SEIT 1998 ERFOLGREICH IN DER AUSBILDUNG VON HEILPRAKTIKERN UND BERATERN Weiterbildung Stressmanagement und Entspannungsverfahren Arbeits- und Lernskript WWW.FERNAKADEMIE-GESUNDHEIT.DE Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson
1 Die Progressive Muskelrelaxation [ ] 1.2 Die Praxis der Progressiven Muskelrelaxation HINWEIS: Die praxisnahe Darstellung der Progressiven Muskelrelaxation ersetzt nicht den Besuch eines Praxisseminares. In Übereinstimmung mit den Experten der Branche sind wir der Überzeugung, dass die meisten Themengebiete nicht allein durch Fernunterricht erlernt werden können, sondern durch Praxisseminare ergänzt werden müssen. Sie erlernen die Progressive Muskelrelaxation in unseren Praxisseminaren zunächst am eigenen Leib. Anschließend erfahren Sie, wie Sie die Progressive Muskelrelaxation in Ihrer Beratungspraxis einsetzen können. Bitte vergessen Sie nie, dass Sie die Progressive Muskelrelaxation nur dann therapeutisch einsetzen können, wenn Sie eine therapeutische Ausbildung haben. In allen anderen Fällen dürfen Sie die Progressive Muskelrelaxation nur als Hilfe zur Selbsthilfe nutzen. 1.2.1 Raum, Licht, Sitz- oder Liegeposition und Kleidung Ich kann mir noch nicht richtig vorstellen, wie Progressive Muskelrelaxation funktioniert. Der Lehrer lächelt. Möchtest du die Progressive Muskelrelaxation jetzt ausprobieren? Sie nicken. Der Lehrer geht zur Öllampe hinüber und dreht sie ein wenig herunter. Möchtest du sitzen oder liegen? Er zeigt zuerst auf einen gut gepolsterten Sessel und dann auf eine Couch. Als er sieht, dass Sie sich nicht entscheiden können, gibt er Ihnen einen Rat: Bei der ersten Übung ist es am besten, wenn du sitzt. Einverstanden. Bist du bequem angezogen? MERKE: Progressive Muskelrelaxation sollte in einem angenehmen, ruhigen Raum durchgeführt werden. Gedämpftes Licht erleichtert die Entspannung.
Man kann die Progressive Muskelrelaxation im Sitzen oder im Liegen durchführen. Das erste Mal sollte idealerweise in sitzender Position erfolgen. Dabei kann man auf einem Sessel sitzen oder auf einem Stuhl. Am besten eignen sich Stühle mit Armlehnen, da man hierauf die Arme ablegen kann. Sind keine Armlehnen vorhanden legt man die Hände am besten auf die Oberschenkel. Die Sitzhaltung ist nicht streng vorgegeben. Oberstes Gebot ist zu Beginn der Übung eine möglichst schmerzfreie Haltung. Ungünstig ist die Kutschersitzhaltung, die beim Autogenen Training manchmal angewendet wird. Will man die Progressive Muskelrelaxation im Liegen durchführen, so eignet sich hierfür eine Couch, ein Bett oder eine Isomatte. Bewährt hat sich die Rückenlage (die Beine sind parallel, die Arme seitlich am Körper). Die Kleidung: Die Kleidung Ihrer Kunden sollte bequem sein (nicht zu eng!). Empfohlen werden locker sitzende Kleidung (das gilt auch für die Unterwäsche) und bequeme Schuhe oder warme Strümpfe. Für Brillenträger gilt: Oft ist es leichter sich zu entspannen, wenn man die Brille ablegt. Die Raumtemperatur: Der Raum sollte so temperiert sein, dass Ihre Kunden nicht frieren. Stellen Sie Ihren Kunden ggf. Decken zur Verfügung. Die Hinweise zur Raumgestaltung, zum Licht und zur Raumtemperatur gelten auch für die in den folgenden Lehrbriefen behandelten Entspannungstechniken. Sie nicken. Bevor wir beginnen, werde ich dir noch einiges über den Ablauf der Progressiven Muskelrelaxation sagen. Einverstanden. 1.2.2 Eine intuitive Form der Muskelentspannung Der Lehrer erklärt: Wie schon gesagt: Grundsätzlich lernt man bei der Progressiven Muskelrelaxation, alle Muskeln des Körpers in einer bestimmten Reihenfolge anzuspannen und wieder zu lockern und gleichzeitig sehr aufmerksam die Empfindungen, die bei der Spannung und Entspannung auftreten, wahrzunehmen. Auf diese Weise wirst du auch im Alltag immer besser erkennen können, wann du verspannt oder entspannt bist. Sie sagen: Irgendwie erinnert mich das Anspannen und Entspannen von Muskeln an etwas, das ich immer mal wieder tue: Wenn ich mich körperlich verspannt fühle, dann recke ich mich und strecke mich. Manchmal atme ich auch tief ein und halte für einen Moment die Luft an. Anschließend fühle ich mich meistens besser. Der Lehrer nickt. Ja, das Recken und Strecken hat einen ähnlichen Effekt wie die Progressive Muskelrelaxation. Du siehst, vieles tun die Menschen schon intuitiv, um sich wohler zu fühlen. Die Progressive Muskelrelaxation hat jedoch in der Regel eine sehr viel nachhaltigere Wirkung als ein gelegentliches Recken und Strecken.
1.2.3 Wie lange braucht man, um die Progressive Muskelrelaxation zu erlernen? Kann ich die Progressive Muskelrelaxation an einem Tag erlernen? Nein. Du wirst zwar vielleicht schon in der ersten Übung ein tiefes Gefühl der Entspannung bemerken. Das ändert aber zunächst nur dein aktuelles Wohlbefinden. Um dein Wohlbefinden auch langfristig zu verbessern, bedarf es einer Übungsphase von etwa 6 bis 8 Wochen. So lange? Sich entspannen lernen geht ähnlich wie das Erlernen anderer Fertigkeiten, wie Fahrradfahren oder Schwimmen. Du kannst und sollst die Übungen auch alleine machen. Es hat sich jedoch bewährt, meine Schüler eine Weile auf ihrem Weg in ein entspannteres Leben zu begleiten. Es ist nicht erforderlich, dass wir uns jeden Tag sehen. Du selber solltest die Übungen jedoch möglichst 2- bis 3-mal am Tag machen. Das verstehe ich. Was ich noch nicht verstanden habe, ist, warum man damit beginnt, die Muskeln anzuspannen. Warum entspannt man die Muskeln nicht sofort? MERKE: Um eine nachhaltige Wirkung der Progressiven Muskelrelaxation zu erzielen, sollte die Progressive Muskelrelaxation täglich zu Hause geübt werden (mindestens 6 bis 8 Wochen). Es ist sinnvoller, die Progressive Muskelrelaxation über einen längeren Zeitraum hinweg zu erlernen als in einem Kompaktseminar. Sie sollten Ihre Klienten/Patienten darauf hinweisen, dass es zur langfristigen Verbesserung des Wohlbefindens wichtig ist, die Übungen auch zu Hause zu machen. Zudem ist es sinnvoll, ein Fortsetzungsseminar zu besuchen. 1.2.4 Warum spannt man zunächst alle Muskeln an? Der Lehrer nickt. Diese Frage wird mir oft gestellt. Jeder hat im Wachzustand ein gewisses Maß an Spannung. Wäre das nicht der Fall, würde man schlichtweg hinfallen. Deshalb hat jeder ein bestimmtes Maß an Spannung, mit dem er Tag für Tag lebt. Die Progressive Muskelrelaxation zielt darauf ab, eine Verringerung der Muskelspannung bis weit unter das tägliche Anspannungsniveau zu ermöglichen. Um das zu erreichen, könnte ich dich jetzt bitten, dich ganz auf die Muskeln zum Beispiel deiner rechten Hand und des rechten Armes zu konzentrieren und sie einfach zu entspannen.
Versuchen Sie selbst der Bitte des Lehrers nachzukommen. Konzentrieren Sie sich auf die rechte Hand und den rechten Arm. Und versuchen Sie die Muskeln zu entspannen. Ich weiß nicht, eine richtige Entspannung fühle ich nicht. Vielleicht eine ganz leichte Entspannung. Der Lehrer sagt: Die Progressive Muskelrelaxation ruft einen viel schnelleren und fühlbareren Entspannungseffekt hervor. Um das zu erreichen, spannt man erst eine Muskelgruppe an, das heißt man lässt die körperliche Anspannung weit über das gegenwärtige Anspannungsniveau steigen. Und dann, auf einmal, entspannt man sie. Das ermöglicht den Muskeln, in einen Entspannungszustand zu kommen, der weit unter dem Anspannungsniveau liegt. Der Lehrer hält einen Moment inne, um das Feuer im Kamin anzufachen. Versuchen Sie selbst, die rechte Hand zur Faust zu ballen und an die rechte Schulter zu führen. Dabei spannen Sie bitte Unter- und Oberarm an. Verweilen Sie 5 bis 7 Sekunden in dieser Stellung und achten auf das Gefühl der Anspannung. Dann lassen Sie die Hand wieder fallen, und zwar nicht allmählich, sondern auf einmal. Wie fühlen sich rechte Hand und rechter Arm jetzt an? Sie sehen dabei zu, wie das neu aufgelegte Stück Holz Feuer fängt und zu knistern beginnt. Der Lehrer holt eine Schnur, die er an der Decke befestigt. Dann hängt er an das untere Ende der Schnur einen Stein. Die Wirkung der Progressiven Muskelrelaxation ist wie bei diesem unbewegt herunterhängendem Pendel. Wenn du es stark nach rechts ausschwingen lassen willst, kannst du es stark in diese Richtung stoßen. Leichter wäre es jedoch, es zunächst ganz in die entgegengesetzte Richtung zu ziehen und es dann loszulassen. Es wird über die Vertikale hinaus in die gewünschte Richtung schwingen. Sie probieren beides aus und müssen zugeben, dass die zweite Möglichkeit die leichtere ist. Die Muskeln vor der Entspannung anzuspannen, fährt der Lehrer fort, hat noch einen weiteren Vorteil: Man wird dadurch intensiver auf das Gefühl der Verkrampfung einzelner Muskelgruppen aufmerksam. Zudem wird ein guter Kontrasteffekt erzielt, der es einem ermöglicht, die beiden Zustände zu vergleichen und den Unterschied zwischen den mit ihnen verbundenen Empfindungen zu spüren.
MERKE: Die der Progressiven Muskelrelaxation zugrunde liegende Technik, die Muskeln zunächst anzuspannen und erst danach zu entspannen... erleichtert es den Muskeln, sich leicht und schnell zu entspannen (Ermüdungseffekt der Muskeln nach Anstrengung), macht auf Verkrampfungen einzelner Muskelgruppen aufmerksam und ermöglicht die Erzielung eines gut spürbaren Kontrasteffektes zwischen Anspannung und Entspannung. 1.2.5 Welche Muskelgruppen werden nacheinander angespannt und entspannt? Der Lehrer sagt zu Ihnen: Ich zeige dir jetzt, welche Muskelgruppen bei der Progressiven Muskelrelaxation nacheinander angespannt und entspannt werden. 1. Wir werden mit der rechten Hand und dem Unterarm beginnen. Ich werde dich bitten, mit der rechten Hand eine feste Faust zu machen und dadurch die Muskeln der rechten Hand und die Muskeln des Unterarmes anzuspannen. Dabei auf das Gefühl der Anspannung achten. Nach 5 bis 7 Sekunden werden die Muskeln mit einem Mal gelockert (diese Zeitangabe gilt für alle Folgeschritte). In den ersten 2 Sekunden nach der Anspannung ist das Gefühl der nun einsetzenden Entspannung besonders deutlich. 2. Nun ist der rechte Oberarm an der Reihe. Sitzt man auf einem Sessel oder auf einem Stuhl mit Lehnen, können die Muskeln des rechten Oberarms angespannt werden, indem man den rechten Ellbogen gegen die Armlehne drückt. Sind keine Armlehnen vorhanden oder macht man die Übung im Liegen, so kann man den Oberarm auch anspannen, indem man Schritt 1. wiederholt, die zur Faust geballte rechte Hand nun aber an die rechte Schulter führt. 3. In Schritt 3 wird Schritt 1 wiederholt, jedoch dieses Mal mit der linken Hand und dem linken Unterarm. 4. Schritt 4 entspricht Schritt 2, nun aber mit dem linken Oberarm. 5. Nachdem Arme und Hände entspannt sind, werden die Gesichtsmuskeln gelockert. Man beginnt mit den Muskeln des unteren Gesichtsdrittels. Hier werden zunächst die Zähne fest zusammengebissen. Vielleicht kennst du die Redewendung <Da muss man die Zähne zusammenbeißen>. Sie nicken. Der Kaumuskel ist einer der stärksten Muskeln des Körpers. Weißt du, wie viel Kilopond Kraft man braucht, um ein Butterbrot zu essen?
Was meinen Sie? Es sind 5 Kilopond Kraft. Für das Zerbeißen eines Steaks benötigt man etwa 7 Kilopond Kraft. Wer am Tag oft die Zähne zusammenbeißt, tut dies oftmals auch im Schlaf. Die Folge: Zähneknirschen. Was schätzt du: Wie viel Kilopond Kraft werden dabei freigesetzt? Ihre Antwort: Es sind etwa 25 Kilopond Kraft. Dadurch splittert der Zahnschmelz. Die Zahnwurzeln lockern sich, und die Kiefergelenke leiern aus. Achte mal im Alltag darauf, wie oft du dich mit zusammengebissenen Zähnen ertappst. In der Progressiven Muskelrelaxation wird der Unterkiefer nach 5 bis 7 Sekunden Anspannung ganz bewusst entspannt. 6. Nun wird die Zungenspitze gegen den Gaumen gepresst. Achte einmal darauf, wo deine Zunge normalerweise ist. Eine angespannte Zunge führt dazu, dass auch die Halsmuskeln angespannt sind. Die Durchblutung im Halsbereich ist blockiert. Folglich sind nicht genügend Nährstoffe vorhanden, die Bakterien abwehren können. 7. Als Nächstes werden die Lippen zusammengekniffen. Auch das verstärkt die Spannung im Halsbereich. Wenn anschließend die Lippen entspannt werden, kann man sich einen fröhlichen Kindermund als Vorbild nehmen. Wie kommt es eigentlich, dass Kinder in der Regel viel häufiger lachen als Erwachsene?, unterbrechen Sie den Lehrer. Ich weiß es nicht genau... Wissen Sie eine Antwort? Dann würden wir uns freuen, wenn Sie uns die Antwort zusammen mit den Einsendeaufgaben zusenden.... Was auch immer der Grund ist: Fakt ist, dass es viel leichter ist zu lächeln als ein verbissenes Gesicht zu machen. Man benötigt hierfür viel weniger Muskeln. Ist das nicht eine wunderbare Einrichtung der Natur? Wenn Sie sich über etwas ärgern, versuchen Sie einmal zwei Minuten zu lächeln, auch wenn Ihnen nicht danach zumute ist. Es wird Ihnen nicht gelingen, ärgerlich zu bleiben. Das liegt daran, dass allein schon das Nachobenziehen der Mundwinkel Nerven anregt, die Endorphine (so genannte Glückshormone) im Gehirn erzeugen. Sie lächeln, während der Lehrer Ihnen zuzwinkert. 8. Nach dem Anspannen und Entspannen der Lippen sind die mittleren Gesichtspartien an der Reihe. Diese kann man anspannen, indem man die
Augen fest zusammenkneift, so als ob einem Wind ins Gesicht bläst. Zur Verstärkung kann man auch die Nase rümpfen. Schon wieder eine Redewendung. Wer im Alltag häufig die Nase rümpft, tut sich selbst nichts Gutes und verspannt sich. 9. Nun werden die oberen Gesichtsmuskeln erst angespannt und dann wieder gelockert. Gemeint sind die Muskeln der Stirngegend. Die Stirn kann man anspannen, indem man die Augenbrauen nach oben zieht. So bilden sich auf der Stirn so genannte Dackelfalten. Dadurch wird die ganze Kopfhaut mit angespannt. Man kann die Stirn aber auch einfach runzeln, um die Stirnmuskeln anzuspannen. Spannt man im Alltag oft die Stirn an, so ist das häufig der Auslöser von Spannungskopfschmerzen. 10. Jetzt spannt man die Nackenmuskeln an. Das ist auf zweierlei Weise möglich. Entweder zieht man die Schultern nach oben im besten Fall bis an die Ohren. Oder man zieht das Kinn so weit wie möglich auf die Brust. Dennoch sollte das Kinn die Brust nicht tatsächlich berühren. [ ]