MEDIENKONFERENZ BILDUNG & TECHNIK/12. Oktober 2012 Seite 1 MEDIENKONFERENZ BILDUNG & TECHNIK; Steffisburg, 12. Oktober 2012 Referat von Herrn Regierungspräsident Andreas Rickenbacher, Volkswirtschaftsdirektor des Kantons Bern MINT GEHÖRT DIE ZUKUNFT Sehr geehrte Damen und Herren Danke, dass Sie unserer Einladung nach Steffisburg gefolgt sind. Wir stellen Ihnen unser Projekt in einem Unternehmen vor, das selber betroffen ist. Denn das Projekt soll für die Wirtschaft einen direkten und spürbaren Nutzen haben. Mein besonderer Dank geht daher an die FRITZ STUDER AG. Sie stellt uns diese Räumlichkeiten zur Verfügung. Im Anschluss an die Medienkonferenz wird sie uns auch einen Einblick in den Alltag der Lernenden gewähren. Ich will zuerst auf die Gründe eingehen, wieso dieses interdirektionale Projekt für den Wirtschafts- und Industriekanton Bern wichtig ist. Ich spreche dabei zu folgenden Themen: 1. MINT-Berufe 2. Fachkräftemangel 3. Industrie und Technologie 4. Weshalb fehlen die Lernenden? Im Anschluss daran wir Ihnen der Erziehungsdirektor, Regierungsrat Bernhard Pulver, das Projekt im Detail vorstellen: 1. Situation in der Volksschule 2. Zielsetzungen 3. Vorstellen einiger Massnahmen 4. Fahrplan
MEDIENKONFERENZ BILDUNG & TECHNIK/12. Oktober 2012 Seite 2 1. MINT-Berufe MINT ist eine Abkürzung für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. MINT fasst damit Berufe zusammen, welche in der Berner Industrie stark nachgefragt, bei jungen Menschen aber leider wenig begehrt sind. Als Volkswirtschaftsdirektor kann ich diese Situation nicht einfach hinnehmen. Ich weiss, dass das Thema nicht neu ist. Auch auf Bundesebene ist es schon ausführlich diskutiert worden. Der Mangel an MINT-Fachkräften ist für unsere Industrie aber dermassen einschneidend, dass wir auch auf kantonaler Ebene handeln wollen und müssen. Gemeinsam mit der Wirtschaft wollen wir junge Menschen für das Erlernen von MINT-Berufen begeistern. Das ist das erklärte Ziel der Volkswirtschafts- und der Erziehungsdirektion. Denn MINT-Berufe sind die Zukunft nicht nur die Zukunft junger Menschen, sondern auch die Zukunft des Kantons Bern als Wirtschafts- und Industriestandort. Das Projekt ist deshalb viel mehr als eine Werbetour für interessante Berufe. 2. Fachkräftemangel Für unsere Wirtschaft ist es von entscheidender Bedeutung, dass genügend MINT-Nachwuchskräfte ausgebildet werden. Der hervorragende Bildungsstand und das in unseren Unternehmen vorhandene Fachwissen sind grosse Stärken unseres Wirtschaftsstandorts. Dank ihnen erweist sich die Schweizer Wirtschaft auch in globalen Krisen als relativ robust. Unsere Wirtschaft weiss die Fachkräfte, ihre Bildung und ihr Wissen gekonnt einzusetzen. Das genügt aber nicht. Im harten Konkurrenzkampf sind Innovationen nötig. Frische Ideen und frische Köpfe sind gefragt. Vor allem technische Innovationen sind nur mit ambitionierten MINT-Fachkräften zu erreichen. Kanton Bern Lehrstellenangebot und Lehrstellennachfrage Technische Berufe Angebot > Nachfrage Dienstleistungen Nachfrage > Angebot Verkauf Nachfrage > Angebot Gesundheits- und Sozialwesen Nachfrage > Angebot 5 Der Volkswirtschaftsdirektor Le directeur de l économie publique Genau das die Statistiken sprechen eine klare Sprache ist das Problem: Schon bei den Lehrstellen übersteigt das Angebot die Nachfrage. Selbst in wirt-
kantonaler Beschäftigungsanteil MEDIENKONFERENZ BILDUNG & TECHNIK/12. Oktober 2012 Seite 3 schaftlich schwierigen Zeiten sind Stellen für Ingenieure, Informatikerinnen, Gebäudetechniker, Elektrotechnikerinnen und Naturwissenschaftler nur schwer zu besetzen. 3. Industrie und Technologie Dabei sind diese Berufe gerade für den Kanton Bern besonders bedeutend. Denn der Kanton Bern ist mit rund 90'000 Arbeitsplätzen der grösste Industriestandort der Schweiz. Kanton Bern Beschäftigte in der Industrie (ohne Baugewerbe) 40 % 30 % 20 % 10 % JU GL SH AR OW URNW AI SZZG GR NE TG SO BL FR LU BS TI VS GE VD SG AG Schweizer Durchschnitt BE ZH 0 % 0 20'000 40'000 60'000 80'000 100'000 Beschäftigte absolut Quelle: BFS Betriebszählung 2008 7 Der Volkswirtschaftsdirektor Le directeur de l économie publique Diese Industriearbeitsplätze haben sich in jüngster Vergangenheit stark weiterentwickelt. Der Technologiestand und die Qualitätsanforderungen sind hoch. Die Vernetzung zwischen UNIVERSITÄT respektive FACHHOCHSCHULE und INDUSTRIE konnte laufend verbessert werden. Der Wissens- und Technologietransfer funktioniert im Kanton Bern entsprechend gut. Um dies langfristig sicherzustellen braucht es aber genügend Nachwuchs. Das Projekt will dazu beitragen, dass die Vernetzung zwischen Schule und Unternehmen schon in einem sehr frühen Stadium erfolgt. In meiner Direktion hat das WIRTSCHAFTSAMT BECO hervorragende Kontakte zu Firmen. Diese wollen wir für Partnerschaften nutzen, welche der Nachwuchsförderung in MINT- Berufen dienen. Daher ergänzen sich in diesem Projekt unsere beiden Direktionen (VOL & ERZ) auch in idealer Weise. Es gibt im Kanton Bern in verschiedenen Branchen Unternehmen mit langjähriger Erfahrung. Diese Unternehmen sind für unseren Wirtschaftsstandort von grosser Bedeutung und benötigen laufend Nachwuchsfachkräfte. Aufgrund vieler Gespräche mit Unternehmensleitern weiss ich, dass sie an einer Zusammenarbeit mit den Schulen sehr interessiert sind. Zu diesen Branchen gehört zum Beispiel die Energie- und Umwelttechnik. Die ausgezeichnete Ausgangslage eröffnet dem Kanton Bern die einmalige Chance, sich zum führenden Cleantech-Standort der Schweiz zu entwickeln. Dieses Ziel ist in der WIRTSCHAFTSSTRATEGIE 2025 festgehalten.
MEDIENKONFERENZ BILDUNG & TECHNIK/12. Oktober 2012 Seite 4 Erreichen können wir dieses Ziel aber nur, wenn langfristig genügend Fachkräften zur Verfügung stehen. Auch im Cleantech-Bereich gilt der Grundsatz: Es sind vor allem MINT-Spezialisten, die heute und in Zukunft gefragt sind. 4. Weshalb fehlen die Lernenden? Wir stellen fest, dass die Nachfrage der Wirtschaft für diese Berufsleute gross ist. Es findet schon heute ein Kampf um Talente statt. Die Statistiken zeigen es deutlich: Die Zahl der 15- bis 19-Jährigen hat im Zuge der demographischen Entwicklung in den Jahren 2000 bis 2010 generell um über 10 Prozent abgenommen. Kanton Bern Demographische Entwicklung Altersklassen Volkszählung 2000 Volkszählung 2010 Entwicklung BE 15-19 30'593 27'483-10.2% BE 20-24 45'811 47'501 3.7% BE 25-49 311'701 309'818-0.6% BE 50+ 135'021 160'626 19.0% CH 15-19 213078 203169-4.7% CH 20-24 340415 360729 6.0% CH 25-49 2412218 2551776 5.8% CH 50+ 981277 1207225 23.0% 9 / # XXXXX Der Volkswirtschaftsdirektor Le directeur de l économie publique Schon heute müssen 15 Prozent der freien Stellen mit ausländischen Kräften besetzt werden. Da die demographische Entwicklung aber kein Berner Phänomen ist, werden junge MINT-Fachkräfte in ihrem Heimatland ebenfalls umworben. Es ist deshalb fatal, davon auszugehen, dass wir die fehlenden Talente einfach importieren können. In erster Linie müssen wir im hiesigen Arbeitsmarkt attraktive Perspektiven anbieten können. Wir müssen dafür sorgen, dass sich die Jugendlichen für Berufe entscheiden, in denen ihr Engagement wirklich gefragt ist. Es ist nicht grundsätzlich das Interesse, das fehlt. Davon bin ich mit Blick auf unsere modernen Industriebetriebe und ihre faszinierenden Produkte überzeugt. Wo liegt also das Problem? Neben dem fehlenden Interesse am Technischen werden leider MINT-Berufe nicht unbedingt mit Teilzeitstellen, flexiblen und familienfreundlichen Arbeitsmodellen sowie Lohngleichheit in Verbindung gebracht. Auch der Beweis, dass junge Frauen als fähig und gleichwertig gelten, muss deutlicher erbracht werden. Es sind aber vor allem Vorurteile, welche hemmend wirken. Viele Jugendliche interessieren sich für Energie und Umwelt. Die meisten von ihnen können sich ein Leben ohne Hightech-Geräte kaum vorstellen. Trotzdem ergreifen sie keine MINT-Berufe. Genau hier setzt daher unser Projekt an.
MEDIENKONFERENZ BILDUNG & TECHNIK/12. Oktober 2012 Seite 5 Eine Aufgabe des Projekts wird darin bestehen, Vorurteile abzubauen. Warum das so ist und welchen Beitrag die Schule leisten kann, wird Ihnen nun der Erziehungsdirektor Bernhard Pulver erläutern. FAZIT Unsere Wirtschaft und unsere Jugend haben etwas gemeinsam: Neue Technologien sind ihnen wichtig. Für die Wirtschaft sind sie eine grosse Markt- und Zukunftschance. Für die Jugendlichen bringen sie unverzichtbare Gebrauchsgegen-stände hervor. MICROSOFT-Gründer Bill Gates hat es einmal so ausgedrückt: Als der Pflug erfunden wurde, haben einige gesagt, das ist schlecht; dasselbe war der Fall beim Buch, beim Telefon, beim Auto, beim Fernsehen und bei fast jeder neuen Technologie. Das war immer so und wird immer so sein. Die nächste Generation hat die neue Technologie dann aber jedes Mal fast schon als völlig selbstverständlich betrachtet. Nicht selbstverständlich ist leider, dass sich die Jugendlichen auch für einen Beruf interessieren, welcher mit diesen Technologien in Zusammenhang steht. Jedenfalls gibt es nicht so viele Interessierte, dass der Bedarf der Wirtschaft an Nachwuchskräften gedeckt wäre. Ausgesprochen tief ist in der Schweiz der Frauenanteil in MINT- Studiengängen. Bernhard Pulver und ich sind überzeugt, dass das Projekt BILDUNG UND TECHNIK IN- TERESSE AN MINT-BERUFEN WECKEN! helfen wird, das Interesse von Jugendlichen, Eltern und Lehrpersonen auf die MINT-Berufe zu lenken. Warum ist das so wichtig? Wir stellen fest: Der Bedarf der Wirtschaft an MINT-Fachkräften ist sogar in Krisenzeiten gross. Das Angebot übersteigt schon bei den Lehrstellen die Nachfrage. Für den Industrie- und Cleantech-Standort Kanton Bern sind MINT- Fachkräfte besonders wichtig. Das Projekt kennt folgende Zielsetzungen: Das Interesse der Kinder und Jugendlichen an mathematischnaturwissenschaftlichen Fächern wecken! Die Lehrpersonen aller Stufen für mathematisch-naturwissenschaftliche Themen sensibilisieren! Genderfragen reflektieren!
MEDIENKONFERENZ BILDUNG & TECHNIK/12. Oktober 2012 Seite 6 Mit dem Projekt werden wir einen Beitrag zur Entschärfung des Fachkräftemangels im Kanton Bern leisten. Das ist gerade für unseren Kanton entscheidend, da wir mit rund 90 000 Arbeitsplätzen der grösste Industriekanton der Schweiz sind. Ein entscheidender Erfolgsfaktor ist die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Unternehmen. Hier werden unsere Direktionen wichtige Netzwerke bilden. Den Anfang machen wir heute. Nach der Fragerunde wird sich die FRITZ STUDER AG kurz vorstellen. Anschliessend sind Sie eingeladen, die Lehrlingsarbeitsplätze zu besichtigen. Sie sollen sich selber ein Bild machen, wie abwechslungsreich MINT-Berufe sind. Ich danke der FRITZ STUDER AG für diesen Einblick. Und ich danke den Verantwortlichen dafür, dass sie sich für die Ausbildung von Lehrlingen stark machen und dass Sie den Kanton Bern als Standort gewählt haben erfreulicherweise auch das Mutterhaus KÖRBER SCHLEIFRING. Herzlichen Dank auch an Sie, geschätzte Medienschaffende, für Ihr Interesse am Projekt und für Ihre Aufmerksamkeit.