WAHLTHEMA DES MONATS. Ausweitung der Herstellerpflichten durch das geplante neue Elektro- und Elektronikgerätegesetz. 1. Vorgaben des EU-Rechts



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Transkript:

Umweltrechtsreport 4/2015 1 Wahlthema des Monats WAHLTHEMA DES MONATS Ausweitung der Herstellerpflichten durch das geplante neue Elektro- und Elektronikgerätegesetz 1. Vorgaben des EU-Rechts 1.1 Anwendungsbereich 1.2 Sammelquote 1.3 Recyclingziele 1.4 Herstellerregistrierung 1.5 Schärfere Kontrollen 2. Die Umsetzung 3. Anwendungsbereich wird ausgeweitet 4. Neu: Rücknahmepflicht der Vertreiber 5. Anzeige-, Mitteilungs- und Informationspflichten 5.1 Mitteilungspflichten der Hersteller 5.2 Informationspflichten der Hersteller 5.3 Mitteilungspflichten der Vertreiber 5.4 Mitteilungspflichten der entsorgungspflichtigen Besitzer 6. Keine Verbingung von Altgeräten ins Ausland 7. Bundestag muss noch zustimmen Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2012/19/EU über Elektro- und Elektronik-Altgeräte (WEEE-Richtlinie, Waste Electrical and Electronic Equipment) beschlossen. Die EU-Vorschrift hätte eigentlich schon bis zum 14. Februar 2014 in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Jetzt rechnet die Bundesregierung damit, dass das neue Elektro- und Elektronikgerätegesetz Ende dieses Jahres in Kraft tritt. Für jeden Tag der verspäteten Umsetzung muss die Bundesregierung nach Presseberichten 200.000,-- Euro Vertragsstrafe nach Brüssel überweisen. Bis zum Jahr 2019 soll die Quote des eingesammelten und wiederverwerteten Elektroabfalls auf 65 Prozent steigen. Die neuen Vorschriften sollen dazu führen, dass mehr wertvolle Rohstoffe, wie beispielsweise seltene Erden, aus den alten Geräten zurückgewonnen werden. Schädliche Reststoffe sollen umweltgerecht entsorgt und der illegale Müllexport ins Ausland gestoppt werden. Außerdem wird es neue Rücknahme- und Informationspflichten für Hersteller und den Handel geben. So können Verbraucher alte Mobilfunkgeräte, Fernseher und Staubsauger künftig kostenlos in großen Geschäften zurückgeben, wenn sie ein neues Elektrogerät kaufen. Die Pflicht gilt für alle Läden mit einer Verkaufsfläche von mindestens 400 Quadratmetern. Wenn das Altgerät keine Kante mit einer Länge von mehr als 25 Zentimetern hat, müssen die Läden es auch ohne Kauf neuer Ware zurücknehmen. Die Bundesregierung und der Nationale Normenkontrollrat schätzen, dass durch das Gesetz ein zusätzlicher Erfüülungsaufwand von jährlich 100 Millionen Euro auf die Hersteller und Vertreiber von Elektrogeräten zukommt (siehe Bundestagsdrucksache 18/4901, S. 174) 1. Vorgaben des EU-Rechts Zweck der Richtlinie 2012/19/EU über Elektro- und Elektronik-Altgeräte ist vorrangig die Vermeidung von Abfällen von Elektro- und Elektronikgeräten. Darüber hinaus soll sie die Wiederverwendung, das Recycling und andere Formen der Verwertung solcher Abfälle fördern. Zusammen mit den Verwendungsbeschränkungen der Richtlinie 2011/65/EU zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten (RoHS-Richtlinie) soll somit gemeinschaftsweit den Gefährdungen für die Gesundheit und die Umwelt durch Elektronikgeräte entgegengewirkt werden. Um diesen Zweck zu erreichen, hat die WEEE-Richtlinie die Herstellerverantwortung für die Entsorgung von Elektroschrott eingeführt. Kernpunkt ist dabei ein

Umweltrechtsreport 4/2015 2 Wahlthema des Monats Rücknahmesystem für Elektroaltgeräte, das von den Herstellern aufgebaut und finanziert worden ist. In der Begründung zu dem ursprünglichen Richtlinienvorschlag (KOM(2008)810) weist die Kommission darauf hin, dass die nicht ordnungsgemäße Behandlung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten in der EU zu Umweltschäden führt, insbesondere durch die Freisetzung von Schwermetallen wie Quecksilber aus Kompaktleuchtstofflampen und Flachbildschirmen sowie von Blei aus Fernsehgeräten. Kühl- und Gefriergeräte würden nach Schätzungen im Zeitraum 2011-2020 pro Jahr durchschnittlich über 6.720 Tonnen ozonabbauende Treibhausgase frei, die jährlich Klimaschäden im Wert von umgerechnet 1 Mrd. EUR verursachten. Dem soll durch eine effizientere WEEE-Richtlinie entgegengewirkt werden. Gegenüber der WEEE-Richtlinie aus dem Jahr 2002 wurden mehrere Änderungen vorgenommen: 1.1 Anwendungsbereich Ab 15. August 2018 gilt die Richtlinie für sämtliche Elektro- und Elektronikgeräte. Für einen Übergangszeitraum gilt sie nur für Elektro- und Elektronikgeräte, die unter die Gerätekategorien des Anhangs I fallen. Der Anwendungsbereich ist jetzt weitgehend identisch mit dem Anwendungsbereich der seit Mitte 2011 geltenden Richtlinie 2011/65/EU zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten (RoHS-Richtlinie). Hierzu wird auf den Anhang I der Richtlinie verwiesen. Damit gilt die Richtlinie für folgende Produktkategorien: 1. Haushaltsgroßgeräte 2. Haushaltskleingeräte 3. IT- und Telekommunikationsgeräte 4. Geräte der Unterhaltungselektronik und Photovoltaikmodule 5. Beleuchtungskörper 6. Elektrische und elektronische Werkzeuge (mit Ausnahme ortsfester industrieller Großwerkzeuge) 7. Spielzeug sowie Sport- und Freizeitgeräte 8. Medizinische Geräte (mit Ausnahme aller implantierten und infektiösen Produkte) 9. Überwachungs- und Kontrollinstrumente 10. Ausgabeautomaten 1.2 Sammelquote Für Elektro- und Elektronik-Altgeräte (EAG) enthält Artikel 7 eine Sammelquote. Die Mindestsammelquote muss ab 2016 45 % betragen und wird anhand des Gesamtgewichts der Elektround Elektronik-Altgeräte, die in einem gegebenen Jahr gemäß Artikel 5 und 6 in dem Mitgliedstaat gesammelt wurden, berechnet und als Prozentsatz des Durchschnittsgewichts der Elektro- und Elektronikgeräte, die in den drei Vorjahren in dem Mitgliedstaat in Verkehr gebracht wurden, ausgedrückt. Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass die Menge der gesammelten Elektro- und Elektronik-Altgeräte von 2016 bis 2019 schrittweise steigt. Ab 2019 beträgt die jährlich zu erreichende Mindestsammelquote 65 % des Durchschnittsgewichts der Elektro- und Elektronikgeräte, die in den drei Vorjahren im betreffenden Mitgliedstaat in Verkehr gebracht wurden, oder alternativ dazu 85 % der auf dem Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats anfallenden Elektro- und Elektronik-Altgeräten. Die Mitgliedstaaten können ambitioniertere Quoten für die getrennte Sammlung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten festlegen. 1.3 Recyclingziele Artikel 11 in Verbindung mit Anhang V enthält Zielvorgaben für die Verwertung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten. Die Verwertungsquoten liegen je nach Gerätekategorie zwischen 70 und 85 Prozent. Gegenüber der alten Richtlinie werden damit die Quoten im Schnitt um 5 Prozent erhöht. 1.4 Herstellerregistrierung In Artikel 16 wird eine neue Bestimmung eingeführt, um die Registrierung und Berichterstattung von Herstellern in der EU zu harmonisieren. Die Mitgliedstaaten müssen ein Herstellerregister erstellen, in dem auch die Hersteller erfasst sind, die Elektro- und Elektronikgeräte mit Hilfe der Fernkommunikationstechnik vertreiben. Anhand dieses Registers wird geprüft, ob alle Hersteller ihre Finanzierungsverpflichtungen in Bezug auf die Sammlung und Verwertung von Altgeräten erfüllen. 1.5 Schärfere Kontrollen Es soll schärfer und wirksamer kontrolliert werden, ob die Hersteller von Elektrogeräten ihre Pflichten nach der WEEE-Richtlinie tatsächlich erfüllen. Artikel 23 enthält deshalb Mindestanforderungen an

Umweltrechtsreport 4/2015 3 Wahlthema des Monats die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften durch die Mitgliedstaaten. Außerdem soll die grenzüberschreitende Verbringung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten nach einheitlichen Regelungen überwacht werden. Diese sind in Anhang VI aufgeführt. Durch die Regelungen soll sichergestellt werden, dass Altgeräte nicht als gebrauchte Elektrogeräte deklariert werden, um damit die Sammel- und Verwertungspflichten der WEEE-Richtlinie zu umgehen. 2. Die Umsetzung Der von der Bundesregierung beschlossene Gesetzentwurf entwickelt die geltenden deutschen Vorschriften zur Entsorgung von EAG fort. Zur Gewährleistung der erforderlichen Rechts- und Vollzugssicherheit werden die bewährten Strukturen des bestehenden ElektroG beibehalten und durch weitere Elemente ergänzt. Im neuen ElektroG sind folgende wesentliche Änderungen vorgesehen: 3. Anwendungsbereich wird ausgeweitet Der Anwendungsbereich des ElektroG wird stufenweise erweitert: Mit Inkrafttreten des ElektroG wird er zunächst um Photovoltaikmodule und Leuchten aus privaten Haushalten ergänzt. Ab dem 15. August 2018 werden alle elektrischen und elektronischen Geräte in den Anwendungsbereich fallen, es sei denn, sie sind explizit ausgeschlossen. Ausgeschlossen sind nach 2 Abs. 2 zum Beispiel ortsfeste industrielle Großwerkzeuge, ortsfeste Großanlagen, Verkehrsmittel zur Personen- und Güterbeförderung, bewegliche Maschinen und medizinische Geräte, bei denen zu erwarten ist, dass sie vor Ablauf ihrer Lebensdauer infektiös werden, und aktive implantierbare medizinische Geräte. Die Ausnahmen sind teilweise neu aufgenommen worden. Mit ihrer Aufnahme werden Gerichtsentscheidungen korrigiert, die für das alte ElektroG zu dem Ergebnis gekommen waren, dass diese Geräte unter den Anwendunsgbereich des ElektroG fallen (vgl. Odendahl, Die Novellierung des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes, AbfallR 4/2014, S. 176). Der erweiterte Anwendungsbereich gilt ab dem 15.8.2018. Ab dann fallen unter das Gesetz die folgenden Gerätekategorien: 1. Wärmeüberträger, 2. Bildschirme, Monitore und Geräte, die Bildschirme mit einer Oberfläche von mehr als 100 Quadratzentimeter enthalten, 3. Lampen, 4. Geräte, bei denen mindestens eine der äußeren Abmessungen mehr als 50 Zentimeter beträgt (Großgeräte), 5. Geräte, bei denen keine der äußeren Abmessungen mehr als 50 Zentimeter beträgt (Kleingeräte), und 6. Kleine Geräte der Informations- und Telekommunikationstechnik, bei denen keine der äußeren Abmessungen mehr als 50 Zentimeter beträgt. Die Erweiterung des Anwendungsbereichs auf praktisch alle EAG ergibt sich aus den Kategorien 5 und 6. Indem sie jeweils nur auf die äußere Abmessung abstellen, bilden sie Auffangkategorien für alle denkbaren Arten von Elektrogeräten. Damit brauch das ElektroG zukünftig nicht mehr an die Entwicklung neuer Elektrogeräte angepasst werden, da diese dann automatisch zumindest unter die Kategorien 4 oder 5 fallen werden (Oldendahl aao. S. 178). 4. Neu: Rücknahmepflicht der Vertreiber Die Rücknahme von EAG durch den Handel erfolgte bislang auf freiwilliger Basis. Das Gesetz sieht nun in 17 eine Verpflichtung des Handels zur Rücknahme von EAG vor. Diese Verpflichtung der Vertreiber umfasst unter bestimmten Voraussetzungen die Rücknahme von EAG beim Neukauf eines entsprechenden Gerätes und auch eine Rücknahme ohne Neukauf. Die Regelungen des 17 betreffen nach Absatz 2 auch den Onlinehandel. 17 Abs. 1 Nr. 1 führt eine sogenannte 1:1-Rücknahmepflicht ein. Dieser zufolge ist ein Vertreiber verpflichtet, ein EAG zurückzunehmen, wenn der Endnutzer gleichzeitig ein neues Elektround Elektronikgerät erwirbt. Das zu erwerbende Gerät muss dabei der gleichen Geräteart angehören und im Wesentlichen die gleichen Funktionen wie das EAG erfüllen. Die Rücknahmeverpflichtung besteht dabei unabhängig davon, ob der Vertreiber die Marke des zurückgegebenen Geräts in seinem Sortiment führt. Die Rücknahme hat am Ort der Abgabe des Neugeräts, in der Regel im

Umweltrechtsreport 4/2015 4 Wahlthema des Monats Einzelhandelsgeschäft, oder in unmittelbarer Nähe hierzu zu erfolgen. 17 Abs. 1 Nr. 2 führt eine sogenannte 0:1-Rücknahmeverpflichtung ein. Dieser zufolge sind die Vertreiber verpflichtet, EAG auch ohne den Kauf eines Neugerätes zurückzunehmen. Zurückzunehmen sind lediglich EAG, die in keiner Abmessung größer als 25 cm sind. Nach 17 Absatz 3 können auch alle übrigen Vertreiber EAG freiwillig zurücknehmen. Hier wäre z. B. denkbar, dass Vertreiber mit einer Verkaufsfläche von weniger als 400 Quadratmeter EAG zurücknehmen oder die Verpflichteten nach Absatz 2 auch EAG mit einer Kantenlänge von mehr als 25 cm. 17 Absatz 5 regelt, dass Vertreiber, die zurückgenommene EAG nicht den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern oder Herstellern zurückgeben, verpflichtet sind, die EAG selbst entsprechend den allgemeinen Vorgaben des Gesetzes zu entsorgen. Sie dürfen für die Übergabe an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder Hersteller sowie für die Behandlung und Entsorgung von EAG aus privaten Haushalten kein Entgelt verlangen. 5. Anzeige-, Mitteilungs- und Informationspflichten Die 25 bis 30 legen fest, welchen unterschiedlichen Anzeige-, Mitteilungs- und Informationspflichten die nach dem ElektroG verpflichteten Akteure nachkommen müssen. Dadurch soll eine größtmögliche Transparenz hinsichtlich der für die Verbraucher zur Verfügung stehenden Sammel- und Rücknahmestellen geschaffen werden. Zum anderen sind die in Abschnitt 5 normierten Mitteilungs- und Informationspflichten die Grundlage für die Meldungen an die Europäische Kommission zu den Erfassungs- und Verwertungsquoten. 5.1 Mitteilungspflichten der Hersteller Nach 27 haben die Hersteller der Gemeinsamen Stelle mitzuteilen: 1. monatlich die vom Hersteller je Geräteart in Verkehr gebrachten Elektro- und Elektronikgeräte; 2. monatlich die je Geräteart ins Ausland verbrachten Elektro- und Elektronikgeräte, die zuvor vom Hersteller nach Nummer 1 in Verkehr gebracht worden sind, 3. unverzüglich nach jeder Abholung die von ihm je Gerätegruppe bei den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern abgeholten Altgeräte, 4. monatlich die von ihm je Geräteart über freiwillige Rücknahmesysteme zurückgenommenen Altgeräte, 5. die von ihm je Geräteart und Kategorie im Kalenderjahr zurückgenommenen Altgeräte, 6. die von ihm je Kategorie im Kalenderjahr zur Wiederverwendung vorbereiteten und recycelten Altgeräte, 7. die von ihm je Kategorie im Kalenderjahr verwerteten Altgeräte, 8. die von ihm je Kategorie im Kalenderjahr beseitigten Altgeräte und 9. die von ihm je Kategorie im Kalenderjahr in Länder der Europäischen Union oder in Drittstaaten zur Behandlung ausgeführten Altgeräte. Die Mitteilungen entsprechen im Wesentlichen den bisherigen Mitteilungspflichten nach dem 13 Absatz 1 ElektroG 2005. Um die nach dem Inverkehrbringen ins Ausland verbrachten Mengen bei der Berechnung der Abhollast berücksichtigen zu können, ist die Mitteilungspflicht nach Nummer 2 eingefügt worden. In Anpassung an die bisherige Mitteilungspraxis wurde die Mitteilungsfrist im Hinblick auf die bei den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern abgeholten EAG in Nummer 3 verkürzt. Die Mitteilung ist nunmehr unverzüglich nach jeder Abholung abzugeben. Da der Hersteller die Daten von der Erstbehandlungsanlage ohnehin in Kategorien erhält, sind die Mengen bei der Mitteilung nach Nummer 3 zukünftig zusätzlich auch in Kategorien anzugeben. Die Sammel- und Verwertungsquoten der WEEE-Richtlinie beziehen sich zukünftig auch auf EAG anderer Nutzer als privater Haushalte. Vor diesem Hintergrund wird mit Nummer 5 eine entsprechende Mitteilungspflicht der Hersteller normiert. Daten zu den EAG anderer Nutzer als privater Haushalte wurden bislang nicht erhoben. 5.2 Informationspflichten der Hersteller Nach 28 hat jeder Hersteller den Wiederverwendungseinrichtungen und den Anlagen zur Verwertung Informationen über die Wiederverwendung, die Vorbereitung zur Wiederverwendung und die Behandlung für jeden in Verkehr gebrachten Typ neuer Elektro- und Elektronikgeräte kostenlos zur Verfügung zu stellen. Die Informationen sind innerhalb eines

Umweltrechtsreport 4/2015 5 Wahlthema des Monats Jahres nach dem Inverkehrbringen des jeweiligen Gerätes in Form von Handbüchern oder elektronisch zur Verfügung zu stellen. Aus den Informationen muss sich ergeben, welche verschiedenen Bauteile und Werkstoffe die Elektro- und Elektronikgeräte enthalten und an welcher Stelle sich in den Elektround Elektronikgeräten gefährliche Stoffe und Gemische befinden. Mit den Regelungen sollen die Wiederverwendung, die Vorbereitung zur Wiederverwendung sowie die umweltgerechte Behandlung von EAG einschließlich Wartung, Nachrüstung und Umrüstung erleichtert werden. 28 Absatz 2 bestimmt, dass Elektro- und Elektronikgeräten, die eine Batterie enthalten, Angaben beizufügen sind, die den Endnutzer über den Typ und das System der Batterie sowie über deren sichere Entnahme informieren. Ausgenommen von dieser Verpflichtung sind Elektro- und Elektronikgeräte, in denen aus Gründen der Sicherheit, der Leistung, aus medizinischen Gründen oder aus Gründen der Vollständigkeit von Daten eine ununterbrochene Stromversorgung und eine ständige Verbindung zwischen dem Gerät und der Batterie oder dem Akkumulator erforderlich ist. 5.3 Mitteilungspflichten der Vertreiber Jeder Vertreiber hat der Gemeinsamen Stelle Folgendes mitzuteilen: 1. die von ihm je Kategorie im Kalenderjahr zurückgenommenen Altgeräte, 2. die von ihm je Kategorie im Kalenderjahr zur Wiederverwendung vorbereiteten und recycelten Altgeräte, 3. die von ihm je Kategorie im Kalenderjahr verwerteten Altgeräte, 4. die von ihm je Kategorie im Kalenderjahr beseitigten Altgeräte und 5. die von ihm je Kategorie im Kalenderjahr in Länder der Europäischen Union oder in Drittstaaten zur Behandlung ausgeführten Altgeräte. Die Mitteilungen dienen gemeinsam mit den Mitteilungen der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und der Hersteller als Grundlage zur Ermittlung der Erfassungs- sowie Verwertungsleistungen. 5.4 Mitteilungspflichten der entsorgungspflichtigen Besitzer Schließlich enthält 30 Mitteilungspflichten hinsichtlich der Rücknahme von EAG aus der Industrie und sonstigen Gewerbebetrieben. Für diese Entsorgungspflichtigen bestanden bislang keine Mitteilungspflichten. Da die europäischen Zielvorgaben zukünftig auch die Mengen von EAG anderer Nutzer als privater Haushalte umfassen, sind die in 30 genannten Angaben zukünftig zu erheben. 6. Keine Verbingung von Altgeräten ins Ausland Zur Eindämmung illegaler Verbringungen von EAG sieht der Gesetzentwurf die Übernahme der Regelungen der WEEE-Richtlinie zur Verbringung und zur Abgrenzung zwischen Gebrauchtgeräten und EAG vor. Eine Umkehr des Grundsatzes zur Beweislast ist wesentliches Element der Änderungen in diesem Bereich. Durch 23 i.v.m. Anlage 6 werden Mindestanforderungen an die Verbringung festgelegt, die Kriterien für die Abgrenzung von gebrauchten Geräten und EAG (Abfall) beinhalten. Danach dürfen grundsätzlich nur noch überprüfte, funktionsfähige Gebrauchtgeräte, die ausreichend vor Beschädigung geschützt sind, als Nicht-Abfall verbracht werden. Bei einer Verbringung funktionstüchtiger Geräte sind Nachweise der Funktionsfähigkeit mitzuführen. Aufgrund einer Beweislastumkehr in Absatz 4 hat derjenige Besitzer, der die Beförderung veranlasst, zu belegen, dass es sich um funktionsfähige Gebrauchtgeräte handelt. 23 Abs. 4 (4) Es wird widerlegbar vermutet, dass ein Gegenstand ein Altgerät ist und eine illegale Verbringung vorliegt, wenn 1. die entsprechenden Unterlagen gemäß Anlage 6 zum Nachweis, dass es sich bei einem Gegenstand um ein gebrauchtes Elektro- oder Elektronikgerät und nicht um ein Altgerät handelt, fehlen; für diese Unterlagen hat der Besitzer, der die Beförderung veranlasst, zu sorgen, 2. die vorgelegten Unterlagen nicht ausreichend zur Beurteilung sind, oder 3. ein angemessener Schutz vor Beschädigung bei der Beförderung und beim Be- und Entladen insbesondere

Umweltrechtsreport 4/2015 6 Wahlthema des Monats durch ausreichende Verpackung und eine geeignete Stapelung der Ladung, fehlt; für den angemessenen Schutz hat der Besitzer, der die Beförderung veranlasst, zu sorgen. Zusätzlich zu den in Anlage 6 aufgeführten Unterlagen muss jeder Ladung gebrauchter EAG ein einschlägiges Beförderungsdokument, beispielsweise CMR-Frachtbrief und eine Erklärung des Haftpflichtigen zu seiner Haftung beigelegt werden. Wird festgestellt, dass ein EAG vorliegt, das ins Ausland verbracht werden soll, so liegt der Versuch einer illeaglen Verbringung von Abfällen vor. Es gelten dann die Sanktionen der Artikel 24 und 25 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 über die Verbringung von Abfällen, d.h. die Geräte müssen in Deutschland auf Kosten des Verbringers ordnungsgemäß nach den Vorschriften des ElektroG verwertet werden. 7. Bundestag muss noch zustimmen Der Gesetzentwurf wurde am 21. Mai 2015 zum ersten Mal im Bundestag beraten. Da der Bundesrat mehrere Änderungswünsche vorgebracht hat, ist damit zu rechnen, dass das Gesetz erst nach der Sommerpause im Herbst endgültig verabschiedet werden kann.