Konzept «Soteria Bern» «Wohnen & Co.»
Wohnen & Co. Die Soteria Bern bietet austretenden Patienten im Rahmen der integrierten Versorgung die Möglichkeit, in einer Übergangs-WG der Soteria Bern für eine individuell zeitlich befristete Dauer (in der Regel zwei Jahre) zu leben und dort durch das Team der Soteria Bern betreut zu werden. Diesem Angebot haben wir den Namen Wohnen & Co. gegeben. Im Wohnen & Co. werden bewährte Soteria-Elemente, wie z.b. Milieutherapie, sorgfältiger, zurückhaltender Umgang mit Medikamenten, Bezugspersonenarbeit, Einbezug der Angehörigen, sowie Cannabisabstinenz Eingang finden. Jeweils 2 bis 3 Bewohner teilen sich eine Übergangs-WG, mit dem Ziel, gemeinsam den Alltag zu bewältigen im Sinne der tätigen Gemeinschaft und damit soziale Fertigkeiten und Fähigkeiten weiter zu festigen und nachhaltige Selbständigkeit wieder zu erlangen. Gleichzeitig dient die ambulante Nachbetreuung durch das Team der Soteria Bern dazu, Rückhalt und Sicherheit im Hinblick auf die psycho-soziale Reintegration zu erhalten. Die Bewohner sollen sobald als möglich ihre Autonomie wiedererlangen können und zu gegebener Zeit eine von ihnen angestrebte selbständige Wohnsituation finden. Die Teammitglieder übernehmen für die Bewohner die Funktion des Case Managers. Zielgruppe In Wohnen & Co. werden Patienten der Soteria Bern aufgenommen, die nach dem stationären Aufenthalt eine weitere Stabilisierung (seitens der Psychose und/oder der Cannabis-Abstinenz) benötigen, jedoch weitgehend selbständig den Alltag bewältigen können. Der Aufenthalt kann auch als Überbrückung bis zum Antritt einer Anschlusslösung dienen oder als Übergang ins selbständige Wohnen im Rahmen eines Ablösungsprozesses. Darüber hinaus können auch bereits vor längerer Zeit ausgetretene Patienten dieses Angebot wahrnehmen, sofern dies indiziert ist. Aufnahmeverfahren / Indikation Die erste Einschätzung der psycho-sozialen Gesamtsituation (soziales Umfeld, Wohn- und Beschäftigungssituation) erfolgt bereits im Rahmen des Abklärungsgesprächs vor Eintritt in die Soteria Bern. Sofern möglich und zu diesem Zeitpunkt sinnvoll, werden entsprechende Aufenthaltsziele formuliert. Während des Aufenthaltes finden kontinuierliche Gespräche mit den Patienten zur Überprüfung dieser Zielsetzungen sowie daraus sich ergebenden Veränderung der Wohn- und Beschäftigungssituation nach Austritt statt. Die gemeinsame Bewältigung des Alltags in der Soteria Bern kann einzelnen Patienten bewusst machen, dass ihre bisherige Wohnform sie selbst und oftmals auch ihre nächsten Angehörigen überfordert. Eine die Selbständigkeit fördernde sowie stabilisierende, kleinere und überschaubare Übergangs-WG mit ambulanter Betreuung durch das Team der Soteria Bern dient somit dem Ziel der nachhaltigen Rückfallprophylaxe. Wir stellen bei entsprechender Situationseinschätzung das Konzept von Wohnen & Co. vor. Stimmen Selbst- und Fremdeinschätzung überein, führt der Oberarzt zusammen mit einem Teammitglied ein Indikationsgespräch. Darin wird die aktuelle Situation beurteilt und die angestrebten Ziele eines Aufenthalts in der Übergangs-WG festgelegt. Therapeutische Indikationen: Rückfallprophylaxe Nachhaltige Stabilisierung und psycho-soziale Integration Erhaltung der Cannabis-Abstinenz Vermeidung eines Aufenthaltes in der Klinik oder in einer wohnortfernen Wohngemeinschaft Überbrückung bis zum Antritt einer Anschlusslösung Übergang ins selbständige Wohnen im Rahmen eines Ablösungsprozesses Behandlungskonstanz 2
Voraussetzungen seitens der Patienten: Motivation und Kooperationsbereitschaft Selbständigkeit im Alltag: eine Tagesstruktur sowie bereits Erfahrung in Haushaltführung (Grundkenntnisse, Bereitschaft zum Einhalten der Regeln des Gemeinschaftslebens). Motivation zur Cannabis-Abstinenz Ausschlusskriterien sind dieselben wie in der Soteria Bern. Wohn-Phase 1: Ankommen und Orientierung Die Patienten ziehen in die Übergangs-WG der Soteria Bern ein und beziehen ihr eigenes Zimmer. Sie lernen die anderen Mitbewohner kennen und machen sich mit den Abläufen in der Wohngemeinschaft vertraut. Die kontinuierliche Tagesstruktur hat grosse Wichtigkeit, sei dies das Angebot einer Tagesklinik, eine Arbeit in einem geschützten Rahmen, der Besuch einer Schule, Lehre oder einer Arbeitsstelle. Es ist für die ehemaligen Patienten oft eine grosse Herausforderung, diese Tagesstruktur nun selbständig wahrzunehmen. In ersten ambulanten Gesprächsterminen mit den Milieutherapeuten werden allfällige Schwierigkeiten besprochen und Unterstützung beim Einleben in der Wohngemeinschaft angeboten. Von Anfang an ist auch die Orientierung nach aussen, z.b. Quartier, wichtig, um einen Rückzug zu vermeiden. Wohn-Phase 2: Alltagsbewältigung und Autonomie Die WG-Bewohner beteiligen sich am gemeinsamen Haushalt (Kochen, Einkaufen, Putzen, Wäsche erledigen) und übernehmen damit Verantwortung. Sowohl die eigenen Bedürfnisse wie auch diejenigen der Mitbewohner sollen beachtet werden. Bei auftretenden Konflikten werden die WG-Bewohner zu konstruktiven selbständigen Lösungen ermuntert und erst in schwierigen Situationen durch das Team der Soteria Bern nahe begleitet. Die Förderung der Autonomie ist ein zentrales Ziel. Die Pflege von Beziehungen und Aktivitäten auch ausserhalb der Wohngemeinschaft ist sehr wichtig, um die soziale Integration zu verstärken. Die individuelle Beschäftigung und Aktivierung ist von hoher Bedeutung für die Selbständigkeit, auch darin wirken die Gespräche mit den Milieutherapeuten unterstützend und beratend. Wohn-Phase 3: Ablösung Im Zentrum stehen das Suchen und Finden einer geeigneten, langfristigen Wohnform entsprechend den Bedürfnissen und Ressourcen der einzelnen Bewohner. Dabei soll die Initiative der Bewohner optimal gefördert werden, das Team der Soteria Bern bietet bei Bedarf Unterstützung an. Die Ablösung von Wohnen & Co. muss rechtzeitig eingeleitet werden, gezielte Aussenkontakte fördern diese Entwicklung. Gemeinsam wird nun überprüft, ob die ambulante Nachsorge kontinuierlich wahrgenommen wird, ob diese durch ambulante Psychiater oder ambulante psychiatrische Dienste abgedeckt ist. Therapeutisches Angebot Die ambulanten Leistungen können sowohl in der Übergangs-WG als auch in der Soteria Bern erbracht werden, je nach Ausgangslage und Problemstellung der WG-Bewohner. Sämtliche therapeutischen Leistungen werden schriftlich dokumentiert (Krankengeschichte). Ambulante ärztliche Leistungen Die WG-Bewohner müssen, sofern sie nicht in einer anderen psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung sind, in Form von regelmässigen Terminen von den Ärzten der Soteria Bern konsiliarisch betreut werden. Allen anderen WG-Bewohner steht das ärztliche ambulante Angebot bei Bedarf zu. Das ärztliche ambulante Angebot umfasst folgende Leistungen: 3
Therapien (Einzel-, Familien-, Gruppen-, medikamentöse Therapie) Krisenintervention Verschiedene Untersuchungen Medikamentöse Therapie Zeugnisse, Gutachten, Berichte, Konsilien Ambulante nichtärztliche Leistungen Sämtliche ambulanten nichtärztlichen Leistungen werden durch das Betreuungsteam der Soteria Bern erbracht. Im Unterschied zur Betreuung im stationären Rahmen werden keine einzelnen Bezugspersonen festgelegt. Die Leistungen beinhalten: Therapien (Einzel-, Familien-, Gruppen-, Milieu-Therapie) Case Management (Kontakte zu Ärzten, Angehörigen, Institutionen, Behörden und Arbeitgebern oder Schulen, Vernetzungsarbeit, Krisen-Management) Verabreichung von Medikamenten Ärztlich verordnete therapeutische Massnahmen (Injektionen, Punktionen u.a.) Unterstützung in der Bewältigung des Alltages Sozial- und Aktivierungstraining Vernetzung im Rahmen des Case Managements Das Case Management beinhaltet eine enge Vernetzung mit ambulanten, teilstationären und stationären Einrichtungen, Ärzten und weiteren Fachpersonen, Angehörigen, weiteren therapeutischen Institutionen, Behörden und Arbeitgebern oder Schulen sowie mit Sozialberatungsstellen und IV-Stellen. Ziel der Vernetzung ist eine unité de doctrine herzustellen und eine möglichst nachhaltige Stabilisierung und Reintegration der WG-Bewohner. Rechtliche Vereinbarungen Die rechtlichen Vereinbarungen müssen vor Beginn von Wohnen & Co. von allen Vertragsparteien gezeichnet sein, damit die gesetzlichen Vorgaben erfüllt sind. Wohn- und Behandlungsvereinbarung sind integraler Bestandteil der Vereinbarung und können somit nicht unabhängig von einander geschlossen oder aufgekündigt werden. Werden die getroffenen Vereinbarungen von den WG-Bewohnern nicht eingehalten, wird im Rahmen eines Standortgespräches über den weiteren Verbleib oder den Austritt aus Wohnen & Co. entschieden. Wohnvereinbarungen Die Wohnvereinbarungen zwischen den WG-Bewohnern und der IGS Bern, vertreten durch die Soteria Bern, beinhalten den Pensionsvertrag, die Hausordnung sowie individuelle Regelungen des Gemeinschaftslebens. Behandlungsvereinbarungen Die Behandlungsvereinbarungen umfassen die individuelle Situationseinschätzung (inkl. Indikationsstellung), den entsprechenden Betreuungsplan mit Zielsetzungen, therapeutischen Massnahmen sowie Kriterien zur Zielüberprüfung. Kooperationsvereinbarungen mit ambulanten Therapeuten Der Kooperationsvertrag entspricht den bisher üblichen Vereinbarungen zwischen ambulanten und stationären bzw. teilstationären Einrichtungen oder Fachpersonen. 4
Haftpflichtversicherung Die WG-Bewohner haben vor Eintritt eine persönliche Haftpflichtversicherung vorzuweisen oder neu abzuschliessen. 5