Inhaltsverzeichnis. Editorial Das emsige Treiben auf dem Zugerberg. Hügel bauende Waldameisen eine Gruppe von Vielen 4

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Die Waldameisen

Editorial Das emsige Treiben auf dem Zugerberg Die Wälder auf dem Zugerberg sind beliebte Orte der Naherholung. Im Frühjahr und Herbst sonnt man sich gerne am Waldrand und im sonnigen Sommer geniesst man das erfrischend kühle Klima des Waldes. Nicht nur wir profitieren von diesem Wechselspiel, sondern eine Vielzahl von Pflanzen und Tieren sind auf diese Bedingungen spezialisiert der Wald ist ihr Lebensraum, ihre Lebensgrundlage. Rund ein Viertel der Gemeindefläche der Stadt Zug ist bestockt. Durch die naturnahe Bewirtschaftung des Waldes kann er seine Funktion als Lebensraum erfüllen. Jedes Waldstück wirkt unterschiedlich, hat einen eigenen Charakter. Dieser wird geprägt von der Standortsituation, dem Zeitfaktor, den Forstarbeiten und nicht zuletzt von den im Wald lebenden Tier- und Pflanzenarten. Ein relativ kleines und einzeln gesehen unscheinbares Insekt arbeitet ganz fleissig in den Wäldern auf dem Zugerberg. Es wälzt den Boden um, sät Krautpflanzen, pflegt Honigtauinsekten, befreit ganze Waldstücke von Schädlingen und konstruiert witterungsbeständige Bauwerke für Ihren eigenen Staat sowie für Untermieter. Gemeint ist die Waldameise. Inhaltsverzeichnis Hügel bauende Waldameisen eine Gruppe von Vielen 4 Ameisenstaat ein soziales Gefüge im Nest 6 Ameisennest ein sich wandelndes Kunstwerk 8 Kommunikation die chemischen Sprechblasen 10 Lebenszyklus die Jahreszeiten 12 Waldgärtner die emsigen Nützlinge 16 Gefahren wohin man schaut 20 Schutz jede Hilfe zählt 22 Führt man sich die Lebensweise einer Ameise vor Augen, liegt es auf der Hand, dass sich das Wort «emsig», aus dem etwas veralteten umgangssprachlichen Ausdruck für Ameise die Emse ableiten lässt. Jede einzelne Waldameise ist ganz arbeitsam. Hand in Hand arbeiten die einzelnen Waldameisen- Arbeiterinnen zusammen und beeinflussen dadurch das Gesicht des Waldes. Alleine sind sie verloren, zusammen können sie Grosses bewirken. Andreas Bossard, Departementsvorsteher Soziales, Umwelt, Sicherheit 2 3

Hügel bauende Waldameisen eine Gruppe von Vielen Ameisen gehören zu den bekanntesten Tieren überhaupt; jedes Kind erkennt eine Ameise. Manchmal finden wir sie lästig, manchmal bleiben wir bei einem Ameisenhaufen stehen und staunen über das Gekrabbel. Ameise ist aber nicht gleich Ameise. Weltweit gibt es über 12 600 Arten und in der Schweiz allein sind 141 Arten bekannt. Acht davon werden als Gruppe der Waldameisen im engeren Sinne zusammengefasst. Im Deutschen haben diese Arten komplizierte oder gar keine eigenen Namen; deshalb ist es oft einfacher, die wissenschaftliche Bezeichnung zu benutzen. Deutscher Name Kahlrückige Waldameise Rote Waldameise Wiesen-Waldameise Strunkameise Starkbeborstete Gebirgswaldameise Schwachbeborstete Gebirgswaldameise kein deutscher Name kein deutscher Name Wissenschaftlicher Name Formica polyctena Formica rufa Formica pratensis Formica truncorum Formica lugubris Formica aquilonia Formica paralugubris Formica helvetica Ameisennest im Zugerberg. Foto: Florian Köppel Die Waldameisen unterscheiden sich zunächst einmal in der Wahl des Neststandortes. Die Kahlrückige und die Rote Waldameise sind meistens an Waldinnenund Waldaussenrändern oder in Hecken zu finden, die Wiesen-Waldameise bevorzugt Gehölzsäume sowie offenes z. T. baumloses Gelände, aber auch Zwergstrauchheiden. Die Wald bewohnenden Arten leben mehrheitlich in Nadel- und Mischwäldern. Sie kommen aber auch über der Waldgrenze bis in eine Höhe von etwa 2400 Metern über Meer vor. Alle Waldameisenarten bauen die kunstvollen Ameisenhügel, die an besonnten Stellen meist niedrig und flach sind, um nicht zu stark aufgeheizt zu werden. An schattigeren Stellen werden die Nesthügel höher und steiler gebaut. Waldameisen gibt es in der ganzen Schweiz, aber nur in Graubünden kommen alle acht Hügel bauenden Waldameisenarten vor. Die Kahlrückige Waldameise ist in Zug am häufigsten anzutreffen. Es kann davon ausgegangen werden, dass 70 80 % der Nesthügel von Kahlrückigen Waldameisen bewohnt wird. In den Wäldern des Zugerbergs leben zurzeit Waldameisen in sicherlich 50 60 Nestern. In der Schweiz gibt es acht verschiedene Arten von Hügel bauenden Waldameisen. Die Waldameisen sind in Zug primär im Gebiet Zugerberg zu finden. 4 5

Ameisenstaat ein soziales Gefüge im Nest Wie die Wespen, Bienen und Hummeln gehören die Ameisen zur Insektenordnung der Hautflügler. Ameisen sind als Einzeltiere nicht überlebensfähig, sondern bilden sogenannte Staaten. Auf einem Ameisenhügel sieht es für uns immer sehr chaotisch aus, aber in Wirklichkeit hat jedes Tier seine Aufgabe. Die Ameisen treten äusserlich in drei leicht unterscheidbaren Formen auf, den sogenannten sozialen Kasten. Arbeiterin. Foto: Christian Bernasconi Jedes Ameisenvolk besitzt eine Königin oder eine Mehrzahl von Königinnen. Diese Vollweibchen sind grösser als die Arbeiterinnen und haben einen auffällig glänzenden Hinterleib. Die jungen Weibchen haben Flügel, welche nach der Begattung abgebrochen werden; nach Abwurf der Flügel werden diese Weibchen als Königinnen bezeichnet. Bei der Roten Waldameise sind nur eine oder einige wenige Königinnen im Nest, bei der Kahlrückigen Waldameise sind es manchmal Tausende. Männchen. Foto: Christian Bernasconi Männchen gibt es bei den Waldameisen nur im Frühjahr und Frühsommer. Sie sind grösser als die Arbeiterinnen, aber kleiner als die Königinnen, sind schwarz und tragen immer Flügel. Sie sterben unmittelbar nach der Begattung. Die Arten mit vielen Königinnen haben meist auch viele Nester beieinander, sie bilden Kolonien. Die Tiere der verschiedenen Nester einer Kolonie haben Kontakt untereinander und bekämpfen sich nicht. Königin mit Flügeln. Foto: Christian Bernasconi Königin nach Abwurf der Flügel. Die Arbeiterinnen bilden die Mehrheit im Ameisenstaat. Sie haben keine Flügel und verrichten ausser dem Eierlegen alle Arbeiten, welche in einem Ameisenvolk anfallen: Sie bauen das Nest, füttern die Königinnen und die Brut, sorgen für Nahrung und verteidigen das Nest. Junge Arbeiterinnen verrichten die Arbeiten im Nest, die älteren Tiere sind für den Nestbau und die Futterbeschaffung verantwortlich. Eine Ameisenkönigin kann bis zu 25 Jahre alt werden, die Arbeiterinnen hingegen nur etwa 4 6 Jahre. Manche Waldameisenvölker besitzen nur eine Königin, andere hingegen mehr als 1000 Königinnen. 6 7

Ameisennest ein sich wandelndes Kunstwerk Meist werden während des Winters die Nesthügel vom Grünspecht beschädigt oder sind durch Schnee und Regen stark zusammengesunken. Nun gilt es für die Arbeiterinnen, den Hügel wieder zu reparieren. Ameisenstaat mit zwei benachbarten Nestern. Foto: Florian Köppel Arbeiterinnen bedecken die Nestkuppe mit einzelnen Harzklümpchen. Foto: Christian Bernasconi 1 1.00 m Die Nestkuppe wird aus Tannennadeln, Holz- und Aststückchen, Knospen, Kieselsteinchen und Harzklümpchen errichtet. Dieses Material wird von den Arbeiterinnen aus der Nestumgebung zusammengetragen; dabei vermögen die Waldameisen etwa das 40-fache ihres eigenen Körpergewichtes zu tragen. Das Körpergewicht einer Ameise beträgt 7 bis 10 tausendstel Gramm (mg). 2 3 0.50 m Im Innern des Nestes befinden sich zahlreiche Kammern, in welchen die Brut aufgezogen wird. An der Oberfläche kann man Öffnungen beobachten, die als Aus- und Eingänge dienen oder eine Klimafunktion übernehmen. Bei heissem Wetter werden diese stark erweitert, um das Nest zu durchlüften, bei Regen und Kälte werden sie verschlossen. 5 4 5 5 0.50 m In einem Waldameisennest können bis zu fünf Millionen Ameisen leben. Der grösste Teil davon sind Arbeiterinnen. Im zeitigen Frühjahr, wenn die Sonne den Boden erwärmt, beginnt auch das Leben im Ameisenstaat. In dichten Klumpen krabbeln dann die Tiere auf die Nestkuppe, wärmen sich auf und tragen diese Wärme ins Nest. Dies ist die einzige Zeit, zu der auch die Königinnen an der Nestoberfläche anzutreffen sind. Die übrige Zeit des Jahres verbringen sie in tieferen Nestschichten. 6 1 Puppen 2 Ältere Larven 3 Mittlere Larven 4 Jüngere Larven 5 Eier 6 Königin Eier legend Im Mittelpunkt des Nestes befindet sich häufig ein Baumstrunk. Der Nadelhaufen ist nur der oberirdische, sichtbare Teil des Nestes. Das Nest reicht etwa gleich weit in den Boden hinein und dehnt sich dort oft auch seitwärts weiter aus als die Nestkuppe. 1.00 m Die Arbeiterinnen können ca. das 40-fache ihres Eigengewichts tragen. Die Waldameisen bauen ihr Nest aus Tannennadeln, trockenen Vegetabilien; als Witterungsschutz nützt eine Harzschicht. Die Temperatur im Nestinnern beträgt ab der Sonnungsphase bis in den Herbst konstante 22 24 C 8 9

Kommunikation die chemischen Sprechblasen Wenn Tausende von Tieren zusammen leben, müssen sie sich auch verständigen können. Ameisen tun dies sehr oft mit den Fühlern und mit zahlreichen Duftstoffen. Auf einem einzigen Ameisenfühler befinden sich etwa 2000 Sinneszellen, mit denen sie die Duftstoffe wahrnehmen, ihre Nestgenossinnen durch Tasten erkennen sowie die Temperatur und die Luftströmungen messen können. Auch das Sehvermögen der Ameisen ist gut ausgebildet; sie besitzen zwei Komplexaugen und drei kleine Stirnaugen. Die Komplexaugen heissen so, weil jedes Auge einen Komplex aus etwa 750 stabförmigen Einzelaugen, den Facetten, darstellt. Mit den Stirnaugen können sie Helligkeitsunterschiede wahrnehmen. Waldameisenarbeiterin Kopf A Komplexauge B Stirnauge C Oberkiefer D Fühler A Darmtrakt und Drüsen D 1 Giftdrüse 2 Speicherblase für Ameisengift C 3 Enddarm 4 Kropf 5 Zungendrüse mit Ausführgang zur Zunge 6 Speiseröhre 7 Schlunddrüsen 1 2 3 4 5 6 7 8 Schlund 8 9 Maxillardrüse 10 Mandibulardrüse 11 Oberlippe 9 14 12 Mundhöhle 10 13 Zunge 14 Magen 17 16 15 11 15 Nierenschläuche 13 12 16 Nebendrüse 17 Enddarmblase B Kommunikation zwischen zwei Arbeiterinnen. Foto: Dieter Bretz Wenn eine Ameise eine gute Beute gefunden hat, kann sie dies mit Duftstoffen ihren Artgenossinnen mitteilen. Die Duftstoffe scheiden die Ameisen aus verschiedenen Drüsen am ganzen Körper aus. Mit den Duftstoffen markieren sie auch die Strassen, auf denen sie sich bewegen. So können sie sich in ihrer Umgebung zurechtfinden. Da Waldameisen sehr gut sehen, orientieren sie sich auch am Stand der Sonne und an Wegmarken. Ameisenstrasse. Foto: Christian Bernasconi Waldameisen besitzen verschiedene Drüsen, aus welchen sie chemische Substanzen, sogenannte Duftstoffe zur Verständigung freisetzen. 10 11

Lebenszyklus die Jahreszeiten Frühling Der Ameisenstaat ist ein Weibchenstaat. Im Frühjahr legen die Königinnen befruchtete und unbefruchtete Eier. Aus den unbefruchteten Eiern entwickeln sich Männchen, aus den befruchteten Eiern entstehen Weibchen. Die Königin kann die Eier befruchten, indem sie durch eine muskulöse Samenpumpe Spermien aus der Samenblase in die Eiröhre befördert, so dass Ei- und Samenzelle verschmelzen können. Ist der Pumpmechanismus nicht aktiviert, dann werden unbefruchtete Eier abgelegt. Auch die Nesttemperatur spielt dabei eine Rolle; in schattigen und kühlen Nestern entwickeln sich oft nur Männchen, in gut besonnten Nestern vorwiegend Weibchen. Die Königinnen legen nur Eier und beteiligen sich nicht an den andern Arbeiten. unbefruchtete Eier befruchtete Eier junge Larve Königin legt Wintereier Larve ältere Larve Puppe Arbeiterinnen pflegen Brut, versorgen die Königinnen, gehen auf Nahrungssuche, unterhalten das Nest Hochzeitsflug Männchen stirbt Königin legt Sommereier befruchtete Eier Sommer Bereits etwa fünf Wochen nach der Eiablage können die geflügelten Geschlechtstiere auf der Nestoberfläche erscheinen, bei der Kahlrückigen Waldameise ist dies bereits im Mai, bei der Roten Waldameise anfangs Juli. Gemeinsam schwärmen die jungen Weibchen und Männchen zum Hochzeitsflug aus, wo die Begattung der Weibchen erfolgt. Danach sterben die Männchen. Die Weibchen brechen ihre Flügel ab und gründen als Jungköniginnen bei Hilfsameisen ein neues Volk oder werden in einem bereits bestehenden Nest adoptiert. Der Samenvorrat der Weibchen reicht dann für das ganze Leben. Winter Winterruhe Arbeiterinnen schlüpfen Herbst Lebenszyklus des Männchens Lebenszyklus der Königin Lebenszyklus der Arbeiterinnen 12 13

Arbeiterinnen bei der Pflege der Puppen. Foto: Christian Bernasconi Im Sommer legen die Königinnen ausschliesslich befruchtete Eier, aus denen sich nicht befruchtungsfähige Weibchen, die Arbeiterinnen, entwickeln. Aus diesen Eiern schlüpfen nach etwa zwei Wochen kleine Larven. Die Larven sehen aus wie weisse Würmchen, sie besitzen keine Augen, keine Beine und keine Fühler. Deshalb werden sie von den Arbeiterinnen gepflegt und gefüttert. Wenn die Larven genügend gefressen haben und gross genug sind, verpuppen sie sich. Die Puppen werden von vielen Leuten für Ameiseneier gehalten. Aus diesen Puppen schlüpfen dann die jungen Arbeiterinnen. Die leeren Puppenhüllen und andere Abfälle werden auf einem Haufen ausserhalb des Nestes, dem «Friedhof», deponiert. Das Ameisennest wird meist nur von Weibchen bewohnt. Es gibt befruchtete und unbefruchtete Eier Männchen (oben) begattet die Königin (unten). Foto: Christian Bernasconi 14 15

Waldgärtner die emsigen Nützlinge Die Roten Waldameisen ernähren sich zur Hauptsache von anderen Insekten, Honigtau und Blütennektar. An fleischlicher Kost fressen Waldameisen andere Insekten, hauptsächlich Schmetterlingsraupen und Blattwespen, sowie Spinnentiere wie Zecken und auch Würmer. Sie verzehren auch Aas, weshalb sie oft als «Gesundheitspolizei des Waldes» bezeichnet werden. Der grösste Teil der fleischlichen Nahrung besteht jedoch aus lebenden Tieren. Das Jagdgebiet kann sich bis zu 50 Metern vom Nest weg erstrecken, was eine Fläche von rund einer Hektare ergibt. Ein grosses Volk kann im Laufe eines Jahres 28 Kilogramm Insekten und 200 Liter Honigtau aufnehmen. Darunter befinden sich viele Pflanzen fressende Insekten, welche bei massenhaftem Auftreten den Wald schädigen können. Somit tragen die Waldameisen zur Erhaltung des Waldes bei. Ameisen melken Blattläuse. Foto: Dieter Bretz Die Samen vieler Pflanzen haben ein kleines Anhängsel, das Elaiosom, welches sehr nahrhaft ist und von den Ameisen gerne gefressen wird. Die Ameisen beissen dieses Anhängsel ab und verlieren den Samen auf dem Weg zum Nest oder lassen ihn in der Nähe des Nestes liegen. Dadurch werden die Samen verbreitet und es entsteht oft eine artenreiche Begrünung der Wälder, was eine Nahrungsbereicherung für das Wild darstellt. Ameisenarme Wälder sind auch arm an Ameisen-Pflanzen. Ameisen mit Beute. Foto: Christian Bernasconi Lieferanten des Honigtaus sind zahlreiche Arten von Honigtauinsekten wie Blatt-, Schild- und Rindenläuse. Diese saugen den zuckerhaltigen Saft aus Bäumen. Die Überreste scheiden sie als süssen Honigtau aus, den die Ameisen aufnehmen. Die Ameisen regen durch regelmässiges Fühlerschlagen die Honigtauinsekten an, vermehrt Honigtau auszuscheiden. Die Ameisen ihrerseits halten räuberische Insekten von den Blattläusen fern, indem sie die Blattlausherden bewachen. Nach heftigen Regenfällen, durch welche die Blattläuse von den Bäumen gespült werden, kann man gelegentlich beobachten, wie die Ameisen ihre Honigtaulieferanten wieder hochtragen. Im Kropf können die Ameisen den Honigtau speichern und ins Nest transportieren. Sie haben dann einen aufgedunsenen Hinterleib. Unterwegs und im Nest würgen sie den Inhalt des Kropfes wieder hoch und geben ihn an andere Arbeiterinnen, an die Brut und an die Königin weiter. Einige Pflanzenarten welche durch Ameisen verbreitet werden: Schöllkraut Waldveilchen Lerchensporn Salomonssiegel Perlgras Wachtelweizen Ehrenpreis Taubnessel Waldanemone 16 17

Laufbaum Larve des Vierpunktkäfers lebt als Parasit im Waldameisennest. Foto: Dieter Bertz Zahlreiche Tierarten wie Spinnen, Tausendfüssler, Käfer und Schwebfliegen leben als Gäste in den Nestern der Waldameisen. Sie ernähren sich entweder nur von pflanzlichen Teilen des Nesthügels oder aber von der Ameisenbrut. Zusätzlich bietet ihnen der Nesthügel Wärme und Schutz vor Feinden. Tochternest Ameisenstrasse Ein grosses Waldameisenvolk kann an einem Tag bis zu 100 000 Insekten verzehren; das Jagdgebiet ist vergleichbar mit der Grösse eines Fussballfeldes. Die Honigtauinsekten wie z. B. Blattläuse werden von Waldameisen bewacht. Waldameisen leben in einer heterogenen Wohngemeinschaft mit zahlreichen Tierarten Jagdradius 50 m 18 19

Gefahren wohin man schaut: Typischer Schaden eines Spechts. Foto: Florian Köppel 25 Insekten fressende Vogelarten gehören zu den Hauptfeinden der Waldameisen, darunter sind vor allem Schwarz-, Grün- und Buntspecht sowie Wendehals zu erwähnen. Für sie sind die Waldameisen eine wichtige Nahrungsgrundlage Naturkatastrophen wie Murgänge und Erdrutsche, Waldbrände und Sturmschäden haben zwar mit dazu beigetragen, dass der Bestand der Waldameisen zurückging. In erster Linie aber gefährdet der Mensch die Lebensräume der Waldameisen durch Strassenbauten und durch die Ausdehnung der Siedlungen. Stören und Beschädigen der Nestkuppe aus Neugierde oder Unkenntnis führt zu einer starken Beeinträchtigung des Klimahaushaltes; dadurch kann sich das Ameisenvolk nicht optimal entwickeln. Der Grünspecht ernährt sich zu mehr als 50 % von Ameisen, die er im Sommer vor allem auf dem Boden aufnimmt. Direkt auf dem Nest würde er mit einer Dusche von Ameisensäure bespritzt. Bei Gefahr verteidigen sich die Waldameisen nämlich mit Ameisensäure, die sie aus einer Drüse ihm Hinterleib in einer typischen Stellung abgeben. Sie können diese Säure bis zu einem halben Meter weit verspritzen. Gegenüber Fressfeinden ist dies ein sehr wirksames Mittel, gegenüber dem Menschen jedoch wirkungslos. Ameisengeniesser sind die Spechte, ein Grossspecht kann etwa 3000 Waldameisen pro Tag verzehren. Der Mensch ist der grösste Feind der Waldameisen und dies meist aus Unkenntnis. 20 21

Schutz jede Hilfe zählt Eine wie bei uns naturgemässe Bewirtschaftung des Waldes erhält diesen als ökologisch wichtigen Lebensraum, in welchem zahlreiche Tiere und Pflanzen Platz finden. Darunter hat es auch seltene und gefährdete Arten wie die Waldameisen. Die meisten Waldameisen benötigen Orte, an welchen die Sonne auf den Waldboden gelangt und möglichst geringe Störungen durch den Menschen erfolgen. Die Förster sorgen dafür, dass an den Neststandorten genügend Licht durch die Baumschicht dringt und beim Bau von Wegen, sowie beim Fällen von Bäumen die Nester der Ameisen geschont werden. Um die Arbeit zu erleichtern, werden in den Wäldern des Zugerbergs alle bekannten Neststandorte aufgenommen und in einer Karte markiert. Damit sind bereits bei der Holzschlagplanung die Neststandorte bekannt. Durch Bauarbeiten aller Art, insbesondere an Wegen und Waldstrassen werden oft Nester von Waldameisen zerstört oder der Lebensraum so stark verändert, dass er sich für die Waldameisen nicht mehr eignet. Wenn ein Nest durch bauliche Massnahmen dem Untergang geweiht ist, kann und soll es umgesiedelt werden. Eine Umsiedlung darf nur bei gefährdeten Nestern vorgenommen werden. Diese Arbeit darf aber nur von Fachpersonen mit einer amtlichen Bewilligung vorgenommen werden. Ein Bedrohung können auch die Waldbesucher darstellen. So werden aus Neugierde und Unwissen Nestkuppen mit Ästen und oder Steinen stark beschädigt. Die Auswirkungen können vor allem in der Winterruhe oder bei einer Schlechtwetterphase gravierend sein und das Überleben des Volkes gefährden. Ein wichtiger Schutz für die Waldameisen besteht darin, auf die emsigen Tiere aufmerksam zu machen und über sie zu informieren. Mit diesem Projekt will die Stadt Zug einen wichtigen Beitrag zum Waldameisenschutz leisten und zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit beitragen. Auf Schweizer Ebene wurde im Oktober 2012 der Verband Schweizer Waldameisen-Schutz (SWS) gegründet. Ziel und Zweck sind die Organisation von Ausbildungen für Freiwillige und Fachkräfte und die Förderung von Tätigkeiten in lokalen Waldameisenschutzgruppen. Impressum: Diese Broschüre ist Teil des Sensibilisierungsprojekts «Waldameisen in Zug» der Abteilung Umwelt und Energie der Stadt Zug. Projektleitung: Umwelt und Energie Stadt Zug, Dina Mazzoleni Fachliche Unterstützung: Fassbind Walter, Köppel Florian, Lussi Robert, Vanoni Mario, Villiger Franz Titelbild: Christian Bernasconi Visuelle Gestaltung/llustrationen: Atelier Regula Meier, Zug Druck: Kalt-Zehnder-Druck AG, Zug; gedruckt auf 100% Recyclingpapier 1. Auflage: 1000 Exemplare, Mai 2013 Bezugsquelle: Stadt Zug, Umwelt und Energie, Zeughausgasse 9, 6301 Zug 041 728 23 85, umwelt@stadtzug.ch Einen besonderen Dank geht an das Amt für Wald und Naturgefahren Kanton Graubünden und Monica Kaiser-Benz für die textlichen Grundlagen, Dieter Bretz für die wissenschaftliche Unterstützung und an Christian Bernasconi für das Bildmaterial. Quellenverzeichnis: Bretz Dieter (1999), Waldameisen: Bedrohte Helfer im Wald, 3. Auflage, Deutsche Ameisenschutzwarte Cherix Daniel, Freitag Anne, Maeder Aranud, Bernasconi Christian (2009): Waldameisen, Wildbiologie, Wildtier Schweiz Kaiser-Benz Monica (2000), Millionenvolk im Wald, Faktenblatt 4, Amt für Wald und Naturgefahren Kanton Graubünden Lussi Robert (2010), Waldameisen: Schutz und Hegemassnahmen Mühlethaler Beatrix (2002), Ameisen: Gemeinsam erfolgreich, Pro Natura Magazin Spezial, Pro Natura Otto Dieter (2005), Die Roten Waldameisen, Die Neue Brehm-Bücherei Bd. 293, Westarp Wissenschaften Hohenwarsleben Weitere Inputs: www.waldameisen.ch 22 23