Felder als Bestandteile des Alltags



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Transkript:

Bestehen Risiken durch elektromagnetische Strahlung? Dr. Christina Glückstein Fachärztin für Arbeitsmedizin Bernd Kontenak Fachkraft für Arbeitssicherheit Felder als Bestandteile des Alltags elektrische Felder magnetische Felder elektromagnetische Felder Quellen: a) natürliche Felder Erdmagnetfeld Blitze Sonnenstrahlung c) künstliche elektromagnetische Felder Radio, TV Mobilfunk Mikrowelle b) künstliche elektrische und magnetische Felder Elektrogeräte Verkabelungen Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 3 (c) Bernd Kontenak 1

Mögliche Wirkungen von Feldern elektrische Felder magnetische Felder elektromagnetische Felder Wirkungen auf biologische Systeme Wirkungen auf Implantate Beeinträchtigungen Implantatsträger (aktive und passive Implantate) Störbeeinflussung Implantate Gefährdungen + Belastungen Problem: Mensch hat keine Sinnesorgane für elektromagnetische Felder ( unsichtbar, und doch wirksam ) Mensch nimmt nur Effekte wahr (Blitzentladung, Aufstellung von Haaren, Erwärmung, Reize...) Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 4 Mögliche Wirkung von Feldern Passive Implantate lokale Erwärmungen des Implantats und des angrenzenden Körpergewebes Kraftwirkung auf ferromagnetische und leitfähige Implantate Störbeeinflussung nur bei sehr starken Feldern möglich! Aktive Implantate Störbeeinflussung und Auslösung von Fehlfunktionen möglich! (abhängig von Feldstärke, Frequenz, Bauart, Empfindlichkeit, Störfestigkeit etc.) Störbeeinflussung Gefährdungen nicht ausgeschlossen! Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 5 (c) Bernd Kontenak 2

Richtlinie 2004/40/EG Mindestvorschriften zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer Richtlinie wurde veröffentlicht und tritt gemäß Art. 13 vier Jahre danach in Kraft Da sowohl für die Beschaffung und Analyse dieser neuen Informationen als auch für die Ausarbeitung und Annahme eines neuen Richtlinienvorschlags Zeit benötigt wird, ist die Verlängerung der Frist für die Umsetzung der Richtlinie 2004/40/EG um vier Jahre zu rechtfertigen. 29.04.2004 29.04.2008 30.04.2012 31.10.2013 Aufgrund der technischen Komplexität des Regelungsgegenstands erscheint es jedoch unwahrscheinlich, dass die neue Richtlinie bis zum 30. April 2012 erlassen werden wird. Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 6 Unfallverhütungsvorschrift BGV B11 Elektromagnetische Felder 1: Diese Unfallverhütungsvorschrift gilt, soweit Versicherte elektrischen, magnetischen oder elektromagnetischen Feldern (EM-Felder)... ausgesetzt sind. 3 (2): Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass in Arbeitsstätten und an Arbeitsplätzen weder unzulässige Expositionen noch unzulässige mittelbare Wirkungen durch EM-Felder auftreten. Auch wenn zulässige Werte nach BGV B 11 unterschritten werden, können aktive Implantate beeinflusst werden! 12 (3): Für Personen mit aktiven oder passiven Körperhilfsmitteln sind besondere Maßnahmen erforderlich, durch die Funktionsstörungen der Körperhilfsmittel oder Schädigungen der Person verhindert werden. Der Unternehmer hat alle Versicherten auf solche Gefährdungen hinzuweisen. Versicherte haben den Unternehmer über eine Versorgung mit Körperhilfsmitteln zu informieren, damit der Unternehmer notwendige Maßnahmen ergreifen kann. Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 7 (c) Bernd Kontenak 3

Was nun??? Gefährdungsbeurteilung!!! 1 Arbeitsumfeld + Tätigkeiten 2 Ermittlung relevanter Gefährdungen und Belastungen 3 Festlegung von Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 8 Gefährdungsbeurteilung Mitteilung + Zusammenarbeit Implantatsträger Vorgesetzter Betriebsärztlicher Dienst Sicherheitsfachkraft HSE-Labor (Innerbetriebliche Messstelle) ggf. Werksicherheit ggf. Werkfeuerwehr ggf. Nachrichten- u. Sicherheitstechnik ggf. Kolleginnen und Kollegen ggf. Betriebsrat Hersteller Implantat ggf. externe Mediziner (z.b. Kardiologe) ggf. weitere Experten ideal Information des Vorgesetzten VOR der Implantation!!! gemeinsame Erstellung einer personenbezogene Gefährdungsbeurteilung! Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 9 (c) Bernd Kontenak 4

Gefährdungsbeurteilung Ziel Bestimmung Arbeitsbereiche, Arbeitsumfeld und Tätigkeiten Ermittlung möglicher Gefährdungen durch Beeinflussung von Implantaten durch elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder Arbeitsbereiche/Arbeitsumfeld übliche/s selten genutzte Zugangswege Pausenbereiche Tätigkeiten übliche selten ausgeführte mögliche Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 10 Gefährdungsbeurteilung Identifizierung Feldquellen + Ermittlung Exposition Identifizierung Feldquellen: alle Feldquellen! Hilfsmittel: z.b. Anlagen- und Gerätelisten Ermittlung Exposition: Messungen (Sachkundiger!) Berechnungen Vergleiche Herstellerangaben Erfahrungen Feldstärkemessgerät Elektromagnetische Felder machen auch vor Büros nicht halt! Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 11 (c) Bernd Kontenak 5

Gefährdungsbeurteilung Bewertung Exposition + (mögliche) Störbeeinflussung Bewertung durch: Vergleich der ermittelten Exposition(en) mit zulässigen Werten vom Implantathersteller durch Angaben in Normen (Angaben von Störschwellen)... ggf. Rücksprache mit Kardiologen ggf. Beteiligung externer Experten BGI 5111, Anhang 1: Hinweise zu Geräten und Anlagen, bei denen keine weiteren Maßnahmen erforderlich sind! Hersteller von Implantaten bieten Hilfestellung bei der Interpretation der Messwerte an!!! Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 12 Gefährdungsbeurteilung Festlegung von Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln Bei Überschreitung zulässiger Werte: Festlegung von Maßnahmen zur Verhinderung unzulässiger Expositionen!!! Rangfolge der Maßnahmen: 1. Vermeidung oder Ausschaltung z.b. Geräteersatz 2. technische Schutzmaßnahmen z.b. Abschirmung (insbesondere an den Feldquellen) 3. organisatorische Maßnahmen z.b. Zugangsregelung 4. persönliche Maßnahmen z.b. PSA Dringlichkeit, zeitliche und praktische Durchführbarkeit beachten! Auf Nummer Sicher: Träger eines Herzschrittmachers oder eines anderen Implantats sollten 50 Zentimeter Abstand vom Gebäude der Energiezentrale halten. Das ergab kürzlich eine Messung unseres HSE- Labors Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 13 (c) Bernd Kontenak 6

RFID Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 14 Gefährdungsbeurteilung Checkliste: Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln Abschaltung von Geräten Reduzierung von Leistung Einhaltung eines ausreichenden Abstands zur Feldquelle Vergrößerung des Abstandes zur Feldquelle (Abgrenzung, Verlagerung) Abschirmung zur Feldquelle Veränderung Leitungsführung Zugangsregelungen und Zugangsbeschränkung Begrenzung oder Reduzierung der Aufenthaltsdauer Zugangskontrolle externe Sachkundeberatung Veränderungen Wahrnehmungsschwelle des Implantats (Kardiologen) Bewertung Alleinarbeit Verhalten bei Unfällen, Erste Hilfe, Sicherstellung Rettungskette, Übungen Erstellung von Betriebsanweisungen Unterweisung der Beschäftigten Unterrichtung Fremdpersonal, Besucher Kennzeichnung Bereiche erhöhter Exposition (Verbot des Betretens), ggf. konstruktive Abgrenzungen Sicherung der Gefahrenbereiche Einsatz von PSA (schirmende Kleidung zum Schutz gegen das elektrische Feld) Prüfungen: Erstprüfung, wiederkehrende Prüfungen, wesentliche Änderungen, inkl. Messungen der elektromagnetischen Felder Beaufsichtigung, Festlegung Aufsichtsführung Festlegung Verhalten bei bestimmungsgemäßen Betrieb, im Fehlerfall, bei Instandhaltung etc. Messungen durch sachkundige Personen geeignete Messstrategie; ggf. regelmäßige orientierende Messungen Personen-Notsignal Anlagen: Einweisung, Funktionstest, Prüfungen, Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 15 (c) Bernd Kontenak 7

Gefährdungsbeurteilung Überprüfung und Anpassung der Gefährdungsbeurteilung gemeinsame Ortsbegehungen (erneute) Messungen zusammen mit dem Implantatsträger Neu-Bewertung erforderlich: Änderung von Expositionen z.b. neue Tätigkeiten, neue Aufenthaltsbereiche, Anschaffung neuer Geräte, Umgestaltung von Arbeitsplätzen, Änderungen im Arbeitsablauf oder der Organisation, feldrelevanten Änderungen... Veränderungen an Implantaten z.b. durch Programmierung Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 16 Gefährdungsbeurteilung Fremdfirmen-Mitarbeiter und Besucher individuelle Bewertung nicht möglich zwingend erforderlich Hinweis auf Bereiche mit Gefährdungen für Implantatsträger Fremdfirmen-Mitarbeiter: Berücksichtigung bei der Ausstellung der/des Arbeitsgenehmigung bzw. des Erlaubsnisscheins Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 17 (c) Bernd Kontenak 8

Gefährdungsbeurteilung Warnzeichen und Verbotszeichen Verbot für Personen mit Herzschrittmacher Verbot für Personen mit Implantaten aus Metall Warnung vor magnetischem Feld Warnung vor elektromagnetischem Feld Elektrisches Feld Warnung vor elektrischem Feld Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 18 Leben und Arbeiten mit Implantat Betriebsärztlicher Dienst Dr. Christina Glückstein 21.10.2013 (c) Bernd Kontenak 9

Körperhilfsmittel: Implantat Ein Körperhilfsmittel ist ein medizinisch-technisches Gerät, das dem vollständigen oder teilweisen Ersatz von Körperteilen oder ausgefallenen Körperfunktionen dient. Ein Implantat ist ein Körperhilfsmittel, das ganz oder teilweise in den Körper eingesetzt ist. Es werden passive und aktive Implantate unterschieden. Passive Implantate Kein Zutritt für Personen mit passiven Implantaten Passive Implantate ersetzen ausgefallene Körperfunktionen, ohne auf eine elektrische Energiequelle angewiesen zu sein. z. B. künstliche Gelenke, Herzklappen (c) Bernd Kontenak 10

Aktive Implantate Abbildung 2: Verschiedene aktive Implantate (Quelle: Silny, femu, RWTH Aachen) Aktive Implantate ersetzen teilweise oder vollständig ausgefallene Körperfunktionen und sind auf eine elektrische Energiequelle angewiesen. Indikation zur Implantation von Schrittmachern und Defibrillatoren AV- Blockierung in Abhängigkeit von Symptomatik / Ausprägung Muskeldystrophien Bradyarrythmien Karotissinussyndrom Koronare Herzkrankheit Zustand nach Myokardinfarkt Herz-Kreislauf-Stillstand Ventrikuläre Tachykardie Herzinsuffizienz und linksventrikulä Ejektionsfraktion 35% Erworbene Kardiomyopathien Angeborene Kardiomyopathien idiopathische Kammertachykardie (c) Bernd Kontenak 11

Ausgangssituation ICD (Implantierbarer Cardioverter Defibrillator) und Herzschrittmacher: 100.000 x pro Jahr werden Implantation durchgeführt Davon stehen mehr als 10.000 Patienten noch im Berufsleben. 15.000 ICD Neu-Implantationen pro Jahr Es war, als ob mir Klitschko einen Volltreffer vor die Brust verpasst hätte... Mit diesen Worten beschrieb CDU-Politiker Wolfgang Bosbach gestern Abend in der ZDF-Sendung Lanz die Situation, als sein Herzdefibrillator im März 2013 einen technischen Defekt hatte. Ohne medizinische Notwendigkeit gab das Gerät einen starken Stromstoß ab Bosbach erlitt für ein paar Sekunden eine Ohnmacht.46 Marl Der Defibrillator sollte Bernd Steinnebel (46) das Leben retten doch das Gerät hat sein Leben zerstört. Denn: Das eingepflanzte Gerät war defekt löste unkontrolliert Stromstöße aus. Immer wieder bekommt er Schläge, sogar beim Autofahren, einmal bleibt sein Herz kurz stehen, er stürzt, erleidet einen Kieferbruch. Erst nach mehreren Jahren erkennen die Ärzte den Defekt, tauschen das Gerät aus. Doch: Auch das neue verrutscht, wieder unkontrollierte Schläge. Juni 2013 (c) Bernd Kontenak 12

Beeinflussung von Implantaten Störbeeinflussung von Implantaten: Hochfrequente magnetische Felder können das Implantat erwärmen. Externe elektrische oder magnetische Felder können in die implantierte Elektrosonde eingekoppelt werden. Gefahr einer Fehlfunktion: Ungewollte Stimulationsimpulse Ungewollte Therapieschocks Deaktivierung des Implantats Arbeitsmedizinisches Beratungsangebot Mitarbeiter mit Implantat meldet sich zeitnah vor oder nach Einsetzten des Implantats im Betriebsärztlichen Dienst (Schweigepflicht!) Beratung und Angebot für weitere Maßnahmen! (Ausgangs-EKG) Arbeitsplatzbegehung (sonstige Aufenthaltsbereiche, Dienstwege, Tätigkeiten) Ermittlung von Störquellen/Gefährdung (mit Fachkraft für Arbeitssicherheit) Messungen der elektromagnetischen Felder am Arbeitsplatz (HSE-Labor) Wenn Dienstreisen erforderlich sind, muss sichergestellt sein, dass ein Krankenhaus im Ausland erreichbar ist, das über die technische Ausstattung verfügt, einen ICD im Notfall auszulesen oder neu zu programmieren (Stick!). Personenbezogene Gefährdungsbeurteilung: in Zusammenarbeit Mitarbeiter, Vorgesetzter, Fachkraft für Arbeitssicherheit und Betriebsärztlicher Dienst. Bei Unklarheiten Rücksprache mit den Implantat-Herstellern (z. B. Firma Medtronic / Biotronic), dem behandelnden Arzt, Kardiologen. Die Einsatzfähigkeit des Mitarbeiters mit Implantat ist nicht zwingend eingeschränkt. (c) Bernd Kontenak 13

Empfehlungen für den Implantatträger Handy nicht in die Brusttasche stecken, Telefonieren besser auf der dem Implantat gegenüberliegenden Körperseite. Übliche Elektrogeräte beeinflussen das Implantat in aller Regel nicht. (Cave: Bohrmaschine nicht in Brusthöhe halten, Induktionskochfelder, Elektroschweißgeräte, Lötkolben, elektrische Heckenschere). Sportarten wie Boxen, Kampfsportarten, Ballspiele (Schläge auf die Brust) und Tennis (Sport mit weit ausholende Armbewegungen) eher meiden. Kein schweres Rucksäcke tragen. Frauen können auch als Implantatträgerin eine Schwangerschaft austragen. Bei Arztbesuchen stets auf das Implantat hinweisen Cave: Tens-Geräte (Reizstrombehandlung) Sicherheitskontrollen in Flughäfen (Implantatsausweis vorlegen) Supermarkt; Bibliotheken (möglichst zügig passieren) Auto fahren: es gilt die Anschnallpflicht 1. Hilfe-Massnahmen für Implantatträger Es gelten die bekannten Basismaßnahmen: Notruf wie gewohnt absetzen Tel. 112 (oder interner Notruf des Unternehmens) mit Hinweis Implantatträger Durch eine mögliche Schockabgabe des Herzschrittmachers / ICD- ist der Implantatträger nicht elektrisch geladen -> keine Gefährdung für Ersthelfer Magnet im Notfallrucksack (c) Bernd Kontenak 14

Fallbeispiele: Herzschrittmacher / ICD Herzinfarkt im Alter von 42 Jahren * Psychische Belastung der ICD- Implantatträger Meist Zustand nach akutem Ereignis ICD wird als Rettung zeitgleich als Bedrohung empfunden Etwa 80% der Betroffenen + Angehörige kommen gut mit der Situation zurecht Etwa 20% der Betroffenen haben ein hohes Erkrankungsrisiko innerhalb von 12 Monaten für: - Angst und Depressionen - Akute Belastungsreaktion - Posttraumatische Belastungsstörung Viele ICD-Träger vermeiden alles was das Herz anstrengen könnte Angst vor dem 1. Schock: Adäquate und inadäquate Schockauslösung EKG- Junkies in der Sprechstunde Tabuthema Sterben Einbindung in BEM-Prozess: Gesprächsangebote -> Weiterleitung Psychotherapie Arbeitsplatzmaßnahmen/- wechsel BefristeteteTeilzeitoption prüfen Rückkehr ansprechen: Informationen der Kollegen (c) Bernd Kontenak 15

Psychokardiologie Defi-Selbsthilfegruppen bundesweit http://www.defibrillator-deutschland.de/inhalt/shg.html Themen wie Notfallausrüstung, Patientenverfügung, Empfehlung Stick (Chipkarte in Planung) mit allen Unterlagen für Reisen mit sich zu führen, Austausch mit Betroffenen, die bereits eine Schockauslösung erlebt haben. Psychokardiologie: Ambulant: Priv.-Doz. Dr. med. Cora Weber, Fachärztin für Psychosomatische Medizin am Berliner Universitätsklinikum Charité. Terminvereinbarung: 450 553 278 (dienstags) Stationäre Rehabilitationsmaßnahme: Prof. Dr. J. Jordan, Abteilung für Psychokardiologie an der Kerckhoff-Klinik; Herz-, Thorax- und Rheumazentrum in Bad Nauheim (ganzheitlicher Ansatz: täglich Entspannungstraining, körperliches Training, kardiologische Betreuung, Körpertherapie, intensive Psychotherapie, verhaltenstherapeutisch orientierte Angsttherapie, Elemente der Traumatherapie. Erarbeitung eines Notfallmangementplan und Notfallausrüstung für weiteren Schock Fallbeispiel: Cochlea-Implantat (CI) Wiedererlangung eines akustischen Sinneseindrucks durch Elektrostimulation der Hörbahnen bei hochgradiger Schwerhörigkeit oder vollständiger Ertaubung Anpassung des Geräts sind allmähliche Vorgänge Gewöhnung an die neue Art des Hörens benötigt Zeit (Lernprozeß) Hörtherapie parallel Regelmäßig Feineinstellung vor allem im 1.Jahr (c) Bernd Kontenak 16

Arbeitsmedizinische und psychosoziale Aspekte für CI-Träger Betriebliches Eingliederungsmanagement Soziales Umfeld / Team /Vorgesetzten Arbeitsplatz/-ortwechsel Implantat und Elektroden liegen direkt unter der Kopfhaut Anpassen der Persönl. Schutzausrüstung? Metallische Gegenstände Elektrostatische Aufladung Fazit: Implantatträger müssen Abstand halten! Richtwert 30 cm! Bei unbekannten elektrischen Anlagen oder Änderung am Arbeitsplatz ist grundsätzliche Vorsicht geboten! Der Betroffene sollte frühzeitig (möglichst vor Implantation) den Vorgesetzten, den Betriebsärztlicher Dienst oder die Arbeitssicherheit informieren, die Durchführung einer personenbezogenen Gefährdungsbeurteilung ist angeraten! Es gelten im Notfall die bekannten lebensrettenden Basismaßnahmen für den Ersthelfer, den First Responder, Rettungssanitäter und Ärzte! Psychosoziale Aspekte sind unbedingt zu berücksichtigen! Öffentlichkeitsarbeit ist wichtig!: Thema des Monats im Intranet zweisprachige Information an die Vorgesetzten per Mail, Informationsbroschüre: Leben und Arbeiten mit Implantat (c) Bernd Kontenak 17

Literatur BGV B 11: Unfallverhütungsvorschrift Elektromagnetische Felder BGR B 11: BG-Regel Elektromagnetische Felder BGI 5111: Beeinflussung von Implantaten durch elektromechanische Felder BGI 5111-1: Plakat Lass Dich nicht beeinflussen! BGI 5111-2: Faltblatt Elektromagnetische Felder und Implantate BGI 5011: Beurteilung magnetischer Felder von Widerstandsschweißeinrichtungen BGI 844: Einsatz von Schutzkleidung gegen Einwirkung durch hochfrequente elektromagnetische Felder im Frequenzbereich 80 MHz 1 GHz diverse Normen, wie: - EN 50527-2-1: Verfahren zur Beurteilung der Exposition von Arbeitnehmern mit aktiven implantierbaren medizinischen Geräten gegenüber elektromagnetischen Feldern... - DIN VDE 0848-3-1: Sicherheit in elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen Feldern; Schutz von Personen mit aktiven Körperhilfsmitteln... IFA-Report 5/2011: Elektromagnetische Felder an Anlagen, Maschinen und Geräten Bayerisches Landesamt für Umwelt: Elektromagnetische Felder im Alltag Bundesamt für Strahlenschutz (BFS) Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 40 www.emf-portal.de Bayer Pharma AG - Arbeits- und Umweltschutz Berlin Bernd Kontenak - 21.10.2013 Folie 41 (c) Bernd Kontenak 18

Vielen Dank! (c) Bernd Kontenak 19