Carrara Interaction eine neue Keramikepoche + Die Kunst des Minimalisierens Ein Beitrag von Ztm. Norbert Wichnalek, Augsburg Das neue Keramiksystem Carrara Interaction beschränkt sich auf wenige, sehr gut aufeinander abgestimmte, fluoreszierende und opaleszierende Massen. Ztm. Norbert Wichnalek zeigt in seinem Beitrag anhand verschiedener Fallbeispiele, wie er mit der neuen Keramik einfach und wirtschaftlich in kürzester Zeit natürlich wirkende Keramikrestaurationen reproduzierbar herstellt. Mit Hilfe des begrenzten Sortiments an Massen und der Zuordnung in Farb- und Helligkeitsgruppen mit dem übersichtlichen Layer Organizer zusammen mit den handlichen Shadeguides sind sogar individuelle Farbangaben problemlos umsetzbar. Das Zusammenspiel von Fluoreszenz, Opaleszenz, Farbe und Licht verleiht den Kronen auch unter sich ständig ändernden Lichtverhältnissen die Ästhetik natürlicher Zähne. Indizes: Keramik Carrara Interaction Fluoreszenz Opaleszenz Speedy Wax Veneers Einleitung Immer mehr neue Keramiksysteme und Zusatzmassen überfluten den Markt. Sogar etablierte Keramikmassen werden durch weitere Sortimente ergänzt, die laut Hersteller den Zahnersatz natürlicher erscheinen lassen und die Anwendung erleichtern sollen. Die Antwort auf die Frage, ob große Keramiksortimente wirtschaftlicheres Arbeiten ermöglichen, lautet eindeutig nein. Bei der alltäglichen Arbeit wird vom vorhandenen Keramiksortiment eine Ausnahme bilden nur die Kurse meist nur ein Drittel der Massen eingesetzt. Der Techniker hat damit Routine und kann so wirtschaftlich arbeiten. Will man eine individuelle Arbeit erstellen, so bedeutet das in etwa 100 Prozent mehr Einsatz für zehn Prozent mehr Ästhetik und Natürlichkeit. Da nur allein das Endergebnis zählt, muss man dies schnell, effizient und reproduzierbar erreichen. Die Carrara Interaction- Philosophie Die Firma Elephant ist dem Trend der Zeit gefolgt. So entstand das neue Carrara Interaction mit naturidentischen, fluoreszierenden und opales- zierenden Massen. Mit nur 68 Massen im Standardkit löst Carrara Interaction das alte Carrara Vincent-Sortiment mit 169 Massen ab. Der Einstieg wird dem Anwender leicht gemacht, da er sich auf die Eigenschaften von nur 18 Massen im inzisalen Drittel konzentrieren muss. Wirtschaftlich gesehen gibt es keinen Nachteil, weil die neuen Massen mit den alten Carrara Vincent-Keramik-Massen kompatibel sind. Die Highlights dieses Systems stelle ich im Folgenden vor. Ztm. Norbert Wichnalek Jahrgang 1961 Selbstständiger Zahntechnikermeister Autor zahlreicher Fachpublikationen im In- und Ausland 1987 Gesellenprüfung in München 1992 Meisterprüfung in München seit 1994 Selbstständiger Zahntechnikermeister 1996 Gründung eines Schulungslabors Schwerpunkt: Einfaches und natürliches Arbeiten 1997 Speedy-Wax-Dubliertechnik Paste opaque Der Pastenopaker wurde in der Konsistenz wesentlich verbessert und zeigt durch Einsatz von Fluoreszenz eine lebendige Wirkung. Dadurch wirken selbst Keramikrestaurationen mit einer Schichtstärke von 0,9 mm inklusive Metallgerüst natürlicher. Was ist Fluoreszenz? Fluoreszierende Stoffe geben nach Anregung mit elektromagnetischer Strahlung die dental-labor, LI, Heft 2/2003 1
+ Die Kunst des Minimalisierens absorbierte Energie in Form von Strahlung gleicher oder längerer Wellenlänge wieder ab. Dies bedeutet, dass ein fluoreszierender Stoff die unsichtbare UV-Strahlung in Form von sichtbarem Licht wieder abgeben kann. Fluoreszierende Stoffe wirken somit als optische Aufheller, da mehr sichtbares Licht reflektiert als aufgenommen wird. Natürliche Zähne erscheinen deshalb im Sonnenlicht gelblich, bei Glühlampenlicht rötlich und im Licht von Leuchtstofflampen bläulich. Durch Beimengung fluoreszierender Stoffe versucht man, diesen Farbwechsel auch bei künstlichen Zähnen nachzuahmen, wobei das Dentin mit fluoreszierenden Stoffen versetzt wird, das heißt, keine Farbunterschiede zwischen künstlichen und natürlichen Zähnen bei wechselnden Lichtverhältnissen. opaque dentin Die Opakdentine sind nicht mehr so farbkräftig, so dass die Farbabstimmung in Verbindung mit Dentin und Schneide einfacher und sicherer ist. Beide Massen (opaque dentin und dentin) sind ebenfalls fluoreszierend. Abb. 1 Der Layer Organizer zeigt auf einen Blick die Zusammensetzung der Standardfarben mit den entsprechenden Massen incisal Die nur vier incisal-schneidemassen haben eine echte Opaleszenz und geben der Restauration selbst bei einer Dreischicht-Standard-Technik, dünn aufgetragen, ein natürliches Erscheinungsbild. Diese Opaleszenz ist bis zu fünf Bränden stabil. Was ist eigentlich Opaleszenz? Opaleszenz ist die Bezeichnung für einen milchigen oder perlenartigen Lichteffekt, der durch Reflexion von feinst verteilten Teilchen entsteht. Opaleszierende Materialien reflektieren kurzwellige blaue Lichtstrahlen und sind für langwellige rot-gelbe Lichtstrahlen durchlässig. Diese Massen erscheinen im Auflicht bläulich und im Durchlicht rötlich-gelb, so dass der Zahnschmelz im Auflicht weiß-bläulich schimmert und im Durchlicht warmorangefarben. Der Begriff Opaleszenz ist abgeleitet von dem Halbedelstein Opal. x-tra incisal Die neue Serie x-tra incisal (x = extra, tra = transluzent) hat zwei Funktionen: Die x-tra incisals bright, medium und dark dienen zur Steuerung der Helligkeit der Schneiden oder des Gesamtchromas. Dadurch kann man eine Restauration bei Bedarf, ohne Material abzutragen, durch einfaches Überziehen einen halben bis einen ganzen Farbton heller oder dunkler korrigieren. Die weiteren x-tra incisals (xtra-i clear, blue, orange, red, grey), ebenfalls opaleszierend, dienen zur Darstellung von inzisalen individuellen Charakteristika, abweichend von dem standardisierten Farbring. Layer Organizer Der Layer Organizer (Abb. 1) ist eine sehr praktische und einfach zu handhabende Schiebetabelle. Auf einen Blick ist die Standard-Farbzusammensetzung mit den entsprechenden Massen abzulesen. Abb. 2 Die Shadeguides action i-dentin Die action i-dentin Massen sind fluoreszierende Massen zur Anlage inzisaler Charakteristika wie Mamelons oder intensivere Bereiche. Dadurch entsteht eine Wechselwirkung zu den opaleszierenden Inzisals (Interaction). Shadeguides Die Shadeguides (Abb. 2) sind vier kleine, handliche, aus Originalkeramik gebrannte Farbringe auf neutralem transparentem Hintergrund. Dadurch werden Überrasschungen nach dem Brand ausgeschlossen. 2 dental-labor, LI, Heft 2/2003
Patientenfälle Anhand einiger Patientenfälle will ich das einfache und wirtschaftliche Arbeiten mit den neuen Carrara Interaction-Massen darstellen mit dem Effekt von etwas mehr Natürlichkeit. Erster Fall Abb. 4 Auf das aus Carrara PdF hergestellte Gerüst wird der neue fluoreszierende Carrara Interaction-Opaker aufgetragen. Er lässt sich in seiner neuen Konsistenz leicht auftragen, die Oberfläche wird durch Riffeln verdichtet und dadurch homogener. Mit etwas Übung ist ein Opakerbrand ausreichend. Eine homogene, rissfreie und eierschalenähnliche Oberfläche ist die ideale fluoreszierende Unterlage für die weitere Schichtung. Abb. 3 Ausgangssituation (Zahnarztpraxis Dres. Lydia und Willi Wichnalek, Augsburg) Abb. 5 Mit fluoreszierendem opaque dentin wird das gesamte Gerüst überzogen und die Stumpfform etwas aufgebaut, danach folgt die Dentinschichtung (ebenfalls fluoreszierend) nach zervikal dünn auslaufend. Abb. 6 Die fertige anatomische Dentinschichtung... Abb. 7... wird im Schneidebereich reduziert... Abb. 8... und mit einer leichten, dünn auslaufenden Schicht action i-dentin-masse, ebenfalls fluoreszierend, (der Layer Organizer-Tabelle entnommen) charakterisiert. Das schafft einen nahtlosen Übergang vom Dentin zur Schneide. Abb. 9 Es folgt die opaleszierende, dünne Scheideschichtung dental-labor, LI, Heft 2/2003 3
+ Die Kunst des Minimalisierens Abb. 10 Der Zahn wird approximal ebenfalls mit Schneide ergänzt und gebrannt Abb. 11 Das Brennergebnis Vergleich mit dem Standardfarbring Abb. 12 Nach dem ersten Brand wird die Krone nach dem Minimalprinzip mechanisch bearbeitet. Hierfür reichen ein Schleifkörper und ein Gummipolierer Abb. 13 Die zum Glanzbrand vorbereitete Krone Abb. 15 Die fertiggestellte Krone im Farbvergleich und das bei einer Mindeststärke von 0,9 bis 1,2 mm inklusive Metallgerüst. Nach dem Glanzbrand erfolgt die patientenspezifische Politur. Abb. 14 Auf einen Glanzbrand sollte man nicht verzichten. Bei einer rein mechanischen Politur würde die Oberfläche optisch glänzen, aber mikroskopische Porositäten wären noch vorhanden. Die Oberfläche wäre nicht homogen und dicht. Ein matter Glasurbrand ist erstrebenswert. 4 dental-labor, LI, Heft 2/2003
Zweiter Fall Abb. 16 Ausgangssituation Sägemodell (Zahnarztpraxis Dr. Corinna Wehry, Augsburg). Abb. 17 Mit dem Speedy Wax Veneer Set (Ztm. Wichnalek) wird mit Hilfe der Situationsmodelle die passende Form herausgesucht Abb. 18 Mit den passenden dünnen Wachsveneers hat man innerhalb weniger Minuten ein Speedy Wax-up und einen Überblick, wie die Arbeit aussehen könnte. Nach zervikal werden die aus sehr strapazierfähigem Wachs bestehenden Veneers nicht verändert, dadurch kann man sie öfter verwenden. Abb. 19 Durch den über das Speedy Wax-up entstandenen Vorwall werden das Platzangebot und die Aufteilung verdeutlicht Abb. 20 Mit Hilfe dieses Vorwalls ist eine korrekte Gerüstgestaltung möglich, das heißt, die verkleinerte anatomische Zahnform Abb. 21 Der gleiche Vorwall (interdentale Fahnen werden herausgeschnitten) wird isoliert und dient zum zügigen Aufbau des Dentinkörpers. Zuerst wird das Gerüst mit opaque dentin überzogen und anschließend wird der mit Dentin aufgefüllte Vorwall durch leichtes Verdichten und palatinales Absaugen als Formgebungshilfe verwendet. dental-labor, LI, Heft 2/2003 5
+ Die Kunst des Minimalisierens Abb. 22 Es folgt das gewohnte Cut Back im Iszisalbereich... Abb. 23... und das Auftragen der passenden aktion i-dentinund Schneidemasse Abb. 24 Das Brennergebnis nach dem ersten Brand Abb. 25 Durch gezielte Schleifkorrekturen wird die Brücke schnell und rationell in Form gebracht. Dabei sind die natürlichen Situationsmodelle aus dem Speedy Wax Veneer- Set die ideale Vorlage. Nach dem Motto Die Natur kopieren und nicht selbst Natur kreieren. Abb. 26 Die glanzgebrannte Brücke von labial 6 dental-labor, LI, Heft 2/2003
Abb. 27 Detailaufnahme von palatinal... Abb. 28... und von labial Abb. 29 Die eingegliederte Brücke von labial... Abb. 30... und von lateral Dritter Fall Abb. 31 Die Ausgangssituation eine OK-Brücke (Zahnarztpraxis Dres. Lydia und Willi Wichnalek, Augsburg) Abb. 32 Mit Hilfe des Formenschlüssels... dental-labor, LI, Heft 2/2003 7
Abb. 33... werden die entsprechenden Speedy Wax Veneers ausgesucht und aufgestellt Abb. 34 Das durch den Vorwall sichtbare Platzangebot Abb. 35 Der Dentinkörper wird zügig mit Hilfe des Vorwalls hergestellt. Nach dem Cut Back erfolgt das Auftragen der action i-dentin-massen... Abb. 36... und der Schneidemassen Abb. 37 Verdichtete Brücke, fertig zum Brennen Abb. 38 Gezielte Formkorrekturen... Abb. 39... führen schnell zum Endergebnis 8 dental-labor, LI, Heft 2/2003
Abb. 40 Fertiggestellte Arbeit von labial Abb. 41 Ohne großen Aufwand zum Endergebnis: Durch fluoreszierende und opaleszierende Massen passt sich die Rekonstruktion harmonisch dem vorhandenen oralen Umfeld an. Abb. 42 In situ Vierter Fall Abb. 43 Fertiggestellte OK- Frontbrücke von labial, Gerüst und Keramik teilweise mit Stärken von zirka 0,9 mm (Zahnarztpraxis Dr. Carolin Klimesch, Donauwörth) Abb. 44 Palatinalansicht der Brücke. In diesem Fall wurden auch x-tra incisal blue und orange verwendet. Abb. 45 Die Brücke in situ nach zirka zehn Monaten. Ideale Farbanpassung trotz einfachster und schneller Schichttechnik, aber mit optimal auf natürliche Zähne abgestimmten Massen (Chamäleon-Effekt) dental-labor, LI, Heft 2/2003 9
+ Die Kunst des Minimalisierens Fünfter Fall Abb. 46 Molarenkronen im Farbvergleich. Schichttechnik: Opakdentin, Dentin, Schneide (Zahnarztpraxis Dr. Georg Klima, Augsburg) Letzter Fall Abb. 47 Einzelkrone auf dem Modell... Abb. 48... und in situ (Zahnarztpraxis Dr. Georg Klima, Augsburg) Fazit Das völlig neu aufgebaute Carrara InteractionKeramikmassen-System, welches mit wenigen, sehr gut aufeinander abgestimmten, fluoreszierenden und opaleszierenden Massen auskommt, ist leicht und wirtschaftlich zu verarbeiten, um in kürzester Zeit natürlich wirkende Keramikrestaurationen reproduzierbar herzustellen. Selbst Angaben wie ein bisschen heller oder ein bisschen dunkler als A3 sind realisierbar. Nach dem Minimalprinzip lässt sich so mit dem geringstmöglichen Aufwand der größtmögliche Nutzen erreichen. Dadurch ist es gelungen, Zähne nicht nur als Momentaufnahme, also unter einem bestimmten Lichtverhältnis zu rekonstruieren. Auch unter sich ständig verändernden Lichtverhältnissen wirkt das Erscheinungsbild der Rekonstruktion ähnlich dem eines natürlichen Zahnes. Die Quelle dafür ist die dynamische Interaktion zwischen Fluoreszenz und Opaleszenz. Resonanz aus Sicht des Behandlers Seitdem wir Carrara Interaction-Restaurationen eingliedern, ist uns positiv aufgefallen, dass die Arbeiten im Mund ästhetisch besser mit der natürlichen Restbezahnung harmonieren. Die lichtoptischen Eigenschaften und die gute Verträglichkeit dieser Keramik bringen eine größere Patientenzufriedenheit. Der Zahnersatz verschmilzt ästhetisch in seinem natürlichen Umfeld (Dres. Lydia und Willi Wichnalek, Augsburg). Korrespondenzadesse: Ztm. Norbert Wichnalek Hochfeldstr. 62 86159 Augsburg Telefon (08 21) 57 12 12 Fax (08 21) 5 89 25 53 E-Mail: zahntechnik. wichnalek@t-online.de 10 dental-labor, LI, Heft 2/2003