Experience ERNI Erfahrungsberichte rund um Management-, Prozess- und Technologiethemen

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Transkript:

Experience Nr. 48 Dezember 2010 by ERNI Consulting AG Experience ERNI Erfahrungsberichte rund um Management-, Prozess- und Technologiethemen Prozessverbesserungen Wettbewerbsfähiger durch bessere Kollaboration Requirements Engineering Requirements Engineering ist Teamarbeit Agilität mit HERMES Das Beste aus zwei Welten Unternehmensarchitektur Den Überblick über das Ganze behalten

ERNI Experience Editorial Kollaboration macht den Unterschied Titelseite: Peter Zuber Business Area Manager in der Firma ERNI. Beratertätigkeit: Softwarearchitektur, Prozessverbesserungen und Geschäftsprozessmanagement. Impressum Herausgeber ERNI Consulting AG Zürich Baar Bern ERNI (Deutschland) GmbH, München ERNI (Slovakia) s.r.o., Bratislava Redaktion Dieter Nafzger ERNI (Slovakia) s.r.o. Tel. +421 2 3255 37 37 E-Mail leserservice@erni.ch Internet www.erni.ch/experience Editorial Peter Zuber Prozessverbesserungen Peter Zuber Die Wettbewerbsintensität ist heute in allen Branchen hoch. Dementsprechend fit sind die Unternehmen, die dauerhaft Erfolg haben. In einem Feld starker Wettbewerber ist es nicht einfach, sich von den anderen Anbietern abzusetzen. Doch ein Bereich bietet heute immer noch diese Möglichkeit: die Verbesserung der Kollaboration unter den Mitarbeitenden. Sie führt zu einem nachhaltigen Vorsprung sowohl bei der Effizienz als auch bei der Effektivität. In diesem ERNI Experience zeigen wir Ihnen auf, welche Erfahrungen, Methoden und Hilfsmittel Sie in Ihrer Organisation nutzen können, um die Kollaboration zu intensivieren und so Ihre Wettbewerbsposition nachhaltig zu verbessern. Der erste Artikel informiert über Methoden, die dazu dienen, optimierte Prozesse in Ihrer Organisation dauerhaft zu institutionalisieren. Im zweiten Bericht steht mit dem Requirements Engineering diejenige Disziplin im Mittelpunkt, bei der eine Verbesserung der Kollaboration eine besonders grosse Hebelwirkung entfaltet. Darauf folgt ein Beitrag zur Intensivierung der Kooperation mit Hilfe von Scrum in Organisationen, die nach HERMES entwickeln, der offiziellen Projektführungsmethodik des Bundes. Zum Abschluss werden die Vorteile einer Unternehmensarchitektur im Hinblick auf eine bessere Zusammenarbeit anhand zweier erfolgreicher Beispiele vorgestellt. Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre und freue mich auf Ihr Feedback. Requirements Engineering Martin Rainbow, Patrik Lustenberger HERMES Olivier Gut Unternehmensarchitektur Harald Peter Oliver Blindenbacher Lektorat Stefan Kyora, Mediacontact GmbH, Luzern Ruedi Häuptli, Sprachagentur Bahia, Salvador BR Herzlich Peter Zuber Konzept/Layout Katarina Beinrohrova Produktion von Ah Druck AG, Sarnen Auflage 10 000 Exemplare Erscheint quartalsweise Copyright 2010 by ERNI Management Services AG Alle Rechte vorbehalten. 2

Inhalt ERNI Experience Inhalt Prozessverbesserungen Wettbewerbsfähiger durch bessere Kollaboration 4 Das Potenzial von Prozessverbesserungen voll nutzen Prozessverbesserungen führen nur dann zum gewünschten Ergebnis, wenn sie in der Organisation institutionalisiert werden. Das Gelingen hängt davon ab, ob die Mitarbeitenden über die gesamte Laufzeit hinweg in das Optimierungsprojekt einbezogen werden. Requirements Engineering Requirements Engineering ist Teamarbeit 8 Warum sich der rechtzeitige Gedankenaustausch unter allen Stakeholdern lohnt Das Requirements Engineering spielt eine entscheidende Rolle bei der Softwareentwicklung. Holt man in dieser Phase das Business und die verschiedenen IT-Fachleute an einen Tisch, resultieren häufig bessere Lösungen, die sich gleichzeitig auch noch günstiger realisieren lassen. Agilität mit HERMES Das Beste aus zwei Welten 12 Die Vorteile von Scrum lassen sich auch in HERMES-Projekten nutzen Die offizielle Projektmethodik des Bundes (HERMES) und Scrum folgen verschiedenen Philosophien. Trotzdem lassen sich Elemente der agilen Methode auch in HERMES integrieren. Dies erlaubt mehr Agilität, ohne die Vorteile von HERMES aufgeben zu müssen. Unternehmensarchitektur Den Überblick über das Ganze behalten 16 Unternehmensarchitektur als Kommunikationsbasis Eine Unternehmensarchitektur einzuführen und am Leben zu erhalten, ist aufwändig, aber lohnend. Sie beschreibt und steuert das Zusammenspiel der einzelnen Systeme und schafft eine gemeinsame Sprache für Business und IT, was die Kommunikation und die Zusammenarbeit erleichtert. Die dadurch möglichen Fortschritte in Sachen Effizienz und Effektivität sind erheblich. Alle Artikel online: www.erni.ch/experience 3

Prozessverbesserungen Wettbewerbsfähiger durch bessere Kollaboration Wettbewerbsfähiger durch bessere Kollaboration Das Potenzial von Prozessverbesserungen voll nutzen Prozessverbesserungen führen nur dann zum gewünschten Ergebnis, wenn sie in der Organisation institutionalisiert werden. Das Gelingen hängt davon ab, ob die Mitarbeitenden über die gesamte Laufzeit hinweg in das Optimierungsprojekt einbezogen werden. Von Peter Zuber Schon seit Jahren geht der Trend in Richtung multipolare Welt. In der Wirtschaftskrise, aber auch in der laufenden konjunkturellen Erholung haben Schwellenländer wie Brasilien, Indien und China deutlich an Boden gewonnen. Eine Folge dieser Entwicklung ist die Intensivierung des globalen Wettbewerbs durch neue Anbieter aus den aufsteigenden Wirtschaftsnationen. Um in dieser neuen Situation zu bestehen, steigern westliche Unternehmen mit Hilfe von Prozessverbesserungen Effizienz sowie Effektivität und senken gleichzeitig die Time-to-Market-Spanne neu entwickelter Produkte. Die Rezepte dafür sind bekannt. Bewährte Vorgehensmethodiken stehen heute zur Verfügung. Neben der Optimierung und dem Reengineeren von Prozessen ist deren nachhaltige Institutionalisierung in der Organisation das Mittel zur Distanzierung der Wettbewerber. Nur eine nachhaltige Verhaltensänderung bei den Mitarbeitenden führt zu einer reibungslosen Zusammenarbeit entlang einer Prozess- oder Wertschöpfungskette. Der Wettbewerbsvorteil, den dies mit sich bringt, ist enorm. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die Mitarbeitenden durch alle Phasen der Prozessverbesserung, also von der Coverage-Analyse über das Alignment bis zum Team Enabling, systematisch involviert werden. Damit reicht der Einbezug vom Beginn der Projekte bis über das Ende der Einführung hinaus. In der Coverage-Analyse geht es um die Erfassung des Ist-Zustandes in einer Organisation (siehe Abb. 1). Meist wird dieser verglichen mit einem geeigneten Referenzmodell oder mit Best Practices der Branche. Als Methoden dienen strukturierte Interviews, elektronische Umfragen und das Dokumentenstudium. Bereits auf dieser Stufe ist es wichtig, auch mit der Basis zu reden. Für die Erhebungen muss man sich deswegen in der Organisation bewegen. Dabei haben von aussen kommende Personen oft eine bessere Chance, die Meinungen der Betroffenen ungeschminkt zu hören, als Mitarbeitende aus dem gleichen Unternehmen. Das Resultat der Analyse sind die Erfassung und Dokumentation von Stärken und Schwächen (Fits und Gaps) der Organisation, aber auch der einzelnen Mitarbeiteenden gegenüber dem gewählten Referenzmodell sowie grobgranulare Massnahmenpakete zur Verbesserung. Bezieht man in dieser Phase die Betroffenen auf die richtige Weise ein, beginnen sie sogar selbst, sich gemeinsam für die notwendige Veränderung zu engagieren. Beispiel 1 Klärung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten Ein Dienstleistungsunternehmen ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Diese Entwicklung wird in der Zukunft anhalten. Es ist absehbar, dass ein zentraler Prozess zur Unterstützung der Leistungserbringung verbessert werden muss, um der ansteigenden Arbeitslast gewachsen zu sein. Im Rahmen der Coverage-Analyse werden Vertreter der verschiedenen Arbeitsschritte des Prozesses in einem Workshop an einen Tisch geholt. Gemeinsam analysieren sie den Prozess und stellen fest, dass die Rollenbeschreibungen unklar sind. Es 4

Wettbewerbsfähiger durch bessere Kollaboration Prozessverbesserungen Nur eine nachhaltige Verhaltensänderung bei den Mitarbeitern führt zu einer reibungslosen Zusammenarbeit entlang einer Prozess- oder Wertschöpfungskette. Der Wettbewerbsvorteil, den dies mit sich bringt, ist enorm. gibt Überlappungen, bei denen mehrere Personen zuständig sind, genauso wie Aufgaben ohne einen Verantwortlichen. Bereits dieses sachliche Herausarbeiten des Grundes für die Notwendigkeit einer Prozessverbesserung wirkte sich positiv auf das Verbesserungsprojekt aus. Die Mitarbeitenden sahen ein, warum das Projekt sinnvoll ist. Darüber hinaus erkannten sie, dass nicht die Leistungen einzelner Personen Ursache des Optimierungsbedarfs waren. Dies wiederum stärkte den Zusammenhalt im Team und erleichterte damit die Kollaboration entlang des Prozesses deutlich. In der zweiten Phase, dem Alignment, (Abb. 1) ist es ebenfalls von grosser Bedeutung, die Mitarbeitenden einzubeziehen. Sie müssen von den konkreten Verbesserungsmassnahmen überzeugt werden. Das Ziel dabei ist, sie aktiv in das Veränderungsprojekt zu involvieren. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Vision der Verbesserung. Sie wird von den Führungspersonen der Abteilung oder der Organisation, die verändert werden soll, entwickelt und kommuniziert. Des Weiteren muss ein sogenannter Fahnenträger aus dem Management das Vorhaben entschlossen vorantreiben. Es ist seine Aufgabe, Kritiker, die der Optimierung zu Beginn noch skeptisch gegenüberstehen, mittels klarer Argumente für den Change zu gewinnen. Der Fahnenträger muss eine klare Vision von der Verbesserung besitzen. Gleichzeitig muss er auch ihren Nutzen für die Organisation und die Individuen aufzeigen können. Dementsprechend gut entwickelt müssen seine kommunikativen Fähigkeiten sein. Der Fahnenträger spielt zudem eine wichtige Rolle beim Team Enabling (Abb. 2). Der Schwerpunkt dieser Phase liegt am Ende des Projekts, doch es gibt einzelne Aufgaben, die schon zu Beginn abgearbeitet werden müssen. Verbesserungsprojekte, die der Effizienzsteigerung dienen, lösen oft bereits vor dem eigentlichen 5

Prozessverbesserungen Wettbewerbsfähiger durch bessere Kollaboration Resultat der Analyse sind die Erfassung und Dokumentation von Stärken und Schwächen (Fits und Gaps) der Organisation, aber auch der einzelnen Mitarbeitenden gegenüber dem gewählten Referenzmodell sowie grobgranulare Massnahmenpakete zur Verbesserung. Bezieht man in dieser Phase die Betroffenen auf die richtige Weise ein, beginnen sie sogar selbst sich gemeinsam für die notwendige Veränderung zu engagieren. Service Pattern 1: Coverage Analysis Service Pattern 2: Alignment Concept Service Pattern 3: Team Enabling Abb. 1: ERNI Service Process Improvement Zentrale Elemente Definition der Zielsetzungen (Soll-Zustand) Ermittlung des Ist-Zustandes gegenüber Referenzmodell oder Best Practices der Branche Ermitteln und Dokumentieren von Gaps und Fits (= Bewährtes fördern, Lücken schliessen) Definieren von Massnahmenpaketen (Workpackages) Priorisierung der Workpackages strikt nach den Business Needs Zentrale Elemente Umsetzung der Workpackages Prozessdesign und Prozessumsetzung Training und Coaching werden parallel erbracht (Scheibenwischer) Pilotprojekte zur Überprüfung des Prozessdesigns nutzen Von «quick wins» profitieren Auf State-of-the-Art-Methoden bauen Zentrale Elemente Training und Coaching auf die jeweilige Projektphase abstimmen Rollenbasierte Trainings, abgestimmt auf die individuellen Fertigkeiten und Erfahrungsprofile verdeckte Regeln Einstellungen Macht Werkzeuge Strukturen Denkhaltungen Prozesse Beziehungen Gefühle Motivation 10% Einfluss 90% Einfluss Abb. 2: Change Management: Erfolgsfaktor Mensch Status Tabus 75% aller fehlgeschlagenen Transformationsprojekte scheitern aufgrund menschlicher, jedoch direkt beeinflussbarer Verhaltensweisen. Start Ängste um den Arbeitsplatz aus. Der Fahnenträger muss diese Ängste entkräften. Dafür hat er gute Gründe, denn Prozessverbesserungen führen nur in den seltensten Fällen zu Stellenabbau. Oft wird sogar der Verantwortungsbereich der einzelnen Personen erweitert und die Arbeit so interessanter. Doch die Aufgabe geht deutlich über den Abbau von Widerständen hinaus. Der Fahnenträger sollte bei den Betroffenen ein Gefühl der Dringlichkeit in Bezug auf das Projekt erzeugen. Sie müssen das Vorhaben als wichtig für die Organisation erkennen. Im weiteren Verlauf der Verbesserung geht es darum, die Mitarbeitenden zu befähigen, ihre neue Rolle auszufüllen. Als erster Schritt sollten im Rahmen der Coverage-Analyse auch die Fähigkeiten und Kompetenzen der Mitarbeitenden auf Entwicklungsbedarf untersucht werden. Danach wird dieser Ist-Zustand analysiert, ob er zu den neuen Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten passt. Gibt es Lücken, gilt es, die betroffenen Mitarbeiteenden beim Erwerben der notwendigen Kompetenzen zu unterstützen, etwa durch Weiterbildungsveranstaltungen. Die Gruppenleiter sollten zusätzlich durch Coaching unterstützt werden. Dadurch werden sie befähigt, ihre neue Rolle effizient und effektiv auszufüllen. Deswegen sollte der Coach in keinem Fall Aufgaben für die Gruppenleiter erledigen. Vielmehr sollten Ziele für die persönliche Entwicklung vereinbart werden, deren Erreichen dann auch überprüft wird. Der 6

Wettbewerbsfähiger durch bessere Kollaboration Prozessverbesserungen Coach bleibt bewusst im Hintergrund. Die Organisation muss schnellstmöglich selber die Zügel und somit die Verantwortung in die Hand nehmen. Sind alle Mitarbeiteenden für ihre neuen Aufgaben und Verantwortlichkeiten geschult und ist der Prozess eingeführt, dann scheint es, die Prozessverbesserung erfolgreich abgeschlossen zu sein. Doch an diesem Punkt sollte die Arbeit nicht stoppen. Denn sonst besteht die Gefahr, dass die Mitarbeitenden über kurz oder lang wieder auf alte Verhaltensweisen zurückgreifen (siehe Abb. 2). Nach der eigentlichen Einführung inklusive Schulung der Mitarbeitenden muss deswegen noch die Institutionalisierung folgen. Das Ziel dabei ist es, den neuen Prozess in der Kultur der Organisation zu verankern. Beendet ist dies erst, wenn alle Mitarbeiteenden über die gesamte Prozesskette hinweg ganz selbstverständlich zusammenarbeiten und die Kollaboration damit auf ein neues Niveau gebracht wurde. Beispiel 2 Institutionalisierung durch konsequentes Team Enabling Ein auf einen anderen Kontinent ausgelagertes Entwicklungsteam sollte nach der Wartung von en auch Aufgaben in der Softwareentwicklung übernehmen. Gleichzeitig wechselte die betroffene Organisation von C auf C++. Die neuen Aufgaben und der gleichzeitige Paradigmenwechsel bei der Programmiersprache bedeuteten für das Team einen tiefgreifenden Wandel. Zuerst wurden die Mitglieder für ihre neuen Rollen ausgebildet. Bevor man dem Team erste Arbeiten zuwies, wurde noch einmal überprüft, inwiefern dieses schon in der Lage war, die neuen Aufgaben zu erfüllen. Dabei stellte sich heraus, dass das Team Enabling noch einmal verstärkt angegangen werden musste. Eine Schlüsselfunktion übernahm dabei ein erfahrener Fahnenträger, der von einem externen Consultant gecoacht wurde. Vor allem dank dem Fahnenträger ist nun die Institutionalisierung auf gutem Wege und sind die Veränderungen nachhaltig verankert. Die beiden Beispiele, aber auch die weiteren Fälle aus der Praxis zeigen, dass sich eine bessere Kollaboration der Mitarbeitenden erst dann erreichen lässt, wenn man bei Prozessverbesserungen einige grundlegende Regeln beachtet und die Phase Team Enabling nicht zu früh abschliesst. Erst bei einer nachhaltigen Verankerung respektive Institutionalisierung des Wandels kann sich eine Organisation durch einen Quantensprung klar von der Konkurrenz absetzen. Das Ziel dabei ist es, den neuen Prozess in der Kultur der Organisation zu verankern. Beendet ist dies erst, wenn alle Mitarbeitenden über die gesamte Prozesskette hinweg ganz selbstverständlich zusammenarbeiten und die Kollaboration damit auf ein neues Niveau gebracht worden ist. Peter Zuber Kontakt: peter.zuber@erni.ch Beratertätigkeit: Softwarearchitektur, Prozessverbesserungen, Geschäftsprozessmanagement 7

Requirements Engineering Requirements Engineering ist Teamarbeit Requirements Engineering ist Teamarbeit Warum sich der rechtzeitige Gedankenaustausch unter allen Stakeholdern lohnt Das Requirements Engineering spielt eine entscheidende Rolle bei der Softwareentwicklung. Holt man in dieser Phase das Business und die verschiedenen IT-Fachleute an einen Tisch, resultieren häufig bessere Lösungen, die sich gleichzeitig auch noch günstiger realisieren lassen. Von Martin Rainbow und Patrik Lustenberger des Business. Zweitens sollten nicht nur die Business-Seite und der Requirements Engineer einbezogen werden, sondern auch Entwickler und Tester (siehe Abb. 1). Requirements Engineering bildet den idealen Ansatzpunkt für die Optimierung der Kollaboration. An der Schnittstelle zwischen Business und IT ist die Hebelwirkung zur Verbesserung besonders gross. Findet hier ein Austausch statt, dann fliesst das Wissen der gesamten Organisation in die Anforderungen ein. Dies ermöglicht Lösungen, die den Bedürfnissen der Nutzer voll entsprechen und sich gleichzeitig vom technischen Standpunkt aus einfach und damit kostengünstig realisieren lassen. Bedingung dafür ist allerdings, dass eine intensive Kommunikation zwischen den Mitarbeitenden der Organisation stattfindet. Dies erfordert erstens einen Austausch in beide Richtungen anstelle des einfachen Weitergebens von Anforderungen Beispiel 1 Bessere Lösung dank Kollaboration In einem Grossunternehmen wird ein Webshop überarbeitet. Nach einer groben Erfassung von möglichen Anforderungen bei den Business-Fachleuten veranstaltet der Requirements Engineer einen Workshop. Anwesend sind neben dem Produktverantwortlichen auch verschiedene IT-Fachleute. Die Entwickler bringen viele gute Ideen ein und geben auch Hinweise auf den Aufwand, den bestimmte Anforderungen auslösen würden. Unter anderem diskutiert man gemeinsam über verschiedene Ideen, die Angebote des Webshops auf dem Bildschirm darzustellen. Die ursprünglichen Anforderungen hätten dazu geführt, dass Websitebesucher viel hätten scrollen müssen, um alle Angebote zu sehen. Es waren schliesslich Entwickler, die vorschlugen, stattdessen mit Tabs zu arbeiten. Auf diese Weise können die Website-Besucher mit einem Klick zwischen den verschiedenen Produkten wechseln. Der Vorschlag leuchtete dem Produktverantwortlichen ein und wird nun umgesetzt. Zudem haben nun auch Mitarbeitende, die für Architektur, Design und Entwicklung zuständig sind, präzisere Vorgaben und können deshalb besser einschätzen, was der Produktverantwortliche will. Das Beispiel zeigt, wie der Einbezug verschiedener Fachleute den Horizont weitet und so letztlich zu einer besseren Lösung führt, als dies ohne den Austausch der 8

Requirements Engineering ist Teamarbeit Requirements Engineering Requirements Engineering bildet den idealen Ansatzpunkt für die Optimierung der Kollaboration. An der Schnittstelle zwischen Business und IT ist die Hebelwirkung der Verbesserung besonders gross. Findet hier ein Austausch statt, dann fliesst das Wissen der gesamten Organisation in die Anforderungen ein. 9

Requirements Engineering Requirements Engineering ist Teamarbeit Häufig führen kleine Abstriche an den Anforderungen zu deutlichen Einsparungen. Dies trifft insbesondere auf die sogenannten nichtfunktionalen Anforderungen zu, wie zum Beispiel die Reaktionszeit. Requirements ohne Kollaboration mit Kollaboration Stakeholder Stakeholder Requirements Engineer Requirements abholen Sparpotenzial Darstellung Ideen usw. Requirements Engineer Requirements weitergeben Entwickler Entwickler Infrastrukturspezialist Infrastrukturspezialist Tester Tester Abb. 1: Requirements Komponenten, welche die Performance beeinflussen Computer Betriebssystem Prozessor Speicher en usw. «Netzwerk» Firewall Proxy Load Balancer Webserver Switch/Router DNS-Server usw. server Server Server Datenbankserver Server Server Abb. 2: Komponenten, welche die Performance beeinflussen Prozessor Arbeitsspeicher Betriebssystem Batch-Jobs usw. Storage 10

Requirements Engineering ist Teamarbeit Requirements Engineering Fall gewesen wäre. Dies ist allerdings nur ein typischer Vorteil der verbesserten Kollaboration. Der zweite besteht in zum Teil massiven Kosteneinsparungen. Denn der Austausch ermöglicht sinnvolle Kompromisse zwischen Leistungsfähigkeit und technischem Aufwand. Häufig führen kleine Abstriche an den Anforderungen zu deutlichen Einsparungen. Dies trifft insbesondere auf die sogenannten nichtfunktionalen Anforderungen zu, wie zum Beispiel die Reaktionszeit. Bei diesem Merkmal legen die Stakeholder häufig sehr ehrgeizige Ziele fest. Meist soll die Antwortzeit des Systems unter einer Sekunde liegen. Solche Ziele sind oft technisch machbar. Doch der Aufwand ist meist unverhältnismässig hoch. Raum für Kostenoptimierungen öffnet auch das sogenannte Capacity Management. Dabei geht es um die Last, welche die Nutzer durch ihr Verhalten generieren. Diese Last inklusive einzelner Spitzen genau zu kennen, ist zum einen erforderlich, um die Performance-Ziele zu gewährleisten. Zum anderen können durch leichte Veränderungen beim Nutzerverhalten Spitzen gebrochen und die notwendige Leistungsfähigkeit des Systems deutlich gesenkt werden. Ohne direkte Kommunikation zwischen Technikern und Business ist die Ausschöpfung dieses Potenzials praktisch unmöglich. Es kann sogar zu Konflikten zwischen den beiden Parteien kommen. Deswegen ist es entscheidend, dass sich das Business und die verschiedenen IT- Vertreter direkt gegegnen, zum Beispiel in einem Workshop, um die nichtfunktionalen Anforderungen festzulegen. Die Business-Seite kann dann erklären, warum sie welche Merkmale wirklich braucht, während die IT-Seite die Kostenfolgen und die Gründe dafür aufzeigen kann. Dazu gehört insbesondere die Komplexität derjenigen Faktoren, welche die Performance beeinflussen (siehe Abb. 2). Dieses Rezept ist auch dann hilfreich, wenn die Perfomance bestehender Systeme den Nutzern unbefriedigend erscheint. Beispiel 2 Günstige Performance-Verbesserungen In einem Grossunternehmen soll die Performance eines bestehenden IT-Systems verbessert werden. Für die Formulierung der nichtfunktionalen Anforderungen wird ein kollaboratives Vorgehen gewählt. Fachleute aus dem Management und dem Marketing, aber auch die Zuständigen für die IT-Infrastruktur und Softwareentwicklung kommen zusammen. Dabei wird darüber gesprochen, welche Performance- Ziele mit dem vorgesehenen Budget realisiert werden können. Ein wichtiges Thema ist zudem das Capacity Management. Der Austausch führt zu einem guten Ergebnis und verbessert gleichzeitig das Verständnis der einzelnen Fachleute für die Sichtweise der jeweils anderen. Die durch die bessere Kollaboration erschliessbaren Potenziale hinsichtlich Kosteneinsparungen und bessere Lösungen sind enorm. Ein Team, das gut zusammenarbeitet, hat deswegen bessere Ergebnisse vorzuweisen als Teams aus hervorragenden Einzelkämpfern. Diese Einsicht gilt eben nicht nur im Sport. Raum für Kostenoptimierungen öffnet auch das sogenannte Capacity Management. Dabei geht es um die Last, welche die Nutzer durch ihr Verhalten generieren. Diese Last inklusive einzelner Spitzen genau zu kennen, ist erforderlich, um die Performance-Ziele zu gewährleisten. Patrik Lustenberger Kontakt: patrik.lustenberger@erni.ch Beratertätigkeit: Projekt Management, Business Analyse/Requirements Engineering und Software Engineering. Martin Rainbow Kontakt: martin.rainbow@erni.ch Beratertätigkeit: Requirements Engineering und Software Engineering. 11

HERMES Das Beste aus zwei Welten Das Beste aus zwei Welten Die Vorteile von Scrum lassen sich auch in HERMES-Projekten nutzen Die offizielle Projektmethodik des Bundes (HERMES) und Scrum folgen verschiedenen Philosophien. Trotzdem lassen sich Elemente der agilen Methode auch in HERMES integrieren. Dies erlaubt mehr Agilität, ohne die Vorteile von HERMES aufgeben zu müssen. Von Olivier Gut werden von Teams bearbeitet, die Analyse, Design, Entwicklung und Testen übernehmen. Die Mitglieder arbeiten idealerweise in einem Raum und stimmen sich täglich ab. Am Ende des sogenannten Sprints steht ein lauffähiges Stück Software, das mit dem Product Owner als Vertreter der Stakeholder einem Review unterzogen wird. Schon seit 1975 gibt es beim Bund eine Führungsmethodik für IT-Projekte namens HERMES. Sie ist für alle Projekte des Bundes verbindlich. Eingesetzt wird HER- MES aber auch in zahlreichen Kantonen sowie von einigen bundes- und kantonsnahen Betrieben. Die grosse Verbreitung der Methode in verschiedenen Verwaltungen bringt Vorteile mit sich. So ist etwa der Projektablauf im Grossen und Ganzen immer gleich. Zudem sind Begrifflichkeiten geklärt und werden einheitlich verwendet. So ist zum Beispiel klar, welche Verantwortlichkeiten, Aufgaben und Kompetenzen zu einzelnen Rollen gehören. Die Methodik hat allerdings auch ihre Grenzen. Sie folgt im Kern dem Wasserfallmodell, das in strikt getrennte, aufeinanderfolgende Phasen aufgeteilt ist. Das Modell sieht weder ein inkrementelles noch ein iteratives Arbeiten vor. Zudem macht HERMES keine Aussagen über Kommunikationsmethoden, so dass der Kommunikation in der Praxis häufig nicht genug Aufmerksamkeit gewidmet wird. So besteht die Gefahr von Missverständnissen und damit von Ineffizienz und Ineffektivität der Entwicklung. Doch HERMES ist kein Modell, welches das zulässige Vorgehen bis ins kleinste Detail vorschreibt. Es lässt Anpassungen (Tailoring) zu und wird in der Praxis meist auch in angepassten Versionen eingesetzt. Dies eröffnet Möglichkeiten für die Stärkung der Kollaboration in den Projekten. Um die Kollaboration zu intensivieren, ist es naheliegend, Elemente agiler Methoden in HERMES zu integrieren. Bei diesen Methoden, eine im Moment sehr häufig zitierte ist Scrum, stehen die Zusammenarbeit und das regelmässige Liefern von neuer Funktionalität im Mittelpunkt. Jedes Projekt wird in kleine Einheiten zerlegt, die in kurzen, in der Regel zwei- bis vierwöchigen, Sprints abgearbeitet werden. Die einzelnen Pakete Die enge Zusammenarbeit hat gleich mehrere Vorteile: Die Schnittstellen zwischen den einzelnen Disziplinen fallen weg und damit auch das Risiko von Missverständnissen. Die Reviews mit dem Product Owner stellen zudem sicher, dass die Entwicklung in die von den Stakeholdern gewünschte Richtung führt. Abweichungen werden sehr schnell entdeckt. Nicht zuletzt kann das Team seine Arbeit in den Retrospektiven am Ende des Sprints regelmässig reflektieren und so seine Performance steigern. Damit wird die Lernkurve schon während des Projekts durchlaufen. Das Team profitiert bereits während des Projekts von den selbst gemachten Erfahrungen. Wie viel schon ein einziges dieser regelmässigen Meetings verbessert, zeigt das folgende Beispiel. Beispiel 1 Viele Verbesserungen durch eine Retrospektive Ein IT-Unternehmen entwickelt eine Standardsoftware für einen Markt mit intensivem Wettbewerb und schnellem Innovationsrhythmus. Das Unternehmen führt Scrum ein unter anderem, weil die intensive Kollaboration zu einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess beiträgt. In einer Retrospektive besprechen die Teammitglieder, was beim vergangenen Sprint gut gelaufen ist, was verbesserungsfähig 12

Das Beste aus zwei Welten HERMES Um die Kollaboration zu intensivieren, ist es naheliegend, Elemente agiler Methoden in HERMES zu integrieren. Bei diesen Methoden, eine im Moment sehr häufig zitierte ist Scrum, stehen die Zusammenarbeit und das regelmässige Liefern von neuer Funktionalität im Mittelpunkt. 13

HERMES Das Beste aus zwei Welten In der Praxis braucht es eine solide Erfahrung mit Scrum und HERMES sowie mit den spezifischen Randbedingungen, unter denen HERMES-Projekte in Verwaltungen und Unternehmen durchgeführt werden, um beide Methoden zu kombinieren. HERMES traditionall Initialisierung Voranalyse Konzept Requirements- Team Realisierung Entwickler- Team Einführung Testing- Team Abschluss Initialisierung Voranalyse Agile Entwicklung nach Scrum Abschluss HERMES agil Scrum- Team Abb. 1: Bessere Zusammenarbeit im Projektteam ist und wie die Verbesserungen konkret erreicht werden können. Über die Verbesserungsvorschläge stimmt das Team ab. Es realisiert jeweils diejenigen mit den meisten Stimmen. Im Beispiel sind es drei Punkte, die aufgrund der Erfahrungen im nächsten Sprint angegangen werden: Erstens wird das Team die Vorbereitung auf den Review am Ende des Sprints optimieren. Als Massnahmen werden unter anderem ein rechtzeitiger Freeze der Entwicklung vor der Präsentation sowie die Einführung eines Probemeetings definiert. Zweitens führt das Team feste wöchentliche Merge-Zeiten ein. Drittens vereinbaren die Mitarbeitenden sich intensiver über ihren Umgang mit lokalen Builds auszutauschen und dadurch die Praxis der einzelnen Teammitglieder zu verbessern. Das Beispiel zeigt, wie die Kollaboration von den Mitarbeitenden im Alltag gelebt wird, aber auch wie die Kollaboration in einer einzigen Retrospektive zu einer vielfältigen Optimierung des Entwicklungsprozesses beitragen kann. Die Vorteile der intensiveren Kollaboration a la Scrum lassen sich auch innerhalb von HERMES nutzen. Grundsätzlich hat bereits eine Studie des Informatikstrategieorgans des Bundes festgestellt, dass sich Scrum in HERMES integrieren lässt. Die Studie gibt auch erste Hinweise, wie die Integration gelingen kann. Die HERMES- Phasen Konzept, Realisierung und Einführung werden zu einer einzigen agilen Entwicklungsphase zusammengelegt. Innerhalb dieser Phase wird die Arbeit dann gemäss Scrum organisiert. In der Praxis braucht es allerdings Erfahrung mit Scrum und HERMES sowie mit den spezifischen Randbedingungen, unter denen HERMES- Projekte in Verwaltungen und Unternehmen durchgeführt werden, um beide Methoden zu kombinieren. Beispiel 2 Kombination von Scrum und HERMES Ein grosses Entwicklungsprojekt in einer öffentlichen Verwaltung soll zum Teil nach Scrum abgewickelt werden. Der Grund dafür ist die gewünschte schnelle Lieferung der ersten Version einer, welche die wichtigsten Kernfunktionalitäten enthält. Dafür wird das Projekt in mehrere Realisierungseinheiten unterteilt. Im Rahmen des HERMES-Modells wird eine Phase agile Entwicklung eingeführt. Der nach Scrum vorgesehene Product Backlog wird mit den von HER- MES geforderten Ergebnissen ergänzt. Das Team beginnt, wie bei Scrum üblich, selbstbestimmt einzelne Arbeitspakete in Sprints zu bearbeiten. Bei HERMES ist nun allerdings vorgesehen, dass der Projektaus- 14