Seit dem Beginn meines Studiums war für mich klar, dass ich ein Auslandssemester machen möchte. Nur wusste ich nicht genau wohin. Im Wintersemester 2009/10 machte ich einen Spanisch-Intensivkurs an der Uni, die Sprache gefiel mir so gut, dass ich mich direkt in der ersten Woche für Spanien als mein Erasmus-Ziel entschied. Ich schrieb sofort dem Zuständigen, Hans-Peter Schmidtke, und traf mich am darauffolgenden Tag mit ihm. Da ich im Spanisch-Kurs gehört hatte, dass in der Gegend um Salamanca das reinste Spanisch gesprochen wird, wollte ich meine Erasmus-Zeit in dieser Gegend verbringen. Ein weiteres Kriterium war für mich, dass es möglichst wenig Touristen gibt, um schnell und gut Spanisch lernen zu können. Daher entschied ich mich - zusammen mit Herrn Schmidtke - für Palencia. Bei diesem ersten Treffen füllte ich auch gleich meinen Antrag zur Teilnahme an einem Austauschprogramm aus (dieser ist auf der Internetseite des ISO zu finden) sowie die Annahmeerklärung. Zusätzlich musste ich Angaben über meine Fremdsprachenkenntnisse in Spanisch machen. Damit war der Platz für mich im Sommersemester 2011 an der Uni in Palencia gesichert. Insgesamt ist die Anmeldung sehr unproblematisch verlaufen, da sowohl Herr Prof. Dr. Schmidtke als auch Frau Weers, Auslandskoordinatorin des ISO, mich immer sehr freundlich beraten und mir bei notwendigen Vorbereitungen für den Aufenthalt sehr geholfen haben. Nach ein paar Monaten bekam ich die Annahmebestätigung von der Universidad Valladolid. Die Universidad Palencia gehört mit zu der Universität Valladolid. Mittlerweile jedoch sind die beiden Universitäten sehr unabhängig voneinander, sodass ich kein einziges Mal in der Uni in Valladolid war. Bis Ende Dezember hatte ich nun Zeit, mich auf der Homepage der Uni zu Immatrikulieren. Hierfür ist das Registro de Estudiantes Extranjeros online auszufüllen und gemeinsam mit Fotos für den Studentenausweis an die Universität zu schicken. Im Dezember 2010 machte ich mich dann auf die Suche, den besten Weg zu finden um nach Palencia zu kommen. In Valladolid befindet sich ein Flughafen, der jedoch zu der Zeit nur aus Düsseldorf angeflogen wurde und mittlerweile gar nicht mehr aus Deutschland zu erreichen ist. Ich entschied mich für einen Flug von Bremen nach Barcelona-Girona und von Barcelona nach Valladolid. Da ich über Ryanair gebucht hab, kosteten mich die beiden Flüge insgesamt 90 Euro inklusive Gepäck. Anfang Februar musste ich noch Prüfungen an der Uni in Oldenburg machen, daher konnte ich erst Mitte Februar nach Palencia fliegen. Das Semester dort beginnt aber
schon Ende Januar. Die Verspätung war jedoch kein Problem. Da ich sehr spät abends in Valladolid landete, schlief ich eine Nacht in einem Hotel in Valladolid, dass mir vom ISO in Palencia empfohlen wurde, da es in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof für Züge und Busse ist. Am nächsten Morgen fuhr ich dann mit dem Zug nach Palencia. Am Bahnhof warteten 2 Studentinnen der Educación Social auf mich, um mit mir zu meiner angeblichen Unterkunft zu fahren. In Palencia kann man sich von der Uni Unterkünfte suchen lassen. Ca. 3 Monate bevor ich nach Palencia flog, beauftragte ich die Uni daher mit der Suche. Bis kurz vor meinem Abflug bekam ich jedoch keine Antwort. Bei meiner Nachfrage wurde mir gesagt, dass erstmal alle Erasmus-Studierenden in eine Residencia der Uni untergebracht werden und uns dann verschiedene Wohnungen gezeigt würden. In der Residencia angekommen, lag keine Reservierung für mich vor. Daher fuhren wir zur Uni und ich lernte die ErasmusKoordinatorin Maria Tejedór kennen. Es stellte sich heraus, dass es ein Kommunikationsproblem zwischen dem ISO und der Koordinatorin gegeben hatte und mir keine Wohnung gesucht wurde. Nach ca. 2 Stunden hatte ich einen Besichtigungstermin für eine Wohnung in der Innenstadt, in die ich dann auch einzog. Dort wohnte ich gemeinsam mit den drei anderen Erasmusstudentinnen. Die Wohnung befand sich direkt in der Innenstadt, in der Kneipenmeile. Wir hatten drei Badezimmer, ein riesiges Wohnzimmer und einen Balkon. Die Vermieterin war sehr nett und hielt sich an alle Absprachen. Am Anfang des Monats kam sie immer vorbei, um die Miete abzuholen. Die beiden Studentinnen, die mich auch vom Bahnhof abholten, begleiteten mich in den ersten Tagen zu allen wichtigen Terminen. Ich hatte vor meinen Auslandsaufenthalt 2 Semester Spanisch belegt und meine Sprachkenntnisse reichten nicht aus, um mit der Vermieterin zu reden. An den ersten Tagen war es generell etwas schwierig, da in Palencia so gut wie niemand Englisch redet und ich mich nur mit Mühe und Not verständigen konnte. Die Menschen waren jedoch alle sehr freundlich und gaben sich die größte Mühe mich zu verstehen und mir Sachen langsam und ruhig zu verstehen zu geben. In der ersten Woche besuchte ich verschiedene Veranstaltungen, um beurteilen zu können, was ich in meinem Learning Agreement machen wollte. Ich entschied mich für ein Praktikum bei der Fundación Secretariado Gitano und für ein Organisationsmodul und ein Mediationsmodul. Da ich Deutschland schon alle Kreditpunkte zusammen hatte, konnte ich belegen wozu ich Lust hatte. Ich musste nur auf 18KP kommen. Ich würde jedem empfehlen ein Praktikum zu machen, da ich so noch
schneller und besser die Sprache gelernt habe, mehr Leute kennengelernt hatte und am Ende nicht soviel Stress mit den Prüfungen hatte. Außerdem findet der Unterricht in Spanien so gut wie immer vormittags statt und der ganze Nachmittag ist frei. Bei meinem Praktikum habe ich von Montag bis Donnerstag nachmittags Nachhilfe gegeben und Mittwochvormittag im Büro geholfen. An den anderen Vormittagen hatte ich Uni und freitags frei. Das Semester ist Ende Mai vorbei und die Prüfungen gehen noch bis in die erste Juni Woche. Danach fahren alle SpanierInnen nach Hause. In Palencia ist es mir nicht schwer gefallen SpanierInnen kennenzulernen. Viele in Palencia machen und haben selber schon Erasmus Erfahungen gemacht und kennen die Situation und/oder freuen sich ihre Erfahrungen auszutauschen und sich bei den Vorbereitungen helfen zu lassen. Drei meiner Freunde aus Palencia haben im darauffolgenden Semester Erasmus in Oldenburg gemacht. Schade ist, dass die meisten StudentInnen nicht auch Palencia direkt kommen und so gut wie jedes Wochenende nach Hause fahren, daher können diese manchmal recht langweilig werden. Ich habe die Zeit genutzt und bin viel gereist und habe auch das eine oder andere Mal Freunde in ihrem Dorf besucht. Vom Bahnhof (per Bus oder Zug) kommt man in alle wichtigen und schönen Städte Nordspaniens. Besonders schön sind die Küstengegenden. Auch über den Flughafen in Valladolid kann man mit Ryanair günstig umher fliegen. Ich habe zum Beispiel meine Osterferien in Portugal verbracht. Da wir insgesamt nur 4 Erasmus-Studentinnen waren, von denen 2 keine Lust hatten irgendetwas zu unternehmen, war man sehr stark auf andere Kontakte angewiesen. Was ich sehr schade fand, ist, dass es von der Uni Palencia aus keinerlei Erasmusaktivitäten gibt. An der Uni gibt es nicht mal einen Sprachkurs. Ich machte einen Sprachkurs bei der Volkshochschule, was auch gut war, da er umsonst war und wir nur 4 bzw. manchmal 5 SchülerInnen waren. Zwar werden verschiedene Aktivitäten vom Campus in Valladolid angeboten, da wir aber keinerlei Kontakt zu der Uni hatten, war es schwierig dort an Angeboten teilzunehmen. Palencia ist mit seinen ca. 83.000 Einwohnern die relativ kleine Hauptstadt der gleichnamigen Provinz und liegt in der Region Castilla y León. Die Stadt hat wirklich hübsche Ecken mit seinen vielen schönen Plätzen in der Innenstadt und netten Parks am Fluss. Es ist zwar im Winter ziemlich kalt, die Atmosphäre der Plazas lässt sich jedoch im Sommer um so besser genießen.
Unbedingt anschauen sollte man den Platz der Kathedrale und den Plaza Mayor. Außerdem lohnt sich ein Spaziergang zum Fuß des Cristo del Otero etwas außerhalb von Palencia. Sie ist eine der größten Christus-Statuen der Welt. Was man sich auf keinen Fall entgehen lassen darf, ist eine Uni-Party in Palencia, die sich I.T.A. oder auch San Isidro nennt. Diese wird in dem Park veranstaltet, in dem sich auch das Freibad befindet. Es kommen zahlreiche StudentInnen, auch aus den Orten der anderen Fakultäten, um ohne Ende zu feiern. Viele StudentInnen gehen auch schon den Abend vorher weg und feiern den nächsten Tag und die nächste Nacht durch. Hier ist es besonders einfach Leute kennenzulernen. Was das Feiern an sich in Palencia angeht gibt ein Gebiet das Zona genannt wird. Dort befinden sich mehrere Bars und Discos. In Palencia ist man nie länger als ein oder zwei Lieder in einer Disco, dann wird gewechselt. Vor 1 oder 2 Uhr nachts ist dort auch nichts los, meistens trifft man sich ab 0 Uhr nachts bei irgendwem zu Hause, trinkt etwas und geht dann gegen 2, halb 3 los. Ich hatte vorher gehört, dass man in Valladolid und Leon sehr gut feiern gehen kann, da aber die Zug- und Busfahrpläne geändert wurden und man erst mittags zurück kommen kann, habe ich das nie ausprobiert. Woran ich mich am Anfang sehr gewöhnen musste (was ich aber am Ende sehr zu schätzen wusste), ist die Siesta. In der Zeit von ca.14 bis ca. 18 Uhr haben so gut wie alle Einkaufsläden zu und die Stadt ist wie leer gefegt. Dafür ist abends mehr los und die Geschäfte haben bis um 21Uhr auf. Die Straßen füllen sich auch erst wieder ab 18 Uhr und es herrscht ein reges Treiben bis um ca. 22 Uhr. Um Kontakt mit meinen Freunden haben zu könne, kaufte ich mir eine spanische SimKarte von Orange. Einige meiner Freunde begleiteten mich in den Laden. Um in Spanien Sim-Karten zu bekommen brauch man entweder einen Spanischen Ausweis oder eine NIE (Numero de Identificación Extranjero). Diese bekommt man für 10 Euro bei der Polizei hinter dem Bahnhof. In meiner Wohnung hatten wir leider nur Internet aus dem Café unter uns und dies auch nur in unserem Wohnzimmer. Es kam vor, dass wir z.b. bei Renovierungsarbeiten im Café eine Woche ohne Internet waren. Eine meiner Mitbewohnerinnen hat sich einen Pincho (Internetstick) von Moviestar geholt, da sie keinen Empfang bei sich im Zimmer hatte. Dies ist nicht zu empfehlen, da man ein spanisches Konto braucht und am Ende Schwierigkeiten bekommen kann bezüglich der Kündigung der Vertrages und des Kontos.
Insgesamt war die Zeit in Palencia sehr schön. Ich habe viele nette SpanierInnen kennengelernt und viel vom Land gesehen. Um Spanisch zu lernen ist Palencia sicher am besten geeignet. Ich fand es jedoch schade, dass es sowenig Aktionen gab und man an den Wochenende meistens allein in Palencia war, da alle anderen StudentInnen nach Hause fuhren. Wenn ich noch einmal Erasmus machen würde, würde ich wohl nicht nochmal nach Palencia fahren, da es doch schöner ist, mehr Leute um sich herum zu haben. Nichtsdestotrotz waren es schon 5 Monate, in denen ich viel gelernt, gesehen und erlebt habe und die ich nicht missen möchte.
Palencia: Innenstadt
Cristo del Otero
Kathedrale in Palencia
Innenstadt Palencia