Material und Handreichung für allgemein- und berufsbildende Schulen Verständnis für Menschen mit Demenz



Ähnliche Dokumente
Leitbild. LG Liechtensteinisches. Gymnasium

(GPF) Koordinierende Fachpflegekraft in der Gerontopsychiatrie

LehrplanPLUS Bayern. ... die Reise beginnt! Liebe Lehrerinnen und Lehrer,

Inhouse-Schulung For tbildung.mal-alt-werden.de

Schulung: Familienbegleiter

Demenznetz. ... Düsseldorf Angebote für Menschen mit Demenz, für ihre Angehörigen und Freunde

Lebensqualität bei Demenzerkrankung Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg 19. Mai 2008

SELBSTBESTIMMT LEBEN MIT DEMENZ Informationen und Hilfestellungen für Betroffene und Angehörige.

Eckpunkte Gymnasiale Oberstufe Saar

MODUL 5: BETRIEBLICHES GESUNDHEITSMANAGEMENT

L E I T B I L D A M E. als gemeinsame Orientierung hinsichtlich Auftrag Lehren und Lernen Schulkultur

Volksbank BraWo Führungsgrundsätze

Neue Medien in der Erwachsenenbildung

Wie ist das Wissen von Jugendlichen über Verhütungsmethoden?

Mittendrin und dazwischen -

Das Silviahemmet-Konzept ein Modell für Deutschland?

Darum geht es in diesem Heft

Glaube an die Existenz von Regeln für Vergleiche und Kenntnis der Regeln

Gemeinsam. Alters- und Pflegewohnheim Klinik Lindenegg

Einige schaffen es unauffällig alt zu werden, andere werden auffällig.

Auswertung. Mitarbeiterbefragung zum Leistungsangebot Klinischer Sozialarbeit am Universitätsklinikum Münster

Grundschule des Odenwaldkreises. Rothenberg. Fortbildungskonzept

Leitfaden zum Personalentwicklungsgespräch für pflegerische Leitungen

Demenz und Gehörlosigkeit

Gute Aussichten ein Leben lang. Die Angebote der Lebenshilfe Starnberg für Erwachsene. Arbeiten Wohnen Fördern Beraten

Gut vernetzt mit pflege.net der Homepage des Netzwerks

Staatssekretär Dr. Günther Horzetzky

Probleme kann man nie mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind. Albert Einstein BERATUNG

lernen Sie uns kennen...

Im Fragebogen wird häufiger nach pflegenden Angehörigen gefragt. Wir verstehen in diesem Kontext unter pflegenden Angehörigen Personen, die

Azubi Plus. projekt zukunft. Gestalten Sie Ihre Ausbildungen attraktiver, interessanter und wirkungsvoller mit...

Individuelle Lernbegleitung für Jugendliche. Ehrenamtliche geben ihre Kompetenzen weiter

Vorstellung zur Abschlussarbeit zur Lehrerin für Pflegeberufe im März 1998:

Meinungen zum Sterben Emnid-Umfrage 2001

Fragebogen Seite 1 von 7

Bildungsstandards konkret formulierte Lernergebnisse Kompetenzen innen bis zum Ende der 4. Schulstufe in Deutsch und Mathematik

micura Pflegedienste München/Dachau GmbH

INFORMATION FÜR FÜHRUNGSKRÄFTE

Gute Besserung für ganz Bayern! So machen wir Gesundheit und Pflege zukunftssicher.

Abkommen. zwischen. der Regierung der Bundesrepublik Deutschland. und. der Regierung der Russischen Föderation. über. und

Herzlich Willkommen zum Vortrag: Mitarbeiterführung und Ausbildung. für UNITEIS e.v. Andrea Mills M.A.

Pflege ein großes Thema...

Das Bett als Lebensraum demenzerkrankter Menschen

Lernerfolge sichern - Ein wichtiger Beitrag zu mehr Motivation

Europass in Wiener Schulen

micura Pflegedienste Köln

Planspiele in der Wirtschaft.

Sehr geehrter Herr Pfarrer, sehr geehrte pastorale Mitarbeiterin, sehr geehrter pastoraler Mitarbeiter!

Ambulant betreutes Wohnen eine Chance!

2.1 An welchen Weiterbildungsmaßnahmen haben Sie bisher teilgenommen? Beurteilen Sie bitte rückblickend deren Relevanz für Ihr Tätigkeitsfeld?

Ausbildungsberuf. Fachinformatiker/-in Systemintegration

Unfallkasse Nord Träger der gesetzlichen Unfallversicherung Körperschaft des öffentlichen Rechts

Durch Vorlage dieses Konzepts übernimmt der ASB Verantwortung für die Ausbildung der operativen Kräfte in der PSNV.

agitat Werkzeuge kann man brauchen und missbrauchen - vom Einsatz von NLP in der Führung

Erfahrungen mit Hartz IV- Empfängern

FAQ Unsere Fachkräfte von morgen!

International verständliche Titel für. die höhere Berufsbildung

1/1. Die Struktur. 12. Integrierte Mediation

Wege zur Patientensicherheit - Fragebogen zum Lernzielkatalog für Kompetenzen in der Patientensicherheit

Schön, dass ich jetzt gut

UNTERNEHMENSLEITBILD DER WERNSING FOOD FAMILY LEITBILD UND LEITIDEE

Neue Arbeitswelten Bürokultur der Zukunft

Sonderrundschreiben. Arbeitshilfe zu den Pflichtangaben in Immobilienanzeigen bei alten Energieausweisen

Integrierte Dienstleistungen regionaler Netzwerke für Lebenslanges Lernen zur Vertiefung des Programms. Lernende Regionen Förderung von Netzwerken

Patientenverfügung. Was versteht man genau unter einer Patientenverfügung? Meine persönliche Patientenverfügung

Fernausbildung Fachberater/in für holistische Gesundheit. Modul 6

Management Summary. Was macht Führung zukunftsfähig? Stuttgart, den 21. April 2016

Teamentwicklung. Psychologische Unternehmensberatung Volker Rudat

Hausaufgabenkonzept der Brenscheder Schule

Kreativität und Qualitätsentwicklung. Prof. Dr. Daniela Braun, Institut für Forschung und Weiterbildung, HS Koblenz

Mobile Intranet in Unternehmen

Länger gesund und selbstständig im Alter aber wie?

Betreutes Wohnen Selbständig und sicher im Alter

Würdigung für Nachhaltigkeit in Ausbildung, Wachstum und Beschäftigung

Eingewöhnung. Wie ein guter Start gelingt

Richtlinie. über die dienstliche Beurteilung der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten der. SEESTADT BREMERHAVEN Ortspolizeibehörde

PRESSEGESPRÄCH. mit. LT-Präs. KommR Viktor SIGL

Qualität und Verlässlichkeit Das verstehen die Deutschen unter Geschäftsmoral!

Um Ihre Ziele durchzusetzen! Um Beziehungen zu knüpfen und zu pflegen! Um in Begegnungen mit anderen Ihre Selbstachtung zu wahren!

Soziale Sicherung der Pflegeperson

Gute Pflege kostet viel Geld Die Absicherung der individuellen Pflegelücke mit Pflegevorsorge Flex-U.

Empathisches CRM. (Empathic CRM) Sven Bruck, die dialogagenten. die dialogagenten Agentur Beratung Service GmbH Katernberger Straße Wuppertal

Fragebogen zur Mitarbeiterzufriedenheit in Rehabilitationskliniken

1: 9. Hamburger Gründerpreis - Kategorie Existenzgründer :00 Uhr

Zu 3.7 Werbung Erstellt eine Werbung für eure Schule. Ihr könnt zum Beispiel ein Werbeplakat malen oder einen kurzen Werbefilm dazu drehen.

Französisch als 3. Fremdsprache

Grußwort. des Herrn Staatsministers. Prof. Dr. Bausback. bei dem Medizinrecht-Symposium der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe

Pädagogik. Melanie Schewtschenko. Eingewöhnung und Übergang in die Kinderkrippe. Warum ist die Beteiligung der Eltern so wichtig?

Business Coaching für einzelne Mitarbeiter

fair_play Let s Go! Eine Gebrauchsanweisung für die Pubertät! GesundheitsLaden e.v. Stuttgart Kristin Komischke, Dipl. Soz.päd.

Förderzentrum am Arrenberg

Arbeit Bildung Wohnen Tagesstruktur Freizeit offene Angebote. Der orange LEITFADEN. Das Leitbild unserer Harz-Weser-Werkstätten

Auftrag zum Fondswechsel

Steuerfachwirtin! Da steckt Zukunft drin.

Leitbildentwicklung Einführung in Leitbildentwicklung und Prozessplanung

Wien = Menschlich. freigeist.photography

Es gilt das gesprochene Wort. Anrede

Assoziierte Plätze Geben Sie ein Zuhause auf Zeit. Werden Sie Gastfamilie.

Transkript:

Material und Handreichung für allgemein- und berufsbildende Schulen Verständnis für Menschen mit Demenz Beitrag der Länder zur Umsetzung der Agenda Gemeinsam für Menschen mit Demenz Handlungsfeld: Milieuschaffung (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10.12.2015) Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland Taubenstraße 10 10117 Berlin Postfach 11 03 42 10833 Berlin Tel.: 030 25418-499 Graurheindorfer Straße 157 53117 Bonn Postfach 22 40 53012 Bonn Tel.: 0228 501-0

Seite 2 Jeder ist betroffen In Familie und Nachbarschaft, in Arbeit und Freizeit leben immer mehr Menschen, die an einer Demenz erkrankt sind. Zurzeit hat in Deutschland etwa jeder 50. Mensch eine Demenz, in zwei Drittel aller Fälle handelt es sich um Alzheimer. Absolut kann man im Jahr 2015 von ca. 1,6 Millionen Menschen ausgehen 1. In der Gesellschaft wird das Thema Demenz häufig noch immer tabuisiert, Angehörige und Erkrankte werden nicht selten ausgegrenzt. Dabei benötigen Menschen mit Demenz gerade die Kontinuität der sozialen Kontakte und eine vom Umfeld unterstützte Selbstbestimmung, um am gesellschaftlichen Leben weiterhin teilhaben zu können. Bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen kann die Erkrankung Irritationen und Ängste auslösen, wenn beispielsweise die Oma den Geburtstag vergisst oder der Nachbar beim gewohnten Spiel nicht mehr mithält. Demenz entwickelt sich zu einer bedeutenden sozialen, politischen und ökonomischen Herausforderung, die in ihrer Tragweite noch nicht in Gänze begriffen wird, gleichzeitig aber in vielen Facetten des gesellschaftlichen Lebens bereits eine große Rolle spielt. Im Durchschnitt werden Betroffene 5-6 Jahre zu Hause gepflegt, die tägliche Pflegebelastung liegt bei fast 20 Stunden. Die pflegenden Angehörigen sind überwiegend Frauen 2. Pflege, Betreuung und Versorgung stellen Erkrankte und Angehörige vor große Herausforderungen, denn bei Demenz handelt es sich um keine einfache Gedächtnisstörung sie verändert Wahrnehmung, Verhalten und Erleben nachhaltig und kann in vielfältigen Ausprägungen auftreten. Ausdruck dieser Veränderungen können u.a. Unruhe, Verwirrtheit oder Aggression sein. Auch für die Aus- und Fortbildung von Pflegefachkräften oder das System der sozialen Sicherung wird die Auseinandersetzung mit dem Thema Demenz immer wichtiger. Zudem rücken Fragestellungen wie Wie gewährleisten wir Altern in Würde? oder Wie können die Pflege, Betreuung und Versorgung im Jahr 2025 sichergestellt werden? weiter in den Fokus der gesellschaftlichen Diskussion zum Thema Demenz. Derzeit tragen vor allem die Betroffenen selbst, Angehörige und bestimmte Berufsgruppen zur Lösung der gesamtgesellschaftlichen Aufgaben im Hinblick auf 1 vgl. Bundesministerium für Gesundheit, Demenz Informationen zu den Krankheiten; online: http://www.bmg.bund.de/themen/pflege/demenz/infos-zu-den-krankheiten.html 2 vgl. online: http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/52628/pflegefall-in-der-familie-frauen-tragen-die-hauptlast

Seite 3 Demenz bei. Es ist notwendig, den komplexen Lebenssituationen zum einen durch Aufklärung über die Erkrankung und zum anderen durch den Umgang mit ihr zu begegnen. Angesichts einer immer größer werden Anzahl an Erkrankten gilt es, möglichst viele Menschen über die Erkrankungsbilder aufzuklären und in die zur Bewältigung der mit Demenz verbundenen Gestaltungs- und Veränderungsprozesse einzubinden. Dieser gesellschaftlichen Herausforderung ist es geschuldet, dass die Bundesregierung im Rahmen ihrer Demografiestrategie die Arbeitsgruppe Allianz für Menschen mit Demenz ins Leben gerufen hat. Neben vielen weiteren Akteuren gehört die Kultusministerkonferenz der Arbeitsgruppe an und hat den vorliegenden Beitrag zusammengestellt. Mit der Einbindung des Themas Demenz in den Unterricht trägt sie zur Sicherung der gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit Demenz und ihrer Entstigmatisierung bei. Schülerinnen und Schüler lernen auf diesem Weg früh und nachhaltig, die Hintergründe und die Problem- bzw. Lebenssituationen dementiell erkrankter Menschen kennen und verstehen. Lehrerrinnen und Lehrer werden durch Hinweise und Material bei der unterrichtlichen Umsetzung dieser Zielsetzung unterstützt. Demenz ein Unterrichtsthema für jede Entwicklungsstufe Schule ist für unsere Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen ein zentraler Lern- und Lebensort und muss sich dem gesellschaftlich bedeutsamen Thema Demenz zuwenden. Es lässt sich in allen Klassenstufen, in verschiedenen Unterrichtsfächern und Lernfeldern, unterschiedlichen Kontexten und Schwerpunkten behandeln. Schülerinnen und Schüler bringen häufig eigene Erfahrungen ein und haben die Möglichkeit, sich auch zu diesem Themenkomplex ihr außerschulisches Erleben - mit ihren Mitschülerinnen und Mitschülern auszutauschen und zu reflektieren. Lehrkräfte erkennen die Bedeutung des Themas Demenz für den Unterricht und fördern die Lernenden in ihrem Lernzuwachs und Kompetenzaufbau. Die Auseinandersetzung mit diesem Themenkomplex erfolgt in allen Altersstufen durch unterschiedliche Zugänge und ist an typische Situationen angelehnt, in denen die Lernenden der Krankheit begegnen. Schülerinnen und Schüler erleben Demenz

Seite 4 häufig zunächst in der eigenen Familie oder Nachbarschaft, in den Medien, später als medizinische Krankheit und gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die schulischen Angebote für eine Unterrichtsreihe oder Lernsituation sollten sich an den jeweiligen Erlebniswelten der Lernenden und ihren unterschiedlichen Entwicklungsstufen orientieren. Kinder nehmen demenzkranke Menschen häufig im unmittelbaren Umfeld der Familie wahr. Hier steht der Zuwachs im Bereich sozialer Kompetenzen im Vordergrund, da der Umgang mit an Demenz erkrankten Angehörigen häufig Ängste und Unsicherheiten auslöst. Eine erfolgreiche Auseinandersetzung trägt zu mehr Respekt und Toleranz gegenüber Ungewohntem bei. Unterrichtsbeispiele für diese Altersstufe sollten den Zweck verfolgen, die Demenzerkrankung in der konkreten Situation anzunehmen, den Menschen mit Empathie zu begegnen und in der Folge erkrankte Menschen gefühlvoll und angemessen zu begleiten. Ängste und Unsicherheiten im Umgang mit an Demenz erkrankten Menschen spielen auch bei Jugendlichen eine große Rolle. Für diese Lerngruppe geht es jedoch vordringlich um die Auseinandersetzung mit innerfamiliären Veränderungen im Zuge ihrer Lösung von der Familie und der Ausbildung einer Ich-Identität. Sie erleben Demenz als Krankheit in unterschiedlichen Stadien und unabhängig von der Beziehung. Für die unterrichtliche Thematisierung steht die Pflege des Kontakts zur Familie im Vordergrund. Junge Erwachsene übernehmen zunehmend gesellschaftliche Verantwortung. Schulische Anregungen zum Thema Demenz sollen bei der Suche nach Hintergründen helfen, sich mit der eigenen privaten und gesellschaftlichen Situation kreativ und konstruktiv auseinanderzusetzen. Unterrichtlicher Kompetenzaufbau zum Thema Demenz Abhängig vom Entwicklungsstand der Schülerinnen und Schüler und den Anforderungen an die jeweilige Entwicklungsstufe wird der Unterricht zum Thema Demenz zum Kompetenzaufbau in verschiedenen Bereichen beitragen.

Seite 5 Zum einen geht es um den Lernzuwachs im Segment der Fachkompetenz, wenn das Krankheitsbild Demenz aus einer biologischen-, medizinischen-, pflegerischen oder gesellschaftlichen Perspektive betrachtet wird. Im Vordergrund stehen sowohl Symptome der Erkrankung, optionale Krankheitsverläufe aber auch typische Verhaltensweisen der erkrankten Personen. Gefragt wird nach Versorgungsstrukturen der Betreuung und Pflege, nach Wohnformen und Möglichkeiten der Tagesgestaltung oder nach gesellschaftlichen und politischen Lösungsansätzen für die Herausforderung Demenz. Im Bereich der Selbstkompetenz geht es zunächst darum, die eigenen Gefühle im Umgang mit an Demenz erkrankten Menschen selbst wahrzunehmen, zu äußern und das Verhalten der Erkrankten nicht auf die eigene Person zu beziehen. Die Lernenden werden sich der Bedeutung, Auswirkungen und Belastungen bewusst, die der Umgang sowie die Betreuung und Pflege für das Zusammenleben in Familie und Gesellschaft mit sich bringen. Die Schülerinnen und Schüler bilden je nach Altersstufe einen eigenen Standpunkt im Hinblick auf die emotional anspruchsvolle Beziehung, Betreuung und Pflege aus und nehmen eigene Grenzen wahr. Sie reflektieren die persönliche Einstellung zum Alterungsprozess sowie zu schwindender Leistungsfähigkeit und bauen eine Werthaltung hinsichtlich des verantwortungsbewussten individuellen und gesellschaftlichen Umgangs mit dem Thema Demenz auf. Vordringlich für den Zuwachs im Bereich der Sozialkompetenz ist die Bereitschaft und Befähigung, soziale Beziehungen zu an Demenz erkrankten Menschen zu leben und zu gestalten. Veränderungen innerhalb der Kommunikation und Interaktion (kommunikative Kompetenz) spielen dabei eine ebenso große Rolle wie Toleranz und Offenheit dem Erkrankten gegenüber. In Abhängigkeit von der jeweiligen Altersstufe der Schülerinnen und Schüler begegnen diese der Hilfsbedürftigkeit dementiell erkrankter Personen mit Wertschätzung (ethische Kompetenz). Sie sind in der Lage, empathisch mit den Betroffenen selbst und den Personen im Umfeld zu kommunizieren. Hierzu gehört insbesondere auch die Entwicklung sozialer Verantwortung und Solidarität.

Seite 6 Hinweise und Material für den Unterricht an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen Die Beschäftigung mit dem Krankheitsbild Demenz ist in allen Schulformen, mit unterschiedlichen lerntheoretischen Vorstellungen und pädagogischen Leitlinien möglich. Sie kann fach- oder projektbezogen, lernfeldorientiert oder lernfeldübergreifend erfolgen. Ein Fachbezug ergibt sich im Deutschunterricht zum Beispiel durch den Einsatz von Literatur, die die familiären Veränderungen durch das Zusammenleben mit dementiell erkrankten Menschen thematisiert. Ankerpunkte für den Bereich der Naturwissenschaften können Fragen zur Regulation und Steuerung des Nervensystems oder zur Funktion des Gedächtnisses sein. In Religion und Philosophie stehen möglicherweise die Wahrung der menschlichen Würde oder der verantwortungsvolle Umgang im Zusammenleben der Menschen im Vordergrund, während die Gesellschaftswissenschaften die demografische Entwicklung und ihre Folgen auch auf die sozialen Versorgungssysteme mit dem Thema Demenz verbinden. In der beruflichen Bildung ist der berufsbezogene Ansatz auch außerhalb der sozialen und pflegerischen Berufe möglich und nötig. Für Ausbildungsberufe mit Kundenkontakt (z.b. im Einzelhandel, Frisörhandwerk, Bäcker- oder Metzgereiverkauf) kann beispielsweise der Umgang mit dementiell erkrankten Kunden im Vordergrund stehen. Von besonderer Relevanz ist hier das Erkennen und Einordnen der Symptome von Demenz sowie die Durchdringung mögliche Reaktionsszenarien. Die Herstellung eines Bezugs zum Thema Demenz ist im lernfeldbezogenen Unterricht für viele Ausbildungsberufe denkbar (z.b. Köchin/Koch: Speiseplan für dementielle Senioren in der Gemeinschaftsverpflegung erstellen, Malerin/Maler: Räume für dementiell erkrankte Personen gestalten ). Die Verknüpfung mit dem lernfeldübergreifenden Bereich (Deutsch/Kommunikation, Politik/Gesellschaftslehre, Sport/Gesundheitsförderung, Religion/Ethik, Fremd-sprache) ist genauso möglich, stellt in der Regel eine wichtige Ergänzung zu den Lerninhalten der berufsbezogenen Lernfelder dar und kann in Anlehnung an die oben aufgeführten Überlegungen vorgenommen werden.

Seite 7 Die nachfolgenden Sammlungen von Unterrichtseinheiten, Material und Literatur sollen für Lehrerinnen und Lehrer an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen eine Hilfe sein, sich unterrichtlich mit dem Thema Demenz auseinanderzusetzen. Es handelt sich um eine Handreichung aus Bayern und eine Materialsammlung aus Hamburg, die jeweils 2015 erschienen sind und im Internet zur Verfügung stehen. Die Handreichung beinhaltet eine Sammlung von Lernsituationen für die unterrichtliche Aufarbeitung der Herausforderung Demenz, beide Werke verweisen auf eine Fülle von Literatur, Bildmaterial, Filme, Arbeitshilfen oder Links. Gleichzeitig bilden die genannten Quellen nur einen Ausschnitt des vorhandenen Materials ab: Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung, München (Hrsg.): Verständnis für Menschen mit Demenz eine Herausforderung für allgemein- und berufsbildende Schulen, München, 2015, online: http://www.isb.bayern.de/download/15925/handreichung_demenz.pdf Hamburger Institut für berufliche Bildung: Materialsammlung: Demenz im Unterricht, Hamburg, 2015, online: http://hibb.hamburg.de/wp-content/uploads/sites/33/2016/04/materialsammlung_demenz.pdf