Sonographisches Erscheinungsbild von Fibroadenomen. der Mamma in Abhängigkeit von klinischen und. histologischen Faktoren



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Aus der Universitäts-Frauenklinik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. Sonographisches Erscheinungsbild von Fibroadenomen der Mamma in Abhängigkeit von klinischen und histologischen Faktoren INAUGURAL DISSERTATION zur Erlangung des Medizinischen Doktorgrades Der Medizinischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. Vorgelegt 2009 von Benjamin Osterloh geboren in Hamburg

2 Dekan Prof. Dr. med. Christoph Peters 1. Gutachter Prof. Dr. med. Dirk Watermann 2. Gutachter Prof. Dr. med. Arnd-Oliver Schäfer Jahr der Promotion 2008

3 Sonographisches Erscheinungsbild von Fibroadenomen der Mamma in Abhängigkeit von klinischen und histologischen Faktoren

4 Inhaltverzeichnis Inhaltverzeichnis 4 1. Einleitung 7 1.1. Allgemeiner Teil 7 1.1.1. Das Fibroadenom 7 1.1.2. Fibroadenom und Brustkrebs 9 1.1.3. Mammakarzinom 10 1.1.4. Diagnostik 10 1.1.5. Sonographisches Erscheinungsbild 12 1.1.6. Makroskopisches Erscheinungsbild 13 1.1.7. Mikroskopisches Erscheinungsbild 13 1.1.8. Therapie 15 1.2. Hypothese 17 1.3. Fragestellung 17 1.4. Ziel 17 2. Material, Methoden 18 2.1. Studienart 18 2.2. Patientinnen 18 2.3. Materialien 18 2.4. 2D-Mammasonographie 19 2.5. Untersucher 19 2.6. Untersuchungsablauf 20 2.7. Datenerhebung 21 2.7.1. Datenbank 22 2.7.2. Ultraschallkriterien 23 2.7.2.1. Form 23 2.7.2.2. Tumorachse 23 2.7.2.3. Echogenität 23 2.7.2.4. Wandkontur 24 2.7.2.5. Begrenzung 24 2.7.2.6. Binnenstruktur 24 2.7.2.7. Hyperechogene Spots 24 2.7.2.8. Randsaum 25

5 2.7.2.9. Schallfortleitung 25 2.7.2.10. Lateraler Schallschatten 25 2.7.2.11. Umgebungsreaktion 26 2.7.2.12. Vaskularisation (Doppler-Sonographie) 26 2.7.2.13. Bildbeispiele Fibroadenome 27 2.7.3. Histologische Klassifizierung 30 2.8. Statistik 31 3. Ergebnisse 32 3.1. Altersverteilung 32 3.2. Tumorgröße 33 3.3. Histologische Klassifizierung 34 3.4. Ultraschallkriterien und Erkrankungsalter 35 3.4.1. Alterskategorie und dorsales Schallverhalten 37 3.4.2. Alterskategorie und Wandkontur 37 3.4.3. Alterskategorie und Binnenstruktur 38 3.4.4. Alterskategorie und Vaskularisation 39 3.4.5. Alterskategorie und lateraler Schallschatten 39 3.4.6. Alterskategorie und Histologie 40 3.5. Ultraschallkriterien und Tumordurchmesser 41 3.5.1. Tumorgröße und dorsales Schallverhalten 43 3.5.2. Tumorgröße und Vaskularisation 43 3.5.3. Tumorgröße und hyperechogene Spots 44 3.5.4. Tumorgröße und Binnenstruktur 44 3.5.5. Tumorgröße und Tumorachse 45 3.5.6. Tumorgröße und Wandkontur 45 3.5.7. Tumorgröße und lateraler Schallschatten 46 3.5.8. Tumordurchmesser und Histologie 46 3.5.9. Tumordurchmesser und Alter der Patientin 47 3.6. Ultraschallkriterien und Histologie 48 3.6.1. Histologie und Wandkontur 50 3.6.2. Histologie und Binnenstruktur 50 3.6.3. Histologie und dorsales Schallverhalten 51 3.6.4. Histologie und Vaskularisation 51 4. Diskussion 53 4.1. Ultraschallkriterien 54

6 4.2. Vergleich Fibroadenom Mammakarzinom 56 4.3. Vaskularisation 58 4.4. Einschlusskriterien 60 4.5. Materialien 60 4.6. Auswertung der Ultraschallbilder 60 4.7. Histologie 61 5. Zusammenfassung 62 6. Literatur 63

7 1. Einleitung 1.1. Allgemeiner Teil 1.1.1. Das Fibroadenom Das Fibroadenom ist der häufigste benigne Tumor der weiblichen Mamma. Er kommt in jedem Lebensalter vor, ist jedoch der typische Mammatumor der jüngeren Frau. Meist stellt er sich dar als ein runder, scharf begrenzter Knoten, der zum normalen Mammagewebe gut verschieblich ist. Der Altersgipfel liegt bei ca. 30-35 Jahren (Weyerstahl und Ganz, 2007). Stehr et al. (2004) berichten schon vom Auftreten eines juvenilen Fibroadenoms mit Beginn der Brustentwicklung bei einem 11-jährigen Mädchen. In den meisten Fällen entdeckt die Patientin selber den schmerzlosen, festen, gut umschriebenen Tumor. Nach Foster et al. ist die linke Brust etwas häufiger betroffen, die häufigste Lokalisation ist der obere äußere Quadrant. Multiple Fibroadenome traten in ihrer Studie in 15% der Fälle auf. Sie fanden außerdem heraus, dass bei multiplen Fibroadenomen 36% der folgenden Knoten in demselben Quadranten entstehen, in dem auch das erste Fibroadenom auftrat, nach einem mittleren Intervall von 4 Jahren (Foster et al., 1988). Normalerweise treten Fibroadenome innerhalb des Brustdrüsengewebes auf, selten präsentieren sie sich jedoch auch als subareoläre Masse. In zwei Fällen des Armed Forces Institute of Pathology (AFIP) waren die Fibroadenome innerhalb der Ductus lactiferi lokalisiert. In ihrem Review über die Epidemiologie benigner Brusterkrankungen berichten Goehring und Morabia (1997) über die Prävalenz von Fibroadenomen aus verschiedenen Autopsiestudien, die je nach Studie von 15% (Bhathal et al, 1985) bis 23% (Nielsen et al, 1987) variiert. Diese Daten deuten darauf hin, dass es etwa bei jeder fünften Frau zum Auftreten eines Fibroadenom kommt. Im Gegensatz zu diesen postmortal durch Autopsie gewonnenen Daten ist die Inzidenz bioptisch gesicherter Fibroadenome aus Kohortenstudien (Ory et al, 1976; Cole et al, 1978; Flemming et al, 1982; Jick et al, 1986) viel niedriger. Sie liegt bei etwa 2,2%. Nur ein Anteil aller Fibroadenome scheint also klinisch manifest und von einem Arzt entdeckt zu werden (Goehring und Morabia, 1997). Fibroadenome im Allgemeinen und speziell die juvenile Variante scheinen eine höhere Prävalenz unter der farbigen Bevölkerung aufzuweisen. Auch multiple Fibroadenome treten bei farbigen Patientinnen häufiger als bei weißen oder asiatischen Frauen auf (Obermann, 1979).

8 Gewöhnlich handelt es sich bei Fibroadenomen um eine Erkrankung der weiblichen Brust, selten können sie jedoch auch beim Mann auftreten (Ansah-Boateng et al., 1992). In der männlichen Brust treten sie in der Regel bei Patienten auf, die einen erhöhten Östrogenspiegel aufweisen. Canny et al. (1988) führten eine Fallkontrollstudie an 251 Frauen mit Fibroadenomen und 1081 Frauen in der Kontrollgruppe in Conneticut durch, bei der die Assoziation von Fibroadenomen und exogener Hormontherapie untersucht wurde. Bei Frauen unter 45 Jahren konnte eine negative Assoziation zur Einnahme oraler Kontrazeptiva und dem Auftreten von Fibroadenomen festgestellt werden (OR 0.57, 95% KI 0.42-0.79). Frauen über 45 Jahren und mit Fibroadenomen hatten hingegen tendenziell eher jemals orale Kontrazeptiva eingenommen als Frauen der Kontrollgruppe, jedoch erzielten die Werte keine statistische Signifikanz. Eine signifikante positive Korrelation bei Frauen über 45 Jahren konnte zwischen der Entwicklung von Fibroadenomen und exogener Östrogen- Ersatztherapie festgestellt werden (OR 2,83, 95% KI 1,21-6,60). Diese Daten deuten darauf hin, dass entweder die Effekte exogener Hormone mit dem Alter variieren, oder dass die veränderte Komposition exogener Hormontherapien unterschiedliche Assoziationen abhängig von der jeweiligen Kohortengruppe bedingt. Die hormonelle Empfindlichkeit von Fibroadenomen manifestiert sich klinisch in der Tendenz, sich am Ende des Menstruationszyklus und während der Schwangerschaft zu vergrößern. In 72% der 31 von Giani et al. (1986) untersuchten Fibroadenome konnten durch biochemische Analyse Östrogen- und/oder Progesteron-Rezeptoren festgestellt werden. Fibroadenome können partielle, subtotale oder totale Infarzierung durchlaufen. Schwangerschaft und Laktation sind die stärksten prädisponierenden Faktoren (Schnitt und Connolly, 2000). Frisch aufgetretene Beschwerden eines zuvor schmerzfreien Tumors sind Anzeichen einer Infarzierung. Haagensen fand Infarkte in 0,5% der von ihm untersuchten Fibroadenome (1986). Das Fibroadenom ist der typische Mammatumor der jüngeren Frau, Kalzifizierungen innerhalb eines Fibroadenoms treten allerdings hauptsächlich bei älteren Patientinnen auf. Vor allem bei den älteren Frauen zeigen Fibroadenome regressive Tendenzen und Hyalinisierung. Dabei kann eine Kalzifizierung auftreten. In der Mammographie zeigen sich diese Kalzifizierungen morphologisch als grobkörnige, Popcorn-artige Strukturen. Sie können als benigne angesehen werden (Tse et al, 2007).

9 1.1.2. Fibroadenom und Brustkrebs Zwar haben Fibroadenome nur eine geringe Tendenz, maligne zu entarten, das Gesamtrisiko, an Brustkrebs zu erkranken, scheint jedoch gegenüber der Kontrollgruppe leicht erhöht zu sein. Verschiedene epidemiologische Studien kommen jedenfalls zu dieser Einschätzung. Dupont et al. (1994) stellten ein 2,17fach erhöhtes Risiko für invasives Mamma-Karzinom unter den Patientinnen mit Fibroadenomen gegenüber der Kontrollgruppe fest (95% KI, 1.5 bis 3.2). Außerdem fanden sie heraus, dass das erhöhte Risiko abhängig ist vom histologischen Typ des Fibroadenoms, vom Vorhandensein proliferativer Veränderungen und von einer positiven Brustkrebs-Familienanamnese. Das relative Risiko stieg auf 3.1 bei Patienten mit komplexen Fibroadenomen (95% KI 1.9 bis 5.1) und blieb über Jahre erhöht. Als komplexe Fibroadenome galten dabei Fibroadenome mit Zysten, sklerosierender Adenosis, epithelialer Kalzifikation oder papillären apokrinen Veränderungen. Patienten mit benigner Proliferation im benachbarten Parenchym wiesen ein relatives Risiko von 3.88 auf (2.1 bis 7.3). Bei Patienten mit Brustkrebs in der Familienanamnese und Auftreten eines Fibroadenoms konnte ein 3,72fach erhöhtes Risiko (1.4 bis 10) gegenüber der Kontrollgruppe mit ebenfalls positiver Familienanamnese festgestellt werden. Die Patienten mit nicht-komplexen FA und leerer Familienanamnese hatten kein erhöhtes Risiko, an Brustkrebs zu erkranken (Dupont et al., 1994). Die Entstehung eines Karzinoms aus einem Fibroadenom sollte unterschieden werden von der sekundären Beteiligung eines Fibroadenoms durch invasive Karzinome des angrenzenden Brustdrüsengewebes. Tavassoli (1999) berichtet aus verschieden Studien von 225 gemeldeten Karzinomen, die ein Fibroadenom involvierten. Die Patientinnen waren im Alter von 15 bis 86 Jahren, bei einem mittleren Erkrankungsalter von 43 Jahren. Detaillierte histologische Befunde lagen bei 209 der 225 Fälle vor. Lobuläre Neoplasie (LCIS) wurde in 126 Fällen (60%) diagnostiziert und war somit die häufigste Läsion. In 59 Fällen (28%) wurde ein duktales Carcinoma in situ (DCIS) festgestellt. Die Koexistenz dieser beiden trat in etwa 5% der Fälle auf. In den verbliebenen Fällen traten verschiedene invasive Karzinome auf. Die Dominanz der lobulären Neoplasien in dieser Patientengruppe steht im Gegensatz zu der Tatsache, dass lobuläre Läsionen nur etwa 5-15% der Gesamtheit der Mammakarzinome ausmachen. Dieses Phänomen kann am besten mit dem lobulären Ursprung der Fibroadenome erklärt werden. Das vermehrte Auftreten von in situ Karzinomen findet Erklärung in dem allgemein früheren Diagnosezeitpunkt infolge des Auftretens innerhalb eines schon detektierbaren Knotens (Tavassoli, 1999).

10 1.1.3. Mammakarzinom In Deutschland erkranken jährlich über 55100 Frauen an Brustkrebs, davon etwa 23.200 im Alter unter 60 Jahren. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei etwas über 62 Jahren, damit knapp 7 Jahre unter dem mittleren Erkrankungsalter bei Krebsleiden allgemein (Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.v., Stand 2006). Insgesamt macht das Mammakarzinom etwa 25% aller auftretenden bösartigen Neubildungen bei Frauen aus und ist damit die häufigste maligne Erkrankung der Frau in den industrialisierten Ländern. Bei den Krebserkrankungen unter 60jähriger Frauen steigt der Anteil von Brustkrebs sogar auf 35% (Robert-Koch-Institut, 1999). Diese Zahlen unterstreichen die Wichtigkeit der Diagnostik. Watermann et al. (2005) stellten einen signifikanten Einfluss von Alter, Größe und Lymphknotenstatus auf das morphologische Ultraschall-Erscheinungsbild von duktal invasiven Mammakarzinomen fest. Dorsale Schallabschwächung, eines der klassischen Zeichen für Malignität, trat bei Frauen unter 50 Jahren in nur 46,2% der Tumoren auf, während bei den älteren Patientinnen dieses Phänomen in 62,8% der Fälle beschrieben werden konnte (p = 0.008). Hypoechogenität des Tumorgewebes zeigte eine stark positive Korrelation zur Tumorgröße. Interessanterweise erschienen Kalzifikationen, bekannt als Zeichen einer Nekrose beim duktalen Carcinoma in situ, weniger häufig in größeren Tumoren (44,8% zu 62,3% bei kleineren Tumoren, p = 0,002). Patientinnen, die einen positiven Lymphknotenbefund aufwiesen, hatten häufiger ein hyper- oder isoechogenes Karzinom im Ultraschallbefund als Patientinnen ohne Lymphknotenbefall (55,8% vs 34,0%, p = 0,001). 1.1.4. Diagnostik Als primäre Untersuchungsmethode beim Brustkrebs-Screening hat sich die Mammographie durchgesetzt. Suspekte Mikrokalkansammlungen, die mit Hilfe der Mammographie dargestellt werden können, sind ein Charakteristikum von malignen Veränderungen im frühen Stadium. Durch das American College of Radiology wurde zur Standardisierung der Untersuchung 1998 in der 3. Auflage das mittlerweile weit verbreitete BI-RADS-System (Breast Imaging Reporting and Data System) veröffentlicht und damit eine deutliche Verbesserung der Qualität von Mammographiebefunden erreicht. Mit dem Ziel einer Standardisierung, Objektivierung und einer einheitlicher Terminologie in der Mammadiagnostik wurde 2003 in der 4. Auflage auch die BI-RADS-Klassifikation für den Ultraschall und die Kernspintomographie aufgenommen. Bei den BI-RADS-Kategorien

11 handelt es sich um die Dignititätseinstufung von Mammaläsionen, die eine Einschätzung des Befundes abgibt, und das Prozedere empfiehlt. Für alle drei Methoden gilt folgende Kategorisierung (Fischer und Baum, 2005): o BI-RADS 0: keine Diagnose möglich, ergänzende Untersuchung notwendig o BI-RADS 1: kein beschreibenswerter Befund (Karzinomrisiko 0%) o BI-RADS 2: beschreibenswerter benigner Befund (Karzinomrisiko 0%) o BI-RADS 3: wahrscheinlich benigner Befund (Karzinomrisiko 2%) o BI-RADS 4: wahrscheinlich maligner Befund (Karzinomrisiko 3 94%) o BI-RADS 5: hochsuspekter Befund (Karzinomrisiko 95%) o BI-RADS 6: Karzinom histologisch verifiziert Bei der Mammographie wird die Brust systematisch in 2 Ebenen untersucht, als Vorteile gelten die kurze Untersuchungszeit und eine relative Untersucherunabhängigkeit. In mehreren vor allem in Skandinavien großangelegten Screening Untersuchungen konnte eine Senkung der Mortalität von Brustkrebs durch regelmäßige, qualitätsgesicherte Mammographie um bis zu 30 Prozent gezeigt werden (Nystrom et al., 1993). Allerdings zeigten Jackson et al. (1993), dass gerade bei der röntgendichten Brust die Beurteilung immer noch äußerst schwierig sein kann. Bei bis zu 15% der tastbaren Tumore kam es aus diesem Grund in der Mammographie zu falsch-negativen Ergebnissen. Die Mamma-Sonographie ist daher seit vielen Jahren neben der Mammographie als wichtigste Methode zur Abklärung von Brustbefunden etabliert. Vorteile gegenüber der Mammographie sind die bessere Weichteildifferenzierung, die höhere Sensitivität bei röntgendichtem Brustgewebe sowie die nicht vorhandene Strahlenbelastung für das untersuchte Gewebe. Die beiden Methoden sind allerdings nicht als konkurrierende, sondern als komplementäre Untersuchungstechniken bei der Aufdeckung und Aufklärung suspekter Herde anzusehen. Zonderland et al. (1999) erzielten eine Steigerung der Sensitivität von 7,4% nach Kombination der beiden Methoden im Vergleich zur alleinigen mammographischen Untersuchung. Schelling et al. (1997) beobachteten, dass der zusätzliche Einsatz der Farbdoppler-Sonographie die Sensitivität und Spezifität der Untersuchung auf 97% bzw. 96% erhöht. In ihrer Studie wurden 89 Frauen mit tastbaren Mammatumoren präoperativ sowohl im B-Mode als auch mit dem Dopplerverfahren sonographisch untersucht. 59 Tumore wurden später histologisch als maligne eingestuft, 30 als benigne. Die B-Mode-Sonographie alleine erreichte eine Sensitivität von 88% und Spezifität von 96% mit Hilfe der Einteilung der gängigen Ultraschall-Parameter. Die Farb- Doppler-Sonographie erreichte als alleiniges Verfahren ebenfalls nur eine Sensitivität von 85% und Spezifität von 79%. Die Kombination der beiden Verfahren führte zu einer Verbesserung der Ergebnisse mit einer Sensitivität von 97% und einer Spezifität von 96%. Neben der Darstellung einer Raumforderung kann im Ultraschall auch deren Konsistenz

12 (fest oder flüssig) dargestellt werden. So wurde zu Beginn der Entwicklung die Mammasonographie fast nur zur Unterscheidung zwischen solidem und zystischem Tumor eingesetzt. In einer Studie erreichte Jackson bereits 1990 bei der Diagnose von einfachen Zysten eine Treffsicherheit von 96-100%. Durch die rasche Weiterentwicklung der Gerätetechnologie hat sich der Aufgabenbereich der Sonographie jedoch über die einfache Differenzierung zwischen solidem oder zystischem Tumor erweitert. Mit hochfrequenten Schallköpfen kann man heute feinste Gewebestrukturen darstellen. Kleinste Gefäße werden mit Hilfe der Dopplersonographie sichtbar, dadurch kann die Vaskularisierung quantitativ und morphologisch berurteilt werden. Die 3D-Sonographie verbessert die Möglichkeiten bei der differentialdiagnostischen Einschätzung von Tumoren und der Steuerung von minimal-invasiven Eingriffen. Die Mammasonographie ist mittlerweile fester Bestandteil der komplementären Mammadiagnostik. Nach der deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM, 2004) ergeben sich Indikationen bei: auffälligen Befunden der o Palpation und Inspektion o Mammographie o Kernspintomographie der Früherkennung o bei jungen Patientinnen mit hohem Risiko oder Karzinophobie o ergänzend bei strahlendichtem Brustdrüsenkörper o bei Kontraindikationen zur Mammographie Außerdem bildet die Steuerung minimal-invasiver Biopsie- und Markierungstechniken eine Domäne der Mammasonographie. 1.1.5. Sonographisches Erscheinungsbild Die Bedeutung des Fibroadenoms liegt in der manchmal schwierigen Abgrenzung zu glatt begrenzten malignen Tumoren, die anhand des Ultraschallbildes allein oft nicht möglich ist. Typisch für das sonographische Erscheinungsbild eines Fibroadenoms sind die ovale Form und die horizontale Tumorachse. Es hat in der Regel eine glatte Wandkontur mit meist scharfer Begrenzung. Im umliegenden Gewebe ist oft ein verdrängendes Wachstum festzustellen (Watermann und Stickler, 2004). In dieser Studie soll nun festgestellt werden, ob die Faktoren Alter der Patientin, Größe des Tumors sowie histologische Einteilung die morphologischen Kriterien im Ultraschallbefund des Fibroadenoms signifikant beeinflussen.

13 1.1.6. Makroskopisches Erscheinungsbild Fibroadenome sind charakteristischer Weise scharf abgegrenzt zum umliegenden Gewebe. Oft scheinen sie von einer Pseudokapsel umgeben zu sein, die von komprimiertem Parenchym gebildet wird. Sie weisen im Allgemeinen eine Größe von 2-3 cm auf, können jedoch auch deutlich größer werden. Fibroadenome mit einem Tumordurchmesser > 4cm treten signifikant häufiger bei Patienten jünger als 21 Jahren auf als bei älteren Patienten (Foster et al., 1988). Die Tumorextirpation erfolgt durch stumpfe Dissektion, um sie aus dem umgebenden Gewebe herauszuschälen. Die Schnittfläche der Fibroadenome erscheint wulstig und prall, in weißlicher bis gräulicher Kolorierung. Seltener können sie auch myxoid oder gallertartig erscheinen. Diskrete Zysten können auftreten, normalerweise nicht größer als 1 bis 2 mm im Durchmesser. Allerdings wurden auch schon Zysten von bis zu 1cm Durchmesser entdeckt (Rosen 1997). Abb. 1.1.6: Makroskopisches Erscheinungsbild eines Fibroadenoms 1.1.7. Mikroskopisches Erscheinungsbild Fibroadenome entstehen als kombinierte Proliferation von epithelialen und mensenchymalen Elementen. Das Stroma proliferiert um tubuläre, rund bis oval gewucherte Drüsenanteile (perikanikulär) oder komprimiert die Drüsen zu hirschgeweihartig verzweigten, spaltförmigen Hohlräumen (intrakanikulär). Beim perikanikulären Wachstumsmuster kommt es zur willkürlichen oder konzentrischen Proliferation stromaler Elemente um die epithelialen

14 Strukturen. Beim intrakanikulären Muster weist das Stroma radiales Wachstum auf, mit Ablagerung von Retikulinfasern orthogonal zu den epithelialen Elementen. Allerdings hat diese strukturelle Einteilung keine prognostische oder klinische Relevanz. Beide Muster können in demselben Fibroadenom gleichzeitig auftreten, meist überwiegt dabei aber eine Variante (Tavassoli, 1999). Das Stroma kann myxoide oder muzinöse Veränderungen aufweisen, die den Tumor in einen gelatinösen Knoten verwandeln. In hyalinisierten Läsionen kann es zu Kalzifizierung kommen. Myxoide Fibroadenome traten bei einigen Patienten auf, bei denen das Carney s Syndrom diagnostiziert wurde. Carney s Syndrom ist ein Komplex aus kardialen und kutanen Myxomen, diffusen Lentigines im Gesicht, an Lippen und Mundschleimhaut, sowie erhöhter endokriner Aktivität. Daher sollte das Auftreten myxoider Fibroadenome auch an die anderen Komponenten dieses Symptomkomplexes denken lassen (Carney und Toorkey, 1991). Das fibroadenomatöse Stroma ist normalerweise recht homogen. Das charakteristische adulte Fibroadenom besitzt ein ausgeglichenes Verhältnis von Epithel und Stroma. Die stromale Zelldichte ist nicht abhängig von der Größe des Tumors. Tumore von jüngeren Frauen (unter 20 Jahre) scheinen jedoch zelldichteres Stroma aufzuweisen als Tumore von älteren Patienten (Foster et al., 1988). In der Literatur werden verschiedene Typen von Fibroadenomen unterschieden. Der klassische fibroadenomatöse Tumor wird als adultes Fibroadenom beschrieben. Giant Fibroadenomas sind histologisch eigentlich konventionelle Fibroadenome, die jedoch außergewöhnliche Größen erreichen (Rosen, 1997). Komplexe Fibroadenome beinhalten Zysten größer als 3 mm im Durchmesser, sklerosierende Adenosis, epitheliale Kalzifikationen oder papilläre apokrine Veränderungen. In einem Review von insgesamt etwa 2500 Fibroadenomen wurden solche Veränderungen in 23% der Läsionen festgestellt (Schnitt und Connolly, 2000). Sie sollen nach Dupont et al. (1994) mit erhöhtem Brustkrebsrisiko assoziiert sein. Die juvenilen Fibroadenome machen etwa 4% aller Fibroadenome aus. Die betroffenen Frauen sind jünger als Patientinnen mit adulten Fibroadenomen. Mies und Rosen (1987) berichten von Patientinnen mit juvenilen Fibroadenomen im Alter von 10 bis 72 Jahren. 50% der Patientinnen waren in dieser Studie jünger als 21 Jahre, was einem signifikant jüngeren Erkrankungsalter als bei adulten Fibroadenomen entspricht (p< 0,001). Das mikroskopische Charakteristikum der juvenilen Fibroadenome ist die diffuse Hyperzellularität und epitheliale Hyperplasie. Die zelluläre Dichte des Stromas kann variieren, von Bereichen mit dichter Kollagenisierung zu sehr zellreichen Foci. Myxoide Mucopolysaccharide als signifikante Komponenten des Stromas adulter Fibroadenome sind bei den juvenilen im Allgemeinen nicht zu finden. Trotz der stromalen Zellularität der juvenilen Fibroadenome sind die epithelialen Elemente normalerweise homogen über den Tumor verteilt, ohne stromale

15 Überwucherung wie sie bei Zystosarkomen charakteristisch ist. Juvenile Fibroadenome zeigen meist schnelles Wachstum und teilweise venöse Dilatation in der darüberliegenden Haut (Rosen, 1997). Adulte Fibroadenome können einen unterschiedlichen Grad an Regression aufweisen. Es treten Tumoren mit florider Proliferation bis zu fibrotisch-azellulären Tumoren mit hyalinen Veränderungen auf, je nach Alter des Fibroadenoms und dem Proliferationsgrad (Bellocq und Magro, 2003) Außerdem kann man noch zwischen floriden und regressiven Fibroadenomen unterscheiden. Floride Fibroadenome zeigen sich in der Histologie zellreicher als die regressiven Tumoren. Sie weisen eine myxoide Grundstruktur und stromale Hyperzellularität auf. Es treten mesenchymale Verdrehungen auf, die dem Präparat eine gewisse Dynamik verleihen. Dabei kommt es häufig zu einer Verformung und Kompression der duktulolobulären Gangsegmente. Außerdem zeigen sie weniger kollagene Fasern. Regressive Fibroadenome weisen diffuse Hyalinisierung oder Fibrose auf. Sie erscheinen eher starr und hypozellulär. Fibroblasten und kollagenes Bindegewebe vermehren sich nicht mehr. Einige Tumoren zeigen Kalzifikationen. Ein florides Fibroadenom tendiert zu weiterem Größenwachstum, wohingegen ein regressives Fibroadenom in seiner Größe eher konstant bleibt. 1.1.8. Therapie Ranieri et al. (2006) berichten in ihrem Review von 1350 Fällen in über 20 Jahren, bei denen zytologisch die Diagnose Fibroadenom gestellt wurde. In 420 Fällen musste nach unklarer Zytologie noch eine histologische Untersuchung folgen. Dabei stellte sich nur eine Läsion (0,24%) letztendlich als maligne heraus. Eine operative Entfernung erfolgte, wenn eine histologische Untersuchung notwendig war und bei dem Fibroadenom Wachstumstendenzen oder morphologische Veränderungen beobachtet wurden. In diesen Fällen empfiehlt die Arbeitsgruppe um Ranieri die operative Behandlung. Wenn die Diagnose sicher ist und das Fibroadenom keinerlei Veränderungstendenzen zeigt, empfehlen sie konservatives Vorgehen und regelmäßige Kontrolluntersuchungen (Ranieri et al, 2006). Carty et al. (1995) evaluierten das Management von Fibroadenomen der Brust mit dem Ziel, besonders die natürliche Entwicklung bei abwartendem Vorgehen ohne chirurgische Therapie über einen 5-Jahres-Zeitraum zu beurteilen. In ihrer Studie wurden 70 Frauen mit insgesamt 87 Fibroadenomen aufgenommen, davon wurde bei 34 Fibroadenomen keine Exzision durchgeführt. 25 dieser Fibroadenome wurden nach einem Zeitraum von mindestens 5 Jahren nochmals untersucht. Bei 13 Fibroadenomen (52%) konnte eine

16 Größenreduktion festgestellt werden, 4 (16%) veränderten ihre Größe nicht und 8 (32%) waren in der Zwischenzeit gewachsen. Bei keiner Patientin entwickelte sich ein Karzinom an der Stelle des vermuteten Fibroadenoms. Insgesamt scheint also ein abwartendes Vorgehen bei Fibroadenomen ein probates Mittel zu sein, durch das viele Frauen eine Exzision vermeiden können. Zu dem gleichen Ergebnis kommen auch Greenberg et al. (1998). Sie empfehlen ein konservatives Vorgehen regelmäßige Kontrolluntersuchungen bei histologisch gesichertem Fibroadenom. Weist der Tumor während der Kontrolluntersuchungen jedoch eine Wachstumstendenz auf, sollte die Exzisionsbiopsie erfolgen.

17 1.2. Hypothese Fibroadenome verändern abhängig von Alter der Patientin, Größe des Tumors und histologischer Einteilung ihr typisches morphologisches Erscheinungsbild in Ultraschall- Aufnahmen. 1.3. Fragestellung Zeigen Fibroadenome vermehrt maligne Beurteilungskriterien in Abhängigkeit von klinischen und pathohistologischen Parametern? Lassen sich signifikante Korrelationen zwischen bestimmten morphologischen Faktoren und dem Alter der Patientin, der Größe des Tumors und der histologischen Einteilung nachweisen? 1.4. Ziel Ziel dieser Arbeit ist es, die Diagnostik von Tumoren der Mamma zu verbessern. Damit soll die Zahl der falsch-positiven bzw. falsch-negativen US-Diagnosen bei Brustveränderungen weiter verringert werden.

18 2. Material, Methoden 2.1. Studienart Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine retrospektive Beobachtungsstudie. 2.2. Patientinnen Aus dem Gesamtkollektiv der Patientinnen, die in der Zeit von 1999 bis 2007 in die Ultraschall-Sprechstunde der Universitätsfrauenklinik (UFK) Freiburg kamen, wurden die Patientinnen herausgesucht, bei denen ein Fibroadenom diagnostiziert werden konnte. Weitere Vorraussetzung zum Einschluß in diese retrospektive Beobachtungsstudie war, das ein histologischer Nachweis des Fibroadenoms im Pathologischen Institut der Universität Freiburg vorlag. Patientinnen, bei denen ein Fibroadenom zwar sonographisch eindeutig diagnostiziert wurde, von denen jedoch kein Präparat vorlag, wurden aus der Studie ausgeschlossen. Insgesamt wurden somit 221 Patientinnen in die Studie eingeschlossen. 2.3. Materialien Die Daten für die Studie wurden anhand der Akten der Patientinnen erhoben, die in der Zeit von 1999 bis 2007 in der UFK Freiburg untersucht und behandelt wurden. Dabei wurden insbesondere die vorliegenden Thermoprintbilder und die dazugehörigen Untersuchungsbögen sowie die Histologie-Befunde und Präparate des Pathologischen Instituts ausgewertet. Es wurde immer nur jeweils ein Fibroadenom pro Patientin ausgewertet. Bei Vorliegen multipler Fibroadenome einer Patientin wurde grundsätzlich nur der Tumor mit dem größten sonographisch gemessenen Tumordurchmesser untersucht. Die Beschreibung der Ausprägung der Ultraschallkriterien erfolgte retrospektiv anhand der vorliegenden Thermoprintbilder.

19 2.4. 2D-Mammasonographie Die 2D-Mammasonographie im B-Mode-Verfahren ist mittlerweile als Standarduntersuchung in der Brustdiagnostik integriert. Sie wird von den Patientinnen sehr gut angenommen und toleriert. Beim B-Mode-Verfahren wird die Signalintensität des Echos über Graupunkte zusammengesetzt zu einem 2D-Bild. Eingesetzt werden in der Mammasonographie lineare Schallköpfe mit meist hohen Frequenzen (um 10 MHz). Dadurch kommt es zu einer guten Nahauflösung, bei allerdings nur geringer Eindringtiefe. Zur Darstellung der Vaskularisation wurde die farbcodierte Doppler-Sonographie eingesetzt. Die Untersuchungen in der UFK Freiburg wurden mittels folgender Ultraschallgeräte durchgeführt: Kretz V 530 (4-10 MHz Sonde) GE Voluson 730 (6-12 MHz Sonde) 2.5. Untersucher Die Untersuchungen wurden von zahlreichen Ärzten der UFK Freiburg mit unterschiedlichem Ausbildungsstand durchgeführt.

20 2.6. Untersuchungsablauf Patientinnen, bei denen die Indikation zur Mammasonographie gegeben ist, werden zur Ultraschallsprechstunde einbestellt, wo zunächst die Erhebung der Anamnese, die sorgfältige Inspektion sowie die palpatorische Untersuchung beider Mammae durchgeführt wird. Im Anschluß erfolgt die eigentliche sonographische Untersuchung der beiden Mammae und der Axillae. Während der Untersuchung liegt die Patientin auf dem Rücken, die Hände sind hinter dem Kopf verschränkt. Dadurch wird die Brust immobil und abgeflacht, was zu einer besseren Schallpenetration führt. Die Brust wird mit Gel bestrichen und die gesamte Brust wird senkrecht zur Hautoberfläche mit meanderförmigen Bewegungen des Schallkopfs systematisch geschallt. Durch Kompression des Brustdrüsengewebes kann die Schallpenetration verbessert werden. Die Befunde werden auf Thermoprintbilder festgehalten und in der Patientenakte dokumentiert. Befunde werden grundsätzlich in zwei Ebenen aufgenommen. Die bioptische Sicherung erfolgt dann bei Bedarf durch ultraschallgesteuerte Stanzbiopsie, in seltenen Fällen auch durch Tumorextirpation oder Feinnadelpunktion.

21 2.7. Datenerhebung Grundlage für die Datenerhebung bildeten die Krankenakten der Patientinnen, die in den Jahren 1999 bis 2007 in der UFK Freiburg untersucht wurden, insbesondere die vorliegenden Thermoprintbilder. Da die detaillierte Beschreibung der Ausprägung der Ultraschallkriterien während der Untersuchung nicht vollständig dokumentiert werden kann, erfolgte diese retrospektiv anhand der ausgedruckten Thermoprintbilder in den Patientenakten. Folgenden Kriterien fanden dabei Verwendung: größter sonographisch gemessener Tumordurchmesser Form (rund, oval, polymorph) Tumorachse (waagerecht, senkrecht, indifferent) Echogenität (echoleer, echoarm, echoreich) Wandkontur (glatt, unregelmäßig, lobuliert, Spiculae) Wandbegrenzung (scharf, unscharf) Binnenecho (homogen, inhomogen) hyperechogene Spots (vorhanden, nicht vorhanden) Randsaum (Pseudokapsel, diffus hyperechogen, nicht vorhanden) dorsales Schallphänomen (Abschwächung, Verstärkung, indifferent, unklar) lateraler Schallschatten (vorhanden, nicht vorhanden, unklar) Umgebungsreaktion (Verdrängung, Strukturdefekt, unklar) Vaskularisation (keine, geringe, starke, keine Daten vorhanden)

22 2.7.1. Datenbank Mit den ausgewerteten Daten wurde eine Datenbank auf der Grundlage des Datenbearbeitungssystems Access angelegt. Access ist ein relationales Datenbankmanagementprogramm, das man sich als Kollektion von Tabellen (den Relationen) vorstellen kann, in welchen Datensätze abgespeichert sind. Folgende Tabellen wurden miteinander verknüpft: Tabelle Patientin : Von jeder Patientin wurde Name und Vorname, sowie Geburtstdatum und das Datum der Ultraschall-Untersuchung festgehalten. Den Patientinnen wurde zusätzlich eine Laufnummer, der Patienten-Code, zugeteilt. Außerdem wurde für jede Patientin die PIZ (Patientenidentifikationszahl) der Uniklinik Freiburg notiert. Tabelle Patientin/Herd : In dieser Relation wird das untersuchte Organ (Brustdrüse, Axilla etc) festgehalten, außerdem wird die Lokalisation beschrieben durch Dokumentation der Seite (rechts, links) und der genaueren Lage (Uhrzeit von 1 Uhr bis 12 Uhr). Ebenfalls wird hier das Ergebnis der histologischen Untersuchung sowie die Journalnummer des Präparats im Pathologischen Institut der Uniklinik Freiburg dokumentiert. Tabelle Herdbefund/Ultraschall : In dieser Tabelle wird nochmals die histologische Diagnose festgehalten, diesmal ergänzt durch genauere Beschreibungen zum histologischen Befund, sofern vorhanden. Außerdem erfolgt die Aufnahme der detaillierten Beschreibung der Ultraschallkriterien wie Durchmesser, Form, Tumorachse, Echogenität, Wandkontur, Wandbegrenzung, Binnenstruktur, hyperechogene Spots, Randsaum, dorsales Schallphänomen, Vorhandensein eines lateralen Schallschattens, Umgebungsreaktion und Vaskularisation.

23 2.7.2. Ultraschallkriterien Im Folgenden werden die verschieden in der Studie verwendeten und auch in der Literatur gängigen Ultraschallkriterien vorgestellt. Sie orientieren sich an den von Watermann und Stickeler (2004) beschriebenen Kriterien. 2.7.2.1. Form Als rund bezeichnet man Befunde, deren Form weitgehend einem Kreis entspricht. Die Differenz der Längs- und der Querachse des Befundes darf dabei 10% der längeren Achse nicht überschreiten. Als oval gelten solche Befunde, die eine ovale Form besitzen, und bei der die Differenz der Längs- und der Querachse mindestens 10% beträgt. Die Beschreibung polymorph entspricht einem Befund, der weder rund noch oval ist. Ein Befund wird auch als polymorph eingestuft, wenn er nur in einer Ebene polymorph erscheint. 2.7.2.2. Tumorachse Waagerecht bedeutet parallel zur Haut verlaufend. Die medio-laterale bzw. cranio-kaudale Tumorachse ist dabei mindestens 10% größer als die anterio-dorsale Tumorachse. Der senkrechte Befund verläuft orthogonal zur Haut, die anterio-dorsale Achse ist also mindestens 10% größer. Als indifferent gelten Befunde, bei denen die Differenz der beiden Tumorachsen weniger als 10% beträgt. 2.7.2.3. Echogenität Als Referenz für die Beurteilung der Echogenität des Tumors gilt der Grauwert des Unterhautfettgewebes. Echoleere Befunde erscheinen erheblich dunkler als das Unterhautfettgewebe. Entspricht der Befund überwiegend dem Grauwert des umliegenden Fettgewebes beziehungsweise ist etwas abgeschwächt, wird er als echoarm bezeichnet. Liegt die Grauwertintensität deutlich höher, so wird der Herd als echoreich beschrieben.

24 2.7.2.4. Wandkontur Stellt sich der Umriss als glatte Linie um den gesamten Tumor dar, so wird dieser als glatt beschrieben. Der Herdbefund gilt als lobuliert, wenn der Umriss über 3 oder weniger Vorwölbungen verfügt, die in ihrer tangentialen Ausdehnung deutlich größer sind als in ihrer radiären. Die Beschreibung unregelmäßig trifft dann zu, wenn der Tumor eine unregelmäßige Wandkontur aufweist. Es reicht auch nur ein zum Teil unregelmäßiger Umriss um den Befund insgesamt als unregelmäßig einzustufen. Spiculae sind Ausformungen, deren radiale Ausdehnung deutlich größer ist als die tangentiale. Wiederum genügt es, wenn Spiculae in nur einem Bereich darstellbar sind. 2.7.2.5. Begrenzung Bei diesem Kriterium wird zwischen scharfer und unscharfer Begrenzung unterschieden. Gutartige Befunde wie Fibroadenome zeigen meist eine scharfe Begrenzung, das heißt, sie lassen sich deutlich gegen die Umgebung abgrenzen. Bei der unscharfen Wandbegrenzung besteht kein deutlicher Übergang zwischen Herdbefund und umliegenden Gewebe. 2.7.2.6. Binnenstruktur Erscheint das Binnenecho gleichmäßig über den gesamten Herd, so wird der Tumor als homogen bezeichnet. Dazu gehört auch ein gleichmäßiges feinkörniges Muster. Zeigt der Befund eine ungleichmäßige Grauwertverteilung im Gesamtbereich oder in Teilbereichen, wird er als inhomogen definiert. Das gilt auch bei inhomogener Binnenstruktur in nur einer Ebene. 2.7.2.7. Hyperechogene Spots Hyperechogene Spots sprechen für Malignität eines Herdbefundes. Trotz alledem kommen sie auch in einigen Fibroadenomen vor. Lassen sich in der Binnenstruktur eines Herdes eine oder mehrere stark hyperechogene Herdbefunde von 1 bis 2 mm Durchmesser darstellen, wird dies für den Tumor als vorhanden markiert. Tauchen sie nicht auf, wird der Terminus nicht vorhanden festgehalten. Meist sind

25 hyperechogene Spots von einem echoarmen Saum umgeben. 2.7.2.8. Randsaum Der Randsaum entspricht der Reaktion des umliegenden Gewebes. Durch Kompression des umliegenden Gewebes kann eine Pseudokapsel entstehen. Diese kommt dann als schmale, echoreiche Linie zum Ausdruck. Ein hyperechogener Randsaum entspricht histologisch meist einer leukozytären Infiltration. Er nimmt von der Peripherie zur Begrenzung des Tumors hin an Intensität zu. Dies ist oft bei entzündlichen oder malignen Prozessen zu beobachten. Ist kein besonderer Randsaum festzustellen, wird der Befund als indifferent bezeichnet. 2.7.2.9. Schallfortleitung Indiffernte Schallfortleitung liegt vor, wenn das Gewebe dorsal des Tumors genauso erscheint wie Gewebe, dessen Schall den Tumor vorher nicht durchkreuzt hat. Erscheint das Gewebe dorsal des Tumors echoärmer, wird dies als dorsale Schallabschwächung beschrieben. Dieses Phänomen wird hervorgerufen durch Strukturen, die den Schall reflektieren (schollige Verkalkungen, inhomogene Strukturen). Dorsale Schallverstärkung wird notiert, wenn das Gewebe dorsal des Tumors echoreicher erscheint. Dabei kommt es eigentlich nicht zu einer Schallverstärkung, sondern nur zu einer geringeren Abschwächung des Ultraschalls im Bereich des Tumors als im Normalgewebe. Auf einigen Bildern konnte das dorsale Schallverhalten nicht ausgewertet werden, da auf den Ausschnitten das Gewebe hinter dem Tumor nicht mehr zu sehen war. Diese Fälle wurden als unklar klassifiziert. 2.7.2.10. Lateraler Schallschatten Ein lateraler Schallschatten entsteht durch Brechung der Wellen an zur Ausbreitungsrichtung parallel verlaufenden, glatten Oberflächen. Dieses Phänomen kann ein- oder beidseitig auftreten. Bei nur einseitigem Befund oder einem positivem Phänomen in nur einer Ebene wird dem Tumor das Merkmal zugeschrieben. Für den jeweiligen Befund wird er als vorhanden oder nicht vorhanden notiert. Auf einigen Bildern konnte der laterale Schallschatten nicht ausgewertet werden, da auf den

26 Ausschnitten das Gewebe hinter dem Tumor nicht mehr zu sehen war. Diese Fälle wurden als unklar klassifiziert. 2.7.2.11. Umgebungsreaktion In dieser Kategorie wird die Beeinflussung der umliegenden Gewebestrukturen beschrieben. Dabei wird nur das zum Schallkopf gerichtete Drittel herangezogen, da die Beurteilung in den unteren beiden Dritteln nicht immer einwandfrei möglich ist. Am besten zu beurteilen sind die Bindegewebssepten im Fettgewebe. Werden Strukturen parallel zur Oberfläche des Tumors abgelenkt, wird dies als Verdrängung bezeichnet. Eine Strukturunterbrechung liegt vor, wenn Bindegewebssepten am Tumorrand wie abgeschnitten wirken. Bei der Retraktion kommt es zu radiärer Ablenkung des Gewebes in Richtung des Tumors (z.b. Einziehungen der Haut). Dies gilt als starkes Malignitätsmerkmal. Wird die Haut oder Thoraxwand infiltriert, so dass es zur Unterbrechung dieser Strukturen kommt, sprechen wir von Infiltration. Lässt sich das Fibroadenom keiner dieser Kategorien zuordnen, wird es als unklar klassifiziert. 2.7.2.12. Vaskularisation (Doppler-Sonographie) Diese Kategorie wurde entweder anhand der Doppler-Sonographie-Bilder oder der Kommentare der Untersucher auf dem Untersuchungsbogen ausgewertet. Die Patientinnen, bei denen ein Doppler-Bild vorlag oder ein Kommentar des Untersuchers vermerkt war, wurden in drei Kategorien aufgeteilt. Konnten mit dem Doppler keine Gefäße dargestellt werden, so fielen die Befunde in die Kategorie keine Vaskularisation. Wurde eine geringe Vaskularisation mit bis zu 2 Gefäßen festgestellt, fiel die Patientin in die Gruppe geringe Vaskularisation. Fibroadenome mit mindestens 3 Gefäßen wurden als stark vaskularisiert bezeichnet. Bei 54 Patientinnen lagen bezüglich der Gefäßversorgung der Fibroadenome retrospektiv keine Daten vor. Bei diesen Patientinnen konnte dieses Ultraschallkriterium dementsprechend nicht ausgewertet werden, sie wurden als Fehlende Daten klassifiziert.

27 2.7.2.13. Bildbeispiele Fibroadenome Abb. 2.1: Form: oval Tumorachse: waagerecht Echogenität: echoarm Wandkontur: glatt Begrenzung: scharf Dorsale Schallverstärkung Abb. 2.2: Wandkontur: lobuliert Begrenzung: scharf Binnenstruktur: inhomogen Hyperechogene Spots: vorhanden Lateraler Schallschatten: ja Abb. 2.3: Begrenzung: unscharf Binnenstruktur: inhomogen Hyperechogene Spots: vorhanden Randsaum: indifferent Schallfortleitung: indifferent

28 Abb. 2.4: Randsaum: Pseudokapsel Schallfortleitung: indifferent Lateraler Schallschatten: nein Umgebungsreaktion: Verdrängung Abb. 2.5: Fibroadenom mit starker Vaskularisation Die 12 Ultraschallkriterien fungieren als die unabhängigen Variablen, und werden auf Abhängigkeit von den Faktoren Patientenalter, Tumorgröße und histologisches Grading des Tumors überprüft. In Tabelle 2.1 werden sie noch einmal kurz zusammengefasst.

29 Tab. 2.1: Ultraschallkriterien Parameter Definition Form oval ovale Form rund sphärisch, rund polymorph weder oval, noch rund Tumorachse waagerecht Achse des Befundes verläuft parallel zur Hautebene senkrecht Achse des Befundes verläuft vertikal zur Hautebene indifferent Differenz der beiden Tumorachsen beträgt weniger als 10% Echogenität echoleer ohne interne Echos, schwarze Läsion echoarm überwiegend wie Grauwert des umliegenden Fettgewebes bzw. leicht abgeschwächt echoreich höhere Echogenität als umliegendes Fettgewebe Wandkontur glatt Umriss als glatte Linie unregelmäßig unregelmäßiger Umriss lobuliert Umriss mit Vorwölbungen, die tangential größer sind als radiär Spiculae radiäre Ausformungen Begrenzung scharf klare Abgrenzung zur Umgebung unscharf keine deutliche Abgrenzung zum umliegenden Gewebe Binnenstruktur homogen gleichmäßiges Binnenecho inhomogen ungleichmäßige Grauwertverteilung Hyperechogene Spots (Kalk) vorhanden hyperechogene Bereiche zu erkennen nicht vorhanden keine Spots vorhanden Randsaum Pseudokapsel hyperechogene Linie durch Kompression des umliegenden Gewebes hyperechogener Randsaum von der Peripherie zur Begrenzung des Tumors hin an Intensität zunehmend indifferent kein besonderer Randsaum vorhanden Schallfortleitung indifferent Gewebe dorsal des Tumors erscheint unverändert dorsale Schallabschwächung Gewebe dorsal des Tumors erscheint echoärmer dorsale Schallverstärkung Gewebe dorsal des Tumors erscheint echoreicher unklar auf Thermoprintbildern retrospektiv nicht auswertbar Lateraler Schallschatten vorhanden nicht vorhanden unklar Schallschatten zu erkennen kein Schallschatten zu erkennen auf Thermoprintbildern retrospektiv nicht auswertbar Umgebungsreaktion Verdrängung Strukturen werden parallel zur Tumoroberfläche abgelenkt Strukturunterbrechung Bindegewebssepten am Tumorrand wie abgeschnitten Retraktion Infiltration radiäre Ablenkung des Gewebes in Richtung des Tumors Einwachsen in umliegendes Gewebe Vaskularisation (Doppler-Sonographie) keine keine Gefäße darstellbar geringe starke Fehlende Daten bis zu 2 Gefäße darstellbar 3 oder mehr Gefäße darstellbar keine Daten vorhanden

30 2.7.3. Histologische Klassifizierung Für Fibroadenome existieren in der Fachliteratur verschiedene histologische Einteilungen, denen jedoch klinisch keine besondere Bedeutung zuzuweisen ist. Für diese Studie wurde in Zusammenarbeit mit dem Pathologischen Institut der Uniklinik Freiburg entschieden, die histologischen Schnitte in 3 Kategorien einzuordnen: o floride Fibroadenome o regressive Fibroadeome o Fibroadenome mit gemischten Anteilen Ausschlaggebend dafür war der Gedanke, die Patientinnen über die Wachstumstendenz des Fibroadenoms aufklären zu können. Ein florides Fibroadenom tendiert zu weiterem Größenwachstum, wohingegen ein regressives Fibroadenom in seiner Größe eher konstant bleibt. Floride Fibroadenome zeigen sich in der Histologie zellreicher als die regressiven Tumoren. Sie weisen eine myxoide Grundstruktur und stromale Hyperzellularität auf. Es treten mesenchymale Verdrehungen auf, die dem Präparat eine gewisse Dynamik verleihen. Dabei kommt es häufig zu einer Verformung und Kompression der duktulo-lobulären Gangsegmente. Außerdem zeigen sie weniger kollagene Fasern. Regressive Fibroadenome weisen diffuse Hyalinisierung oder Fibrose auf. Sie erscheinen eher starr und hypozellulär. Fibroblasten und kollagenes Bindegewebe vermehren sich nicht mehr. Einige Tumoren zeigen Kalzifikationen. Sämtliche histologischen Schnitte der in der Studie eingeschlossenen Patientinnen wurden schließlich im Pathologischen Institut herausgesucht und in einer Nachuntersuchung einer der drei Kategorien zugeteilt.

31 2.8. Statistik Die Daten wurden mit der Analysesoftware SPSS (Version 14.0, Chicago, Il, USA) statistisch ausgewertet. Pearsons Chi-Quadrat Test und Fisher s Exakt Test wurden zur Auswertung der ordinalskalierten Daten angewandt. Für kontinuierliche Daten wurden der Man-Whitney-U Test eingesetzt. Alle P-Werte sind zweiseitig, das statistische Signifikanzniveau wurde auf 5% festgelegt.

32 3. Ergebnisse In der vorliegenden retrospektiven Analyse von 221 histologisch gesicherten Fibroadenomen wurden deren Ultraschallcharakteristika mit dem Alter der Patientin, der Größe des Fibroadenoms und der histologischen Differenzierung verglichen. 3.1. Altersverteilung Die Verteilung des Erkrankungsalters im Patientinnenkollektiv lässt sich aus Abbildung 3.1 ersehen. Als Erkrankungsalter gilt dabei jeweils das Alter der Patientin zum Zeitpunkt der Ultraschall-Untersuchung. Die Patientinnen waren im Median 41 Jahre alt (Minimum 17 Jahre, Maximum 73 Jahre), wobei sich eine zweigipflige Alterverteilung in der Mitte des 3. und zu Beginn des 5. Lebensjahrzehntes beobachten ließ. Abb. 3.1: Altersverteilung der Patientinnen

33 3.2. Tumorgröße Die Verteilung der Tumorgröße ist in Abbildung 3.2 dokumentiert. Gewertet wurde jeweils der größte in der Sonographie gemessene Durchmesser. Dieser betrug im Median 16 mm (Minimum 5mm, Maximum 42mm). Abb. 3.2: Verteilung des größten Durchmesser der Fibroadenome

34 3.3. Histologische Klassifizierung Bei der histologischen Untersuchung wurden 91 Fibroadenome als regressiv (41,2%) und 87 (39,4%) als floride klassifiziert, 43 (19,4%) zeigten gleichzeitig regressive und floride Anteile. Die prozentuale Verteilung wird in Abbildung 3.3 dargestellt. beide Anteile; 19,40% regressiv ; 41,20% floride; 39,40% Abb. 3.3: Prozentuale Verteilung der Histologie

35 3.4. Ultraschallkriterien und Erkrankungsalter Bezüglich des Erkrankungsalters bei Patientinnen mit Fibroadenom zeigte sich eine zweigipflige Verteilung. Daher wurde das Patientenkollektiv zur Analyse von Ultraschallkriterien und Erkrankungsalter in zwei Gruppen geteilt: Patientinnen 30 Jahre zum Termin der Ultraschall-Untersuchung Patientinnen > 30 Jahre zum Termin der Ultraschall-Untersuchung 58 Patientinnen fielen in die erste Gruppe ( 30 Jahre), 163 waren über 30 Jahre zum Zeitpunkt der Untersuchung. Die Ergebnisse sind in Tabelle 3.1 aufgeführt. Signifikante Korrelationen zeigen sich bei einigen Kriterien. Bezüglich der Histologie zeigen die Fibroadenome von Frauen > 30 Jahren eher eine regressives Muster, floride Fibroadenome kommen signifikant häufiger bei jüngeren Frauen vor (p< 0,001). Aus der Analyse lässt sich entnehmen, dass dorsale Schallverstärkung vor allem bei den Frauen 30 Jahren auftritt, dorsale Schallabschwächung hingegen eher bei den älteren Frauen (p= 0,008). Eine lobulierte Wandkontur ist eher bei Patientinnen 30 Jahren zu beobachten, eine unregelmäßige Wandkontur eher in der Gruppe der älteren Patientinnen (p= 0,038). Ein lateraler Schallschatten findet sich häufiger in der Gruppe der 30 jährigen Patientinnen (p= 0,033). Die meisten Fibroadenome weisen eine inhomogene Binnenstruktur auf, eine homogene Struktur zeigt sich eher bei den älteren Frauen (p= 0,047). Eine starke Vaskularisation des Fibroadenoms wurde tendenziell häufiger bei jungen Patientinnen diagnostiziert (p= 0,062), allerdings erzielten die Werte keine statistische Signifikanz.

36 Tab. 3.1: Analyse von Ultraschallkriterien und Alter der Patientin Kriterien Alter P-Wert 30 Jahre > 30 Jahre Gesamt 58 163 Form Oval 52 138 0,383 Polymorph 5 24 Rund 1 1 Tumorachse Waagerecht 57 144 0,072 Senkrecht 0 7 Indifferent 1 12 Echogenität Echoarm 57 159 1,000 Echoleer 1 4 Wandkontur Glatt 31 80 0,038 Lobuliert 23 45 Unregelmäßig 4 35 Spiculae 0 3 Wandbegrenzung Scharf 46 121 0,279 Unscharf 12 42 Binnenstruktur Homogen 7 38 0,047 Inhomogen 51 125 Hyperechogene Spots Nicht vorhanden 41 123 0,292 Vorhanden 17 40 Randsaum Keiner 31 92 0,408 Pseudokapsel 27 67 Diffus hyperechogen 0 4 Schallfortleitung Indifferent 28 93 0,008 Verstärkt 27 43 Abgeschwächt 2 26 Unklar 1 1 Lateraler Schallschatten Vorhanden 21 46 0,033 Nicht vorhanden 34 116 Unklar 3 1 Umgebungsreaktion Verdrängung 55 139 0,162 Strukturdefekt 1 8 Unklar 2 16 Vaskularisation Keine 11 51 0,062 Gering 14 52 Stark 14 27 Missing Data 19 33 Histologie Regressiv 10 81 <0,001 Florid 33 54 Beide Anteile 15 28

37 3.4.1. Alterskategorie und dorsales Schallverhalten 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 15,9% 46,60% 26,40% 57,10% 48,30% 30 Jahre (58) > 30 Jahre (163) Unklar Abgeschwächt Verstärkt Indifferent Abb. 3.4.1: Alterskategorie und dorsales Schallverhalten Bei den Patientinnen > 30 Jahren tritt gegenüber den Jüngeren leicht gehäuft ein indifferentes Schallverhalten auf. Dorsale Schallverstärkung findet sich deutlich vermehrt in der jüngeren Gruppe (46,6% vs 26,4%), ein dorsaler Schallschatten öfter in der Gruppe der > 30 Jährigen (15,9% vs 3,4%). Das Signifikanzniveau liegt bei p= 0,033. 3.4.2. Alterskategorie und Wandkontur 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 6,9% 21,5% 39,7% 27,6% 53,4% 49,1% 30 Jahre (58) > 30 Jahre (163) Spiculae Unregelmäßig Lobuliert Glatt Abb. 3.4.2: Alterskategorie und Wandkontur Eine glatte Wandkontur findet sich in beiden Gruppen in etwa 50% der Fibroadenome.