22.08.2014 Deutscher Industrie- und Handelskammertag 3 Stellungnahme zu den Eckpunkten der Bundesregierung für ein Ausschreibungsdesign für Photovoltaik-Freiflächenanlagen Vorbemerkungen Für viele Unternehmen und private Haushalte haben die Strompreise die Belastungsgrenze erreicht bzw. überschritten. Allein die EEG-Umlage verursacht 2014 voraussichtlich Belastungen in Höhe von 23,6 Mrd. Euro. Auch mit dem EEG 2014 (EEG 2.0) ist eine weitere Steigerung des EEG- Umlagevolumens absehbar. Es ist daher überfällig, mehr Wettbewerb in die Förderung erneuerbarer Energien einziehen zu lassen, vor allem auch um die Kosteneffizienz des weiteren Ausbaus zu erhöhen. Dies kann grundsätzlich durch Ausschreibungsmodelle gelingen. Ausschreibungen induzieren mehr Wettbewerb um eine Förderung als das bisherige System aus festen Einspeisevergütungen und gleitender Marktprämie. Wer ausschreibt muss zudem wissen, welche Mengen er ausschreiben will. Dadurch erlauben Ausschreibungen auch eine bessere Zubausteuerung als dies bisher der Fall ist. Allerdings ist die von der Bundesregierung geplante auszuschreibende Leistung von jährlich 6.000 MW hoch angesetzt, v. a. wenn man bedenkt, dass kleine Anlagen bis 100 kw weiterhin die EEG-Einspeisevergütung erhalten können und auch weiterhin Eigenverbrauchsanlagen insbesondere Photovoltaik zugebaut werden. Eine faktische Zubausteuerung findet damit kaum statt. Dennoch bleibt aus Sicht des DIHK festzuhalten, dass Ausschreibungsmodelle gegenüber dem Status quo einen Fortschritt darstellen. Wie groß dieser Fortschritt sein und wie viel kosteneffizienter der Ausbau erneuerbarer Energien künftig vonstatten gehen wird, hängt insbesondere von folgenden Parametern ab: Technologieoffenheit: Um einen Wettbewerb zwischen den verschiedenen erneuerbaren Technologien anzukurbeln, sollte technologieoffen ausgeschrieben werden. Regionenoffenheit: Geographische Komponenten in der Ausschreibung können einem kosteneffizienten Ausbau entgegenstehen. Daher sollte es regionale Komponenten nur geben, wenn dies netzdienlicher ist. Akteursoffenheit: Es sollte für alle Akteure die gleichen Chancen für die Teilnahme an den Auktionen geben. Die Bevorzugung einzelner widerspricht dem Kriterium der Kosteneffizi- - 1 -
enz. Sinnvoller wäre es, die Regelungen zur Eigenerzeugung so anzupassen, dass diese für kleine Akteure wie Energiegenossenschaften nutzbar sind. Allgemeine Anmerkungen Der DIHK teilt das Hauptziel der Einführung von Ausschreibungen, die im EEG festgelegten Ausbauziele kostengünstiger als mit dem EEG 1.0 bzw. 2.0 zu erreichen. Derzeit deutet nichts darauf hin, dass fehlende Flächen ein Hindernis für den Wettbewerb darstellen könnten. Für ein Level playing field ist es ebenfalls wichtig, dass das Ausschreibungssystem sich an den Kriterien einfach, verständlich und transparent orientiert. Nur so können Akteure aller Größenklassen an der Auktion teilnehmen. Zwar ist es richtig, dass mit den PV-Pilotausschreibungen organisatorische Erfahrungen zur Umsetzung gemacht werden können, die zum Teil auch auf Ausschreibungen für andere EE-Technologien übertragbar sind. Die Eckpunkte konstatieren aber: Die Ergebnisse dieser Pilotausschreibungen werden allerdings nicht unmittelbar auf andere erneuerbare Energien übertragen werden können. Daher stellt sich die Frage, warum lediglich ein Pilot mit PV gestartet wird. Der Großteil künftiger EE-Zubauten oberhalb von 100 kw wird sich im Bereich von Onshore-Wind abspielen. Da es sich zwischen PV und Onshore-Wind um in der Regel unterschiedliche Akteure handelt und sich auch die Planungs- und Realisierungsphasen erheblich unterscheiden, wäre zumindest ein Pilot für Wind onshore sinnvoll gewesen. So steht zu befürchten, dass für diese und die anderen EE- Technologien ein geeignetes Verfahren erst noch gefunden werden muss und die Kosten daher am Anfang höher als notwendig ausfallen. Zudem werden Akteure aus der Windbranche sich an den PV-Freiflächenausschreibungen beteiligen, um Erfahrungen mit diesem Instrument zu sammeln. Dadurch könnten die Ergebnisse der ersten Runden verfälscht werden, mit negativen Konsequenzen für die Lerneffekte. Unverständlich ist auch, warum keine Anforderungen hinsichtlich der Netz- und Systemdienlichkeit an die Pilotanlagen gestellt werden. Fluktuierende erneuerbare Energien wie die PV verursachen nicht nur direkte Förderkosten, sondern durch ihren meist lastfernen Standort und die schwankende Einspeisung zusätzliche Netzausbau- und Netzstabilitätskosten. Gerade im Rahmen der Pilotausschreibung sollte dieses Kriterium mit implementiert werden können, um seine Wirkung zu untersuchen. Ein solches Kriterium erst zu implementieren, wenn alle Anlagen ab 100 kw in die Ausschreibung müssen, wird aufgrund der dann bestehenden Informations- und Erfahrungsdefizite zu höheren Kosten als notwendig führen. Daher sollte darüber nachgedacht werden, dies bereits im Rahmen der Pilotphase zu implementieren. Zentrale Punkte für die Bewertung der Netz- und Systemdienlichkeit können zum Beispiel sein: Bereitstellung von Systemdienstleistungen oder die räumliche Nähe zu Abnehmern des Stroms. - 2 -
Die Anlagen werden vorwiegend dort errichtet werden, wo eine hohe Sonneneinstrahlung eine hohe Stromerzeugung verspricht, wenn keine Kriterien hinsichtlich Netz- und Systemdienlichkeit berücksichtigt werden müssen. Die regionalen Unterschiede in den Einstrahlungswerten und damit auch der Stromertragswerte liegen in einer Größenordnung von 10-15 Prozent. Bevorzugt sind neben Süddeutschland auch Teile Ostdeutschlands. Die Netzanschlusskosten verbleiben in den Regionen und belasten die vor allem in weiten Teilen Ostdeutschlands bereits hohen Netzentgelte. Auch aus diesem Grund sollten daher solche Kriterien mit implementiert werden. Zu befürchten ist: Die erste(n) Runde(n) der Ausschreibung werden verfälscht. Auf dem PV- Freiflächenmarkt hat in den letzten Jahren ein Einbruch stattgefunden. Daher handelt es sich bei aktuell realisierten Projekten häufig um günstig erworbene vorentwickelte Projekte. Dieser Effekt wird sich im Rahmen der Ausschreibungen niederschlagen und die Ergebnisse verzerren. Anmerkungen im Einzelnen Ausschreibungsgegenstand: Es ist für die Pilotausschreibungen sinnvoll, die gleitende Marktprämie auszuschreiben, weil die Akteure und v. a. auch die Banken mit diesem System vertraut sind und dadurch bei negativen Strompreisen den Anreiz haben, abzuregeln. Um nachfragegerechtes Verhalten anzureizen, sollte die Förderdauer analog der KWK-Förderung aber auf eine von der Leistung der Anlage abhängige Menge eingespeisten Stroms begrenzt werden (Mengenkontingentierung). Zudem sollte darüber nachgedacht werden, wenn es bei einer Ausschreibung der installierten Leistung bleibt, von einer DC-Betrachtung (Leistung der Module) auf eine AC- Betrachtung (netzgekoppelter Wechselrichter) umzustellen. Dies gäbe direkte Auskunft über die tatsächliche Leistungsfähigkeit der Anlage und der Netze. Dies könnte zudem zu einer Verstetigung der Einspeisung führen. Die Losgröße von maximal 25 MW scheint für die Pilotphase geeignet, um auf der einen Seite möglichst viele Akteure zum Zug kommen zu lassen und damit den Wettbewerb zu stärken. Auf der anderen Seite aber auch der Kosteneffizienz größerer Projekte Rechnung zu tragen. Die bisherige Praxis, dass Anlagen nur eine Förderung bei Vorliegen eines Bebauungsplanes und Errichtung auf Seitenrandstreifen, Konversionsflächen sowie versiegelten Flächen erhalten, sollte fortgesetzt werden. Anders gestaltet sich die Sache bei nicht bebauten Gewerbeflächen. Derzeit nicht genutzte Gewerbegebiete haben zumindest langfristig die Perspektive, dass sie von Unternehmen benötigt werden. Neue Gewerbegebiete werden zudem kaum mehr ausgewiesen. Daher sollten sie grundsätzlich nicht freigegeben werden. - 3 -
Ausnahmen könnte es für noch nicht umfassend mit Infrastruktur (Straßen, Beleuchtung) erschlossene aber als Gewerbegebiete ausgewiesene Flächen geben. Da keine Vorgaben für die Systemdienlichkeit der Anlagen gemacht werden, sind auch sonstige regionale Kriterien obsolet. Ausschreibungsverfahren: Das angedachte Pay-as-Bid -Verfahren scheint geeignet, um den eingangs formulierten Kriterien einfach, verständlich und transparent Rechnung zu tragen. Dies gilt umso mehr, so lange nicht klar ist, wie ausländische Projekte an der Ausschreibung partizipieren. Ausländische Projekte werden tendenziell höherer Förderung bedürfen, weil sie z. B. über Buchung von Grenzkuppelstellen sicherstellen müssen, dass der Strom auch nach Deutschland geliefert werden kann. Das Uniform-pricing -Verfahren könnte so zu deutlich höheren Kosten für die Endkunden führen, v. a. dann, wenn kein Höchstpreis vorgegeben würde. Der DIHK unterstützt den Vorschlag, dass Ausschreibungen mehrmals im Jahr stattfinden sollen. Dadurch kann eine kontinuierliche Entwicklung gewährleistet werden. Sollte es, wie in der Vergangenheit, eine Welle des raschen Preisverfalls von Solarmodulen geben, kann dem so ebenfalls besser Rechnung getragen werden. Auch könnnen Lerneffekte auf Seiten des Ausschreibers und der Anbieter schneller Früchte tragen. Eine Vorlaufzeit von 3 Monaten für die Ankündigung der Ausschreibungsrunden erscheint unter Maßgabe bereits im Vorfeld bekannter und gleichbleibenden Ausschreibungsbedingungen als ausreichend. Bei grundsätzlichen Anpassungen des Ausschreibungsdesigns, z. B. Einführung von Komponenten der Netzdienlichkeit, sollten aus Gründen des Vertrauensschutzes längere Ankündigungszeiten gelten. Es sollte ein Höchstpreis installiert werden, um die Kosten für Wirtschaft und Verbraucher zu begrenzen. Dies gilt umso mehr, da derzeit nicht klar ist, wie viele Akteure sich an diesem Markt beteiligen werden. Daher ist andernfalls die Gefahr groß, dass Ausschreibungen zu überhöhten Preisen gewonnen werden. Der Höchstpreis sollte, wie in den Eckpunkten formuliert, nah an den erwarteten Vollkosten liegen. Die Bestimmung des Höchstpreises sollte möglichst unbürokratisch und nachvollziehbar erfolgen. Es sollte sichergestellt werden, dass Investitionsanreize gesetzt und gleichzeitig Preise für Verbraucher und Wirtschaft begrenzt werden. Prinzipiell sollte die Zielstellung sein, einen ausreichenden Wettbewerb herzustellen, damit der Höchstpreis nicht zu einem faktischen Gebotsorientierungspunkt wird. Der Höchstpreis sollte daher nur solange gelten, bis sichergestellt ist, dass ein funktionierender Bieterwettbewerb ihn entbehrlich macht. - 4 -
Qualifikationsanforderungen und Pönalen Der DIHK teilt den Vorschlag, dass als materielle Voraussetzung für die Teilnahme an der Auktion, ein Aufstellungsbeschluss einer Gemeinde für einen Bebauungsplan und ein Nachweis für eine vorläufige Netzanschlusszusage des Netzbetreibers vorliegen müssen. Der im Vorfeld entstandene Aufwand für die Akteure wird in der Regel dazu führen, dass diese nur ernsthafte Gebote abgeben. Gelockert werden sollten diese materiellen Voraussetzungen nicht. Ansonsten würde dies zu einer Bevorzugung großer Akteure führen, die wegen geringer materieller Hürden mit stranded investments und Pönalen bei einzelnen Projekten aufgrund von Nichtrealisierung im Vergleich geringe Einbußen erleiden. Die Begrifflichkeit wirksamer Bebauungsplan sollte klargestellt werden. Eine finanzielle Sicherheit sollte auf alle Fälle hinterlegt werden, um Strafzahlungen auch einziehen zu können. Die vorgeschlagenen Höhen von 2 bis 5 Euro/kW Leistung bei Einreichung des Angebots und von 25 bis 50 Euro/kW Leistung bei Zuschlag schaffen einen ausreichenden Ausgleich zwischen höheren Finanzierungskosten für Investoren und der finanziellen Sicherheit des Ausschreibers. Bisher ist nicht klargestellt worden, was mit Förderzusagen für nicht realisierte Projekte geschieht. Werden diese dann in der folgenden Auktionsrunde erneut ausgeschrieben? Erst sollte dieser Punkt geklärt werden und dann die Frage, ob Rückgaben von Förderberechtigungen Strafzahlungen vermindern können. Außerdem ist zu klären, ob und wie eine Verzinsung des zu hinterlegenden Geldes (im Falle einer Barhinterlegung) stattfindet. Geringere Strafen für bestimmte Akteure sollte es im Sinne eines fairen Wettbewerbs nicht geben. Andernfalls stiege zudem das Ausfallrisiko. Vorhaben, die nach Ablauf einer angemessenen Frist nicht begonnen wurden, sollten zurück in den Ausschreibungstopf fallen. Das kann kombiniert werden mit einem Teilnahmeverbot für künftige Ausschreibungsverfahren (z. B. bei drei nicht realisierten Projekten). Dadurch würde ein zusätzlicher Anreiz entstehen, nur mit ernsthaften Plänen zu bieten. Für Situationen, in denen der Bieter belegen kann, dass er unverschuldet ein Projekt nicht realisieren kann, sollte es eine Ausstiegsmöglichkeit ohne Pönale geben. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn der Netzzugangspunkt verschoben wird. Zuschlagserteilung und Übertragbarkeit der Förderung Der DIHK befürwortet projektbezogene Förderberechtigungen, da dann die Realisierungswahrscheinlichkeiten am größten sind. Der Projektentwickler hat konkretes Interesse daran, dass sein Projekt auch realisiert wird, weil er bereits umfangreiche Vorarbeiten leisten musste. Zudem muss er sich im Vorfeld auch bereits um Akzeptanz seines Projektes vor Ort bemühen. Würde die Förderberechtigung zudem an eine Person gebunden, müsste der - 5 -
Projektierer die errichtete Anlage auch zwangsläufig betreiben, um in den Genuss der Förderung zu kommen. Reine Projektierer wären somit faktisch von Auktionen ausgeschlossen. Ein Handel von Förderberechtigungen sollte im Rahmen der zweiten oder dritten Runde getestet werden, wenn es eine bessere Übersicht gibt, wie viele Akteure sich auf dem Markt bewegen. Ein Handel mit Förderberechtigungen kann dazu beitragen, dass auch kleinere Akteure zum Zug kommen, die ansonsten die hohen Vorlaufkosten für eine Auktionsteilnahme nicht stemmen könnten. Um Spekulationen mit Förderberechtigungen zu vermeiden, kann, wenn sich dies als notwendig herausstellt, eine Höchstzahl an handelbaren Berechtigungen bzw. an erworbener PV-Leistung eingeführt werden. Akteursvielfalt Entscheidend für eine hohe Zahl unterschiedlicher Akteure sind die eingangs postulierten Kriterien: einfach, verständlich und transparent. Darüber hinausgehende Kriterien sollten nicht angewandt werden. Werden einzelne Akteure bevorzugt, führt dies zu Marktverzerrungen. Zudem ist das Ausfallrisiko bei kleineren Akteuren tendenziell höher. Um mit dem Start der Ausschreibungen möglichst vielen Akteuren eine Beteiligung zu ermöglichen, können in der Anfangsphase kleinere Losgrößen sinnvoll sein. Langfristig sollten Projekte alllerdings nicht zu kleinteilig werden, um die Kosteneffizienz des weiteren Ausbaus erneuerbarer Energien zu stärken. Aufgrund der economies of scale haben größere Projekte grundsätzlich Vorteile. Für kleine Akteure ist es sinnvoller, die Regelungen für Eigenerzeugung und Direktversorgung mit grünem Strom wieder so zu gestalten, dass Projekte realisierbar sind. Zudem bleibt kleinen Akteuren immer noch die Möglichkeit, EE-Anlagen unter 100 kw zu errichten und dadurch die Einspeisevergütung in Anspruch zu nehmen. Ansprechpartner: Dr. Sebastian Bolay, DIHK Tel.: 0049-30-20308-2202 E-Mail: bolay.sebastian@dihk.de - 6 -