Gemeinde aktuell: Archiv 31 (vom Februar 2006)



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Transkript:

Gemeinde aktuell: Archiv 31 (vom Februar 2006) Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) Anlässlich seines 100. Geburtstages beschäftigte sich unser Marienkreis am 1. Februar und unsere Kirchengemeinde in ihrem Gottesdienst am 5. Februar mit Dietrich Bonhoeffer. Ein klein wenig davon möchten wir in diesem Rahmen wiedergeben. Biographie 4.2.1906 geboren in Breslau als sechstes von acht Kindern, der Vater ist der Arzt und Neurologe Prof. Dr. Karl Bonhoeffer, die Mutter Paula, geb. von Hase

1912 zieht die Familie nach Berlin in die Wangenheimstr. 47, dann 1935 endgültig in diemarienburger Allee 43 Mit 17 Jahren - 1923 - macht er Abitur und beginnt das Theologiestudium

1924 reist er nach Rom und legt 1927 - mit 21 Jahren - seine Promotion vor "Sanctorum communio - eine dogmatische Untersuchung zur Soziologie der Kirche" 1928 erstes theologisches Examen, Vikariat in der deutschen Gemeinde in Barcelona 1930 Zweites Theologisches Examen mit Habilitation "Akt und Sein - Transzendentalphilosophie und Ontologie in der Systematischen Theologie", Privatdozent in Berlin, Reise nach New York, Union Theological Seminary, 1931 Rückkehr nach Berlin, Studentenpfarrer an der Technischen Hochschule Berlin. - Jugendsekretär des "Weltbundes für Freundschaftsarbeit der Kirchen" 1932 Konfirmandengruppe in Berlin, Umzug aus dem vornehmen Grunewaldviertel in das Proletarierviertel Prenzlauer Berg, Man wählt hier kommunistisch. - Eröffnung der Charlottenburger Jugendstube, einer Einrichtung für erwerblose Jugendliche, wird 1933 von den Nazis geschlossen

1933, 1.2. Radiovortrag "Wandlungen des Führerbegriffes" (während der Übertragung durch die Senderleitung abgebrochen), im April Aufsatz "Die Kirche vor der Judenfrage", im August Flugblatt "Der Arierparagraph in der Kirche", im Oktober Pfarrer an der deutschen Gemeinde in London 1934 Oekumenische Konferenz in Fanö. Trennung der deutschen Gemeinde in London von der "Reichskirchenregierung" (Heckel) 1935 Beginn des Predigerseminars der Bekennenden Kirche erst auf dem Zingsthof, dann in Finkenwalde 1937 Polizeiliche Schließung von Finkenwalde

1938 Ausweisung aus Berlin 1939 Reise nach London und in die USA, trotz der Bitten der amerikanischen Freunde Absage, dort zu bleiben, im Juli Rückkehr nach Deutschland 1940 Nach Kontakten mit Verschwörern UK-Stellung ("Unabkömmlich") bei der "Abwehr", Kloster Ettal 1941 Reise in die Schweiz, Druck- und Veröffentlichkeitsverbot, "Unternehmen 7", Judendeportationen aus Berlin 1942 Reisen nach Norwegen, Stockholm - Treffen mit Bischof Bell - und in die Schweiz 1943 Verlobung mit Maria von Wedemeyer, im April Verhaftung wegen angeblicher Devisenaffäre in der "Abwehr", Anklage "Zersetzung der Wehrkraft" 1944 Attentat vom 20. Juli, Fund der Zossener Akten mit den Namen der unterrichteten oder an der Vorbereitung des Attentats beteiligten Personen, Fluchtplan aufgegeben, Gestapokeller Prinz-Albrecht.Straße

1945 KZ Buchenwald, 5.4. Hitlers persönlicher Vernichtungsbefehl, Schönberg, KZ Flossenbürg, Standgericht, am 9.4. hingerichtet, Bruder Klaus in Berlin und Schwager von Donanyi in Sachsenhausen getötet Quelle: Internationale Bonhoeffer-Gesellschaft (ibg) Seine Theologie Die Zeit für eine ausgereifte und zu Ende gedachte Theologie war Dietrich Bonhoeffer nicht vergönnt. Wie sein Leben so blieb auch seine Theologie ein Fragment.Doch davon sei einiges hier erwähnt: Anlässlich seiner Konfirmation im Jahr 1921 erhält Dietrich Bonhoeffer von seiner Mutter eine Bibel. Eine Bibel, die für Dietrich Bonhoeffer eine besondere Bedeutung haben sollte. Bereits 1914 wurde diese Bibel seinem Bruder Walter anlässlich dessen Konfirmation geschenkt. Er fiel 1918 im Krieg. Sein Tod hinterließ bei Bonhoeffer einen lebenslang prägenden Eindruck. Diese Bibel ist so etwas wie ein Symbol für Bonhoeffer und sein Leben. Bonhoeffer lebte mit der Bibel. Sie war so etwas wie der Mittelpunkt seines Lebens. Zwei Worte hatte seine Mutter in die Bibel geschrieben, die Bonhoeffer begleiten sollten: Der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig." (2. Korinther 3,6) und: "So ist denn die Liebe des Gesetzes Erfüllung." (Römer 13,10). Folgende seiner Gedanken haben sich bis heute ihre Bedeutung bewahrt: "Tu deinen Mund auf für die Stummen!" (Sprüche 31,8). Für Dietrich Bonhoeffer war darin die Verpflichtung zu sehen, sich an die Seite der Juden zu stellen. Dasein für andere - Kirche ist nur dann Kirche, wenn sie für andere da ist! "Christus als Gemeinde existierend" (aus: Sanctorum Communio): "Kirche ist der gegenwärtige Christus selbst, und darum ist >in Christus sein< und >in der Gemeinde sein< daselbe."

Nachfolge Jesu heißt es ernst meinen, auch dem Leiden nicht ausweichen und entfliehen. Die Einheit von Tat und Glaube lag ihm ganz besonders am Herzen. Kirche sollte keine >billige Gnade< verschenken und verschwenden, sondern Mut zur >teuren Gnade< und zu einem Leben machen, das Jesus und seinem Wort nachfolgt. Mut zum abweichenden Handeln und zum Widerstand. Aufgrund dessen, was Dietrich Bonhoeffer miterlebt wird aus einem überzeugten Pazifisten ein Beteiligter an den Anschlägen gegen Adolf Hitler (vor allem das Attentat vom 20. Juli 1944). Dietrich Bonhoeffer war überzeugt davon, dass Kirche nicht nur die Opfer zu beweinen und versorgen hat, sondern "dem Rad in die Speichen fallen" muss. Annahme von Lebensfügungen, die nicht mehr zu ändern sind. Vertrauen in das Geführt- werden durch Gott auch in Katastrophen: "Es ist zwar nicht alles, was geschieht, einfach >Gottes Wille<. Aber es geschieht schließlich doch nichts >ohne Gottes Willen<, d.h. es gibt durch jedes Ereignis, und sei es noch so ungöttlich, hindurch einen Zugang zu Gott. ".Man soll Gott in dem finden und lieben, was er uns gerade gibt; wenn es Gott gefällt, uns ein überwältigendes irdisches Glück genießen zu lassen, dann soll man nicht frömmer sein als Gott und dieses Glück ".wurmstichig werden lassen. Gott wird es dem, der ihn in seinem irdischen Glück findet und ihm dankt, schon nicht an Stunden fehlen lassen, in denen er daran erinnert wird, dass alles Irdische nur etwas Vorläufiges ist und dass es gut ist, sein Herz an die Ewigkeit zu gewöhnen, und schließlich werden auch die Stunden nicht ausbleiben, in denen wir aufrichtig sagen können >ich wollt, dass ich daheime wär<. Aber dies alles hat seine Zeit und Hauptsache ist, dass man mit Gott Schritt hält und ihm nicht immer schon einige Schritte vorauseilt, allerdings auch keinen Schritt hinter ihm zurückbleibt." (Tegel 18.12.1943) "...nicht alle unsere Wünsche, aber alle seine Verheißungen erfüllt Gott, d.h. er bleibt der Herr der Erde, er erhält seine Kirche, er schenkt uns immer neuen Glauben, legt uns nicht mehr auf, als wir tragen können, macht uns seiner Nähe und Hilfe froh, erhört unsere Gebete und führt uns auf dem besten und geradesten Wege zu sich." (Tegel; 14.08.1944) "Wer bin ich? " Wer bin ich? Sie sagen mir oft, ich träte aus meiner Zelle gelassen und heiter und fest wie ein Gutsherr aus seinem Schloß. Wer bin ich? Sie sagen mir oft, ich spräche mit meinen Bewachern frei und freundlich und klar, als hätte ich zu gebieten. Wer bin ich? Sie sagen mir auch, ich trüge die Tage des Unglücks gleichmütig, lächelnd und stolz, wie einer, der Siegen gewohnt ist. Bin ich das wirklich, was andere von mir sagen? Oder bin ich nur das, was ich selbst von mir weiß? Unruhig, sehnsüchtig, krank, wie ein Vogel im Käfig, ringend nach Lebensatem, als würgte mir einer die Kehle, hungernd nach Farben, nach Blumen, nach Vogelstimmen,

dürstend nach guten Worten, nach menschlicher Nähe, zitternd vor Zorn über Willkür und kleinlichste Kränkung, umgetrieben vom Warten auf große Dinge, ohnmächtig bangend um Freunde in endloser Ferne, müde und zu leer zum Beten, zum Denken, zum Schaffen, matt und bereit, von allem Abschied zu nehmen? Wer bin ich? Der oder jener? Bin ich denn heute dieser und morgen ein anderer? Bin ich beides zugleich? Vor Menschen ein Heuchler und vor mir selbst ein verächtlich wehleidiger Schwächling? Oder gleicht, was in mir noch ist, dem geschlagenen Heer, das in Unordnung weicht vor schon gewonnenem Sieg? Wer bin ich? Einsames Fragen treibt mit mir Spott. Wer ich auch bin, Du kennst mich, Dein bin ich, o Gott! (Juni 1944; Gedicht aus: Widerstand und Ergebung von Dietrich Bonhoeffer) zur Seite "Gemeinde aktuell" [Home]