bestätigen eine hohe Akzeptanz der Implantat-Therapie (70 bis 90 Prozent). Trotzdem steigen die Implantatversorgungen



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28 Fortbildung Fotos: Fabry/Akademie Karlsruhe 24. Karlsruher Konferenz 2009 Implantate für alle? Die Implantologie stand im Mittelpunkt der 24. Karlsruher Konferenz, zu der am 6. März über 600 Zahnärztinnen und Zahnärzte ins Kongresszentrum Karlsruhe gekommen waren. Die Referenten der Tagung widmeten sich in ihren Vorträgen Implantate für alle?, Grenzfälle sicher versorgen, Implantation im atrophierten Kiefer und Einfache Prothetik gute Prothetik? interessanten Fragestellungen. Die Autoren der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe geben in den folgenden Beiträgen eine Übersicht über deren Antworten. Implantate für alle? Diese Fragestellung hat für Prof. Dr. Dr. Wilfried Wagner nicht nur eine wissenschaftliche, sondern auch eine berufspolitische Dimension. Der Mainzer beginnt seinen Vortrag mit einem klaren Statement für die Implantologie. Studien belegen, dass die Überlebensrate von Implantaten nach fünf Jahren bei ca. 95 Prozent und nach zehn Jahren bei ca. 90 Prozent liegt. Fortschritte in der Materialentwicklung, mechanische und biologische Optimierungen machen die Implantologie zu einer echten Alternative im Behandlungsspektrum und zu einer langfristig zuverlässigen Therapie. Kosten als Hemmnis. Die präventive Bedeutung der Implantologie durch Vermeidung von Brücken beim Einzelzahnersatz und Strukturerhalt durch Krafteinleitung wird immer klarer, so Prof. Wagner. Die Lebensqualität vieler Patienten erfährt eine signifikante Verbesserung. Patientenbefragungen bestätigen eine hohe Akzeptanz der Implantat-Therapie (70 bis 90 Prozent). Trotzdem steigen die Implantatversorgungen um nur ca. 2,7 Prozent, die bei weiter steigenden Foto: A. Fabry Implantatzahlen jedoch kontinuierlich zunehmen dürften. Neben der Angst vor der notwendigen Operation stellen die relativ hohen Kosten ein wesentliches Hemmnis für die Patienten dar. Implantate sind abgesehen von Ausnahmeindikationen wie Tumor oder Fehlbildungen vom Leistungsspektrum der GKV ausgeschlossen. Im Beihilfebereich wird die Bezuschussung unsinnig pauschal auf zwei Implantate pro Kiefer begrenzt, so der Referent. Mit den befundorientierten Festzuschüssen ist zumindest im Ansatz eine begrüßenswerte, echte Therapiewahlfreiheit für den Patienten entstanden, wobei diese nur bei der Einzelzahnindikation auch eine finanzielle Alternative darstellt. Für die Stabilisierung der totalen UK- Prothese existiert mittlerweile eine sehr hohe wissenschaftliche Evidenz bezüglich der Überlegenheit einer implantatgestützten Therapie mit zwei Implantaten. Dies sei Grund genug über eine Anpassung der Grundversorgung nachzudenken, führt Prof. Wagner weiter aus. Irreale Ansprüche. Adjuvante Therapieformen haben den Einsatz von Implantaten heute in fast allen Situationen möglich gemacht,

Fortbildung 29 oftmals jedoch mit erheblichem zusätzlichen Aufwand und entsprechend höherem Risiko, so Prof. Wagner. Daneben ist der mögliche Leistungsumfang mit zweistelligen Implantatzahlen pro Kiefer nahezu unbegrenzt, häufig zahnmedizinisch so nicht gerechtfertigt und hat im Bereich der Ästhetik teilweise schon irreale Ansprüche angenommen. In diesem Spannungsfeld der belegten überlegenen Indikationen für meist wenige Implantate und einer nicht gerechtfertigten Implan- tatfixierung auch bei Indikation mit entsprechend bewährten Alternativen bewegt sich die Implantatanwendung auch stets im sozialen und zahnmedizinischen Umfeld. Dies wird umso bedeutsamer, da durch Periimplantitis und andere Komplikationen ein implantatbedingter Behandlungsbedarf entsteht, der zumindest bei schweren Folgen erhebliche Folgekosten verursacht. Implantate für alle Patienten mit entsprechender Indikation, ja, bekräftigt Prof. Wagner. Wobei es eine gesundheitspolitische Entscheidung und keine wissenschaftliche Frage ist, ob überhaupt oder in welcher Form und welchem Umfang sich die Solidargemeinschaft an den dadurch entstehenden Kosten beteiligt. Wer keine Visionen hat, vermag weder große Hoffnungen zu erfüllen, noch große Vorhaben verwirklichen. Mit diesem Zitat von Thomas Woodrow Wilson schloss Prof. Wagner seinen Vortrag. Ingo Müller-Koelbl Grenzfälle sicher versorgen Geht es auch ohne Augmentation? Dr. Georg Bayer, Implantologe aus Landsberg am Lech, zeigte in seinem Vortrag, dass durch spezielle Implantatkonzepte Patienten bei Zahnverlust kostengünstig und schnell versorgt werden können, ohne dabei prothetische Kompromisse eingehen zu müssen. Die beste Augmentation ist die vermiedene Augmentation mit diesen Worten begann Dr. Bayer seinen Vortrag. Wie aber kann ein Implantologe in einer Ära von Sinusbodenelevation und enoralem Knochentransfer auf diese regenerativen Verfahren verzichten wollen? Er kann es mit der einfachen Begründung, dass der Patientenwunsch bei der zahnärztlichen Planung im Mittelpunkt stehen sollte. Anhand einer Studie demonstrierte Dr. Bayer die Hauptanliegen der Patienten. Darin spielen Lebensqualität, verkürzte Behandlungszeiten, einfache chirurgische Methoden mit geringem Risiko und Kosteneffektivität eine große Rolle. Der ästhetische Anspruch, der bei den 20- bis 40-Jährigen im Vordergrund steht, nimmt bei der Gruppe der über 50-Jährigen drastisch ab. Der Trend in der Bevölkerungsentwicklung verdeutlicht, dass sich im Jahre 2050 die Gruppe der über 60-jährigen Patienten verdoppelt haben wird. Dieser gesellschaftliche Wandel muss sich in den zukünftigen Behandlungskonzepten widerspiegeln, kommentierte Dr. Bayer. Sofortversorgung gewünscht. Patienten wünschen sich bei Zahnverlust schöne feste Zähne, am besten sofort, zu definierten Kosten und ohne großen chirurgischen Eingriff. Das Behandlungskonzept von Dr. Bayer stellt eine interessante Alternative zu konventionellen Methoden dar. Sein Konzept ermöglicht einen festsitzenden Zahnersatz ohne zeitaufwändige, teure Augmentationen und mehrfache chirurgische Eingriffe. Inspiriert wurde er dabei von Dr. Pablo Malo, Zahnarzt und Physiker aus Lissabon. Nach Zahnverlust ist es besonders wichtig, die vorhandenen Reststrukturen zu nutzen bevor diese atrophieren. Sofortimplantation und Sofortversorgung sind hier die Schlagworte. Unkonventionelle Schräge. Die Anatomie im zahnlosen Kiefer legt fest, dass im Unterkiefer der optimale Knochen mesial des Foramen mentalis situiert ist. Konventionell axial eingebrachte Implantate können deshalb selten distal der 4-er Region gesetzt werden. Im Oberkiefer sind es die Kieferhöhlen, die eine Implantatinsertion in regio 5 und 6 oft nur mittels des aufwändigen Sinus-Lifts ermöglichen. Nach der von Dr. Bayer angewandten Vorgehensweise kann durch eine Angulation der Implantate der ortsständige Knochen maximal genutzt und die Implantatpfosten distalisiert werden. Diese Methode setzt jedoch eine exakte dreidimensionale Planung voraus, um Qualität und Quantität des Knochens, anatomische Risikogebiete wie Nervverlauf im Unterkiefer, Nasen- oder Kieferhöhle im Oberkiefer, darstellen zu können. Die 4/2009 ZBW

30 Fortbildung spezielle Insertionstechnik führt zu einer unkonventionellen Schrägstellung der Implantate, die als ultima ratio auch paranerval verlaufen kann und vermeidet Verletzungen der anatomischen Risikostrukturen. Zudem erlaubt sie ideale prothetische Durchtrittsprofile, so dass bei der daraus resultierenden flächigen Verteilung der Implantatpfosten und trotz geringer Primärstabilität häufig eine Sofortversorgung möglich ist. Nichts für Anfänger. Diese Behandlungsmethode erfordert gewisse Rahmenbedingungen, die eingehalten werden müssen, betont Dr. Bayer. Patientenaufklärung und eine konsequente prothetische Planung sind von höchster Priorität. Bei der Durchführung muss auf die Primärstabilität der Implantate geachtet werden. Der ausführende Zahnarzt sollte kein Anfänger sein, sondern die notwendigen operativen Fähigkeiten besitzen. Zudem benötigt die Praxis ein eingespieltes Team aus Chirurg, Prothetiker und Zahntechniker, die den Patienten zeitnah und zufriedenstellend versorgen. Zahlreiche Studien und wissenschaftliche Untersuchungen belegen mit einer hohen Erfolgsrate, dass diese Methode funktioniert. Nicht zuletzt die Arbeiten von Dr. Malo, der in den vergangenen zehn Jahren über 200 zahnlose Kiefer mit dem All-on-four-Konzept erfolgreich behandelt hat, zeigen, dass eine prothetisch optimale Verteilung der Implantatpfosten mit Hilfe der Angulation es erlaubt, auch im Oberkiefer auf nur vier Implantaten eine festsitzende Konstruktion sofort zu belasten. Große Akzeptanz. Dr. Bayer empfiehlt bei der Versorgung mäßig atrophierter oder zahnloser Kiefer die Sofortimplantation und Sofortversorgung, um Hart- und Weichgewebsverluste zu vermeiden, die Funktion schnell wiederherzustellen und die Patienten sofort resozi- alisieren zu können. Durch die Sofortversorgung und die Möglichkeit einer festen temporären Versorgung empfindet der Patient die Extraktion seiner Zähne nicht wie eine Amputation und lebt mit weniger psychologischen Konsequenzen. Außerdem verringert der Verzicht auf Augmentation die postoperative Morbidität. So erreicht diese Therapie durch den reduzierten operativen und damit auch finanziellen Aufwand eine große Patientenakzeptanz. Bei seinem Behandlungskonzept handelt es sich nicht um eine innovative Technik, stellte Dr. Bayer am Ende seiner Präsentation heraus. Es sei bei mäßig atrophiertem oder zahnlosem Kiefer eine adäquate Therapieentscheidung und erweitert das Behandlungsspektrum für die am stärksten wachsende Patientengruppe. Sie ist als eine Alternative zur Augmentation und nicht als deren Ersatz anzusehen. Dr. Simone Ulbricht Implantation im atrophierten Kiefer Sind Kurzimplantate die Lösung? Prof. Dr. Mauro Marincola aus Rom gilt weltweit als feste Größe im Bereich der Implantologie. Als Wissenschaftler und Praktiker beeindruckt er mit innovativen Möglichkeiten seines Fachgebietes Implantation im atrophierten Kiefer Sind Kurzimplantate die Lösung? Zu Beginn seiner Ausführungen verwies er auf die Biomechanik zur Beantwortung dieser Frage. Das Implantatdesign ist ein wesentlicher Faktor, der über Erfolg oder Misserfolg einer Behandlung entscheidet. Form, Länge und Durchmesser eines Implantates beeinflussen die übertragene Lastverteilung im Knochen, aber auch die Qualität des umgebenden ossären Gewebes. Je kürzer, desto breiter. Biomechanische Belastungsversuche zeigen, dass sich der Großteil okklusaler Kräfte auf die ersten 5 bis 7 Millimeter unterhalb des Knochenkammniveaus verteilt. Um nicht nur axialer Belastung Stand zu halten, sind die von Prof. Marincola verwendeten kurzen Implantate an ihrer Oberfläche mit Plateaus versehen. Dieses sogenannte Fin-Design er- mögliche eine gleichmäßigere Kraftverteilung im Knochen auch bei Rotationsbelastungen. Die üblichen zylindrischen Implantatdesigns würden dieser Krafteinwirkung weit weniger Stabilität entgegen setzen. Um eine entsprechende Verankerung zu erreichen, müssten zylindrische Implantate sehr viel länger sein als solche mit konvexer Form und Plateaus. Zusätzlich bewirke das Fin-Design eine entscheidende Oberflächenvergrößerung des Implantatkörpers. Nicht die Länge allein sei maßgeblich für eine positive Langzeitprognose, sondern vielmehr die dem hospitierenden Knochen zur Verfügung stehende Gesamtoberfläche. Neben den Plateaus, soll ein vergrößerter Gesamtdurchmesser dem Knochen ausreichend Anlagerungsfläche bieten. Je kürzer das Implantat, desto breiter muss es sein, so die Devise. Verbesserte Heilung. Der Relevanz des suffizienten Knochenkontakts werde auch durch eine adäquate Implantatschulter Sorge getragen. Die optimale Insertion der gezeigten Implantate erfolgt 2 bis 3 Millimeter unterhalb des Knochenkammes. Durch die konvergierende Form der abgeschrägten Implantatschulter (Sloping Shoulder) werde der Ausheilungsprozess verbessert und der marginale Knochen erhalten. Im Fall von minimalen Implantatlängen mit bis zu 5,7 Millimeter könne man sich eben keinen Kno-

Fortbildung 31 chenverlust leisten. Bei herkömmlichen Implantatdesigns sei aber ein Knochenrückgang von 1,5 Millimeter durchaus üblich. Doch nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität des Knochenkontakts werde durch die Sloping Shoulder und das Plateaudesign optimiert. So haben die Knochenausheilungsprozesse die Möglichkeit sich wie nach der Extraktion eines natürlichen Zahnes zu verhalten. Der sich neu bildende Knochen weise stabile, kortika-ähnliche Eigenschaften auf. Es handle sich um Lamellenknochen, durchzogen von den typischen Havers schen Kanälen. Diese Knochenart bedinge eine erhöhte Resistenz des Implantats während der Kaukraftverteilung. Durch atraumatisches chirurgisches Vorgehen und der direkten Weiterverwendung des bei der Implantatbohrung gewonnenen Knochenmaterials, sowie den Besonderheiten des Implantatdesigns könne in einigen Fällen sogar 0,5 mm an Knochenniveau gewonnen werden. Langfristig wirke die geschützte, subcrestale Lage der Verbindung zwischen Implantat und Abutment sowie die bakteriendichte Konusverbindung (Locking-Taper) von 1,5 Grad einer mikrobiellen Besiedelung entgegen. Bei einem Mikrospalt von weniger als 0,5 Mikron könne eine Periimplantitis vermieden werden. Der Erhalt des crestalen Knochens sei auch Schlüsselfaktor zum Erhalt des gingivalen Emergenzprofils für ästhetische implantatgetragene Restaurationen. Weniger Kosten als Vorteil. Als klaren Vorteil der Kurzimplantate nannte Prof. Marincola den möglichen Verzicht auf Augmentation und Sinuslift. So reiche im Unterkiefer eine vertikale Höhe von 6 Millimeter aus, um den nervus alveolaris inferior zu umgehen. Im Oberkiefer genügten 7 Millimeter vertikaler Knochenhöhe für eine Implantation ohne Sinuslift. Prof. Marincola betonte die Vorteile für die Patienten. Ein geringerer chirurgischer Aufwand bedeute in vielen Fällen eine schnellere Versorgung und weniger Kosten. Vor dem universellen Einsatz der Kurzimplantate allerdings warnte der Experte. Der Einsatz der extrem kurzen, aber breiten Implantate (z.b. 6 x 5,7 mm) bleibe auf den Seitenzahnbereich begrenzt. Im Fall der Sofortimplantation empfiehlt er längere Implantate. Seit 1997 liegen klinische Erfahrungen mit den Ultra Short Implantaten ( 6 mm) vor. Die Langzeiterfolge von Kurzimplantaten belegte der Referent durch zahlreiche Fotos und Röntgenaufnahmen von Patientenfällen. Prof. Dr. Marincola resümierte, dass grundsätzlich jeder implantierende Zahnarzt die erfolgreiche Handhabung von Kurzimplantaten erlernen könne. Voraussetzung sei jedoch, dass ihr Einsatz mit Bedacht und dem Bewusstsein der Anwendungsgrenzen begleitet werde. Dr. Inga Potthoff Einfache Prothetik Gute Prothetik? Diese Frage beantwortet Prof. Dr. Axel Zöllner unter Bezugnahme auf die Evidenz. Differenziert nach Indikationsspektren, Behandlungsstrategien und Verbindungselementen reicht die Antwort vom klaren Ja bei festsitzenden Einzelzahnversorgungen im Seitenzahnbereich, bis zu fraglich beim komplexen Fall, wie z.b. im ästhetischen Frontzahnbereich. Hier sitzen die die s wissen, und dort die die s können? Prof. Zöllner beginnt seinen Vortrag gezielt provokant, bringt Lachen und Bewegung ins Auditorium am Ende eines langen und interessanten Tages. Wissenschaft versus Praxis oder Evidenz versus Kompetenz dies sind für Ihn keine Gegensätze, denn er verbindet beides. Wissenschaft und Lehre betreibt Prof. Dr. Axel Zöllner in seiner Funktion als Inhaber des Lehrstuhls für Prothetik an der Universität Witten. Zudem ist er Hauptverantwortlicher des International iider (international Institute for Dental Education and Research), dessen Aufgaben im Bereich der Planung und Durchführung klinischer Studien sowie Fortbildungsveranstaltungen liegt. Und er ist Praktiker geblieben, behandelt in freier Praxis. Somit lebt er evidenzbasierte Medizin, aus deren Definition er zitiert: Anliegen der evidenzbasierten Medizin ( EbM) ist es, patientenorientierten Entscheidungen eine wissenschaftliche Grundlage zu geben und weiter: Die klinische Praxis der EbM beinhaltet die Integration von klinischer Expertise, Patientenpräferenz und externer Evidenz aus systematischer patientenorientierter Forschung. Implantate ersetzen keine Zähne Implantate ersetzen fehlende Zähne mit diesem Statement nimmt Prof. Dr. Axel Zöllner gekonnt Bezug auf die Diskussion am Nachmittag. Er zitiert aus dem Consensus Report des ersten Europäischen Workshops für Rekonstruktive Zahnmedizin von 2006. Wörtlich übersetzt heißt es dort: Wenn dentale Implantate nach zehn Jahren nachuntersucht werden, übersteigt ihre Langlebigkeit 4/2009 ZBW

32 Fortbildung nicht die eines kompromittierten doch erfolgreich behandelten natürlichen Zahnes. Nach diesen einführenden Gedanken folgt die systematische Betrachtung verschiedener Indikationsspektren und Behandlungsstrategien anhand ausgewählter klinischer Falldokumentationen. Dabei wird konsequent für jede Indikationsgruppe der Fall dargestellt, der Aufwand evaluiert, die Evidenz angeführt und ein Fazit gezogen. Einzelzahnversorgung. Je nach Lokalisation der Einzelzahnlücke kann der chirurgische, prothetische, finanzielle und zeitliche Aufwand erheblich differieren. Als Orientierung dient der ITI Treatment Guide, der eine Risikoklassifizierung des Falles in niedrig/ mittel/ hoch ermöglicht. Beispiele der abgefragten ästhetischen Risikofaktoren sind: Wie ist der allgemeinmedizinische Status des Patienten? Raucht er? Wie sind die Patientenerwartungen hinsichtlich des ästhetischen Endergebnisses? Welcher Gingivatyp liegt vor und welche knöcherne Anatomie? Wie sind die Nachbarzähne restaurativ versorgt? Nach dem Motto erst Grübeln, dann Dübeln sind alle diese Kriterien einzeln zu bewerten. Auch der finanzielle Aufwand ist zu berücksichtigen. Ein weiteres Entscheidungskriterium stellt die Befestigungsform der Einzelkrone dar: verschraubt oder zementiert? Mikrobielle Untersuchungen können keine signifikanten Unterschiede zeigen. Der SBI ist jedoch bei verschraubter Lösung geringer; evtl. da der Randspalt bei verschraubten Suprakonstruktionen in der Regel geringer ist. Darüber hinaus besteht bei tief submukosal liegendem Kronenrand das Risiko des Verbleibens von Zementresten und damit die Gefahr der periimplantären Entzündung. Diese Problematik kann mittels eines individuellen keramischen Abutments mit äquigingivaler Schulter gelöst werden. Im Frontzahnbereich, der höchste ästhetische Ansprüche stellt, ist dies sicher eine probate Lösung auch wenn sie wesentlich aufwändiger ist und zudem multiple provisorische Zwischenschritte zum Erhalt der Weichgewebsanatomie notwendig sind. Fazit: Die Einzelzahnlücke im ästhetischen Frontzahnbereich ist komplex und hoch aufwändig in der Versorgung. Die Einzelzahnlücke im Seitenzahnbereich kann einfach und verschraubt gut gelöst werden. Der festsitzende Ersatz. Beim festsitzenden Ersatz mehrerer fehlender Zähne sehen wir uns die Zehn-Jahres-Überlebensraten im Vergleich an: Die von herkömmlichem festsitzenden Brückenersatz liegt bei 89,2 Prozent, von rein implantatgestütztem, festsitzenden Ersatz bei 86,7 Prozent. Anhängerkonstruktionen auf eigenen Zähnen bringen es dagegen nur auf 80,3 Prozent. Ein zusätzliches Risiko besteht in der Verbindung von natürlichem Zahn und Implantat, wobei bei kleiner Spanne und optimaler Retention eher diese Konstruktionsvariante die Lösung darstellen kann als bei großer Spanne und kurzem, stark reduziertem Zahnstumpf. Der ITI Treatment Guide teilt die Fälle ein in straight forward / advanced / complex. Die zu berücksichtigenden Kriterien sind z.b.: der interokklusale Abstand, die mesio-distale Ausdehnung der zu überbrückenden Spanne, die Möglichkeiten und Ansprüche an die provisorische Versorgung, Parafunktionen des Patienten und ob eine Verschraubung möglich ist. Prof. Zöllners Fazit: Erste Wahl ist die Einzelversorgung eines Implantates, gefolgt von der Implantatbrücke, gegebenenfalls in Nachbarschaft zu Einzelversorgung/Brückenversorgung der natürlichen Zähne. Herausnehmbar. Die herausnehmbaren Versorgungen im teilbezahnten und zahnlosen Kiefer ist eindeutig eine Gruppe der hochkomplexen und labortechnisch anspruchsvollen Versorgungen. Doppelkronentechnik ist zum Beispiel komplexe, gute Prothetik, so wie sie von Zahntechnikern in Deutschland aufgrund ihrer guten Ausbildung exzellent ausgeführt werden kann. Ein Tipp am Rande: Die Wachseinprobe vor der Gerüsterstellung schafft größte Sicherheit. Bezüglich der Verbindungselemente bei der Versorgung des zahnlosen Kieferkammes ist der Knochenabbau bei Steg, Kugelkopf oder Magnetkonstruktionen nahezu identisch. Am Schluss des hervorragenden Vortrages, der an Geschwindigkeit in der terminalen Phase deutlich zulegte, war Prof. Zöllners Fazit für solche Fälle: Ja, einfache Prothetik ist gute Prothetik im Indikationsbereich des zahnlosen Kiefers mit herausnehmbarer Versorgung und bei kleiner einzelner oder kurzspannig-festsitzender Versorgung im Seitenzahnbereich. Nein, einfach geht es nicht im Indikationsbereich des zahnlosen Kiefers der festsitzend versorgt wird, bei teleskopierenden Versorgungsformen und im ästhetisch anspruchsvollen und risikoreichen Frontzahnbereich. Mit einem Hoch auf die interne Evidenz und die Kompetenz des Praktikers beschließt Prof. Dr. Axel Zöllner seinen Vortrag. Er verriet, dass er mit seinen Doktoranden zurzeit eine retrospektive Untersuchung in Praxen und Kliniken durchführt, um eben diese interne Evidenz der Kollegen nutzbar zu machen. Der hervorragend strukturierte Vortrag schließt unter Bezugnahme auf die drei Säulen der evidenzbasierten Medizin: die patientenorientierte Entscheidungsfindung, die Kompetenz des Behandlers und die externe Evidenz aus systematischer Forschung und Wissenschaft. Fotos: IZZ Dr. Susanne Zimmermann