Sonder Hospiz Info Brief 1 / 2010 1. Juni 2010



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Transkript:

Sonder Hospiz Info Brief 1 / 2010 1. Juni 2010 Stellungnahme Stellungnahme Stellungnahme Stellungnahme der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung zur anstehenden Revisions-Entscheidung des Bundesgerichtshofes über das Urteil gegen einen Rechtsanwalt, der 2009 wegen versuchten Totschlags an einer Patientin im Wachkoma schuldig gesprochen worden war von Eugen Brysch, Geschäftsführender Vorstand der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung I. Tenor des Urteils des Landgerichts Fulda vom 30.04.2009 gegen RA Wolfgang Putz und die Tochter der Patientin (Az: 1 Ks 16 Js 1/08): RA Putz wurde wegen versuchten Totschlags in einem minder schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten auf Bewährung verurteilt ( 212 Abs. 1, 213 Alt. 2 StGB). Die Angeklagte NN wurde vom Vorwurf des versuchten Totschlags freigesprochen. II. Sachverhalt: Die Patientin, Mutter der Angeklagten NN, erlitt im Oktober 2002 mit 71 Jahren eine Hirnblutung, aus der ein Apallisches Syndrom (Wachkoma) resultierte. Die Patientin war schwerst pflegebedürftig und befand sich zur Tatzeit in einem Pflegeheim (Residenz Ambiente) in Bad Hersfeld. Sie wurde mittels einer PEG-Sonde künstlich ernährt (Erklärung: Es handelt sich hier um eine spezielle Form der Ernährung, die die Zufuhr flüssiger Nahrung über eine Sonde möglich macht, die vom Magen durch die Bauchwand nach außen führt.). Es war eine Berufsbetreuerin gerichtlich bestellt. Nach Angaben der Angeklagten NN und deren Bruder hat die Patientin im September 2002 anlässlich einer Hirnblutung, die ihr Ehemann Anfang 2002 erlitten hatte, geäußert, dass sie nicht auf fremde Hilfe angewiesen sein und auch nicht in ein Pflegeheim kommen wolle. Sie wolle keine lebensverlängernden Maßnahmen in Form einer künstlichen Ernährung oder Beatmung. An Schläuche wolle sie nicht angeschlossen sein. Eine schriftliche Patientenverfügung erstellte die Patientin nicht. (Anmerkung: Das LG Fulda ist auf Seite 26 des Urteils der Auffassung, dass hier eine mündliche Patientenverfügung vorlag, so dass es auf eine mutmaßliche Einwilligung nicht ankam.)

Sonder Hospiz Info Brief 1 / 10 Seite 2 von 8 Ab März 2006 versuchte die Angeklagte, auf die Berufsbetreuerin ihrer Mutter hinsichtlich einer Einstellung der künstlichen Ernährung einzuwirken. Hierzu wandte sie sich auch an RA Putz, da die Berufsbetreuerin ihre Zustimmung zum Behandlungsabbruch verweigerte. Nach mehreren Gesprächen und dem Einschalten des Vormundschaftsgerichts kamen im August 2007 die Berufsbetreuerin, die Angeklagte NN und RA Putz überein, dass die Angeklagte die Betreuung ihrer Mutter übernehmen soll. Daraufhin bestellte das Amtsgericht Bad Hersfeld antragsgemäß die Angeklagte zur Betreuerin, wobei das Vorhaben der Angeklagten, die Ernährungstherapie zu beenden, dem Gericht bekannt war. Im November 2007 stellte der behandelnde Arzt fest, dass keine ärztliche Indikation der künstlichen Ernährung mehr gegeben sei, da eine Besserung des Gesundheitszustandes aus medizinischer Sicht nicht mehr zu erwarten sei. Die Frage, warum der Arzt nach fünf Jahren künstlicher Ernährung zu einer Änderung seiner Ansicht hinsichtlich der medizinischen Indikation kam, war nicht Gegenstand der gerichtlichen Sachverhaltsaufklärung und wurde auch nicht kritisch hinterfragt. Am 29.11.2007 widerrief RA Putz im Namen der Angeklagten NN gegenüber dem behandelnden Arzt die Zustimmung zur künstlichen Ernährung. Der Arzt teilte daraufhin im Dezember 2007 die Betreuerentscheidung und seine Ansicht bezüglich der fehlenden medizinischen Indikation einer weiteren künstlichen Ernährung dem Pflegeheim schriftlich mit. Zudem forderte RA Putz das Pflegeheim auf, die künstliche Ernährung gemäß beigefügter Vorgaben des Interdisziplinären Palliativzentrums München innerhalb von drei Tagen auf Null zu reduzieren. Diese Reduzierung ordnete der Arzt am 17.12.2007 an und vermerkte dies auch in der Krankendokumentation. Da sich die Mitarbeiter des Pflegeheims weigerten, die künstliche Ernährung einzustellen, einigten sich am 19.12.2007 die Heimleitung, die Angeklagte NN und RA Putz darauf, dass die Pflegekräfte ab sofort nur noch pflegerische Tätigkeiten ausführen werden. Die Angeklagte NN sollte eigenverantwortlich die Substitution der PEG-Sonde beenden, Schmerzpflaster aufkleben und Mundpflege betreiben. Zu diesem Zweck könne die Angeklagte auch allein mit ihrer Mutter in deren Zimmer bleiben und dort übernachten. Eine Zustimmung des Vormundschaftsgerichts zur Einstellung der lebenserhaltenden künstlichen Ernährung lag nicht vor und wurde auch nicht beantragt. (Anmerkung: Die Rechtslage war hier bezüglich der Erfordernis einer Genehmigung des Behandlungsabbruchs durch das Vormundschaftsgericht im Falle des Konsenses zwischen Betreuer und Arzt nicht eindeutig und zwischen den Senaten des Bundesgerichtshofes strittig. So hielt der 1. Strafsenat des BGH in seiner sog. Kemptener Entscheidung (BGH NJW 1995, 204 ff.) eine solche Genehmigung aufgrund eines Erst-recht-Schlusses gemäß 1904 analog BGB a. F. für erforderlich. Dies ergebe sich daraus, dass, wenn schon eine Einwilligung des Betreuers in für den Betroffenen besonders gefährliche Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe der vormundschaftlichen Genehmigung bedürfen, so müsse dies um so mehr für Maßnahmen gelten, die eine ärztliche Behandlung beenden sollen und mit Sicherheit binnen kurzem zum Tode des Betroffenen führen. Der 12. Zivilsenat des BGH hingegen geht in seinen im Vergleich zum Urteil des Strafsenats neueren Entscheidungen aus den Jahren 2003 und 2005 (BGH NJW 2003, 1588 ff., 2005, 2385 ff.) nur dann von dem Erfordernis einer vormundschaftlichen Genehmigung aus, wenn kein Konsens zwischen Betreuer und Arzt vorliegt. Eine unmittelbare Todesnähe wurde nicht mehr ausdrücklich vorausgesetzt, wobei der BGH in diesem Falle zu der Auffassung kommt, dass ein Grundleiden einen irreversiblen tödlichen Verlauf angenommen haben muss). Daraufhin entfernte die Angeklagte NN am 20.12.2007 die Flasche mit der Nährflüssigkeit und ersetzte diese durch eine Wasserflasche mit 100 ml Inhalt. Die Angeklagte NN verließ am 20.12.2007 gegen 17 Uhr das Pflegeheim in der Absicht, in den Folgetagen die Wasserzufuhr bis auf Null zu reduzieren.

Sonder Hospiz Info Brief 1 / 10 Seite 3 von 8 Am Vormittag des 21.12.2007 erhielt die Heimleiterin von der Geschäftsleitung aus Unterschleißheim die Weisung, die künstliche Ernährung sofort wieder aufzunehmen, was gegen 11.00 Uhr auch geschah. Zudem rief die Juristin der Geschäftsleitung gegen 14.00 Uhr bei RA Putz an und teilte diesem die Wiederaufnahme der künstlichen Ernährung wegen strafrechtlicher Risiken (siehe obige Anmerkung zur unterschiedlichen Rechtssprechung der Senate des BGH) mit. Auf den Vorhalt von RA Putz, dass diese eigenmächtige Ernährung eine Straftat sei, ging die Juristin nicht ein, sondern verlangte von der Angeklagten NN als Betreuerin innerhalb von 10 Minuten das Einverständnis zur Fortsetzung der künstlichen Ernährung. Anderenfalls würde die Angeklagte ein Hausverbot erhalten. RA Putz hielt daraufhin mit seiner Anwaltskollegin Rücksprache. Beide kamen zu dem Ergebnis, dass die Angeklagte NN in diesem Falle nur die Möglichkeit habe, den Schlauch der PEG-Sonde zu durchtrennen, um so eine weitere Ernährung zu unterbinden. Anschließend informierte RA Putz um kurz nach 14 Uhr telefonisch die Angeklagte NN über das gesetzte Ultimatum des Pflegeheims und riet dieser auf Nachfrage zur Durchtrennung des Versorgungsschlauches. Dabei solle die Angeklagte NN den Schlauch möglichst nah zur Bauchdecke durchschneiden, um eine Reparatur des Schlauches zu verhindern. RA Putz teilte der Angeklagten NN ausdrücklich mit, dass dieses Vorgehen strafrechtlich nicht relevant sei, da es durch die Rechtsprechung des BGH zur Hilfe zum Sterben gedeckt sei. Die Rechtslage sei insofern sicher. Vielmehr begehe das Pflegeheim durch die Fortsetzung der Ernährung eine Straftat. Die Angeklagte NN durchtrennte um 14.30 Uhr den Versorgungsschlauch der PEG-Sonde mit einer Schere unmittelbar über der Bauchdecke. Erst zu diesem Zeitpunkt kann daher nach Feststellung des Gerichts der Sterbeprozess begonnen haben. Die Behauptung des RA Putz, dass sich die Patientin am 21.12.2007 bereits mitten im Sterbeprozess befunden habe, so dass es ärztlich, moralisch und ethisch unvertretbar gewesen sei, in diesen Sterbeprozess einzugreifen war somit unzutreffend. Das Durchtrennen des Schlauches wurde gegen 14.40 Uhr von Mitarbeitern des Pflegeheims entdeckt, die sofort die Polizei verständigten. Auf Anweisung der Staatsanwaltschaft Fulda wurde die Patientin noch am selben Tag in ein Krankenhaus verlegt. Die Patientin verstarb am 05.01.2008 aufgrund eines Herzversagens bei schwerer Herzschädigung wegen Bluthochdruckerkrankung. Ein Zusammenhang mit der am 21.12.2007 erfolgten Durchtrennung des Versorgungsschlauches und dem Tod ließ sich aus rechtsmedizinischer Sicht nicht erkennen (Rechtsmedizinisches Gutachten der Universität Gießen). III. Entscheidungsgründe: 1. Angeklagter RA Putz a) Tatbestand Die Verurteilung erfolgte nur wegen eines versuchten Totschlags, da das Durchtrennen des Versorgungsschlauchs am 21.12.2007 nicht kausal für den Tod der Patientin war. Allerdings wertete das Gericht den Tatbeitrag gemäß der Tatherrschaftstheorie als Mittäterschaft und nicht nur als Anstiftungshandlung, was aber in der Strafzumessung keine Auswirkungen hat ( 26 StGB). Da Mittätern das tatplanmäßige Handeln einander zugerechnet wird, hat RA Putz zur Tötungshandlung auch im Zeitpunkt des Durchschneidens des Schlauches durch die Angeklagte NN zur Tötungshandlung unmittelbar angesetzt (sog. Gesamtlösung).

Sonder Hospiz Info Brief 1 / 10 Seite 4 von 8 Auch handelte RA Putz vorsätzlich, so dass der Tatbestand des versuchten Totschlags erfüllt war ( 212, 22, 23, 25 StGB). Das Gericht sah die Durchtrennung des Schlauches mit der Schere als aktives Tun und nicht als Unterlassungshandlung gemäß 13 StGB an. b) Rechtswidrigkeit Nach Ansicht des Gerichts lag auch kein Rechtfertigungsgrund vor, so dass die Tat auch rechtswidrig war. aa) Rechtfertigende mutmaßliche Einwilligung Eine Einwilligung der Patientin in ihre eigene aktive Tötung ist nicht möglich, da der Patientin die Dispositionsbefugnis hinsichtlich des eigenen Lebens fehlte. Grund: Strafbarkeit der Tötung auf Verlangen, 216 StGB. Auch lag keine passive Sterbehilfe vor, da diese nur ein Unterlassen und eben kein aktives Tun rechtfertigt. Zwar würde in der Rechtsprechung das Abschalten eines Beatmungsgerätes als Unterlassen angesehen, jedoch handle es sich hier um einen Kunstgriff, um dieses Verhalten als passive Sterbehilfe zu rechtfertigen (Anmerkung: Diese Ansicht hat das Landgericht aus dem Strafrechtskommentar von Tröndle/Fischer zu 211 StGB übernommen.) Zudem habe der Sterbevorgang nicht unmittelbar eingesetzt. Auch scheidet eine Hilfe zum Sterben aus, da hier ein aktives Tun vorlag. bb) Notwehr, 32 StGB Es lag keine Notwehr gemäß 32 StGB vor. Zwar stellte die Fortsetzung der künstlichen Ernährung durch das Pflegeheim am 21.12.2007 einen rechtswidrigen Angriff auf die körperliche Integrität der Patientin dar (Körperverletzung und Nötigung), da die Patientin im September 2002 durch eine mündliche Patientenverfügung auf lebensverlängernde Maßnahmen wirksam verzichtet habe. Die Notwehr beschränkt sich jedoch nur auf die Rechtfertigung von Eingriffen in die Rechtsgüter des Angreifers (hier: Pflegeheim) und nicht Dritter (hier: Patientin). cc) Rechtfertigender Notstand, 34 StGB Dieser scheidet aus, da das geschützte Interesse (hier: Schutz vor Körperverletzung) das beeinträchtigte Rechtsgut (hier: Leben) nicht wesentlich überwiegt. c) Schuld RA Putz handelte auch schuldhaft. Ein entschuldigender Notstand gemäß 35 StGB konnte nicht angenommen werden, da dieser nur zugunsten eines Angehörigen oder einer sonst nahe stehenden Person möglich ist. Ein Mandatsverhältnis reicht für ein Näheverhältnis nicht aus. Zudem lag auch keine Notstandslage vor. Es wäre nämlich zumutbar gewesen, den Rechtsweg zu beschreiten. Ferner lag auch kein unvermeidbarer Erlaubnisirrtum gemäß 17 StGB analog vor, der die Strafbarkeit entfallen ließe, wenn der Täter fälschlicherweise davon ausging, dass er rechtmäßig

Sonder Hospiz Info Brief 1 / 10 Seite 5 von 8 handelte. Dieser Irrtum war aber vermeidbar, da RA Putz aufgrund seiner Berufsausbildung die Tragweite der gesetzlichen Vorschriften hätte erkennen können. d) Strafzumessung Das Gericht ging von einem minder schweren Fall des Totschlags gemäß 212, 213 Alt. 2 StGB aus, da RA Putz aus altruistischen Motiven gehandelt habe, und die Konfliktlage vom Pflegeheim durch die Fortsetzung der Ernährung gegen den Willen des behandelnden Arztes und der Betreuerin herbeigeführt worden sei. Letztendlich handelt es sich um einen Grenzfall zwischen erlaubter passiver Sterbehilfe und verbotenem Totschlag. Zusätzlich hat das Gericht die Strafe zweimal gemindert ( 49 StGB), da nur ein Versuch und ein vermeidbarer Erlaubnisirrtum vorlag ( 22, 23 Abs. 1 und 2, 17 Satz 2 StGB). Die Freiheitsstrafe von 9 Monaten wurde zur Bewährung ausgesetzt. 2. Angeklagte NN Die Angeklagte NN wurde vom Vorwurf des versuchten Totschlags freigesprochen, da sie einem unvermeidbaren Erlaubnisirrtum gemäß 17 StGB analog unterlag und somit ohne Schuld handelte. Die Angeklagte NN hatte sich am 21.12.2007 den Rat eines auf dem Gebiet der Palliativmedizin erfahrenen Rechtsanwalts eingeholt und konnte daher dessen eindeutiger Rechtsauskunft vertrauen. IV. Stellungnahme der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung zum Urteil Das Urteil des Landgerichts Fulda vom 30.04.2009 ist hinsichtlich des Urteiltenors zu begrüßen. Die Urteilsbegründung ist jedoch in vielen Bereichen oberflächlich und geht auf entscheidende Fragestellungen nicht ein. Insgesamt ist zu sagen, dass das Urteil die uneinheitliche Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes zum Thema Sterbehilfe der vergangen Jahre und die damit verbundene Rechtsunsicherheit in einer kaum zu übertreffenden Deutlichkeit wieder spiegelt. 1. Fehlende medizinische Indikation der künstlichen Ernährung Die Patientin befand sich seit Oktober 2002 im Wachkoma und wurde seitdem auch künstlich mittels einer PEG-Sonde ernährt. Im November 2007, also nach über fünf Jahren, stellte der behandelnde Arzt fest, dass keine ärztliche Indikation der künstlichen Ernährung mehr gegeben sei. Eine wesentliche Verschlechterung des Grundleidens, also des Wachkomas, trat während dieses Zeitraums von fünf Jahren nicht ein und wurde auch nicht vorgetragen. Dieser vollständige Wandel der ärztlichen Einschätzung hinsichtlich der medizinischen Indikation wurde vom Gericht nicht in Frage gestellt, obwohl sich dies aufgedrängt hätte. (1) Zum einen hätte sich das Gericht mit der Frage befassen müssen, ob für eine künstliche Ernährung überhaupt eine medizinische Indikation erforderlich ist, die von der Einschätzung des Arztes abhängt. Denn nur wenn die Sondenernährung eine ärztliche Behandlung ist, kann das ärztliche Behandlungsangebot unterbreitet und auch verweigert werden (vertiefend hierzu: Höfling/Rixen JZ 2003, 888). (2) Auch wenn das Gericht sich der Meinung anschließt, dass auch die künstliche Ernährung der medizinischen Indikation bedürfe, hätte es den Wegfall der Indikation im November 2007

Sonder Hospiz Info Brief 1 / 10 Seite 6 von 8 feststellen müssen. Hier hätte das Gericht die Entscheidung des Arztes etwa anhand der Sterbebegleitungs-Empfehlungen der Bundesärztekammer vom 07.05.2004 überprüfen können, in denen es heißt, dass künstliche Ernährung auch für Patienten mit schwersten cerebralen Schädigungen und anhaltender Bewusstlosigkeit (apallisches Syndrom, sog. Wachkoma) geboten sei. Die Dauer der Bewusstlosigkeit dürfe kein alleiniges Kriterium dafür sein, die künstliche Ernährung zu beenden. 3. Fehlerhafte Ermittlung des Patientenwillens Das Gericht kam zu der Einschätzung, dass seitens der Patientin eine wirksame unmittelbare Einwilligung in den Behandlungsabbruch durch die mündliche Patientenverfügung vom September 2002 vorlag (Urteil LG Fulda, Seite 26 oben). Das Gericht nahm hierbei die Aussage der Tochter (Angeklagte NN) als wahr hin und unterzog diese zudem einer falschen rechtlichen Bewertung. (1) Das Gericht hätte im Rahmen der Sachaufklärung die Angeklagte NN mit dem Umstand konfrontieren müssen, warum diese erst im März 2006, nachdem die Patientin bereits seit November 2002 im Wachkoma lag, von der Berufsbetreuerin die Zustimmung zur Ernährungseinstellung verlangte, und dies nicht bereits unmittelbar nach der Diagnose Wachkoma tat. Warum versuchte die Angeklagte NN, den Willen ihrer Mutter erst nach über drei Jahren im Wachkoma umzusetzen, wenn doch der Wille der Mutter zur Einstellung der lebenserhaltenden Maßnahmen nach Ansicht der Angeklagten NN eindeutig und unmissverständlich vorlag? Vor diesem Hintergrund wäre das Gericht verpflichtet gewesen, die Umstände und Motive der Angeklagten NN zu ermitteln. (2) Des Weiteren können die pauschalen Äußerungen der Patientin nicht als mündliche Patientenverfügung gewertet werden, sondern stellen höchstens Anhaltspunkte zur Ermittlung des mutmaßlichen Patientenwillens dar. Für eine Patientenverfügung, die vor der Änderung des 1901 a BGB mit Wirkung zum 01.09.2009 unter gewissen Umständen auch mündlich erfolgen konnte, fehlt die gerichtliche Feststellung hinsichtlich umfassender medizinischer Aufklärung, zutreffender Vorstellungen über den Krankheitszustand und der damit unter Umständen verbundenen Leiden. Aber auch ein entsprechender mutmaßlicher Wille, wie vom Landgericht Fulda hilfsweise angeführt, hätte nicht angenommen werden dürfen. Der Bundesgerichtshof (BGHZ, Beschluss vom 17.03.2003, XII ZB 2/03) verlangt hier die Feststellung des individuell-mutmaßlichen Willens des Patienten. Hinsichtlich des Anlegens von objektiven Maßstäben und deren Kriterien verhält sich der Bundesgerichtshof sehr zurückhaltend. Das Landgericht Fulda ist von einer individuellen Ermittlung des Patientenwillens weit entfernt, wenn es seine eigenen Einschätzungen von menschlicher Würde an die Stelle der individuellen Einschätzung der Lebenssituation der Patientin setzt. Dies wird insbesondere in der Bewertung der Situation der Patientin deutlich, wenn das Gericht auf Seite 26 ausführt, dass die Wiederherstellung allgemeiner Vorstellung nach menschenwürdiger Lebensumstände aufgrund des damaligen Zeitpunkts nicht zu erwarten war. 4. Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen der passiven Sterbehilfe Das Landgericht führt zutreffend die unterschiedlichen Auffassungen des 1. Strafsenats des BGH vom 13.09.1994 ( Kempten ) und des 12. Zivilsenats des BGH vom 17.03.2003 und vom 08.06.2005

Sonder Hospiz Info Brief 1 / 10 Seite 7 von 8 ( Peter K. ) zu den Voraussetzungen einer vormundschaftlichen Genehmigung des Abbruchs lebenserhaltender Maßnahmen sowie den Voraussetzungen der erlaubten Sterbehilfe aus. Nach Ansicht des 1. Strafsenat, setzt (straffreie) Sterbehilfe voraus, dass das Grundleiden eines Kranken nach ärztlicher Überzeugung unumkehrbar (irreversibel) ist, einen tödlichen Verlauf angenommen hat und der Tod in kurzer Zeit eintreten wird. In diesem Stadium ist es deshalb gerechtfertigt, von Hilfe für den Sterbenden und Hilfe beim Sterben zu sprechen (BGHSt 40, 257). Demgegenüber vertritt der 12. Zivilsenat die Meinung, dass es ausreicht, wenn das Grundleiden einen irreversiblen tödlichen Verlauf angenommen hat (BGHZ XII ZB 2/03). Das Element der unmittelbaren Todesnähe wurde hier herausgenommen. Subsumiert man nun den Sachverhalt unter diese Tatbestandsvoraussetzungen der passiven Sterbehilfe, so käme man nach Ansicht des 1. Strafsenats zu dem Ergebnis, dass keine Sterbehilfe vorlag, da eine unmittelbare Todesnähe vor dem Durchtrennen des Versorgungsschlauches am 21.12.2007 eindeutig nicht vorlag. Nach der traditionellen-medizinischen Auffassung handelt es sich bei dem apallischen Syndrom nämlich um eine Bewusstseinsstörung, bei der vegetative Funktionen, wie Temperatur-, Kreislauf- und Atemsteuerung so weit erhalten werden, dass ein Überleben bei guter Versorgung über Jahre hinweg möglich ist. Aber auch, wenn das Gericht sich der jüngeren Ansicht des 12. Zivilsenats angeschlossen hätte, hätte es die Annahme eines Grundleidens mit einem irreversiblen tödlichen Verlauf ablehnen müssen, da auch hier von der juristischen Lehre eine zumindest mittelbare Todesnähe vorausgesetzt wird. Würde man nämlich allein auf das Bestehen eines irreversiblen und tödlichen Grundleidens ohne Todesnähe abstellen, wäre eine objektive Eingrenzung der erlaubten Sterbehilfe, wie es der BGH verlangt, nicht mehr möglich. Daher hätte auch nach Ansicht des 12. Zivilsenats mangels eines in kurzer Zeit zu erwartenden Todes keine passive Sterbehilfe vorgelegen. RA Putz hätte daher unabhängig davon, welcher Rechtsansicht er gefolgt wäre, in keinem Fall eine erlaubte Sterbehilfe geleistet. Auf einen Konsens oder Dissens zwischen Betreuerin und Arzt als etwaige Voraussetzung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung gemäß 1904 BGB analog kam es daher nicht an. Das Landgericht Fulda umging die juristische Auseinandersetzung mit der unterschiedlichen Rechtssprechung der BGH-Senate in dem es das Durchtrennen des Versorgungsschlauches als aktives Tun bewertet. Da aber nur ein Unterlassen von der passiven Sterbehilfe abgedeckt wird, schied eine erlaubte Sterbehilfe sowohl nach Ansicht des Strafsenats als auch des Zivilsenats aus, so dass das Gericht keine Entscheidung treffen musste, welcher Ansicht es sich anschloss. Den Umstand, dass die Rechtssprechung (BGH 40, 265) auch das Abschalten eines Beatmungsgerätes nur als ein Unterlassen, das daher eine passive Sterbehilfe darstellen kann, einstuft, umgeht das Landgericht mit der Anmerkung, dass es sich hier um einen Kunstgriff handle, um eine Straflosigkeit zu konstruieren. 5. Fazit Zwar mag das Urteil hinsichtlich der Verurteilung des Angeklagten im Ergebnis richtig sein, jedoch hat das Gericht die Möglichkeit verpasst, zahlreiche Rechtsfragen, die von entscheidender Bedeutung für den Schutz der Integrität und des Selbstbestimmungsrecht der Patienten sind, zu beantworten und zu klären. Hiermit steht das Landgericht Fulda aber nicht allein, da bereits der 12. Zivilsenat in seinem Beschluss vom 17.03.2003 die unterschiedlichen Rechtsansichten zwischen den Senaten erkannt, aber

Sonder Hospiz Info Brief 1 / 10 Seite 8 von 8 die Rechtsfrage nicht den Vereinigten Großen Senaten des BGH gemäß 132 GVG vorgelegt hat, da die Beantwortung für die Entscheidung des konkreten Falls nicht entscheidend war. Dieses Urteil führt auch vor Augen, wie notwendig und sinnvoll das am 18.06.2009 vom Bundestag beschlossene und am 01.09.2009 in Kraft getretene Patientenverfügungsgesetz war. Dieses schafft Rechtssicherheit in Bereichen, die vor dem Inkrafttreten, wie das vorliegende Urteil des Landgerichts Fulda zeigt, zu einer erheblichen Verunsicherung der Patienten, Ärzte, Pflegepersonal und Angehörigen geführt hat. Geklärt wurden insbesondere die Fragen der betreuungsgerichtlichen Genehmigung des Behandlungsabbruches bei Konsens zwischen Arzt und Betreuer ( 1904 Abs. 4 BGB), des Inhalts und der Form einer Patientenverfügung ( 1901 a Abs. 1 BGB) und der Vorgehensweise bei Ermittlung des mutmaßlichen Willens ( 1901 a Abs. 2 BGB). Hinsichtlich der erstinstanzlichen Verurteilung des angeklagten Rechtsanwalts hoffen wir, dass diese Handlung nicht straflos bleiben wird. Selbstjustiz hat in Alten- und Pflegeheimen nichts verloren. Hier müssen klare Signale gesetzt werden. Dortmund, 01.06.2010