1. Bewerbung Erfahrungsbericht über das Auslandsstudium an der George Washington University Law School 2010/11 Thomas Zott Seit einigen Jahren bestehen zwischen der Universität Augsburg und mehreren Law Schools in den USA und Tasmanien Austauschprogramme, die man in dieser Form wohl an keiner anderen Juristischen Fakultät in Deutschland findet. Wenn euch also nach vier oder sechs Semestern Jura in Deutschland das Fernweh packt und ihr einen Einblick in ein anderes Rechtssystem und vor allem in ein anderes Land gewinnen wollt, dann nützt die Gelegenheit und bewerbt euch für dieses ausgezeichnete Austauschprogramm. Die Bewerbungsvorrausetzungen könnt ihr auf der Lehrstuhl-Homepage nachlesen. Bewerbungsschluss ist etwa Ende November. Kann man in seiner schriftlichen Bewerbung überzeugen, wird man Anfang Dezember zum Bewerbungsgespräch zu Prof. Dr. Möllers eingeladen. Ob die Bewerbung erfolgreich war, erfährt man noch vor Weihnachten. 2. Visum und Flug Nach der Zusage für einen Platz an einer der ausländischen Partneruniversitäten findet Ende Januar ein Treffen mit den Austauschstudenten des Vorjahres statt, in dem man sich persönlich kennen lernt und man Antworten aus erster Hand für all seine Fragen bekommt. Sobald ihr wisst, wann ihr mit den Klausuren im Sommersemester in Augsburg fertig seid, könnt ihr euren Flug buchen. Ich bin gleich Anfang August geflogen, da ich mich in Washington, DC einleben wollte und mich noch um eine Wohnung kümmern musste. Da im August leider die Hauptreisezeit ist, müsst ihr bei Direktflügen mit knapp 1000 Euro rechnen. Ich bin mit British Airways via London Heathrow geflogen, wodurch man sich etwa 150 Euro sparen kann. Ich kann dies allerdings nicht empfehlen, da der Mehraufwand deutlich ist. Etwa im April bekommt ihr dann die offiziellen Begrüßungsunterlagen der George Washington University Law School, in dem auch das DS-2019 Formular enthalten ist, das ihr für eine Visumsbewerbung benötigt. Als Austauschstudent bekommt man ein J-1 Visum. Sobald man alle Unterlagen für das Visum zusammen hat, sollte man einen Termin im amerikanischen Konsulat in München machen. Wichtig ist, dass man vorher sowohl die SEVIS Gebühr, als auch die Visumsantragsgebühr bezahlt (bei Roskos & Meier). Zudem muss man alle Daten bereits elektronisch im Online-Formular DS 160 eingeben. Welche weiteren Dokumente man beim Termin im Konsulat vorlegen muss, könnt ihr auf der Seite der amerikanischen Botschaft nachlesen. Sollte ihr euch dazu entscheiden für ein weiteres Semester in den USA zu bleiben um den LL.M. abzuschließen, müsst ihr euch entweder in den USA oder in
Deutschland für ein neues Visum bewerben (F-1). Das Graduate Programms Office hilft hier allerdings weiter. 3. Ankunft / Unterkunft Nach der Ankunft in Washington, DC solltet ihr an einem der ersten Tage beim Internation Student Office (ISO) einchecken und euch auch bei den Verantwortlichen der Law School vorstellen. Dean Karamanian und die Damen vom Graduate Programms Office, insbesondere Shehernaz Joshi, können euch sowohl bei Fragen zur Kurswahl, als auch bei sonstigen Problemen immer weiter helfen. Die Wohnungssuche stellt zu Beginn mitunter das schwierigste Problem dar. Ich habe die ersten beiden Wochen bei einem Freund übernachtet und habe mich dadurch vor Ort auf die Suche machen können. Schnell musste ich feststellen, dass es schwierig werden würde, eine Wohnung in guten und vor allem sicheren Lagen zu einem bezahlbaren Preis zu finden. Ich habe nach zwei Wochen allerdings in Rosslyn eine sehr schöne Wohnung beziehen können, von der aus die Law School mit der Metro oder dem Rad in ca. 20 Minuten zu erreichen ist. 4. Studium Bezüglich der Kurswahl sollte man sich vorher überlegen, ob man nur für ein Austauschsemester an der George Washington University Law School ist oder ob man plant den LL.M. abzuschließen. Wenn man weiß, dass man den LL.M. in DC machen möchte, egal ob gleich im Anschluss an das Austauschsemester oder nach dem ersten Staatsexamen, empfiehlt es sich im ersten Semester mindestens 12 credits zu belegen. Für das zweite Semester fallen nämlich die Studiengebühren an, die sich nach der Anzahl der belegten credits richtet. Ich habe im ersten Semester 14 credits belegt, wobei der Arbeitsaufwand wirklich sehr hoch war und ich kann niemandem empfehlen mehr zu belegen. Als Spezialisierung habe ich International and Comparative Law gewählt. Die GWU Law School hat sowohl in dem von mir gewählten Rechtsgebiet, als auch im Intellectual Property einen hervorragenden Ruf. Welche anderen LL.M. Programme die Law School noch anbietet, könnt ihr auf deren Homepage nachlesen. a. Fall 2010 Fundamental Issues in US Law Dean Susan Karamanian (2+1 credits) Dieser Kurs bietet einen Überblick über das amerikanische Rechtssystem. Zu Beginn werden vor allem verfassungsrechtliche Fragen diskutiert. Im Laufe des Semesters bekommt auch einen Einblick in das amerikanische Prozessund Gesellschaftsrecht.
Der 2-stündige Kurs bei Dean Karamanian wird durch eine International Teaching Fellow Class begleitet. Hier werden die Studenten kleineren Gruppen zugeteilt und ihr müsst wöchentlich Aufgaben abgeben, die dann insgesamt zu einem Drittel in die Gesamtnote einfließen. Public International Law Professor Ralph G. Steinhardt (4 credits) International Law bei Professor Steinhardt behandelt das klassische Völkerrecht. Zu Beginn hatte ich ein wenig Mühe Professor Steinhardt zu folgen, da er sehr schnell spricht und er schnelle Gedankenwechsel vollzieht. Allerdings hat sich dieses Problem sehr bald gelegt und ich habe den Kurs wirklich zu schätzen gelernt, da es Professor Steinhardt versteht den Stoff auf interessante Weise zu vermitteln. Er verwendet zudem ein On-Deck System. Das bedeutet, dass die Studenten im Voraus Bescheid bekommen in welcher Woche sie im Unterricht aufgerufen werden und man kann sich entsprechend intensiver auf diese Stunden vorbereiten. International Law of Human Rights Professor Dinah L. Shelton (3 credits) Der Kurs International Law of Human Rights bei Professor Shelton zeichnet sich vor allem durch die kleine Kursgröße aus. Wir waren gerade einmal 12 Studenten und es kam in jeder Stunde zu einer interessanten Diskussion über den jeweiligen Stoff. Thematisch werden Menschenrechtssysteme in verschiedenen Regionen der Welt behandelt. Professor Shelton ist derzeit Mitglied der Inter-American Commission on Human Rights und konnte dadurch auch eine Menge praktischer Erfahrungen in den Unterricht einbringen. Als Nachteil muss man allerdings festhalten, dass die Reading Assignments in diesem Kurs sehr lange sind. International Project Finance Adjunct Professor Amy Bailey (2 credits) International Project Finance ist ein Kurs, der sich vor allem mit der Finanzierung von Großprojekten und den einhergehenden Risiken beschäftigt. Die Materie an sich ist sehr interessant und der Aufwand für die Vorbereitung des Kurses hält sich ebenfalls in Grenzen. Der Kurs wurde von der Dozentin Amy Bailey gehalten, die auf praktische Erfahrungen in diesem Gebiet zurück greifen kann. Die Art und Weise ihres Unterrichts ist jedoch sehr monoton und ich kann den Kurs nur eingeschränkt empfehlen. Die Abschlussklausur ist closed-book. International Negotiations Adjunct Professor Charles Camp (2 credits) International Negotiations war mein definitiv lustigster Kurs, der mich auch sprachlich wahrscheinlich am weitesten gebracht hat. Professor Camp ist ein unglaublich netter und hilfsbereiter Professor. In jeder Stunde wurden wir in verschiedene Gruppen aufgeteilt und verhandelten gegen andere Studenten. Professor Camp vermittelte uns dabei verschiedene Verhandlungsstrategien
und schaltete sich nur gelegentlich als Mediator in Verhandlungen ein. Die Note des Kurses setzte sich zu 35 % aus den Auftritten während der Verhandlungen und zu 65% aus einem Research Paper zusammen, dessen Thema man nach eigenen Wünschen wählen durfte. b. Spring 2011 Corporations Professor Dalia Tsuk Mitchell (4 credits) Corporations behandelt das klassische amerikanische Gesellschaftsrecht. Professor Tsuk Mitchell regt immer wieder dazu an die Gerichtsentscheidungen zu hinterfragen und geht auch fundamentalen Fragen, wie der Rolle eines Wirtschaftsunternehmens im öffentlichen Leben, nach. Die Klausur ist ein closed-bock multiple-choice exam. International Business Transactions Professor John Spanogle (3 credits) Wer sich für die Abwicklung transnationaler Kaufgeschäfte interessiert, ist in diesem Kurs genau richtig aufgehoben. Professor Spanogle versteht es den Stoff auf sehr anschauliche Weise zu vermitteln und versucht wirklich den Lernprozess bei den Studenten voran zu treiben. International Law Seminar: International Judicial Systems Professor Thomas Buergenthal (2 credits) Mit etwas Glück bin ich in das Seminar International Judicial Systems bei Professor Thomas Buergenthal rein gerutscht. Thomas Buergenthal ist die absolute Koryphäe an der George Washington University und der Professor mit dem höchsten Bekanntheitsgrad in Washington, DC. Er war Mitglied in der Inter-American Commission on Human Rights und war maßgeblich an dem Aufbau des Inter-American Court on Human Rights beteiligt, dessen Präsident er auch für mehrere Jahre war. In den vergangenen Jahren war Buergenthal der amerikanische Richter am Internationalen Gerichtshof in Den Haag und ist erst zu diesem Semester wieder auf seinen Lehrstuhl an der George Washington University zurück gekehrt. Das Seminar vermittelt einen sehr interessanten Einblick in die Arbeitsweise von internationalen Rechtssystemen. Da Buergenthal die meisten der Fälle selbst als Richter behandelt hat, kann er immer wieder faszinierende Hintergrundgeschehnisse erklären, die für das Verständnis sehr hilfreich sind. Die Benotung erfolgt durch eine Seminararbeit, deren Thema frei gewählt werden kann. Negotiations Professor Charles Craver (1 credit) Negotiations ist ein weiterer Soft-Skill Kurs, der Verhandlungstechniken und strategien vermittelt. Professor Charles Craver kann auf seine langjährige Erfahrung in diesem Feld zurückgreifen und weiß den Stoff interessant zu vermitteln. Der Kurs fand verblockt an den ersten vier Freitagen im Semester
statt und obwohl wir immer verschiedene Verhandlungen außerhalb des Unterrichts abhalten mussten, flossen diese nicht in die Endnote ein. In diesem Kurs herrscht absolute Anwesenheitspflicht und man bekommt alleine dafür am Ende einen Credit gut geschrieben. 5. Freizeit DC hat als Stadt wirklich einiges zu bieten. Wer das Bedürfnis hat sich kulturell weiter zu bilden, dem sei eine Besichtigung des Kapitols, des Weißen Hauses, des Supreme Courts oder eines der zahlreichen Museen und Monumente zu empfehlen. Auch in allen vier großen amerikanischen Sportarten ist DC in den höchsten Ligen vertreten. Ein Spiel der Washington Capitals (Eishockey), der Wizzards (Basketball), der Redskins (American Football) oder der Nationals (Baseball) sollte man auf jeden Fall gesehen haben. Auch abends wird es einem nicht langweilig. Beliebte Weggehviertel sind Dupont Circle, Adams Morgan, U-Street oder Georgetown. Die Stadt eignet sich auch hervorragend für Ausflüge in benachbarte Metropolen wie Philadelphia oder New York City! 6. Resümee Meinen Erfahrungsbericht möchte ich zum einem mit einem Dank an das Lehrstuhl-Team von Professor Möllers für die hervorragende Organisation beenden und gleichzeitig alle Interessierten zu einer Bewerbung aufmuntern. Die Chance bereits vor dem ersten Staatsexamen an einer amerikanischen Top 20 Law School studieren zu dürfen und sogar die Möglichkeit zu haben den Master Abschluss zu erlangen ist eine einmalige Chance, die man sich, so glaube ich, einfach nicht entgehen lassen darf.