NAOSITE: Nagasaki University's Ac Title Die Errichtung der ersten staatlich Author(s) Takagi, Jungoro Citation Acta Medica Nagasakiensia. 1941, 2, Issue Date 1941 URL http://hdl.handle.net/10069/17384 Right This document is downloaded http://naosite.lb.nagasaki-u.ac.jp
Die Errichtung der ersten staatlichen Lehranstalt für Medizin in Nagasaki. Von Jungoro Takagi. Seitdem die Handelsflotte der `Westeuropäer in der Mitte 16. Jahrhunderts in N a g s ak i einen dauernden Ankerplatz gefunden und dort die Basis ihrer Tätigkeit angelegt hatte, sie gelangten nach einer mehrjährigen Umschiffung der Westküste zuletzt an die von grünen Hügeln umkränzte tiefe Bucht von Na gasak i, deren Ansicht sie an heimische Lissabon erinnern mochte war die medizinische Wissenschaft von Anfang an für unsere Landsleute der wertvollste von den Ausländern mitgebrachte Gegenstand der Einfuhr gewesen. Vom politischen Standpunkt betrachtet, konnte die Medizin sowie die allgemeinen Naturwissenschaften offenbar keinen so bedenklichen Einfluß ausüben wie die religiöse Invasion, die damals eine Expeditionsflotte in der Regel begleitete. So war die Naturwissenschaft gegenüber dem äußerst strengen Verbot gegen das Christentum noch eine Weile verhältnismäßig frei gegeben. Dank diesem Umstande konnten die portugiesischen Missionare die Vorführung naturwissenschaftlicher Experimente für ihre erfolgreiche Missionspropaganda mitbenutzen. jedoch mit der Verschärfung des Verbotes schufen allmählich die politisch-geistigen Gegensätze eine so ernste Lage, daß man nicht nur die religiösen Dinge, sondern auch sämtliche wissenschaftlichen Neuheiten sowie die darauf gerichtete Neugierde selbst als eine gefährliche Zauberei in Bausch und Bogen verbot. Allerdings mußte dabei für die medizinische Wissenschaft ein Zugeständnis gemacht werden. Die starke Sehnsucht nach den Kenntnissen des Westens, besonders inbezug auf die Gesundheitspflege, bzw. bezüglich deren Unerläßlichkeit, ließ schon in der 2ten Hälfte des 18. Jhts. ein so schwieriges Unternehmen wie die Übersetzung der holländischen Anatomie wagen. Eine Reihe Ärzte in Y e d o, von bahnbrechendem Eifer beseelt, wie R. Maeno, G. Sugita, J. Nakagawa u. a., war in Erstaunen geraten über die Genauigkeit der Beschreibung in den holländischen Büchern über Anatomie bei Gelegenheit der heimlichen Zergliederung an einem Hingerichteten, was sie veranlaßte die Übertragung der Kulmusschen Anatomischen Tabellen " aus dem holländischen ins Japanische zu unternehmen. Unter Einbeziehung der Lehrbücher von Kaspar, Veslings, Blankaart, Parfin, Coiter usw. vollendeten sie nach vier Jahre langen, unbeschreiblichen Anstrengungen diese 'Übersetzung i. J. 1770. Man muß die schwierigen Umstände jener Zeit in Rücksicht nehmen. Es gab für Fremdsprachen noch keine Wörterbücher im Japanischen, die einzige Wissensquelle waren die einheimischen Dolmetscher in N a g a- s a k i, denen jedoch die ausländischen Sprachen zwar zu sprechen, nicht aber zu lesen oder zu schreiben gestattet war. Ihre Bemühungen und deren schließlicher Erfolg bieten heute noch eine ewige Anregung der Forscherleidenschaft und einen anspornenden Trost für Studierende dar. Das Tagebuch eines von ihnen beschreibt uns die Szene des ersten Tages ihrer Arbeit wie folgt : Wir saßen um das Buch den ganzen langen Tag hindurch, verirrt und schwankend wie ein Schiff ohne Ruder und Steuer inmitten des Meeres ; manchmal wurde an einem Tag kaum ein Wort richtig gedeutet ein Jahr später aber konnten wir täglich mehrere Zeilen fortschreiten ". Ihr unermüdlicher Arbeitseifer wurde aber, entgegen ihrer heimlichen Befürchtung eines möglichen Druckverbots, noch in jener Zeit mit dem gebührenden Ruhm belohnt.. So erwarb sich die neu eingeführte westliche Heilkunde allgemeinen Klang und Beifall und ge-
Die Errichtung der ersten stdatliche't Lehra'estalt fur Medizin in Nagdsdki. 3 richtet. Das Krankenhaus wurde folgendermaben gestaltet : 8 grof e Zimmer mit je 15 Betten, im ganzen 120 tten, auf3erdem ein Zimmer fur Auslander. Die Riumlich- keiten verteilten sich auf zwei zweist6ckige Gebaude von je 24 x 8 Meter, geplant nach der Art der holl ndischen Lazarette und st dtischen Krankenhauser (Abb. 1). Auf den D chern der beiden Gebaude zog man je eine Flagge, die japanische und die hollandische, auf. Die Lehranstalt bestand aus H6rsaal, Bibliothek. Sektionssaal und dem Studenten- heim. Die Ergebnisse der Hospitalt tigkeit schon wahrend des ersten Jahres waren landischen gehalten. Die Zahl der Studen- Abb. 1. Photographisches Bild des,,yozyo- ten stieg in kurzer Zeit auf uber 100. syo " Krankenhauses, aber aufgenommen mehreine besondere Schwierigkeit ftir die Er- eren Jahren spiter als das Bild in Pompe vdrt Meerdervoort's,,Vijf Jahren in Japan ". Der ziehung der jungen Mediziner bereitete der Name des Krankenhauses war zu jener Zeit schon Mangel an gentigendem Leichenmaterial.,, Seitokukan " ge n'dert. Der Eingang vorn ist Obschon der Sektionssaal hergerichtet war, der der Lehranstalt. waren aber die Leichen zur Zergliederung, besonders fur die Prapariertibungen nicht genug an Zahl. So mubte Pompe v. M. sich sofort ein anatomisches Modell aus Europa verschreiben. Dies Modell franz6sischer Fabrikation (von Dr. Chazour) wird heute noch in der Medizinischen Fakult t, bis zum Verfall abgenutzt, als ein historisch wertvolles tiberbleibsel sorgfaltig aufbewahrt (Abb. 2). Im J. 1862 begab sich Pompe v. M. nach 5 jahrigem Aufenthalt in Japan in seine Heimat zurtick. Seine Stellung wurde von A. F. audui,e tibernommen und der Unter- richt in der ersten medizinischen Schule in Japan unter ihm fortgesetzt. Unter der Leitung von iludui,1 wurde noch ein weiteres Gebaude von 16>< 30 Meter Gr6f3e als
Ta fel zu J' Takagi : Die Errichtung der ersten stddtlichen Lehranstdlt f r Medizin t'e Ndga;j'alk,, Abb. 3. Die letzte Aufnahme des alten Gebaudes des physikalischen und chemischen Laboratoriums vom Jahre 1865, welches auf der einen Seite des Spielplatzes der Volksschule noch heute erhalten ist. Abb. 4. Das Denkmal filr das,, Yozyosyo " Krankenhaus. Die Front ziert ein Bronzerelief: unten die Ansicht des Krankenhauses nach dem Bild in Pompe van Meerdervoort's,,Vijf Jahren in Japan ", oben links das Bildnis von Pompe v. M, selbst, oben rechts das von Mdtumoto, dem ersten Schtiler von Pompe v. A4. und sp ter dem ersten Generaloberstabsarzt in Japan, der als sein Assistent bei der Begrilndung des Krankenhauses sich ausgezeichnet hatte. An der Seite des Steins ist ein CTedicht vom hollandischen Gesandten J. C. Pdbst eingegraben, welches lautet : Zooals de karper tegen sterken stroom op zwemt, verbreekt de wetenschap de lands, grenzen om zich over de geheele wereld uit de breiden en te ontowickkelen. De leermeesters van heden zijn in een volgend geslacht leerling en omgekeerd.