässige Software verfügen, die keine Fehler erlaubt. Doch

gesetzlich gibt es noch einige Hürden. Laut Gesetz müssen Autofahrer jederzeit die Kontrolle über ihr Fahrzeug haben. So sind die Testfahrten im öffentlichen Verkehr, wie sie von Audi in Nevada (USA) oder den anderen forschenden Unternehmen weltweit durchgeführt werden, nur mit Sondergenehmigungen möglich. Ein Fahrer muss sich immer am Steuer befinden und jederzeit eingreifen können, um die Gefahr von Unfällen zu minimieren. Doch laut einer deutschen Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen ist für mehr als 90 Prozent der Autounfälle in Deutschland menschliches Versagen die Ursache. Es ist also stark anzunehmen, dass der Autopilot für mehr Sicherheit und weniger Unfälle im Straßenverkehr sorgen wird. Nichtsdestotrotz müssen weltweit neue gesetzliche Voraussetzungen im Straßenverkehr geschaffen werden, um autonomes Fahren zu ermöglichen. Besonders heikel ist die Frage, wer bei einem Unfall haftet? Der Mann hinter dem Steuer, der Autohersteller oder der Zulieferer der Komponenten? Aber es gilt noch weitere Fragen zu klären, um die Akzeptanz und das Vertrauen der Kunden zu gewinnen: Was passiert, wenn das hochkomplexe Zusammenspiel der verschiedenen Systeme versagt? Wie kann das System zuverlässig bei minus 20 Grad im Winter und plus 40 Grad im Sommer funktionieren? Und das über Jahre hinweg. Erst wenn alle Zweifel, Unsicherheiten und gesetzlichen Hürden überwunden sind, können wir uns entspannt hinter dem Steuer zurücklehnen, uns den Rücken von Massagesitzen massieren lassen und im Internet surfen, während wir völlig stressfrei durch den schlimmsten Großstadtverkehr pilotiert werden. Dann können wir tatsächlich wie in der GM-Vision von 1956 konstatieren: This is the life: safe, cool, comfortable.