Arzneimittel in der Stillzeit



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Dr. Thomas Siebler Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin Pädiater

Stillen Muttermilch enthält optimal Eiweisse, Fette, Kohlenhydrate, Vitamine, Immunglobuline Seltener Infektionen Selteneres oder verzögertes Auftreten von Allergien (Stillen bis 6 LM) Mutter Kind Beziehung Geringeres Risiko für Brustkrebs, Ovarialkarzinom, Osteoporose

Stillen und Arzneimittel Häufig Verunsicherung und Irritation Nichtbefolgen der Arzneiverordnung Unnötiges Abstillen ITO (1993) in der Stillzeit mögliches Antibiotikum 15% keine Einnahme 7% Abstillen

( Stillen ja oder nein? ) ist das Medikament verträglich oft vorsichtige /zurückhaltende Angaben, da keine Studien oder Regressangst der Pharmafirmen

Pharmakologie Barrieren Mutter Magen-Darm Metabolisierung (Leber) Ausscheidung (Niere) >>> Brustdrüse Metabolisierung Konzentrationsausgleich

Pharmakologie Übertritt Milch Fettlöslichkeit geringe Molekularmasse / Grösse alkalische Reaktion (MM etwas saurer als Plasma) geringer Ionisationsgrad niedrige Eiweissbindung

Pharmakologie Milch >>> kindlicher Darm Abbau im Magen-Darmtrakt Heparin Insulin Bindung im Darm Tetracycline an Ca++

Pharmakologie Welche Wirkstoffkonzentration kommt beim Säugling an? Wirkstoffkonzentration in der Milch Stillmenge pro Tag

Pharmakologie ACHTUNG Aufnahme zt besser, weil Darmwand NG permeabler höherer ph im Magen Verweilzeit im Magen-Darm etwas länger Pankreasenzyme Gallensäuren Leberstoffwechsel erst nach Wochen voll funktionierend (vgl NG Gelbsucht)

Pharmakologie ACHTUNG Leberstoffwechsel erst nach Wochen voll funktionierend (vgl NG Gelbsucht) Nierenausscheidung erst komplett mit 2-5 Monaten

Pharmakologie Kurzzeitige Medikamentengabe meist keine relevanten Medikamentenkonzentrationen für das Kind Dauermedikation Anreicherung möglich

Pharmakologie ITO 1993 838 Mütter 11% Symptome beim Säugling dünnere Stuhlkonsistenz Sedierung bei Analgetika Sedativa Antidepressiva Antiepileptika Unruhe bei Antihistaminika

Pharmakologie Anregung Milchbildung Phenothiazine, Haloperidol (antidopaminerg) Sulpirid, Risperidon (Neuroleptika) alpha Methldopa (Bluthochdruck) Domperidon, Metoclopramid (Magen-Darm) Reserpin (antisympathikolytisch, RR) GH TRH

Pharmakologie Verminderte Milchbildung Amphetamine Diuretika Estrogene (Pille geringer Estrogenanteil, reine Gestagen- Kontrazeptiva kein Einfluss) Ergotaminabkömmlinge: Bromocriptin, Cabergolid, etc Alkohol Opiate

Pharmakologie grundsätzlich problematisch Zytostatika Radionuklide Kombinationstherapien Psychopharmaka / Antiepileptika jodhaltige Kontrastmittel und Medikamente und Desinfektion

Analgetika Paracetamol Mittel der Wahl Ibuprofen auch möglich ASS bis 1,5 g / Tag akzeptabel Opoidanalgetika nur kurzzeitig CAVE Apnoe

Antirheumatika / -phlogistika Ibuprofen Flurbiprofen Mittel der Wahl Azapropazon, Diclofenac, Flufenaminsäure bei gelegntlicher Einnahme COX 2 Inhibitoren meiden

Migräne Ibuprofen, Paracetamol auch ASS, Dihydroergotamin, Sumatriptan möglich Erbrechen Metoclopramid, Dimenhydrinat, Meclozin möglich

Lokalanästhesie möglich, auch mit Adrenalin Prilocain meiden, ggfalls Stillpause

Narkose in der Regel nach dem Aufwachen Stillen möglich, ggfalls eine Stillmahlzeit Pause vor OP Milch abpumpen

Gicht Probenecid gut Allopurinol meiden im Anfall Ibuprofen

Antihistaminika Loratadin Cetirizin Dimetinden Hyposensibilisierung auch möglich

Asthma Salbutamol, Terbutalin kurzwirksam Formoterol, Salmeterol längerwirksam Oral nicht ratsam Theophyllin ja Glucocorticoide inhalativ ja

Mucolytika Antitussiva ACC, Ambroxol, Bromhexin ja Kalium jodatum nein Codein Einzelgaben ja

Antacida aluminiumfreie Produkte zb Magaldrat, Sucralfat H2 Rezeptorenblocker akzeptabel

Laxantien in der Regel erlaubt Diarrhoe Loperamid vorübergehend

Antibiotika In der Regel alle, die bei Säuglingen, Kleinkindern eingesetzt werden Penicilline, Cephalosoprine, Erythromycin auch möglich: Tetracycline, Nitrofurantoin, Sulfonamide

Antibiotika Gyrasehemmer Nalidixinsäure Ciprofloxacin nicht geeignet

beta Rezeptorenblocker ACE Hemmer Calciumantagonisten in der Regel möglich Nicht: Angiotensin II Rezeptor Antagonisten, Clonidin, Minoxidil

Medikamente vermeiden, wo möglich Medikamente äußerlich oder lokal anwenden, wo möglich Stillfreundliche Medikamente mit dem Arzt besprechen Medikament 1 x tgl.: Abendliche Einnahme nach der letzten Brustmahlzeit Medikament 2 3 x tgl.: Einnahme nach dem Stillen Frühgeborene, Säuglinge mit gesundheitlichen Problemen, Neugeborene in der 1. LW: größere Vorsicht

Referenz: Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit Schaefer, Spielmann, Vetter Urban und Fischer Verlag

Vielen Dank