DIE SICHERHEIT BEI LUFTFRACHT AUS DRITTSTAATEN



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GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE DER UNION FACHABTEILUNG B: STRUKTUR- UND KOHÄSIONSPOLITIK VERKEHR UND FREMDENVERKEHR DIE SICHERHEIT BEI LUFTFRACHT AUS DRITTSTAATEN STUDIE

Dieses Dokument wurde vom Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr des Europäischen Parlaments in Auftrag gegeben. AUTOREN TIS.pt Rosário Macário, João Vieira, Pedro Mano, Sonja van Renssen Universität Antwerpen - Eddy van der Voorde, Tom Pauwels, Sérgio Domingues Europe Economics - Ross Dawkins, Jonathan Todd ZUSTÄNDIGER VERWALTUNGSBEAMTER Marc Thomas Europäisches Parlament Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik B-1047 Brüssel E-Mail: poldep-cohesion@europarl.europa.eu EDITIONSASSISTENZ Nora Revesz SPRACHFASSUNGEN Original: EN. Übersetzung: DE, ES, FR, IT ÜBER DEN HERAUSGEBER Kontakt zur Fachabteilung oder Bestellung des monatlichen Newsletters: poldep-cohesion@europarl.europa.eu Redaktionsschluss: Mai 2012, Brüssel, Europäische Union, 2012. Dieses Dokument ist im Internet unter folgender Adresse abrufbar: http://www.europarl.europa.eu/studies HAFTUNGSAUSSCHLUSS Die hier vertretenen Auffassungen geben die Meinung des Verfassers wieder und entsprechen nicht unbedingt dem Standpunkt des Europäischen Parlaments. Nachdruck und Übersetzung der Veröffentlichung außer zu kommerziellen Zwecken mit Quellenangabe gestattet, sofern der Herausgeber vorab unterrichtet und ihm ein Exemplar übermittelt wird.

GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE DER UNION FACHABTEILUNG B: STRUKTUR- UND KOHÄSIONSPOLITIK VERKEHR UND FREMDENVERKEHR DIE SICHERHEIT BEI LUFTFRACHT AUS DRITTSTAATEN STUDIE Inhalt In diesem Bericht werden die EU-Rechtsvorschriften und -Verfahren für die Sicherheit in der Luftfracht und Luftpost (einschließlich Eilzustellungen) überprüft und Empfehlungen für Maßnahmen zur Stärkung der Sicherheit insbesondere, jedoch nicht ausschließlich, für Flüge aus Drittländern vorgelegt. IP/B/TRAN/FWC/2010-06/Lot2/C1/SC1 Mai 2012 PE 474.546 DE

Die Sicherheit bei Luftfracht aus Drittstaaten INHALT ABKÜRZUNGEN 5 VERZEICHNIS DER TABELLEN 7 VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN 7 VERZEICHNIS DER KÄSTEN 8 ZUSAMMENFASSUNG 9 1. EINFÜHRUNG 13 1.1. Luftfrachtmarkt 13 1.2. Regulierungsrahmen 13 1.3. Ziele dieser Studie 15 2. SICHERHEITSKONTROLLEN FÜR LUFTFRACHT UND LUFTPOST IN EUROPA 17 2.1. Sicherheitsrahmen für Luftfracht und Luftpost 17 2.2. Sicherheitsverfahren in der EU- Lieferkettensicherheit oder Kontrolle? 23 2.3. Sicherheitsverfahren in Drittländern 28 3. HAUPTBEDENKEN BEZÜGLICH DES EUROPÄISCHEN SICHERHEITSRAHMENS FÜR DEN BEREICH LUFTFRACHT UND LUFTPOST 35 3.1. Bedenken über den rechtlichen Rahmen 35 3.2. Umsetzung von Sicherheitsverfahren 42 3.3. Horizontale Aspekte 47 4. FESTLEGUNG UND BEWERTUNG VON MASSNAHMEN ZUR VERBESSERUNG DER LUFTFRACHTSICHERHEIT 51 4.1. Überarbeitung des gegenwärtigen Regulierungsrahmens der EU in den Bereichen Luftfracht und Luftpost 55 4.2. Einführung eines kollaborativen, branchenorientierten Systems für die Sicherheit in der Lieferkette (SCS), das von einer öffentlichen Behörde überwacht wird 60 4.3. Harmonisierung von Sicherheitsverfahren in den Bereichen Luftfracht und Luftpost auf EU-Ebene 62 4.4. Sicherung der Luftfracht und Luftpost bei ankommenden Flügen und Stärkung des globalen Rahmens für Luftsicherheit 65 5. LITERATURVERZEICHNIS 67 3

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ANLAGE I: METHODIK 69 ANHANG II: ANHANG III: ANHANG IV: VERORDNUNG UND VORSCHRIFTEN ZUR LUFTFRACHT- UND LUFTPOSTSICHERHEIT 75 AUSWERTUNG DER LITERATUR BEZÜGLICH LUFTFRACHT- UND LUFTPOSTSICHERHEIT 87 BESCHREIBUNG DER LIEFERKETTE UND AKTUELLE VERFAHREN FÜR DIE LUFTFRACHT- UND LUFTPOSTSICHERHEIT 93 ANHANG V: KOSTEN FÜR DIE SICHERHEIT 97 ANHANG VI: ANHANG VII: ÜBERBLICK ÜBER DEN LUFTFRACHT- UND LUFTPOSTMARKT 99 LISTE DER KONTAKTIERTEN ORGANISATIONEN UND ANTWORTEN DER MITGLIEDSTAATEN AUF DEN FRAGEBOGEN 109 ANHANG VIII: BERICHTE AUS FALLSTUDIEN 111 VIII.1. Fallstudienbericht: Belgien 111 VIII.2. Fallstudienbericht: Ungarn 114 VIII.3. Fallstudienbericht: Portugal 116 VIII.4. Fallstudienbericht: Vereinigtes Königreich 118 VIII.5. Fallstudienbericht: Luftfrachtsicherheitsprozess außerhalb der EU 120 4

Die Sicherheit bei Luftfracht aus Drittstaaten ABKÜRZUNGEN ACC3 Unternehmen, das Luftfracht oder Luftpost von einem Drittland- Flughafen in die Union befördert Ab Februar 2012 wird jedes Luftfahrtunternehmen, das Fracht oder Post aus einem Drittland- Flughafen in die EU befördert, durch die zuständige Behörde als ACC3 benannt, um tätig sein zu dürfen ACI Internationaler Flughafenrat (Airport Council International) AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union ASP Flughafensicherheitsprogramm EK Europäische Kommission EP Europäisches Parlament EU Europäische Union F&E Forschung und Entwicklung HRCM Fracht und Post mit hohem Risiko IAC Indirekter Luftfrachttransporteur IATA Verband des Internationalen Luftverkehrs ICAO Internationale Zivilluftfahrtorganisation IMO Internationale Seeschifffahrtsorganisation IOSA IATA Operational Safety Audit ISPS Internationaler Code für die Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen ITRE Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie des Europäischen Parlaments MEP Mitglied des Europäischen Parlaments MS Mitgliedstaat der Europäischen Union NSP Nationales Programm für die Sicherheit der Zivilluftfahrt 5

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik OSP Sicherheitsprogramm für Luftfahrtunternehmen SARP ICAO-Richtlinien und -Empfehlungen SCS Sicherheit der Lieferkette SMS Sicherheitsmanagementsysteme TRAN Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr des Europäischen Parlaments TSA Transportation Security Administration (USA) UK Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland US Vereinigte Staaten von Amerika USAP ICAO-Programm für Sicherheitsaudits (Universal Security Audit Programme) WCO Weltzollorganisation 6

Die Sicherheit bei Luftfracht aus Drittstaaten VERZEICHNIS DER TABELLEN Tabelle 1 Maßnahmenpakete und Einzelmaßnahmen zur Verbesserung der Luftfracht- und Luftpostsicherheit 53 Tabelle 2 Beispiel für die Festlegung gemeinsamer Sicherheitsvorschriften gemäß der Risikobewertung 56 Tabelle 3 Schlüsselliteratur zur Luftfracht- und Luftpostsicherheit, einschließlich einer Zusammenfassung der Studie/des Berichts sowie ihrer Empfehlungen 88 Tabelle 4 EU-Außenhandel (Import + Export) im Jahr 2009 nach Beförderungsart 99 Tabelle 5 Entwicklung an den 5 größten europäischen Flughäfen für Luftfracht (in Tonnen Fracht) 101 Tabelle 6 Pro Mitgliedstaat im Jahr 2009 beförderte Luftfracht und Luftpost (in Tonnen) 103 Tabelle 7 Die 20 wichtigsten Flughäfen weltweit hinsichtlich Luftfracht (in Millionen Tonnen) 106 VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN Abbildung 1 Der europäische Entscheidungsprozess für die Luftverkehrssicherheit 14 Abbildung 2 Sicherheitsrahmen für Luftfracht und Luftpost auf Flügen aus der EU 18 Abbildung 3 Alternative Wege zur Sicherung von Luftfracht und Luftpost in der EU 23 Abbildung 4 Sicherheitsverfahren für Luftfracht und Luftpost aus Flughäfen außerhalb der EU ab 2014 31 Abbildung 5 Darstellung der Änderung zu einem neuen Sicherheitsrahmen im Bereich Luftfrachtsicherheit 52 Abbildung 6 ICAO-Leitfaden für nationale Organisationen und Programme für die Luftfahrtsicherheit 76 7

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Abbildung 7 Lieferkette für Luftfracht und Luftpost 94 Abbildung 8 Überblick über den Luftfracht- und Luftpostverkehr der EU im Jahr 2009 104 Abbildung 9 Die 30 wichtigsten Flughäfen bezüglich der Fracht insgesamt (in metrischen Tonnen) 104 Abbildung 10 Fracht am Flughafen Budapest 114 VERZEICHNIS DER KÄSTEN Textkasten 1 Diskussionspunkte - Der Sicherheitsrahmen 22 Textkasten 2 Durch Luftkurierdienste durchgeführte Sicherheitsverfahren 26 Textkasten 3 Diskussionspunkte - Sicherheitsverfahren in der EU 27 Textkasten 4 Diskussionspunkte - Sicherheitsverfahren in Drittländern 33 Textkasten 5 Diskussionspunkte - Der Rechtsrahmen 35 Textkasten 6 Diskussionspunkte Umsetzung von Sicherheitsverfahren 42 Textkasten 7 Diskussionspunkte Horizontale Aspekte 47 8

Die Sicherheit bei Luftfracht aus Drittstaaten ZUSAMMENFASSUNG Die vorliegende Studie soll die Abgeordneten des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr des Europäischen Parlaments über die Sicherheit im Luftfrachtsektor informieren und dabei sowohl auf den Frachtverkehr aus Drittländern als auch auf Eilzustellungen eingehen. Zu diesem Zwecke werden hier diejenigen Sicherheitsvorschriften und -verfahren analysiert, die innerhalb der Europäischen Union für den Transport von Frachtgütern und Postsendungen auf dem Luftweg gelten. In diesem Dokument sind zudem einige Empfehlungen enthalten, die den Abgeordneten als Anregung zur Verbesserung des aktuellen Rahmens dienen sollen. Die Bedenken um die Sicherheit bei Luftfracht und Luftpost sind offenbar gerechtfertigt Diese Studie wurde nach gründlicher Auswertung von einschlägiger Literatur, einem Fragebogen, der von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten ausgefüllt wurde, sowie zahlreichen Gesprächen mit Sachkundigen, Interessenvertretern und politischen Entscheidungsträgern, einschließlich der Verantwortlichen bei der Europäischen Kommission, verfasst. Die bedeutendste Erkenntnis, die aus dieser Studie hervorgeht, ist die Tatsache, dass der aktuelle Sicherheitsrahmen der Luftfracht und Luftpost nicht zufriedenstellend ist: Allem Anschein neigt man im europäischen Luftsicherheitssystem dazu, sich eher den Bedrohungen außerhalb des Luftfahrtsektors zuzuwenden und einen zu starken Fokus auf den Schutz der Fluggäste zu legen, als dem Frachtverkehr eine ebenbürtige Aufmerksamkeit zu widmen. Es gibt einige Anzeichen dafür, dass das aktuelle Sicherheitssystem mehr darauf abzielt, Verantwortungen und Haftungsfragen zwischen Luftfahrtunternehmen, Flugzeugabfertigern, Spediteuren und Luftfahrtbehörden hin- und herzuschieben, anstatt richtige Sicherheitsverfahren umzusetzen. In einigen Fällen werden die Sicherheitskontrollen als rein bürokratische Angelegenheit angesehen. Es lassen sich wesentliche Unterschiede bei der Interpretation und Umsetzung von EU-Sicherheitsvorschriften beobachten. In einigen Mitgliedstaaten sind die entsprechenden Luftfahrtbehörden nicht in der Lage, ein auf den bestehenden EU- Rechtsvorschriften aufbauendes und wirksames Sicherheitssystem einzurichten, wohingegen in anderen EU-Ländern zusätzlich zum bestehenden EU-Rahmen erhebliche Gebühren vonseiten der nationalen Behörden erhoben werden. Abschließend sei ein vierter wichtiger Aspekt genannt: Die Sicherheitsvorschriften bieten Spielraum, um auf erkannte Bedrohungen zu reagieren. Dies wird mitunter von staatlichen Behörden ausgenutzt, indem Sicherheitsverfahren von Fall zu Fall angepasst werden, um kürzlich aufgetretenen rechtswidrigen Bestrebungen oder erkannten Sicherheitsverstößen entgegenzuwirken. Diese Anpassungen erfolgen, ohne dass derlei Vorgehensweisen zwingendermaßen in eine umfassende Strategie oder Vision zur Sicherheit in der Luftfracht und Luftpost münden, sodass sie zu einer starken Verunsicherung führen und sich eventuell nachteilig auf Investitionen sowohl im Bereich Forschung und Entwicklung (F&E) als auch für neue Ausrüstungsmittel auswirken. 9

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik und sie sind vor allem für Flüge aus Drittländern gerechtfertigt. Obgleich die oben genannten Probleme das allgemeine Sicherheitssystem der Luftfracht und Luftpost innerhalb der EU betreffen, lässt sich nicht von der Hand weisen, dass größere Risiken von den Flügen in die EU ausgehen, d. h. von Sendungen, die aus Drittländern über Flüge in die EU befördert werden. Zwar sollte man keine voreiligen Schlüsse ziehen und behaupten, mit derlei Flügen sei ein höheres Risiko als mit Flügen innerhalb der EU verbunden, doch zeigt die vorliegende Studie, dass viele Drittländer nicht in der Lage und/oder nicht gewillt sind, Sicherheitsprogramme umzusetzen, die den aktuellen Programmen der EU entsprechen. Weltweite Sicherheitsnormen für die Luftfahrt sollten für gewöhnlich von der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) aufgestellt werden, doch wird diese UN-Organisation von vielen als unfähig befunden, einen nötigen Rechtsrahmen zu schaffen, der mit den ernsthaften Bedrohungen, denen einzelne Länder ausgesetzt sind, Schritt halten kann, und die aufgestellten Normen weltweit durchzusetzen. Daher sollte sich die EU zur Priorität setzen, Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit in der Luftfracht und Luftpost für Flüge in die EU zu ergreifen. Der vor Kurzem in diesem Zusammenhang erlassene Rechtsrahmen (Durchführungsverordnung 859/2011) scheint diesem Aspekt jedoch nicht genügend Rechnung zu tragen. Die ersten Bestimmungen dieser neuen Verordnung traten im Februar 2012 in Kraft. Darin sind Luftfahrtunternehmen verpflichtet, eine Zustimmung für ihre Sicherheitsprogramme der Luftfracht und Luftpost in Drittländern von den zuständigen europäischen Behörden einzuholen. Diese Regelung wird von den meisten als reine Formsache gesehen, die zu keiner wesentlichen Verbesserung der Sicherheit führen wird. Die zweite Durchführungsphase wurde für Juli 2014 angesetzt. Für Drittländer soll dann eine unabhängige Validierung der Sicherheitsverfahren erforderlich werden. Diese Phase gilt als ein wesentlicher Schritt zur Durchsetzung des EU-Systems. Allerdings ist es noch größtenteils unklar, in welcher Form diese Phase umgesetzt werden soll, da bislang noch keine Einschätzung der damit verbundenen Auswirkungen und Kosten veröffentlicht wurde. Es muss eine neue Strategie für die Sicherheit bei Luftfracht und Luftpost verfolgt werden, die auf ein Sicherheitsverfahren mit einer Risikobewertung aufbaut, Angesichts dieser Erkenntnisse ist es anscheinend dringend nötig, den EU- Sicherheitsrahmen für Luftfracht und Luftpost zu überarbeiten, und dabei nicht nur auf die verfassungsrechtlichen Strukturen, sondern auch auf die tatsächlichen Sicherheitsverfahren und die Haftung aller beteiligten Parteien einzugehen. Obwohl das derzeitige System bereits grundlegende Sicherheitsnormen für alle EU-Mitgliedstaaten vorsieht, die von nationalen Behörden entsprechend abgeändert werden, um den Umständen und Risiken des jeweiligen Landes gerecht zu werden, machte diese Studie einen steigenden Bedarf für einen EU-weiten risikobasierten Sicherheitsrahmen deutlich. Mit diesem neuen Ansatz würden die Methoden zur Risikobewertung sowie die Sicherheitsverfahren aller Risikostufen auf EU-Ebene festgelegt werden, wodurch die Ähnlichkeit der Sicherheitsverfahren in ganz Europa gewährleistet wäre. Überdies sollte die EU-Verordnung eindeutiger formuliert werden, d. h. es sollten nähere Beschreibungen zur Umsetzung der Sicherheitsverfahren hinzugefügt werden, um die Probleme bei der Angleichung der Rechtssysteme zu bewältigen. Die Kriterien zur Ermächtigung von Sicherheitsbehörden, zur Zulassung von Sicherheitsausrüstung, zur Auswahl des Personals und zu Ausbildungsvorgaben müssen angeglichen werden. 10

Die Sicherheit bei Luftfracht aus Drittstaaten die bereits die dringend notwendigen Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit bei Frachtflügen in die EU umreißen sollte. Die vorliegende Studie ergab, dass stärkere Maßnahmen für die Sicherheit bei der Luftfracht und Luftpost für Flüge aus Drittländern in die EU ergriffen werden müssen. Obgleich eine Lösung über die ICAO bevorzugt und als wirksamste Option angesehen wird, bestehen momentan ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Fähigkeit dieser Organisation, einen wirksamen Rahmen für die Sicherheit bei Luftfracht und Luftpost ausarbeiten zu können. Mit der Durchführungsverordnung 859/2011 sorgte die Kommission für einen Ansatz, der kurzfristig zu einer besseren Angleichung der Sicherheitsverfahren von Luftfahrtunternehmen mit Flügen in die EU und hoffentlich auch zu einer Verbesserung einiger Sicherheitsverfahren führt. Jedoch ist zu befürchten, dass dabei diejenigen Luftfahrtunternehmen zu viel Verantwortung erhalten, die in Wirklichkeit bei bestimmten Sicherheitsverfahren kein großes Mitspracherecht besitzen. Diese Situation könnte sich mit der angedachten Einführung der ab Juli 2014 geltenden Auflagen ändern, über die eine unabhängige Validierung der Sicherheitsprogramme in Drittländern erforderlich werden würde, auch wenn, wie oben erwähnt, noch keine Hinweise zu den potentiellen Auswirkungen auf die Sicherheitsstufen und Kosten vorliegen. Es existieren vier Maßnahmenpakete, mit denen die wichtigsten der erkannten Bedenken gelöst werden könnten, Zusammenfassend gesagt müssen der allgemeine Rahmen für die Sicherheit im europäischen Luftfrachtsektor, die Haftung der beteiligten Organisationen und die aktuellen Sicherheitsverfahren verbessert werden. Als Lösung für die wesentlichen Bedenken werden in dieser Studie vier Maßnahmenpakete vorgestellt: Überarbeitung des aktuellen EU-Rechtsrahmens für die Luftfracht und Luftpost mit der Schaffung einer Grundlage für einen risikobasierten Ansatz, über den vorausschauend eine Anpassung an unterschiedliche Bedrohungen und Risikostufen erfolgen kann; Umsetzung eines gemeinschaftlichen, durch die Wirtschaft gelenkten Lieferkettensicherheitssystems (SCS-System) mit einem verfahrensorientierten Rahmen, der allen beteiligten Unternehmen die Notwendigkeit der Sicherheit bei der Luftfracht und Luftpost bewusst macht. Über dieses System sind Unternehmen in der Lage, voll und ganz zu verstehen, welche Sicherheitsverfahren in den einzelnen Phasen der Lieferkette entsprechend (d. h. verfahrensorientiert) umzusetzen sind, und sie werden angeregt, mit allen anderen Beteiligten der Lieferkette zusammenzuarbeiten (und dabei vor allem wichtige Information auszutauschen und potentielle Gefahren zu analysieren), um unter einer geringeren Aufsicht vonseiten der Behörden einen hohen Sicherheitsgrad zu erreichen; Angleichung der Sicherheitsverfahren bei der Luftfracht und Luftpost auf EU-Ebene, damit die Herangehensweise an eine spezielle Risikostufe in allen Mitgliedstaaten einheitlich ist, sich das Sicherheitspersonal leicht auf vergleichbaren Posten in anderen Ländern einarbeiten kann und Produkte, die für das europäische Sicherheitssystem zugelassen wurden, auf dem Binnenmarkt uneingeschränkt angeboten werden können. 11

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik In Anbetracht der aktuellen Lage kann die EU von der ICAO nicht erwarten, weltweite Normen zu erlassen, zu stärken oder durchzusetzen. Demnach sollte die EU die Sicherheitsverfahren bei der Luftfracht und Luftpost für Flüge in die EU derart überarbeiten, dass diese möglicherweise in den weltweiten Rahmen für die Luftsicherheit aufgenommen werden können und diesen verbessern, sodass bei Flügen aus Drittländern in die EU eine höhere Sicherheit herrscht und die ICAO zu weiteren Aktivitäten angeregt wird. Mit anderen Worten: Die EU sollte einseitig Entscheidungen treffen, jedoch auch darauf abzielen, einen Rahmen zu entwickeln, der Drittländer miteinbezieht. zudem stehen einige offene Fragen im Raum, die einer weiteren Erörterung bedürfen. MdEP könnten in Erwägung ziehen, die Europäische Kommission aufzufordern, im nächsten Jahresbericht zur Durchführung der Verordnung 300/2008 eine Studie zu den Kosten und Vorteilen eines risikobasierten Sicherheitsansatzes für die Luftfracht und Luftpost vorzulegen, in der obendrein die Einführung von einheitlichen Sicherheitsstufen in der gesamten EU sowie die Angleichung der Risikobewertungsverfahren und Sicherheitskontrollen untersucht wird. Es wurden mehrere Bedenken zur Haftung und tatsächlichen Umsetzung der Sicherheitsverfahren im Lieferkettensicherheitssystem aufgedeckt. Daher wäre eine Studie über Maßnahmen zum Ausbau der SCS-Lösung, insbesondere durch die Verbesserung des Informationsaustauschs und der Zusammenarbeit in der Lieferkette, die durch ein neues System für bekannte Versender ergänzt werden könnte, äußerst ratsam. Des Weiteren sollten die generellen Auswirkungen eines risikobasierten SCS-System erforscht werden. Wirtschaftsvertreter äußerten schwere Bedenken gegenüber der vor Kurzem erlassenen Verordnung zur staatlichen Kontrolle der Sicherheit bei Luftfracht- und Luftpostflügen in die EU. Sie führten das mangelhafte System der Drittländer im Bereich der Sicherheit bei der Luftfracht und Luftpost an und verwiesen auf die noch ausstehende umfassende Bewertung der vorgeschlagenen Maßnahmen. Auf der von der ICAO für September 2012 geplanten Konferenz zur Luftfahrtsicherheit könnte die Europäische Kommission aufgefordert werden, eine derartige Vision für die Luftfracht und Luftpost in Drittländern vorzulegen, um damit nach erfolgten Parlaments- und Ratsdebatten eine Grundlage für eine Stellungnahme der EU in diesem Bereich zu schaffen. MdEP sollten sich zudem darüber im Klaren sein, dass sie bei Verhandlungen zu bilateralen Abkommen im internationalen Flugverkehrssektor zusätzliche Bestimmungen für die Sicherheit bei Luftfracht und Luftpost auf Flügen aus Drittländern anregen können. Die MdEP vom Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr sollten in Erwägung ziehen, mit dem Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) zusammenzuarbeiten, um sicherzugehen, dass im nächsten Rahmenprogramm für Forschung und Innovation, das derzeit erörtert wird, den Sicherheitsfragen der Luftfracht und Luftpost ein höherer Stellenwert beigemessen wird. 12

Die Sicherheit bei Luftfracht aus Drittstaaten 1. EINFÜHRUNG 1.1. Luftfrachtmarkt Die Luftfahrt wird als passagierorientierte Beförderungsart wahrgenommen und der Luftfracht- und Luftpostbereich wird dementsprechend selbst innerhalb des Sektors häufig marginalisiert. Obwohl er weniger sichtbar als der Personenverkehr ist und nur einen kleinen Bestandteil des Warentransports ausmacht, wurden im Jahr 2010 14,2 Millionen Tonnen Luftfracht durch die Flughäfen der EU befördert, und das durchschnittliche jährliche Wachstum des Sektors erreichte 4,8 % zwischen den Jahren 2002 und 2010. Im Laufe der Zeit könnte der Güterverkehr eine größere Rolle in der Luftverkehrsbranche spielen. Darüber hinaus wurden 32 % der in Tariftonnenkilometer 1 gemessenen interkontinentalen Luftfracht durch Passagierflugzeugunternehmen transportiert, wohingegen 68 % durch Vollfrachter transportiert wurden, d. h. Fluggesellschaften, die sich auf das Frachtgeschäft spezialisieren (Clancy, et al, 2008). Aufgrund ihrer relativ hohen Kosten ist die Luftfracht hauptsächlich bei Langstrecken und relativ leichten, hochwertigen oder verderblichen Gütern wettbewerbsfähig. Beispiele typischer Luftfrachtsendungen umfassen hochwertige Maschinenteile und Fertigungsmittel, elektronische Bauelemente für Fertigungserzeugnisse, Unterhaltungselektronik, Schmuck und verderbliche Waren wie Blumen, Früchte und auch Frischfisch. Obwohl die Branche eher in den Bereich der Verkehrspolitik fällt, spielt sie dennoch eine Schlüsselrolle beim weltweiten Transport bestimmter Warengattungen. Einige Sektoren könnten durch etwaige Störungen ernsthaft beeinträchtigt werden. Zusätzliche Informationen über den Luftfrachtmarkt werden in Anhang VI zu diesem Bericht zur Verfügung gestellt. 1.2. Regulierungsrahmen Seit den tragischen Ereignissen des 11. September steht die Luftverkehrssicherheit an der Spitze der politischen Agenda. Es besteht ein angemessener politischer Handlungsrahmen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene, der regelmäßig aktualisiert wird, um entstehende Risiken und Bedrohungen zu reflektieren. In wenigen Worten, die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO), eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen, die durch das Abkommen über die internationale Zivilluftfahrt (das Abkommen von Chicago) ins Leben gerufen wurde, legt allgemeine Regeln und Richtlinien (SARP) 2 fest, die den Schutz der internationalen Zivilluftfahrt vor illegalen Eingriffen zum Ziel haben und in jedem der (gegenwärtig) 190 Vertragsstaaten umgesetzt werden sollen. Die ICAO bedient sich außerdem eines Auditprogramms zur Überwachung der Übereinstimmung der Staaten mit ihren SARP (das USAP 3 ). 1 2 3 Tariftonnenkilometer ist eine Maßeinheit, die dem Gewicht in Tonnen von einem in einem Beförderungsmittel transportierten Material multipliziert mit der Anzahl der zurückgelegten Kilometer entspricht. Er ist die häufigste Metrik für den Vergleich von Güterverkehr und wird zum Beispiel als Bezugswert bei der freien Zuteilung von Emissionszertifikaten an Luftfahrzeugbetreiber im EU-Emissionshandelssystem herangezogen. Richtlinien und Empfehlungen (SARP). Programm für Sicherheitsaudits 13

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Der europäische Rechtsrahmen zu Luftfracht- und Luftpostsicherheit wird hauptsächlich durch Verordnung 300/2008 4 festgelegt, die gemeinsame Vorschriften und Grundstandards in Übereinstimmung mit den SARP der ICAO aufstellt. Diese Vorschriften und Standards, bei denen es sich um allgemeine Leitlinien handelt, sowie Mechanismen zur Überwachung der Einhaltung werden über das ordentliche Gesetzgebungsverfahren angenommen. Die Maßnahmen zur Ergänzung der Grundstandards und die detaillierten Aspekte zu deren Umsetzung werden über das Ausschussverfahren durch die Kommission angenommen. Es ist Sache der entsprechenden nationalen Behörden, die EU-Gesetzgebung anzuwenden und durchzusetzen. Die Kommission hat jedoch Mittel zur Bewertung und Durchsetzung dieser Implementierung und führt dementsprechend Prüfungen und Inspektionen in allen Mitgliedstaaten durch, die nicht nur die entsprechenden Behörden betreffen, sondern auch die Betreiber (z. B. Luftfahrzeugbetreiber, Flugzeugabfertiger, Spediteure). Schlussendlich ist jeder Mitgliedstaat für die Sicherheit von Flügen aus seinem Hoheitsgebiet verantwortlich ( Zuständigkeit des Aufnahmestaats wie durch die ICAO festgelegt) und behält sich das Recht vor, strengere Sicherheitsmaßnahmen (als die der EU-Gesetzgebung) anzuwenden, falls er dies als notwendig erachtet. Abbildung 1: Der europäische Entscheidungsprozess für die Luftverkehrssicherheit ICAO Anhang 17, SARPs, Prüfungen Beratungsgruppe der Interessenvertreter Europäische Regulierung (Mitentscheidung) Durchführungsbestimmungen Ausschussverfahren Europäische Kommission Europäisches Parlament Europäischer Rat Europäische Kommission Mitgliedstaaten Durchführung Jahresbericht, Prüfungen, internat. Zusammenarbeit, Europäisches Parlament Jahresbericht, Qualitätskontrolle, Akkreditierung, Europäische Kommissio n Mitgliedst aaten 4 Verordnung (EG) Nr. 300/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2320/2002. 14

Die Sicherheit bei Luftfracht aus Drittstaaten Im Oktober 2010 stellte ein Vorfall beim Transport von Luftfrachtsendungen aus dem Jemen über Europa in die Vereinigten Staaten von Amerika (US) 5 die Eignung des gegenwärtigen Regulierungsrahmens in Frage. In den vorangegangenen Jahren lag der Schwerpunkt der neuen Vorschriften und Standards auf der Passagierseite, wobei Fracht und Post wenig Beachtung geschenkt wurde. Der obige Vorfall änderte jedoch diese Situation und im Dezember des Jahres legte die Kommission einen Aktionsplan zur Erhöhung der Luftfrachtsicherheit vor. In der Praxis hatte dieser Aktionsplan zum Ziel, die nach diesem Vorfall durch einige Mitgliedstaaten eingesetzten Notfallmaßnahmen durch ein gemeinsames Konzept zu ersetzen. Dies führte zu einer Annahme neuer Vorschriften zu Luftfracht- und Luftpostsicherheit im August 2011, einschließlich für Sendungen, die aus Drittländern in die EU befördert werden 6. 1.3. Ziele dieser Studie Vor diesem Hintergrund hat diese Studie zum Ziel, die Mitglieder des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr (TRAN) des Europäischen Parlaments ordnungsgemäß und umfassend über die Sicherheitsfrage im Luftfrachtsektor zu informieren. Sie hat drei übergreifende Ziele: Bewertung der Maßnahmen, die durch die Mitgliedstaaten und die Branche zur Gewährleistung der Sicherheit von Luftfracht umgesetzt wurden; Bewertung der Maßnahmen zur Erhöhung der Luftfrachtsicherheit, die jeweils durch die Kommission, die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und die Branche vorgeschlagen wurden; Bestimmung, ob und wie der EU-Regulierungsrahmen bzw. die Art seiner Umsetzung geändert werden sollte, um die Sicherheit von Luftfracht zu erhöhen. Die Studie ist wie folgt geordnet: Kapitel 2 bietet einen Überblick über die Sicherheitsverfahren in Europa; Kapitel 3 hebt die wichtigsten Themen zur Erörterung hervor, d. h. die zentralen Anliegen zum europäischen Sicherheitsrahmen für Luftfracht und Luftpost; und Kapitel 4 identifiziert und bewertet Maßnahmen zur Verbesserung der Luftfrachtsicherheit. 5 6 Am 29. Oktober 2010 wurden zwei Pakete mit Plastiksprengstoffen und einem Zündmechanismus in separaten Frachtflugzeugen gefunden. Sie sollten aus dem Jemen in die Vereinigten Staaten fliegen und wurden während Zwischenstopps, einem auf dem Flughafen East Midlands im Vereinigten Königreich und einem in Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten entdeckt (Quelle: Al-Qaeda plot: flight ban on freight from Somalia. London: Telegraph. 1. November 2010. Abgerufen am 1. November 2010). Durchführungsverordnung (EU) Nr. 859/2011 der Kommission vom 25. August 2011 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 185/2010 zur Festlegung von detaillierten Maßnahmen für die Durchführung der gemeinsamen Grundstandards für die Luftsicherheit bezüglich Fracht und Postsendungen. 15

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik 16

Die Sicherheit bei Luftfracht aus Drittstaaten 2. SICHERHEITSKONTROLLEN FÜR LUFTFRACHT UND LUFTPOST IN EUROPA In diesem Kapitel werden die Informationen dargelegt, die über die tatsächliche Anwendung von Sicherheitskontrollen auf Luftfracht und Luftpost auf Flügen innerhalb der EU oder mit der EU als Bestimmungsort gesammelt wurden. Die Informationen sind in drei Abschnitte gegliedert. 1. Im ersten Abschnitt wird der Sicherheitsrahmen für Luftfracht und Luftpost beschrieben, d. h. wie die verschiedenen Stellen verknüpft sind und wie der institutionelle Rahmen für die Sicherheit von Luftfracht und Luftpost in Europa aussieht. 2. Im zweiten Abschnitt werden die Sicherheitsverfahren innerhalb der EU behandelt, d. h. für Flüge aus europäischen Flughäfen, auf die die europäischen Vorschriften voll anwendbar sind. 3. Im dritten Abschnitt werden schließlich die Sicherheitskontrollen beschrieben, die auf Fracht und Post auf Rückflügen in die EU anwendbar sind. 2.1. Sicherheitsrahmen für Luftfracht und Luftpost Es gibt drei Kontrollbehörden, die in der Praxis eine wesentliche Rolle bei der Gestaltung der europäischen Luftfrachtsicherheitsverfahren spielen: Die ICAO auf globaler Ebene, die Europäische Kommission und der Rat der Europäischen Union, die beide innerhalb der EU maßgebend, jedoch auch auf globaler Ebene wichtig sind. Das Europäische Parlament, obwohl am Mitentscheidungsverfahren bei allgemeinen Luftsicherheitsstandards beteiligt, ist an der Annahme von Durchführungsbestimmungen oder an der tatsächlichen Umsetzung dieser Bestimmungen nicht wesentlich beteiligt. Erwähnenswert ist die bedeutende Rolle der US-amerikanischen Transportation Security Administration (TSA), die die Regeln für Fracht und Post mit einem US-amerikanischen Bestimmungsort festlegt, sowie die des Verbands des Internationalen Luftverkehrs (IATA), eines weitgehend repräsentativen Industrieverbands, der ebenfalls Standards und Verfahren herausgibt. Bezüglich der tatsächlichen Umsetzung von Sicherheitsverfahren ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass alle Beteiligten in der Lieferkette bei der Sicherung von Luftfracht und Luftpost potentiell wichtige Parteien sind. Obwohl die Anwendung von Sicherheitskontrollen in der gesamten Lieferkette nicht durch den Regulierungsrahmen verlangt und diese Entscheidung dem Markt überlassen wird, ist den Interessenträgern bewusst, dass all diese Beteiligten eine bedeutende Rolle spielen können und deren Koordination von äußerster Wichtigkeit ist. Die Lieferkette wird in Anhang IV erläutert, worin insbesondere die Zertifizierungsarten aufgelistet werden, die jede maßgebliche Partei benötigt, um Luftfracht und Luftpost sichern zu dürfen. In Abbildung 2 werden die verschiedenen Organisationen dargestellt, die den Sicherheitsrahmen für Luftfracht und Luftpost in der EU festlegen. 17

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Abbildung 2: Sicherheitsrahmen für Luftfracht und Luftpost auf Flügen aus der EU 7 ICAO Europäisches Parlament Rat der EU IATA USA TSA Europäische Kommission ICAO Prüfungsprogramm US Verordnung zur Sicherheit in der Luftfracht und Luftpost Inkrafttretung t Überprüfungen der TSA EU Verordnung zur Sicherheit in der Luftfracht und Luftpost Inkrafttretung / Zertifikate Zuständige Behörden der Mitgliedstaaten Luftfracht und Luftpost Sicherheitsverfahren der Luftfahrtunternehmen Überprüfungen der Europäischen Kommission Sicherheitsprogramm der Flughafenbetreiber Sicherheitsprogramm der Luftfahrtunternehmen Sicherheitsprogramm der Flugzeugabfertiger Sicherheitsprogramm der Spediteure Sicherheitsmaßnahmen der geschäftlichen Versender Sicherheitsmaßnahmen der bekannten Versender 7 Ein Versender bezeichnet die Person bzw. das Unternehmen, die bzw. das eine Fracht- oder Postsendung verschickt. 18

Die Sicherheit bei Luftfracht aus Drittstaaten Es gibt einige interessante Erkenntnisse, die sich aus der Analyse des in Abbildung 2 oben dargestellten Systems ergeben. Das wichtigste daraus hervorgehende Element ist die Doppelrolle der maßgeblichen Behörden in den Mitgliedstaaten: Erstens sind sie voll an der Ausarbeitung der europäischen Vorschrift zur Luftfracht- und Luftpostsicherheit beteiligt, da sie de facto ein Teil der nationalen Delegationen in den entsprechenden Arbeitsgruppen des Rates sind; zweitens sind sie für die Umsetzung der EU-Gesetzgebung zuständig, zum Beispiel durch die Ausstellung von Zertifikaten an die verschiedenen Parteien in der Branche und die Vollstreckung von Gesetzen (einschließlich Organisation von Prüfungen und Inspektionen). Die Rolle der Mitgliedstaaten bei der Ausarbeitung des Rechtsrahmens ist außerdem auf ICAO-Ebene maßgebend (gegenüber der Kommission). Eine weitere wichtige Überlegung betrifft die genaue Rolle der ICAO. Als ein Organ der Vereinten Nationen legt die ICAO die allgemeinen Vorschriften fest, die durch die Vertragsstaaten bei der Festlegung ihrer eigenen Sicherheitsbestimmungen für Fracht und Post eingehalten werden sollen. Die ICAO hat außerdem die Befugnis zur Entwicklung eines Auditprogramms, welches die Möglichkeit der Bewertung der Einhaltung ihrer allgemeinen Vorschriften durch die Vertragsstaaten eröffnet. Es gibt jedoch auch Anzeichen dafür, dass dieser institutionelle Rahmen nicht voll effektiv ist. In der Tat hat die ICAO als eine Organisation der UN keine wirksame Vollstreckungsbefugnis. Darüber hinaus sind die von ihr erlassenen Vorschriften nicht verbindlich und die Vertragsstaaten können von ihnen abweichen. Das könnte erklären, warum, wie in Abbildung 2 dargestellt, einige Länder wie die Vereinigten Staaten einseitige Vorschriften auf Flüge anwenden, die in Drittländern starten: Es gibt einen Mangel an Vertrauen in die Einhaltung der ICAO-Standards oder die Ansicht, dass die ICAO-Standards zur Sicherung der Luftfracht und Luftpost unzureichend sind. Abbildung 2 lenkt die Aufmerksamkeit außerdem auf die Tatsache, dass Marktteilnehmer einen wesentlichen Teil der institutionellen Bühne im Bereich Luftfracht- und Luftpostsicherheit ausmachen. Allerdings gehen aus einer Analyse der grün hinterlegten Kästchen (die im Schema die Branche darstellen) drei Beobachtungen hervor: Branchenstandards scheinen hauptsächlich für Luftfahrzeugbetreiber zu gelten. Es scheint nur eine begrenzte Anzahl von internen Kontrollen von Industrie zu Industrie in der Lieferkette zu geben (zum Beispiel diejenigen, die Luftfahrzeugbetreiber den Flugzeugabfertigern auferlegt haben); und es gibt zahlreiche Unternehmen, die einige der Marktteilnehmer, z. B. Luftfahrzeugbetreiber, potenziell zertifizieren, prüfen oder untersuchen können. Hinsichtlich des ersten Aspekts, d. h. Branchenstandards, sollte angemerkt werden, dass viele andere Industrieorgane und -verbände aktive Arbeitsgruppen und Standards im Bereich Luftfracht- und Luftpostsicherheit haben. Jedoch scheinen nur Luftfahrzeugbetreiber ein umfangreiches Programm zu haben, das die Auferlegung von durch die Branche geförderten Standards und bewährten Verfahren zum Ziel hat. Die Frage der Kontrollen von Industrie zu Industrie (zweiter Aspekt) entlang der Lieferkette wurde in den in dieser Recherche geführten Interviews weitgehend behandelt. Die wichtigste Schlussfolgerung besteht darin, dass diese Kontrollen zwischen Unternehmen in der Vergangenheit relevanter waren, insbesondere bei Luftfahrzeugbetreibern, die bei der engen Zusammenarbeit mit sowohl Flugzeugabfertigern als auch Spediteuren Eigeninitiative zeigten. Jedoch gibt es teilweise aufgrund der jüngsten regulatorischen Änderungen einen Trend, Kontrollen zwischen Unternehmen mit Zertifizierung und Durchsetzung 19

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik von Sicherheitskontrollen durch die entsprechenden Behörden der Mitgliedstaaten zu ersetzen. Die Ausnahme scheinen die Flugzeugabfertiger zu sein, die (noch immer) in engem Zusammenhang mit Luftfahrzeugbetreibern und, in geringerem Ausmaß, mit Flughafensicherheitsprogrammen stehen. Die Analyse in Abbildung 2 zeigt außerdem, dass sich aufgrund der Anzahl der verschiedenen Bestimmungen zu Luftfracht- und Luftpostsicherheit und der Anzahl potenzieller Inspektionen, denen sich einige Parteien in der Branche ausgesetzt sehen, Probleme ergeben könnten. Dies ist offensichtlicher bei Luftfahrzeugbetreibern und Flugzeugabfertigern, die mit Bestimmungen und Verfahren übereinstimmen müssen, die durch die EU (in der Praxis die entsprechende nationale Behörde), durch Drittländer (zum Beispiel für Flüge mit den Vereinigten Staaten als Bestimmungsort) und Industrieverbände festgesetzt werden. Mehrere der in den Interviews kontaktierten Marktteilnehmer beschwerten sich über die Überschneidungen und die fehlende Koordination zwischen den verschiedenen Bestimmungen und Standards und über die Kosten, die die Einhaltung dieser verschiedenen Rahmenbedingungen mit sich bringt (ohne notwendigerweise für zusätzliche Sicherheit für Fracht und Post zu sorgen). Schließlich legen die Prüfung des Luftfahrtsicherheitsgesetzes und die Interviews mit den Interessenträgern nahe, dass zwei Paradigmen das Verhalten aller Parteien beeinflussen und sich auf ihre Leistung bei der Festlegung von Standards und rechtlichen Pflichten und die Anwendung und Durchsetzung von Sicherheitsverfahren auswirken könnten. Diese Paradigmen können zusammengefasst werden als: Eine implizite Annahme, dass Sicherheitsrisiken für die Luftfahrt meist aus externen Bedrohungen hervorgehen, d. h. Bedrohungen, die außerhalb des Luftverkehrssektors entstehen; dementsprechend sollten sich die Sicherheitsverfahren hauptsächlich auf Passagiere, Fracht und Post richten; und Eine implizite Annahme, dass das Image intensiver Sicherheitskontrollen (eine Abschreckungsmaßnahme) aufgrund der reduzierten Sichtbarkeit bei Fracht oder Post am besten durch Passagierprozesse und nicht durch Fracht oder Post übermittelt wird. Diese Erkenntnis führt letztendlich zu einer steigenden Redundanz von Passagierprozessen und vereinfachten Verfahren für Fracht und Post. Die Analyse von Verordnung 300/2008 und ihrer Durchführungsvorschriften reflektiert diese Ergebnisse, insbesondere, da sie deutlich mehr Aufmerksamkeit auf die Eliminierung externer Bedrohungen lenkt. Zum Beispiel sind alle Passagiere, Frachtsendungen, Postsendungen, Bordvorräte und Flughafenlieferungen, die in den Sicherheitsbereich von Flughäfen gelangen, Kontrollen unterworfen, die die Einfuhr verbotener Artikel unterbinden, während andere Personen als Fluggäste, die diesen Bereich betreten, nur stichprobenweise kontrolliert werden (Anhang zu Verordnung 300/2008, Punkt 1.3.1.) 8. Diese Logik wird zum Teil durch Bestimmungen untermauert, die Besatzungsmitglieder oder Personal mit Zugang zu Sicherheitsbereichen verpflichten, eine 8 Abschnitt 1.3 des Anhangs zu Verordnung (EG) Nr. 300/2008 legt die gemeinsamen Grundstandards für die Kontrolle von anderen Personen als Fluggästen und mitgeführten Gegenständen fest. Punkt 1.3.1 legt Folgendes fest: Andere Personen als Fluggäste sowie die von ihnen mitgeführten Gegenstände sind beim Betreten von Sicherheitsbereichen fortlaufenden Stichprobenkontrollen zu unterziehen, um zu verhindern, dass verbotene Gegenstände in diese Bereiche gebracht werden. Punkt 1.3.2 gibt Folgendes an: Andere Personen als Fluggäste sowie die von ihnen mitgeführten Gegenstände sind beim Betreten sensibler Teile von Sicherheitsbereichen zu kontrollieren, um zu verhindern, dass verbotene Gegenstände in diese Bereiche gebracht werden. 20

Die Sicherheit bei Luftfracht aus Drittstaaten Zuverlässigkeitsüberprüfung zu bestehen 9. Sie reflektiert jedoch eine bestimmte Haltung, die davon ausgeht, dass die größten Bedrohungen außerhalb des Sektors liegen. Angesichts dessen, dass Zehntausende von Menschen, die Zugang zu Sicherheitsbereichen von Flughäfen haben bzw. an der Sicherung der Lieferketten für Luftfracht, Luftpost, Bordvorräte oder Flughafenlieferungen beteiligt sind, sollte die Annahme, dass jede Bedrohung von außen kommen wird, infrage gestellt werden, und Schwachstellen innerhalb des Systems selbst müssen angegangen werden. Das zweite Paradigma bezieht sich speziell auf das Thema dieser Studie. Es bezieht sich auf die intensiven Bemühungen von Sicherheitsbeamten und -behörden, die Risiken im Personenverkehr zu bewältigen. Zu diesem Ergebnis kam es bei mehreren Gelegenheiten, unter anderem in Interviews, einer Prüfung der Gesetzgebung und in der Literatur. Im Transport Security Annual Report [Jahresbericht über die Transportsicherheit] des Vereinigten Königreichs wird zum Beispiel deutlich gesagt, dass die Luftfrachtsicherheit nur aufgrund des versuchten Terroranschlags im Oktober 2010 zu einer vordringlichen Priorität wurde: Die Aufgabe der Entwicklung und Anwendung von Systemen, die in einer Einsatzumgebung Flüssigsprengstoffe auffinden können, war neben der Fähigkeit zum Auffinden raffiniert versteckter konventioneller Sprengstoffmaterialien weiterhin der Hauptschwerpunkt unserer projektbasierten Arbeit in der ersten Hälfte der Jahre 2010/11. Mit dem versuchten Anschlag auf ein Frachtflugzeug, der am 29. Oktober 2010 auf dem Flughafen East Midlands Airport entdeckt wurde, wurde die Bedeutung der Sicherstellung, dass das Luftfrachtsicherheitssystem weiterhin zu seinem Zweck geeignet war, zu einer unmittelbaren und dringlichen Priorität. (UK Department for Transport, 2011a) Diese Ausrichtung auf den Passagiertransport wird in der EU-Gesetzgebung zur Sicherheit des Luftverkehrs reflektiert. Es ist auf mindestens zwei Beispiele hinzuweisen: Verordnung 300/2008 definiert Kontrolle als den Einsatz technischer oder sonstiger Mittel, die dazu dienen, verbotene Gegenstände zu identifizieren und/oder aufzuspüren und Sicherheitskontrolle, in einer offensichtlich weniger strengen Weise, als die Anwendung von Mitteln, mit denen die Einschleusung verbotener Gegenstände verhindert werden kann. Ihr Anhang verlangt, dass alle Fluggäste, die ihren Ausgangsflug antreten, umsteigen oder weiterfliegen, sowie ihr Handgepäck zu durchsuchen sind, während er festlegt, dass alle Frachtstücke und Postsendungen vor dem Verladen in ein Luftfahrzeug, Sicherheitskontrollen zu unterziehen sind. Commission Regulation 18/2010 fn, setting specifications for national quality control programmes in the field of civil aviation security, establishes the minimum frequency for security audits and inspections on the basis of thresholds relating to the number of passengers fn..die Verordnung 18/2010 der Kommission 10, die Spezifikationen für nationale Qualitätskontrollprogramme im Bereich Zivilluftfahrtsicherheit aufstellt, legt die Mindesthäufigkeit für Sicherheitsprüfungen und -inspektionen auf der Grundlage der Schwellenwerte in Bezug auf die Anzahl der Passagiere fest. 11 Aufgrund dessen könnte ein Flughafen mit erheblichem 9 10 11 Die Erörterung, ob der derzeitige Rechtsrahmen zur Kontrolle des Zugangs von Beschäftigten in der Luftfahrt zu Sicherheitsbereichen ausreichend ist, fällt außerhalb dieses Projektumfangs. Verordnung (EU) Nr. 18/2010 der Kommission vom 8. Januar 2010 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf Spezifikationen für nationale Qualitätskontrollprogramme im Bereich der Luftsicherheit in der Zivilluftfahrt. Flughäfen mit über 10 Millionen Passagieren pro Jahr werden mindestens alle 4 Jahre einer umfassenden Sicherheitsprüfung unterzogen. Darüber hinaus sind bei Flughäfen mit über 2 Millionen Passagieren im Jahr 21

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Frachtverkehr, aber geringem Passagierbetrieb, aus häufigen Prüfungen und Inspektionen ausgeschlossen werden. Obwohl anerkannt werden muss, dass Sicherheitsverfahren eng mit einer Risikoanalyse verknüpft sein sollten und frühere Versuche zur Durchführung ernsthafter Angriffe mit Passagiertransport verbunden waren, sollte man außerdem berücksichtigen, dass bei der Luftverkehrssicherheit das schwächste Glied das allgemeine Sicherheitsniveau bestimmt. Darüber hinaus gibt es insgesamt keinen Hinweis, der nahe legt, dass illegale Eingriffe durch Fracht oder Post entweder systematisch weniger wahrscheinlich auftreten noch potenziell weniger schädlich sind. Textkasten 1: Diskussionspunkte - Der Sicherheitsrahmen Q.1. Die zuständigen Behörden für Luftfahrtsicherheit in Mitgliedstaaten spielen bei der Gestaltung der EU-Gesetzgebung und ihrer Durchsetzung eine entscheidende Rolle. Haben sie die notwendige Kapazität, diese Aufgaben effektiv und harmonisiert zu erfüllen? Q.2. Es gibt ICAO-Staaten, die Frachtsicherheitsprogramme haben / haben werden, die außerhalb ihrer Gebiete, d. h. auf Drittländer, anwendbar sind. Dies scheint ein Zeichen dafür zu sein, dass die ICAO keinen Regulierungsrahmen festlegen kann, der von all ihren Vertragsstaaten akzeptiert wird. Wie kann dieses Problem beseitigt oder gemildert werden? Q.3. Es gibt Anzeichen dafür, dass die Beziehungen von Industrie zu Industrie entlang der Lieferkette weniger wichtig und durch staatlich auferlegte Bestimmungen ersetzt werden. Muss die Anwendung von Industriestandards erhöht und müssen bewährte Verfahren innerhalb der Lieferkette weiterhin ausgetauscht werden? Untergraben die derzeit fehlenden Beziehungen von Industrie zu Industrie entlang der Lieferkette potentiell die Luftfracht- und Luftpostsicherheit? Q.4. Angesichts der Vielzahl von Regulierungsbehörden und normgebenden Stellen im Bereich Luftfracht- und Luftpostsicherheit sind einige Teile der Lieferkette durch verschiedene regulatorische Rahmenbedingungen abgedeckt. Woraus bestehen die Folgen dieser Situation und wie können diese Bestimmungen ordnungsgemäß koordiniert und harmonisiert werden? Q.5. Die Luftfahrtsicherheit scheint stark durch Paradigmen beeinflusst zu sein, die einen größeren Schwerpunkt auf externe Bedrohungen und Sicherung von Passagiertransport nahe legen. Müssen die europäische Gesetzgebung und die Sicherheitsverfahren neu abgeglichen werden, um den potentiellen Einfluss dieser Ansichten zu minimieren? die Sicherheitsmaßnahmen zu Flughafen, Luftfahrzeug, Passagieren, Gepäck und Fracht mindestens alle 12 Monate zu überprüfen. 22

Die Sicherheit bei Luftfracht aus Drittstaaten 2.2. Sicherheitsverfahren in der EU- Lieferkettensicherheit oder Kontrolle? Unter Berücksichtigung der institutionellen Untermauerungen von Luftfracht- und Luftpostsicherheit konzentriert sich dieser Abschnitt auf die tatsächliche Umsetzung von Sicherheitsverfahren im Bereich Luftfracht und Luftpost innerhalb der EU. Verordnung 300/2008 legt grundsätzlich fest, dass nur Fracht und Post, die Sicherheitskontrollen unterzogen wurden, an Bord eines Luftfahrzeugs gebracht werden können. Es gibt zwei Hauptwege zur Anwendung dieser Kontrollen: durch Verfahren für die Sicherheit der Lieferkette (SCS-Verfahren) oder durch Kontrolle der Fracht oder Post. Abbildung 3 stellt diese beiden Methoden schematisch dar; weitere Informationen zu diesem Thema sind in Anhang II enthalten. Abbildung 3: Alternative Wege zur Sicherung von Luftfracht und Luftpost in der EU Sicherheit in der Lieferkette Versender Überprüfung der Luftfracht Versender Luftfracht von einem Versender, der ein bekannter/geschäftlicher Versender ist Luftfracht von einem Versender, der kein bekannter/geschäftlicher Versender ist Spediteur Spediteur Sicherheitskontrollen von reglementierten Beauftragten, um die Fracht von Unbefugten fern zu halten Spediteure könnten die Fracht prüfen oder für die Prüfung des Flugzeugabfertigers vorbereiten Der Flugzeugabfertiger erhält die Fracht vom Spediteur und schützt diese bis sie an Bord gebracht wird; einige zufällig ausgewählte Sendungen müssen überprüft werden Flugzeugabfertiger Luftfahrtunternehmen Der Flugzeugabfertiger erhält die Fracht vom Spediteur und prüft diese, bevor sie an Bord gehen, falls sie noch keine Sicherheitskontrollen passiert haben Im Wesentlichen schützt der Weg der Sicherung der Lieferkette (SCS-Weg) die Fracht oder Post, indem durch ihn sichergestellt wird, dass: (1) verbotene Artikel ab dem Moment ihres Verschlusses in keine Sendung eingebracht werden und (2) die Sendung anschließend vor unbefugten Eingriffen geschützt wird, bis sie auf das Luftfahrzeug verladen wird. Um dies zu erreichen, wird eine Reihe von Verfahren entlang der Lieferkette angewandt. Es beginnt mit der Anforderung, dass die Fracht von einem Versender 23

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik stammen muss, der als bekannter Versender 12 oder geschäftlicher Versender 13 zertifiziert ist, d. h. eine Organisation, die durch die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats 14 (bekannter Versender) oder durch einen reglementierten Beauftragten 13 (Großkundenversender) akkreditiert wurde. Zweitens muss der bekannte oder geschäftliche Versender spezielle Maßnahmen bei der Auswahl und bei der Schulung von Personal und beim Schutz der Fracht oder Post ergreifen, die die Möglichkeiten illegaler Eingriffe in die Sendung einschränken. Danach muss der Versender die Fracht zu ihrem Schutz bis zu ihrer Verbringung an Bord des Luftfahrzeugs an einen Spediteur/Frachtführer übergeben, der durch die zuständige Behörde als reglementierter Beauftragter 15 zertifiziert ist. Diese Beauftragten werden ein Sicherheitsprogramm haben, das den Schutz der Fracht/Post durch entsprechend geschultes und ausgewähltes Personal, spezielle Maßnahmen zum Schutz der Fracht oder Post während der Beförderung auf der Straße (insbesondere zur Vermeidung von Fremdeinwirkung auf die Sendung) und durch die Verbringung der Fracht in sichere Warenlager bis zur Lieferung an den Flugzeugabfertiger sicherstellt. Flugzeugabfertiger erhalten die Fracht oder Post normalerweise im Namen des Luftfahrzeugbetreibers. Nach Prüfung der Dokumentation, die nachweist, dass alle Sicherheitsverfahren umgesetzt worden sind, wird der Flugzeugabfertiger die Fracht so lange schützen, bis sie an den Luftfahrzeugbetreiber geliefert wird. Bis zur Verabschiedung von Verordnung 300/2008 spielte der als reglementierter Beauftragter zertifizierte Spediteur eine wichtige Rolle bei der Organisation von SCS- Verfahren. In der Tat würde normalerweise der Spediteur die Verfahren festgelegt haben, die durch bekannte Versender zur Sicherung von Luftfracht einzuhalten sind, und ihnen die erforderliche Zertifizierung gewährt haben, damit ihre Fracht durch SCS gesichert werden kann. Der neue Regulierungsrahmen verpflichtet jedoch die bekannten Versender, eine Zertifizierung durch die zuständigen Behörden einzuholen 16. Diese Änderung wurde durch viele Interessenträger als positive Entwicklung aufgefasst, insbesondere in Anbetracht der intensiven Geschäftsbeziehungen zwischen dem Spediteur (der die Zertifizierung ausgestellt hat) und dem Versender (der die Zertifizierung angefragt hat), die zu einer Vereinfachung der Sicherheitsverfahren hätte führen können. Diese Übertragung der Verantwortlichkeit für die Versenderzertifizierung bringt jedoch zwei Probleme mit sich: Erstens verpflichtet sie die zuständigen Behörden, eine Reihe von Organisationen zu regulieren und zu erreichen, die normalerweise außerhalb des Tätigkeitsbereichs des Transportsektors liegen (z. B. Betriebsanlagen wie Chemiewerke); und zweitens schmälert sie die Rolle von Spediteuren in SCS erheblich. Es ist darauf hinzuweisen, dass es reglementierten Beauftragten noch immer gestattet ist, die Zertifizierung für geschäftliche Versender auszustellen, was die Anwendung der SCS auf in Nur-Frachtflugzeugen transportierte Fracht ermöglicht. Jedoch scheint der Status des geschäftlichen Versenders in den meisten EU-Ländern nicht beliebt zu sein. In einigen Fällen liegt das daran, dass 12 13 14 15 16 Ein bekannter Versender wird durch Verordnung (EG) Nr. 300/2008 als ein Versender definiert, der Fracht oder Post auf eigene Rechnung versendet (d. h. dass er sie nicht von einem Dritten erhalten hat), und dessen Verfahren gemeinsamen Sicherheitsvorschriften und -standards entsprechen, die es gestatten, die betreffende Fracht oder Post auf dem Luftweg zu befördern. Ein geschäftlicher Versender wird durch Verordnung (EG) Nr. 300/2008 als Versender definiert, der Fracht oder Post auf eigene Rechnung versendet, dessen Verfahren gemeinsamen Sicherheitsvorschriften und - standards entsprechen, die es gestatten, die betreffende Fracht oder Post mit Nurfracht- bzw. Nurpost- Luftfahrzeugen zu befördern; Die zuständige Behörde ist die einzige Behörde, die durch jeden Mitgliedstaat als für die Koordination und Überwachung der Umsetzung des Luftsicherheitsgesetzes zuständig benannt wird. Laut Verordnung (EG) Nr. 300/2008 ist ein reglementierter Beauftragter ein Luftfahrtunternehmen, eine Agentur, ein Spediteur oder eine sonstige Stelle, der bzw. die die Sicherheitskontrollen für Fracht oder Post gewährleistet. Die mit Verordnung (EG) Nr. 300/2008 angenommenen Änderungen befinden sich noch immer in einer Übergangsphase, was bedeutet, dass durch reglementierte Beauftragte akkreditierte bekannte Versender immer noch anerkannt werden. 24