Neue Justiz. Zeitschrift für Rechtsentwicklung und Rechtsprechung in den Neuen Ländern. Nomos E 10934. Aus dem Inhalt:



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Transkript:

E 10934 Neue Justiz Zeitschrift für Rechtsentwicklung und Rechtsprechung in den Neuen Ländern 1204 58. Jahrgang Aus dem Inhalt: St. Fritsche: Entwicklung der Rechtsprechung zum fremdfinanzierten Erwerb von Immobilien und Fondsanteilen S. 529 St. Schork/St. König: Das Opferrechtsreformgesetz S. 537 H.-J. Mayer: Die wichtigsten Neuerungen bei den RVG-Gebührentatbeständen: Teil 3 V V (II) S. 541 A. Brandt: Der 65. Deutsche Juristentag S. 544 Aus dem Rechtsprechungsteil: BGH: Mindeststandard einer nicht modernisierten Altbauwohnung S. 554 BGH: Abfindungsansprüche nach LwAnpG S. 559 OLG Jena: Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch wegen versehentlicher Veröffentlichung von Telefondaten und Adressen S. 562 OLG Brandenburg: Auskunftsanspruch eines Gläubigers gegenüber Gericht bzgl. anhängiger Verfahren seines Schuldners S. 564 VG Weimar: Bauplanung für Sondergebiet Windkraftanlagen S. 572 BSG: Unfallrenten von DDR-Bestandsrentnern S. 574 NJ Seiten 529-576 Nomos

In diesem Heft Herausgeber: Prof. Dr. Marianne Andrae Universität Potsdam Prof. Dr. Ekkehard Becker-Eberhard Institut für Anwaltsrecht der Universität Leipzig Dr. Michael Burmann Präsident der Rechtsanwaltskammer Thüringen Dr. Bernhard Dombek Rechtsanwalt und Notar, Berlin Präsident der Bundesrechtsanwaltskammer Dr. Frank Engelmann Präsident der Rechtsanwaltskammer Brandenburg Dr. Margarete von Galen Präsidentin der Rechtsanwaltskammer Berlin Lothar Haferkorn Präsident der Rechtsanwaltskammer Sachsen-Anhalt Georg Herbert Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gerhard Hückstädt Präsident des Landesverfassungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern und Präsident des LG Rostock Dr. Günter Kröber Präsident der Rechtsanwaltskammer Sachsen Prof. Dr. Martin Posch Rechtsanwalt, Jena Dr. Erardo Cristoforo Rautenberg Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg Dr. Axel Schöwe Präsident der Rechtsanwaltskammer Mecklenburg-Vorpommern Karin Schubert Bürgermeisterin und Senatorin für Justiz des Landes Berlin Prof. Dr. Horst Sendler Präsident des Bundesverwaltungsgerichts a.d., Berlin Manfred Walther Rechtsanwalt, Berlin Dr. Friedrich Wolff Rechtsanwalt, Berlin AUFSÄTZE Entwicklung der Rechtsprechung zum fremdfinanzierten Erwerb von Immobilien und Fondsanteilen Stefan Fritsche NEUE RECHTSVORSCHRIFTEN Das Opferrechtsreformgesetz Stefanie Schork und Stefan König KURZBEITRÄGE Die wichtigsten Neuerungen bei den RVG-Gebührentatbeständen: Teil 3 Vergütungsverzeichnis (II) Hans-Jochem Mayer..................................................... 541 Der 65. Deutsche Juristentag Adelhaid Brandt........................................................ 544 INFORMATIONEN Bundesgesetzgebung / Gesetzesinitiativen.............................. 546 Europa.................................................................. 547 Neue Bundesländer..................................................... 548 RAK-REPORT REZENSIONEN Michael Kleine-Cosack: Das Werberecht der rechts- und steuerberatenden Berufe Von Stefan Haupt Oesten Baller/Sven Eiffler/Andreas Tschisch: ASOG Berlin Von Tobias Herbst RECHTSPRECHUNG S. 529 S. 537 S. 541 S. 546 S. 550 S. 552 S. 553 Neue Justiz Zeitschrift für Rechtsentwicklung und Rechtsprechung in den Neuen Ländern 58. Jahrgang, S. 529-576 NJ 12/04 01 Verfassungsrecht BVerfG: Berücksichtigung von Entscheidungen des EGMR durch deutsche Gerichte (Leits.).......... 553 BVerfG: Keine Zuordnung von Diplom-Chemikern zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (Leits.).................................... 553 VerfGH Thüringen: Mitbestimmungsgrundrecht in der Landesverfassung und Gestaltungsauftrag des Gesetzgebers (Leits.)............................ 553 02 Bürgerliches Recht BGH: Mindeststandard einer nicht modernisierten Altbauwohnung (bearb. v. Zank)............... 554 BGH: Auslegung eines Gewerberaummietvertrags bzgl. des Vermietungszustands in einem Einzelhandelszentrum (bearb. v. Meyer-Harport)...... 555 BGH: Möglichkeit der Teil-Gesamtwandelung beim Kauf gleichartiger Sachen (bearb. v. Cholstinina).. 556 BGH: Absichtsanfechtung einer Aufrechnungslage in der Insolvenz (bearb. v. Biehl)................ 558 BGH: Abfindungsansprüche nach LwAnpG............ 559 BGH: Mieterhöhung wegen energieeinsparender Modernisierungsmaßnahmen................... 560 BGH: Vermögensübertragung einer LPG i.l. und Anfechtbarkeit eines LPG-Mitgliederbeschlusses (Leits.).......................................... 561 BGH: Kündigungsklausel im formularmäßigen Subunternehmervertrag (Leits.)................. 561 BGH: Verkehrswertermittlung einer Eigentumswohnung (Leits.)............................... 561 I

In diesem Heft BGH: Beschränkung der Revisionszulassung und Auslegung der Entscheidungsgründe (Leits.)..... 562 BGH: Geltendmachung von Lebens- und Rentenversicherungsansprüchen aus der Zeit vor der Währungsreform 1948 (Leits.).............. 562 BGH: Kein Ersatz der Anwaltskosten für Abmahnung in eigener Sache bei unschwer zu erkennendem Wettbewerbsverstoß (Leits.)..................... 562 OLG Jena: Schadensersatz und Schmerzensgeldanspruch wegen versehentlicher Veröffentlichung von Telefondaten und Adressen (bearb. v. Walter)... 562 OLG Brandenburg: Auskunftsanspruch eines Gläubigers gegenüber Gericht bzgl. anhängiger Verfahren seines Schuldners............................... 564 OLG Rostock: Bestellung und Vertretungsmacht des gesetzlichen Vertreters für unbekannten Grundstückseigentümer im Beitrittsgebiet (bearb. v. Fritsche)... 565 OLG Naumburg: Obliegenheitspflicht des Unterhaltspflichtigen und Nebenerwerbstätigkeit (Leits.).............. 566 OLG Dresden: Entschädigung im Bodensonderungsverfahren (Leits.).......................................... 566 OLG Naumburg: Anspruchsausschluss für Nutzungsentschädigung wegen Unredlichkeit des Rechtserwerbs von Verwaltungsvermögen (Leits.).............. 566 OLG Rostock: Vertragsstrafe für Verstoß des Gewerberaummieters gegen die Betriebspflicht (Leits.)......... 567 LG Potsdam: Ersatz von Rechtsanwaltskosten aufgrund Staatshaftung.................................. 567 04 Verwaltungsrecht BVerwG: Herausgabe von MfS-Unterlagen mit personenbezogenen Informationen über Personen der Zeitgeschichte/Fall Kohl (bearb. v. Jakob)................................ 567 BVerwG: Veräußerung volkseigener Grundstücke in Privateigentum und Rückübertragung nach VermG (bearb. v. Schmidt)...................... 569 BVerwG: Unwirksame Abtretung eines Restitutionsanspruchs (Leits.)............................... 571 BVerwG: Eigenständiges Aufenthaltsrecht für ausländische Ehegatten (Leits.)................. 571 BVerwG: Planfeststellung und Rechte eines Naturschutzvereins (Leits.)...................... 571 OVG Weimar: Bauplanung für Sondergebiet Windkraftanlagen (bearb. v. Otto)........................ 572 OVG Frankfurt (Oder): Einbeziehung von Grundstücken in Landschaftsschutzgebiet (Leits.)................ 573 OVG Greifswald: Unterschiedliche Abwasserbeitragssätze für altangeschlossene und neu anschließbare Grundstücke verfassungswidrig (Leits.).......... 573 06 Sozialrecht BSG: Unfallrenten von DDR-Bestandsrentnern (bearb. v. Vock)................................ 574 BSG: Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz/hier: Agraringenieur (Leits.)......................................... 575 BSG: Betriebliche Voraussetzung für Einbeziehung in Altersversorgung der technischen Intelligenz (Leits.)......................................... 576 LSG Berlin: Anrechnung von Lebensversicherungen auf Arbeitslosenhilfe (Leits.).................... 576 SG Berlin: Sonderkündigungsrecht bei Beitragserhöhung infolge einer Krankenkassenfusion (Leits.)....... 576 Verfahrensfortgang..................... 576 NJ aktuell.................................... Buchumschau................................ Veranstaltungstermine..................... VII Unseren Leserinnen und Lesern wünschen wir ein frohes Weihnachtsfest und ein gesundes neues Jahr! III VI Redaktion: Rechtsanwältin Adelhaid Brandt (Chefredakteurin) Barbara Andrä Redaktionsanschrift: Französische Str. 13, 10117 Berlin Tel.: (030) 22 32 84-0 Fax: (030) 22 32 84 33 E-Mail: neuejustiz@aol.com http://www.nomos.de Erscheinungsfolge: einmal monatlich Bezugspreise: Jahresabonnement 129, jeweils inkl. MwSt., zzgl. Porto und Versandkosten Vorzugspreis: (gegen Nachweis) für Studenten jährlich 35, inkl. MwSt., zzgl. Porto und Versandkosten Einzelheft: 14, inkl. MwSt., zzgl. Porto und Versandkosten Bestellungen beim örtlichen Buchhandel oder direkt bei der NOMOS Verlagsgesellschaft Baden-Baden. Abbestellungen bis jeweils 30. September zum Jahresende. Verlag, Druckerei: Nomos Verlagsgesellschaft Waldseestr. 3-5, 76530 Baden-Baden, Tel.: (0 72 21) 21 04-0 Fax: (0 72 21) 21 04-27 Anzeigenverwaltung und Anzeigenannahme: sales friendly Bettina Roos Reichsstr. 45-47, 53125 Bonn, Tel.: (0 2 28) 9268835 Fax: (0 2 28) 9268836 E-Mail: roos@sales-friendly.de Urheber- und Verlagsrechte: Die in dieser Zeitschrift veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Das gilt auch für die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; diese sind geschützt, soweit sie vom Einsender oder von der Redaktion erarbeitet und redigiert worden sind. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlags verwendet werden. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. ISSN 0028-3231 Redaktionsschluss: 15. November 2004 Neue Justiz Zeitschrift für Rechtsentwicklung und Rechtsprechung in den Neuen Ländern 58. Jahrgang, S. 529-576 NJ-Abonnentenservice: Die Volltexte der kommentierten und im Leitsatz abgedruckten Entscheidungen können Sie in der Redaktion unter Angabe der Registrier-Nummer kostenlos bestellen. Fax (0 30) 22 32 84 33 NJ 12/04 II

NJ aktuell Heft 12/2004 Bundesgerichte BVerfG: Neuregelung der Parteienfinanzierung ist verfassungswidrig Bundestag und Bundesrat haben mit der ab 1.1.2005 geltenden Neufassung des 18 Abs. 4 Satz 3 PartG gegen das Recht auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb der Parteien Graue Panther und Ökologisch-Demokratische Partei verstoßen, soweit danach einer politischen Partei, die bei der jeweils letzten Europa- und Bundestagswahl weniger als 0,5 v.h. der abgegebenen gültigen Stimmen erzielt hat, ein Anspruch auf staatliche Mittel gem. 18 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 PartG nur dann zusteht, wenn sie bei mind. drei der jeweils letzten Landtagswahlen 1,0 v.h. («Drei-Länder-Quorum«) oder bei einer der letzten Landtagswahlen 5,0 v.h. der für die Listen abgegebenen gültigen Stimmen erreicht hat. Dies entschied das BVerfG mit Urt. v. 26.10.2004 (2 BvE 1/02 u. 2/02). Dazu heißt es: Das Recht der Parteienfinanzierung darf das Entstehen neuer Parteien nicht über Gebühr erschweren und die Betätigung kleiner Parteien nicht unangemessen beeinträchtigen. 18 Abs. 4 Satz 3 PartG wird diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht. Die Neuregelung erschwert das Entstehen kleiner Parteien und ihre Behauptung im politischen Wettbewerb. Das»Drei-Länder-Quorum«setzt politische Parteien, deren Programm in Übereinstimmung mit der Verfassung und dem PartG auf ein einzelnes Land ausgerichtet ist, im politischen Wettbewerb gegenüber länderübergreifend agierenden Mitbewerbern gleichheitswidrig zurück. (aus: Pressemitteilung des BVerfG Nr. 94/04 v. 26.10.2004) BVerfG: Unterschriftenquorum bei Wahlen von Arbeitnehmervertretern zum Aufsichtsrat mit GG unvereinbar In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren einer Gewerkschaft und vier wahlberechtigter Arbeitnehmer der Deutschen Bahn AG hat das BVerfG mit Beschl. v. 12.10.2004 (1 BvR 2130/98) entschieden, dass 12 Abs. 1 Satz 2 MitbestimmungsG (MitbestG) v. 4.5.1976 idf der Gesetze v. 26.6.1990 u. v. 23.7.2001 mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar ist. Dem Gesetzgeber wurde aufgegeben, bis zum 31.12.2005 eine verfassungsmäßige Regelung zu treffen. Die Vorschrift ist bis zum In-Kraft-Treten einer gesetzlichen Neuregelung weiter anwendbar. Darauf in der zurückliegenden Zeit gestützte Entscheidungen können verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden. Das in 12 Abs. 1 Satz 2 MitbestG enthaltene Unterschriftenquorum (10% oder 100 Unterschriften der wahlberechtigten Gruppenangehörigen) beschränkt so das BVerfG die Gleichheit des Wahlvorschlagsrechts. Die durch das Unterschriftenquorum hervorgerufene Ungleichbehandlung ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Es lässt sich nicht damit rechtfertigen, die Arbeitnehmerseite solle möglichst nur von einer Gewerkschaft repräsentiert werden, um ein Gegengewicht zur geschlossenen Arbeitgeberseite zu erzeugen. Das Unterschriftenquorum ist unangemessen hoch. Es ist nicht erforderlich, um einer Stimmenzersplitterung entgegenzuwirken. Vielmehr werden»mittelgroße«gewerkschaften durch das Quorum ungerechtfertigt benachteiligt. Denn die Zahl der für eine Wahlteilnahme benötigten Unterschriften steht in keinem angemessenen Verhältnis zur Zahl der für einen Wahlerfolg erforderlichen Stimmen. Ein auf den Betrieb bezogen unverhältnismäßig hohes Quorum führt auch zu einer Verzerrung der Chancengleichheit. (aus: Pressemitteilung des BVerfG Nr. 97/04 v. 4.11.2004) BGH: Trittschallschutz in Altbau-Mietwohnung Der BGH hatte über die Frage zu entscheiden, ob der Vermieter einer Altbauwohnung bei der Aufstockung seines Hauses um ein weiteres Wohngeschoss verpflichtet ist, eine Trittschalldämmung einzubauen, die den im Zeitpunkt der Aufstockung hierfür geltenden technischen Anforderungen entspricht. Der BGH entschied mit Urt. v. 6.10.2004 (VIII ZR 355/03), dass der Mieter einer Altbauwohnung ohne eine dahingehende vertragliche Regelung zwar grundsätzlich nicht verlangen kann, dass der Vermieter die Wohnung in einen Zustand versetzt, der dem Stand der Technik bei Abschluss des Mietvertrags entspricht. Nimmt der Vermieter jedoch bauliche Veränderungen vor, die Lärmimmissionen zur Folge haben, so kann der Mieter erwarten, dass Lärmschutzmaßnahmen getroffen werden, die den Anforderungen der zur Zeit des Umbaus geltenden DIN-Normen genügen. Da im zu entscheidenden Rechtsstreit die vorhandene Trittschalldämmung nach den Feststellungen des BerufungsG diesen Anforderungen nicht genügt, war die Verurteilung der Bekl. zur Herstellung eines normalen Trittschallschutzes von 53 db nicht zu beanstanden. Anspruch auf erhöhten Schallschutz mit einem Grenzwert von 46 db hat der Mieter dagegen nicht schon deswegen, weil die Mietwohnung vor der Aufstockung in der»endetage«gelegen und deshalb keinerlei von darüber liegendem Wohnraum ausgehenden Trittschallbelästigung ausgesetzt war. (aus: Pressemitteilung des BGH Nr. 111/04 v. 6.10.2004) BGH: Wirksamkeit einer Schönheitsreparaturklausel Die Bekl. war Mieterin einer Wohnung der Kl., einer Wohnungsbaugenossenschaft. Nach dem von der Kl. verwendeten Mietvertragsformular hat der Mieter die Schönheitsreparaturen auszuführen. Die Allgemeinen Vertragsbedingungen der Kl. zum Mietvertrag (AVB) enthalten u.a. folgende Regelungen:»Nr. 5 Erhaltung der überlassenen Räume (2) Die vom Mitglied gem. 3 Abs. 8 des Vertrages übernommenen Schönheitsreparaturen sind während der Dauer des Vertrags ohne besondere Aufforderung fachgerecht auszuführen Die Schönheitsreparaturen sind spätestens nach Ablauf folgender Zeiträume auszuführen: in Küchen, Bädern und Duschen alle drei Jahre in Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten alle fünf Jahre in anderen Nebenräumen alle sieben Jahre. (3) Läßt in besonderen Ausnahmefällen der Zustand der Wohnung eine Verlängerung der nach Abs. 2 vereinbarten Fristen zu oder erfordert der Grad der Abnutzung eine Verkürzung, so ist die Genossenschaft auf Antrag des Mitgliedes verpflichtet, im anderen Fall aber berechtigt, nach billigem Ermessen die Fristen des Planes bzgl. der Durchführung einzelner Schönheitsreparaturen zu verlängern oder zu verkürzen.«bei Beendigung des Mietverhältnisses am 30.4.2002 befand sich die Wohnung in einem stark abgenutzten Zustand. Die Bekl. zog aus der Wohnung aus, ohne Schönheitsreparaturen vorgenommen zu haben. Die Kl. hat von der Bekl. Renovierungskosten auf der Grundlage eines Kostenvoranschlags und Schadensersatz wegen entgangener Mieteinnahmen für die Monate Mai bis Juli 2002 verlangt. Sie hat in der Wohnung zwischenzeitlich Umbauarbeiten vorgenommen. Das AG hat der Klage mit Ausnahme des Schadensersatzanspruchs wegen Mietausfalls für Juli 2002 stattgegeben. Auf die Berufung der Bekl. hat das LG die Klage insgesamt mit der Begründung abgewiesen, die Regelung in Nr. 5 Abs. 2 u. 3 AVB sei unwirksam, da sie es dem Vermieter ermögliche, den Mieter auch für eine Abnutzung der Wohnung vor Beginn des Mietverhältnisses in Anspruch zu nehmen. III

Auf die Revision der Kl. hat der BGH mit Urt. v. 20.10.2004 (VIII ZR 378/03) das Urteil des AG wiederhergestellt. Der BGH hat die vertragliche Verpflichtung zu Schönheitsreparaturen als wirksam angesehen. Die Klausel in Nr. 5 Abs. 2 AVB der Kl. ist so zu verstehen, dass die Fristen zur Ausführung der Schönheitsreparaturen erst ab Beginn des Mietverhältnisses zu laufen beginnen. Es handelt sich auch nicht um einen ggf. unzulässigen»starren«fristenplan, der den Mieter ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Zustand der Wohnung zur Renovierung verpflichtet. Denn der Mieter hat einen Anspruch nach Nr. 5 Abs. 3 der AVB auf Verlängerung der Renovierungsfristen, wenn der Zustand der Wohnung dies zulässt. Hiervon ausgehend sah der BGH den Anspruch auf Erstattung von Renovierungskosten trotz des mittlerweile vorgenommen Umbaus der Wohnung als begründet an. Er hat dabei an seiner Rspr. festgehalten, dass der Erfüllungsanspruch des Vermieters auf Vornahme der Schönheitsreparaturen sich im Falle der Vornahme von Umbauarbeiten im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in einen Ausgleichsanspruch in Geld umwandelt, falls der Mietvertrag nichts anderes bestimmt. Der Anspruch ist der Höhe nach durch die Kosten begrenzt, die der Mieter ohne die Umbaumaßnahmen hätte aufwenden müssen; andererseits ist er insoweit zu kürzen, als durch den Umbau Renovierungsaufwand entfallen ist, etwa infolge einer umbaubedingten Verkleinerung der Wohnfläche. (aus: Pressemitteilung des BGH Nr. 117/04 v. 20.10.2004) BGH: Widerrufsrecht bei Internet-Auktionen gewerblicher Anbieter (ebay) Der gewerblich tätige Kl. stellte auf der Internetseite der Firma ebay ein»15,00 ct. Diamanten-Armband ab 1 «zur Versteigerung ein. Der Bekl. gab das höchste Gebot ab, verweigerte dann jedoch die Abnahme und Bezahlung des Armbands. Die auf Zahlung des Kaufpreises gerichtete Klage des Händlers war in den Vorinstanzen erfolglos. Der BGH hat mit Urt. v. 3.11.2004 (VIII ZR 375/03) die Revision des Kl. zurückgewiesen. Gem. 312d Abs. 1 BGB steht einem Verbraucher, der von einem Unternehmer Waren oder Dienstleistungen aufgrund eines Fernabsatzvertrags bezieht, grundsätzlich ein befristetes Widerrufsrecht zu. Im Vordergrund des Rechtsstreits stand die Frage, ob dieses Widerrufsrecht bei Internet-Auktionen gem. 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB ausgeschlossen ist. Nach dieser Vorschrift besteht das Widerrufsrecht nicht bei Fernabsatzverträgen, die»in der Form von Versteigerungen ( 156)«geschlossen werden. Diese Voraussetzung hat der BGH hinsichtlich der Internet-Auktion von ebay mit der Begründung verneint, hier liegt aufgrund der rechtlichen Ausgestaltung des Vertragsschlusses nicht die Form der Versteigerung vor, die in 156 BGB geregelt ist und damit unter die Ausschlussregelung des 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB fällt. Gem. 156 Satz 1 BGB kommt bei einer Versteigerung der Vertrag erst durch den Zuschlag des Versteigerers zustande. An einem solchen Zuschlag fehlte es bei der vorliegenden Internet-Auktion von ebay. Der Vertrag kam hier durch ein verbindliches Verkaufsangebot des Kl. und die Annahme dieses Angebots durch das Höchstgebot des Bekl. also nicht durch einen Zuschlag nach 156 BGB zustande. Solche Formen des Vertragsschlusses, die von 156 BGB abweichen, werden nicht von dem Ausschluss des Widerrufsrechts nach 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB erfasst. Dafür sprechen zunächst die ausdrückliche Bezugnahme im Gesetzestext auf 156 BGB und der Charakter der Vorschrift als einer grundsätzlich eng auszulegenden Ausnahmebestimmung. Darüberhinaus fordert aber auch der Zweck des im Interesse des Verbraucherschutzes geschaffenen Widerrufsrechts eine enge Auslegung der Ausschlussregelung, da der Verbraucher, der einen Gegenstand bei einer Internet-Auktion von einem gewerblichen Anbieter erwirbt, den gleichen Risiken ausgesetzt und in gleicher Weise schutzbedürftig ist wie bei anderen Vertriebsformen des Fernabsatzes. (aus: Pressemitteilung des BGH Nr. 127/04 v. 3.11.2004) IV BGH: Unfallersatztarife auf dem Prüfstand In der Praxis hat sich ein besonderer Tarif für Ersatzmietwagen nach Unfällen entwickelt. Dem BGH liegen dazu mehrere Revisionen vor, in denen die Erstattungsfähigkeit dieses gegenüber dem»normaltarif«teureren»unfallersatztarifs«in Frage gestellt wird. In den ersten beiden dazu ergangenen Entscheidungen (Urteile v. 12.10.2004 [VI ZR 151/03] u. v. 26.10.2004 [VI ZR 300/03]) hat der BGH an seiner bish.rspr. festgehalten, wonach der Geschädigte nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung verstößt, weil er ein Kfz zu einem»unfallersatztarif«anmietet, der gegenüber einem»normaltarif«teurer ist, solange dies dem Geschädigten nicht ohne weiteres erkennbar ist. Er hat jedoch klargestellt, dass dieser Grundsatz keine uneingeschränkte Geltung beanspruchen kann, wenn sich ein besonderer Tarif für Ersatzmietwagen nach Unfällen entwickelt hat, der nicht mehr maßgeblich von Angebot und Nachfrage bestimmt wird. Dann kann aus schadensrechtlicher Sicht der zur Herstellung»erforderliche«Geldbetrag nicht ohne weiteres mit dem»unfallersatztarif«gleichgesetzt werden. Ein solcher Tarif muss daher nur erstattet werden, soweit der Tarif nach seiner Struktur als»erforderlicher«aufwand zur Schadensbeseitigung angesehen werden kann. Dies kann nur der Fall sein, wenn die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem»normaltarif«höheren Preis aus betriebswirtschaftlicher Sicht rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach 249 BGB erforderlich sind. Ist das nicht der Fall, kommt es für den Ersatzanspruch des Geschädigten darauf an, ob ihm ein günstigerer»normaltarif«zugänglich war. (aus: Pressemitteilung des BGH Nr. 134/04 v. 11.11.2004) BGH: Zur Entschädigung wegen menschenunwürdiger Unterbringung in JVA Der Kl. verbüßte eine Freiheitsstrafe. Vom 10. bis 12.7.2001 befand er sich als sog. Durchgangsgefangener in der JVA Hannover. Er war in einem 16 qm großen Haftraum mit vier weiteren Gefangenen untergebracht. Der Raum war mit einem Etagenbett, drei Einzelbetten, fünf Stühlen, zwei Tischen und zwei Spinden ausgestattet; ein Waschbecken und eine Toilette waren mit einem Sichtschutz abgetrennt. Die Inhaftierten durften den Haftraum täglich für eine Stunde zum Hofgang verlassen. Auf Antrag des Kl. stellte das LG die Rechtswidrigkeit der Unterbringung fest. Im Amtshaftungsprozess hat der Kl. das bekl. Land auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung (mind. 200 ) in Anspruch genommen. Das OLG wies die Klage ab. Die Revision blieb erfolglos. Der BGH stellte mit Urt. v. 4.11.2004 (III ZR 361/03) fest, dass die Unterbringung des Kl. rechtswidrig gewesen war sowie gegen das Gebot der menschenwürdigen Behandlung Strafgefangener verstoßen hatte und dass dadurch eine schuldhafte Amtspflichtverletzung gegenüber dem Kl. begangen wurde. Der III. Zivilsenat sah jedoch keine durchgreifenden Bedenken dagegen, einen Entschädigungsanspruch von dem weiteren Erfordernis abhängig zu machen, dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise ausgeglichen werden kann. Auch im Anwendungsbereich der EMRK ist anerkannt, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung isd Art. 3 EMRK nur und erst vorliegt, wenn sie ein Mindestmaß an Schwere erreicht. Das BerufungsG hat ausgeführt, dass der Kl. selbst nicht geltend mache, der rechtswidrige Zustand habe ihn nachhaltig belastet. Er habe über die mit den räumlichen Verhältnissen unvermeidlich verbundenen Belästigungen hinaus keine Beeinträchtigungen erlitten. Dem Missstand habe zudem keine schikanöse Absicht, sondern eine akute, aus der Überbelegung resultierende Zwangslage zugrunde gelegen. Eingriffsintensität und Verschulden seien insgesamt als gering zu bewerten. Diese Feststellungen waren revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. (aus: Pressemitteilung des BGH Nr. 128/04 v. 4.11.2004)

BAG: Sonderkündigungsschutz von Betriebsratsmitgliedern bei Massenänderungskündigungen Das BAG hat mit Urt. v. 7.10.2004 (2 AZR 81/04) seine bish.rspr. bestätigt, dass der besondere Kündigungsschutz nach 15 KSchG uneingeschränkt auch bei sog. Massenänderungskündigungen gilt. Auch wenn der Arbeitgeber aus betriebsbedingten Gründen allen oder der Mehrzahl der Arbeitnehmer des Betriebes kündigt und ihnen eine Weiterarbeit zu schlechteren Arbeitsbedingungen anbietet, rechtfertigt ein solcher Massentatbestand nicht ausnahmsweise eine ordentliche Kündigung gegenüber Betriebsratsmitgliedern und den anderen durch 15 KSchG geschützten Amtsträgern. 15 KSchG schließt abgesehen von den Sonderfällen der Betriebsstilllegung und der Stilllegung einer Betriebsabteilung ( 15 Abs. 4 u. 5 KSchG) eine ordentliche Kündigung gegenüber diesem Personenkreis völlig aus und lässt nur eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund zu. (aus: Pressemitteilung des BAG Nr. 72/04 v. 28.10.2004) BAG: Altersteilzeit in der Insolvenz Bei Altersteilzeit im Blockmodell arbeitet der Arbeitnehmer während der ersten Hälfte des Altersteilzeitverhältnisses voll (Arbeitsphase) und während der zweiten Hälfte nicht (Freistellungsphase). Er erhält durchgängig die Hälfte seines Arbeitsentgelts und einen Aufstockungsbetrag zum Nettoeinkommen. Die während der Freistellungsphase zu leistenden Zahlungen sind, wie das BAG nunmehr mit Urteilen v. 19.10.2004 (9 AZR 645 u. 647/03) entschieden hat, eine in der Fälligkeit hinausgeschobene Vergütung für die während der Arbeitsphase geleistete, über die hälftige Arbeitszeit hinausgehende Tätigkeit. Das hat in der Insolvenz zur Folge, dass Forderungen, die auf Zeiträume vor der Eröffnung entfallen, lediglich Insolvenz- und keine Masseforderungen sind ( 108 Abs. 2, 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Wird das Insolvenzverfahren während der Freistellungsphase eröffnet, sind die nach der Eröffnung zu leistenden Zahlungen Insolvenzforderungen; wird es während der Arbeitsphase eröffnet, ist die nach der Eröffnung verdiente Vergütung Masseforderung. Sie ist dann in der Freistellungsphase»spiegelbildlich«zu dem Zeitraum der Arbeitsphase auszuzahlen, in dem sie verdient wurde. Hinsichtlich dieser Masseforderungen ist auch ein Betriebserwerber, auf den das Altersteilzeitarbeitsverhältnis übergegangen ist, zur Zahlung verpflichtet. Für Insolvenzforderungen haftet er dagegen nicht. (aus: Pressemitteilung des BAG Nr. 76/04 v. 28.10.2004) BAG: Sozialauswahl bei Stilllegung/Veräußerung von Betriebsteilen Der Kl. war bei einer GmbH beschäftigt. Diese betrieb einen Handel mit Schiffsarmaturen und einen Stahlhandel. Der Kl. war im Bereich Armaturenhandel eingesetzt. Über das Vermögen der GmbH wurde am 13.3.2002 das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet, der Bekl. zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Am 27.3.2002 beschloss die GmbH mit Zustimmung des Bekl. die Stilllegung des Betriebsteils Armaturen. Im Mai 2002 kündigte die GmbH mit Zustimmung des Bekl. dem Kl. aus betriebsbedingten Gründen. Der Betriebsteil Stahlhandel wurde am 1.6.2002 veräußert. Die gegen die Kündigung gerichtete Klage des Kl. haben die Vorinstanzen abgewiesen. Auf die Revision des Kl. hob das BAG mit Urt. v. 28.10.2004 (8 AZR 391/03) das LAG-Urteil auf und gab der Kündigungsschutzklage statt: Nach 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG ist vor Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung eine auf den gesamten Betrieb bezogene Sozialauswahl durchzuführen. Dies gilt auch dann, wenn ein Betriebsteil stillgelegt und der andere Betriebsteil auf einen Erwerber übertragen werden soll. Bei der betriebsbedingten Kündigung eines Arbeitnehmers des stillzulegenden Betriebsteils ist daher bei der Sozialauswahl auch ein vergleichbarer Arbeitnehmer zu berücksichtigen, der zur Zeit der Kündigung dem später zu übertragenden Betriebsteil angehört. 613a Abs. 4 BGB steht dem nicht entgegen. (aus: Pressemitteilung des BAG Nr. 79/04 v. 28.10.2004) Landesgerichte VerfGH Berlin: Vorschriften im HochschulG Bln. teils verfassungswidrig 35 HochschulG Bln. idf v. 30.1.2003 war durch 9. ÄndG in mehreren Punkten geändert worden. So wurden die Universitäten verpflichtet, Verfahren zur Feststellung der Eignung von Fachhochschulabsolventen für die Teilnahme am Promotionsverfahren nur im Einvernehmen mit den Fachhochschulen des Landes zu bestimmen. Ferner wurde als mündliche Promotionsleistung ausschließlich die Disputation als Verteidigung der Dissertation sowie die Bewertung der Dissertation von mindestens einem Gutachter, der nicht der entsprechenden wissenschaftlichen Hochschule angehört, vorgeschrieben. Auf die Verfassungsbeschwerden der drei Berliner Universitäten entschied der VerfGH Berlin mit Urt. v. 1.11.2004 (210/03), dass diese Änderungen des Promotionsrechts verfassungswidrig und nichtig sind, da sie gegen die in Art. 21 Satz 1 VvB gewährleistete Wissenschaftsfreiheit verstoßen. Weitere Gesetzesänderungen, wie die Vorgaben, Fachhochschulprofessoren als Gutachter oder Prüfer im Promotionsverfahren von FH-Absolventen zuzulassen und die Ehrendoktorwürde auf die Verleihung von wissenschaftlichen Verdiensten zu beschränken, hielt der VerfGH hingegen für verfassungsgemäß. (aus: Pressemitteilung des VerfGH Berlin v. 1.11.2004) LG Berlin: Rückabwicklung der Finanzierung einer Beteiligung am Drei-Länder-Fonds durch Bankgesellschaft Berlin Bei dem Drei-Länder-Fonds DLF 94/17 (Immobilienfonds) handelt es sich um einen der kapitalkräftigsten Fonds Deutschlands. Die Berliner Bank, deren Rechtsnachfolgerin die Bankgesellschaft Berlin ist, finanzierte einem großen Teil der Anleger den Erwerb derartiger Engagements. Ein Ehepaar hatte Anf. 1996 einen Fonds-Anteil von 100.000 DM erworben. Es wehrte sich erfolgreich gegenüber der finanzierenden Bank mit der Behauptung, ein Vertreter des Allgemeinen Wirtschaftsdienstes (AWD) hätte sie unaufgefordert angerufen und im Rahmen eines Hausbesuchs über die Vorteile einer Beteiligung an dem Fonds und der vollständigen Finanzierung durch die Bank überzeugt. Das LG Berlin hat mit Urt. v. 6.10.2004 (4 O 125/03) den Anlegern ein Widerrufsrecht nach dem damals geltenden HausTWG eingeräumt, weil sie in einer sog. Haustürsituation auch zum Abschluss des Darlehnsvertrags bestimmt und nicht ordnungsgemäß aufgeklärt wurden. Die Bank bediente sich systematisch der Vertriebsorganisation des AWS und hätte daher die Pflicht gehabt, sich rechtzeitig über die konkreten Umstände des Vertragsabschlusses zu erkundigen. Da Darlehnsvertrag und der Erwerb der Anteile an dem Fonds ein verbundenes Geschäft isv 9 Abs. 1 VerbrKrG af sind, erhalten die Anleger ihre Einzahlungen zurück und müssen der Bank nur ihren Fonds-Anteil übertragen. (aus: Pressemitteilung des Kammergerichts Nr. 45/04 v. 6.10.2004) LG Berlin: Schuldspruch im wohl letzten Mauerschützen-Prozess Am 9.11.2004 hat die 40. große Strafkammer des LG Berlin im wahrscheinlich letzten Mauerschützen-Prozess vier frühere Angehörige der DDR-Grenztruppen wegen Beihilfe zum mehrfachen Mord und Beihilfe zum versuchten Mord schuldig gesprochen. Das Gericht hat festgestellt, dass die Angekl. als Angehörige der Abt. Pionierwesen des Grenzkommandos Nord der Grenztruppen, welche u.a. für die Installation und Wartung der sog. Selbstschussanlagen SM-70 zuständig war, (mit-)verantwortlich für den Tod und die Verletzung mehrerer Menschen in den Jahren 1974, 1976, 1981 u. 1983 sind. Unter Anwendung des 25 StGB/DDR sah es von der Verhängung einer Strafe ab, da die Taten lange Zeit zurückliegen, alle Angekl. ihr Bedauern über die Opfer geäußert und nur der mittleren Ebene einer Befehlsstruktur angehört haben. (aus: Pressemitteilung des Kammergerichts Nr. 48/04 v. 9.11.2004) V

OVG Berlin: Keine Beteiligung des Stellenpoolpersonalrats bei Versetzungen von Überhangkräften zum Stellenpool Das am 1.1.2004 in Kraft getretene StellenpoolG (StPG) ist rechtlich umstritten. Personalvertretungsrechtlich herrscht Streit, ob der Personalrat der Behörde Stellenpool (»Zentrales Personalüberhangmanagement«) an der»versetzung«von Dienstkräften zum Stellenpool zu beteiligten ist oder nur der Personalrat derjenigen Dienststelle, der die Überhangdienstkraft bisher angehörte. Nach allgemeinem Personalvertretungsrecht hätte der Stellenpool-Personalrat mitbestimmen dürfen, während der Personalrat der bisherigen Dienststelle laut StPG nur mitwirken darf. Der Hauptpersonalrat, der als sog. Übergangspersonalrat für den noch nicht konstituierten Personalrat des Stellenpools fungiert, hatte beantragt festzustellen, auch er sei zu beteiligen; er habe ein Mitbestimmungsrecht. Das VG hatte diesen Antrag abgelehnt. Das OVG hat mit Beschl. v. 9.11.2004 (60 PV 7/04) die Beschwerde des Hauptpersonalrats zurückgewiesen. Das StPG enthält eine Sonderregelung, die bei Versetzungen von Überhangkräften zum Stellenpool für den Personalrat dieser Behörde weder ein Mitwirkungs- noch ein Mitbestimmungsrecht vorsieht. Diese Regelung ist sowohl mit den rahmenrechtlichen Vorgaben des BPersVG wie mit dem GG und der VvB vereinbar. Die Rechtsbeschwerde zum BVerwG wurde zugelassen. (aus: Pressemitteilung des OVG Berlin Nr. 36/04 v. 9.11.2004) Zum zentralen Stellenpool in Berlin siehe R. Gottwald, NJ 2004, 197 ff. OVG Frankfurt (Oder): Erfolgloser Eilantrag eines der letzten Bewohner der früheren Gemeinde Horno Der Ast. gehört zu den letzten noch nicht umgesiedelten Einwohnern der früheren Gemeinde Horno (jetzt Ortsteil der Gemeinde Jänschwalde). Zur weiteren Fortführung des Braunkohleabbaus bei Jänschwalde ließ das Landesbergamt im Dez. 2003 den Hauptbetriebsplan 2004/05 zu und ordnete die sofortige Vollziehung dieser Zulassungsentscheidung an. Gegen die Vollziehungsanordnung suchte der Ast. um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach und machte vor allem geltend, dass der Hauptbetriebsplan keine Vorkehrungen zum Schutz vor möglichen Gesundheitsgefahren enthalte, die von dem Tagebaubetrieb ausgingen. Das VG Cottbus lehnte den Eilantrag ab. Seine Beschwerde hat das OVG mit Beschl. v. 14.10.2004 (4 B 228/04) zurückgewiesen. Die fehlende Anbringung von Schutzvorkehrungen im Hauptbetriebsplan für die noch in Horno lebenden Einwohner wegen möglicher Beeinträchtigungen ist nicht zu beanstanden. Schutzvorkehrungen können ggf. nach Maßgabe des BBergG auch im Wege nachträglicher Auflagen angebracht werden. Soweit es um die unmittelbare Inanspruchnahme der Grundstücke des Ast. selbst geht, sind diese Fragen im Rahmen eines Grundabtretungsverfahrens zu klären. (aus: Pressemitteilung des OVG Frankfurt [Oder] v. 19.10.2004) Personalnachrichten Bundesverfassungsgericht Als Nachfolger von Dr. h.c. Renate Jäger, die am 1.11.2004 ihr neues Amt als Richterin am EGMR in Straßburg angetreten hat, trat der bisherige RiBGH Dr. Reinhard Gaier in den Ersten Senat des BVerfG ein. (aus: Pressemitteilung des BVerfG Nr. 96 v. 29.10.2004) Bundesverwaltungsgericht Der seit 1991 als Richter am BVerwG tätige Dr. Ulrich Storost ist zum Vors. Richter am BVerwG ernannt worden und steht nunmehr dem für das Flurbereinigungsrecht, für Teile des Fachplanungsrechts und das Abgabenrecht zuständigen 9. Revisionssenat vor. (aus: Pressemitteilungen des BVerwG Nr. 59/04 v. 13.10.2004) Buchumschau Christoph Gebauer/Norbert Schneider (Hrsg.) AnwaltKommentar RVG Rechtsanwaltsvergütungsgesetz Deutscher Anwaltverlag, 2. Aufl., Bonn 2004 1.865 S., geb., Subskr.preis 80, (bis 15.12.2004), danach 98, ISBN 3-8240-0580-8 Der bisherige»anwaltkommentar BRAGO«erscheint zum In-Kraft- Treten des neuen RVG in völliger Neubearbeitung und berücksichtigt den Stand der Gesetzgebung zum 1.9.2004. Vollständig kommentiert werden der Paragraphenteil des RVG und das Vergütungsverzeichnis. Im Anschluss an die jeweilige RVG-Vorschrift wird, soweit vorhanden, die jeweilige Entsprechung in der BRAGO aufgeführt. Enthalten sind u.a. eine Kurzsynopse RVG/BRAGO und hilfreiche Gebührentabellen. Heinz Hansens/Anton Braun/Norbert Schneider Praxis des Vergütungsrechts ZAP Verlag für die Rechts- und Anwaltspraxis, Recklinghausen 2004 1.440 S., geb., mit CD-ROM, 92,. ISBN 3-89655-111-6 Das ZAP-Arbeitsbuch ist keine RVG-Kommentierung im herkömmlichen Sinne, die sich 1:1 am Gesetzesaufbau orientiert. Die Autoren stellen vielmehr auch unter Auswertung der bisherigen Kommentare Anwaltsgebühren, Gegenstandswerte, Kostenerstattung, Gerichts- und Gerichtsvollzieherkosten ausgehend von den jeweils konkreten Tätigkeitsbereichen des Anwalts dar. Enthalten sind u.a. ein Streitwertlexikon, Vergleichberechnungen zwischen RVG und BRAGO und eine CD-ROM mit zahlreichen Mustern und Formulierungsbeispielen. Michael Kleine-Cosack Rechtsberatungsgesetz Kommentar C. F. Müller Verlag, Heidelberg 2004 436 S., geb., 52,. ISBN 3-8114-3107-2 Die Problematik der Rechtsberatung ist durch den vom BMJ nunmehr vorgelegten Diskussionsentwurf zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts wieder in den Blickpunkt des Interesses gerückt. Die Kommentierung gibt einerseits einen Überblick über die aktuelle Rechtsprechung und Literatur zum RBerG; andererseits benennt der Autor deren Schwachstellen und zeigt auf, in welchen Bereichen man sich künftig auf nichtanwaltliche Konkurrenz einstellen muss. Karlheinz Muscheler Das Recht der Eingetragenen Lebenspartnerschaften Handbuch für die gerichtliche, anwaltliche und notarielle Praxis Erich Schmidt Verlag, 2., überarb. u. wesentlich erw. Aufl., Berlin 2004 819 S., geb., 136,. ISBN 3-503-08300-6 Der Band bietet eine umfassende Darstellung des Rechts der Eingetragenen Lebenspartnerschaften. Die 2. Auflage berücksichtigt die gesamte bisher dazu erschienene Rechtsprechung und Literatur. Zugleich wurden die Ausführungsregelungen aller Bundesländer zum LPartG aufgenommen und der Ende Juni 2004 von den Fraktionen der Bundesregierung vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts kritisch vorgestellt. Bernd Tremml/Michael Karger Der Amtshaftungsprozess Amtshaftung Notarhaftung Europarecht Verlag C. H. Beck/Vahlen, 2. Aufl., München 2004 366 S., kart., 34,. ISBN 3-8006-3116-4 Anliegen des Buchs ist es, eine praxisnahe Darstellung zu geben, die neben prozess- und materiellrechtlichen Problemen viele sachrechtliche Fragen behandelt. Dabei gehen die Autoren auch auf das in einem Teil der neuen Bundesländer in modifizierter Form als Landesrecht fortgeltende StHG/DDR ein. Die seit der Vorauflage (1998) ergangene umfängliche Rechtsprechung wurde mit Stand Juni 2004 eingearbeitet. Peter Zimmermann Das neue BauGB Kommentierte Textausgabe mit Synopse Deutscher Anwaltverlag, Bonn 2004 230 S., brosch., 28,. ISBN 3-8240-0711-8 Der Band ist als Hilfsmittel für den baurechtlich orientierten Rechtsanwalt und sonstigen Rechtsanwender gedacht und soll in geraffter VI

Form über die wesentlichen Änderungen des BauGB durch das am 20.7.2004 in Kraft getretene EuroparechtsanpassungsG Bau informieren. Herzstück der Arbeit ist dabei eine tabellarische Synopse des BauGB in seiner bisherigen Form mit den Änderungen durch Art. 1 EAG Bau. Susanne Folkers Ausgewählte Probleme bei sexueller Nötigung und Vergewaltigung aus der Sicht der Praxis Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2004 278 S., brosch., 50,. ISBN 3-8329-0804-8 Das Buch soll Fachleuten als Einstieg in die Regelungen des 177 StGB und zur Vertiefung weitergehender Probleme dieser komplexen Vorschrift sowie als Nachschlagewerk bei der aktuellen Fallbearbeitung dienen. Die als Staatsanwältin tätige Autorin hat für die Bedürfnisse der Praxis zugeschnittene Schwerpunkte gesetzt und umfassend die höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung berücksichtigt. Christian Müller Der Rückgriff gegen Angehörige von Sozialleistungsempfängern Arbeitslosengeld II, Sozialgeld, Sozialhilfe, Grundsicherung Nomos Verlagsgesellschaft, 4., aktual. Aufl., Baden-Baden 2004 197 S., brosch., 26,. ISBN 3-8329-0657-6 Für Sozialhilfeempfänger und ihre Angehörigen stellt sich immer häufiger die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen das Sozialamt erbrachte Geldleistungen von den (potentiell) unterhaltspflichtigen Angehörigen zurückfordern kann. Der Beratungsleitfaden behandelt nach einer Darstellung der Grundzüge des Unterhaltsrechts insbesondere die Möglichkeiten und Grenzen der Inanspruchnahme naher Angehöriger unter Berücksichtigung der zum 1.1.2005 in Kraft tretenden Gesetzesänderungen. Rolf Stober Die Robe ist über der Kleidung zu tragen Neues aus der Welt der Paragraphenreiter mit Zeichnungen von Philipp Heinisch Verlag Neue Wirtschafts-Briefe, Herne 2004 111 S., geb., 24,80. ISBN 3-482-54221-X Dieses Geschenkbuch besteht durchweg aus wahren Geschichten, die das Rechtsleben schrieb. Es wendet sich an alle, die schon immer wussten, wie unendlich kompliziert Juristen denken und weshalb das juristische Studium so lange dauert. In 14 Kapiteln, jeweils eröffnet durch eine Karikatur von Ph. Heinisch, werden Kuriositäten und Kabinettstückchen aus dem juristischen Alltag geschildert, die von Gerichtsentscheidungen in Versform bis zu abstrusen Definitionen aus dem EU-Zollkodex reichen. Weitere Neuerscheinungen: Insolvenzordnung (InsO) Kommentar. Von Eberhard Braun. Verlag C. H. Beck, 2. Aufl., 2004. 1.510 S., in Leinen, 98,. ISBN 3-406-51443-X. Das Opferanspruchssicherungsgesetz Von Stefan Claus. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2004. 264 S., brosch., 46,. ISBN 3-8329-0493-X. Betäubungsmittelstrafrecht Von H.-J. Wagner/U. Kallin/M. Kruse. Nomos Verlagsgesellschaft, 2. Aufl., Baden-Baden 2004. 180 S., brosch., 39,. ISBN 3-8329-0172-8. Drogenschmuggel Hamburger Ansichten einer klandestinen Tätigkeit. Eine Analyse der Außenbetrachtung des Schmuggels legaler und illegaler Drogen seit Mitte des 20. Jahrhunderts. Von Bettina Paul. Verlag für Polizeiwissenschaft, Frankfurt/M. 2004. 418 S., brosch., 32,90. ISBN 3-935979-39-8. Widerspiegelung von ausgewählten Werken der Rawls schen Gerechtigkeitskonzeption in der Landesverfassung Brandenburg Dargestellt anhand der sozialen Rechte auf Bildung und Weiterbildung. Von Susan Förster. Peter Link Verlag, Frankfurt/M. u.a. 2004. 246 S., brosch., 51,50. ISBN 3-631-51971-0. (ausführliche Rezensionen bleiben vorbehalten) Veranstaltungstermine Die Evangelische Akademie Bad Boll veranstaltet vom 14. bis 16. Januar 2005 die Tagung»Jugendliche, Drogen und Kriminalität«. Es sind u.a. folgende Referate vorgesehen: Drogen, Sucht und Rausch individuelle und gesellschaftliche Funktionen (Ref.: Prof. Dr. Heiner Keupp, Universität München) Drogen, Sucht und Rausch biologische und medizinische Aspekte (Ref.: Dr. Gerhard Medicus, Tirol) Drogengebrauch bei jungen Menschen Trends und Erscheinungsformen (Ref.: Klaus Farin, Ltr. des Archivs der Jugendkulturen e.v., Berlin) Die fünf Arbeitsgruppen behandeln folgende Themen: Woran erkenne ich den problematischen Gebrauch legaler und illegaler Drogen bei Jugendlichen? Drogenkonsum unter staatlicher Aufsicht (Spritzentausch, Druckräume, Originalstoffabgabe) Drogenkonsum geschlechtsspezifische und kulturspezifische Aspekte und Konzepte Umgang mit Drogen in der Jugendarbeit: Projekte zur Prävention Reaktionen auf Drogenkonsum Arbeit mit Jugendlichen, für die Drogen ein Problem sind: Projekte, Methoden, Therapieformen Die abschließende Podiumsdiskussion widmet sich folgenden Fragestellungen: Weniger alkohol- und drogenbedingte Kriminalität durch mehr Verbote und Strafen? Ist Prävention der bessere Weg? Was kann Politik gegen Konsummissbrauch tun über Repression hinaus? Tagungsort: Ev. Akademie Bad Boll Tagungsgebühr: 70 Weitere Informationen und Anmeldung: Ev. Akademie Bad Boll, Sekretariat, Gabriele Barnhill-Patrik. Akademieweg 11, 73087 Boll. Tel.: (07164) 79-233, Fax: (07164) 79-5233; E-Mail: gabriele.barnhill@ev-akademieboll.de; Internet: www.ev-akademie-boll.de * Das Institut für Kriminologische Sozialforschung der Universität Hamburg veranstaltet vom 7. bis 11. März 2005 eine Studienwoche (berufsbegleitende Weiterbildung) zum Thema»Gewalt in der Schule Ausprägung, Erklärung, Prävention«. Das Thema»Gewalt in der Schule«wird bereits seit 20 Jahren national und international in unterschiedlicher Intensität diskutiert. Dabei fanden bislang vor allem spektakuläre Fälle (in den letzten Jahren etwa Columbine, Erfurt und Hildesheim) eine massenmediale Beachtung, die ihresgleichen sucht. Als Folge einer solchen Berichterstattung steigt phasenweise die Verunsicherung der Bevölkerung und somit die Handlungsanforderung an die Politik. Mittlerweile existieren zahlreiche wissenschaftliche Erkenntnisse, die wertvolle Hinweise zur Analyse der Ursachen und Eindämmung der Problematik erlauben. In der geplanten Studienwoche sollen kriminologische und interdiszipplinäre Forschungsergebnisse dargestellt und durch einen breit angelegten Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis nutzbar gemacht werden. Hierbei führt der Bogen von den leichten und schweren Formen der Schulgewalt über die Rolle der Massenmedien bei der Entwicklung von Strategien zur Konfliktdeeskalation und Gewaltprävention. Bewerbungsschluss: 7. Januar 2005 Tagungsgebühr: 252 Weitere Informationen: Ursula Kisse, Universität Hamburg, Institut für Kriminologische Sozialforschung, Allende-Platz 1, 20146 Hamburg. Tel.: (040) 42838-6504, Sekr.: (040) 42838-3329, E-Mail: ursula.kisse @uni-hamburg.de. * Das Kommunale Bildungswerk e.v. führt vom 28. Februar bis 1. März 2005 in Berlin folgendes Fachseminar durch:»das Erbbaurecht Seine Anwendung in der kommunalen Praxis«Behandelt werden neben dem gesetzlichen Inhalt und der Verkehrsfähigkeit des Erbbaurechts u.a. auch die Besonderheiten des Erbbaurechts und der Sachenrechtsbereinigung in den neuen Bundesländern. Dozent: Prof. Hanns Flik Seminargebühr: 155 Weitere Informationen: Kommunales Bildungswerk e.v., Gürtelstr. 29 a/30, 10247 Berlin. Tel.: (030) 293350-0, Fax: (030) 293350-39; E-Mail: info@kbw.de; Internet: www.kbw.de VII

Neue Justiz Zeitschrift für Rechtsentwicklung und Rechtsprechung in den Neuen Ländern Chefredakteurin: Rechtsanwältin Adelhaid Brandt Anschrift der Redaktion: Französische Straße 13 10117 Berlin Tel. (030) 2232840 Fax (030) 22328433 12 04 58. Jahrgang Seiten 529-576 Entwicklung der Rechtsprechung zum fremdfinanzierten Erwerb von Immobilien und Fondsanteilen Stefan Fritsche, wiss. Mitarbeiter, Friedrich-Schiller-Universität Jena Im Anschluss an die umfassende Darstellung der Rechtslage beim fremdfinanzierten Erwerb von Immobilien und Fondsanteilen (NJ 2003, 231 ff., 288 ff.) zeichnet der Autor im Folgenden die seither ergangene zahlreiche und vielfach präzisierende Judikatur nach. I. Einleitung Nachdem sich die Hoffnung vieler Anleger, mit Hilfe des Erwerbs von Immobilien und Fondsanteilen angepriesene Steuerersparnisse und Anlagerenditen zu realisieren, aufgrund der wirtschaftlichen Situation insbesondere in den neuen Bundesländern zerschlug, sahen sich die Zivilgerichte einer wahren Prozessflut gegenüber. Sie dokumentiert die Hoffnung der Betroffenen, sich im Zuge der Heininger-Entscheidung 1 und der jüngeren Rechtsprechung zum Geltungsbereich des Art. 1 1 RBerG 2 von ihren vertraglichen Verpflichtungen und den damit verbundenen finanziellen Belastungen zu befreien. Die Judikatur hat diese Hoffnungen nur zum Teil und im Geltungsbereich verbraucherschützender Regelungen anscheinend nur unter dem Druck europarechtlicher Vorgaben erfüllt. Trotz heftiger Kritik 3 ist der BGH von der Tendenz eines»vorsichtigen«verbraucherschutzes bislang (noch) nicht abgewichen, er hat aber seine Rechtsprechung zu den verschiedenen Erwerbsmodellen und den daran angrenzenden Problemen der Rückabwicklung von Leistungen und zwangsweisen Anspruchsdurchsetzung anhand zahlreicher Judikate innerhalb des letzten Jahres präzisiert. II. Die Treuhandmodelle Im Mittelpunkt stehen zunächst die sog. Treuhandmodelle, also rechtliche Konstruktionen, in denen der Anleger den geplanten Immobilien- oder Fondserwerb inklusive der Finanzierung auf der Grundlage eines Geschäftsbesorgungsvertrags und einer umfassenden Vollmacht in die Hände eines Treuhänders gibt. 4 Nach höchstrichterlicher Judikatur ist ein solcher Geschäftsbesorgungsvertrag gem. 134 BGB nichtig, wenn der Geschäftsbesorger nicht den Anforderungen des Art. 1 1 RBerG genügt. 5 Gleichzeitig wird eine innerhalb dieses Vertrags dem Treuhänder erteilte Vollmacht unwirksam. 6 Dies führt allerdings nicht eo ipso auch zur Unwirksamkeit der durch den Treuhänder für den Anleger abgeschlossenen (Verbraucher-)Kreditverträge, denn auf diese erstreckt sich der Schutzbereich von Art. 1 1 RBerG grundsätzlich nicht. Der BGH begründet dies wie folgt:»das Verbot unerlaubter Rechtsberatung richtet sich nicht gegen den Vertragspartner des vertretenen Rechtsuchenden, sondern gegen den Vertreter. Es soll den Rechtsuchenden vor sachunkundi- 1 BGH, NJW 2002, 1881; im Anschl. an EuGH, Urt. v. 13.12.2001, NJW 2002, 281. 2 Grundlegend BGH, NJW 2002, 66. 3 Vgl. im jüngeren Schrifttum: Deutsch, NJW 2003, 2881; Singer, DZWIR 2003, 221; G.Vollkommer, NJW 2004, 818; Hoffmann, ZIP 2004, 49; Arnold/Gehrenbeck, VuR 2004, 41; Reiter/Methner, VuR 2004, 52; in der jüngeren Judikatur: LG Bremen, WM 2002, 1450; LG Bochum, ZIP 2003, 1437; OLG Karlsruhe, ZIP 2003, 109; OLG Bremen, ZIP 2004, 1253. 4 Ausführl. I. Fritsche/S. Fritsche, NJ 2003, 231. 5 St.Rspr. seit BGH, NJW 2001, 70. 6 St.Rspr. seit BGH, NJW 2002, 66. 529

Aufsätze Fritsche, Entwicklung der Rechtsprechung zum fremdfinanzierten Erwerb gen, unbefugten Rechtsberatern schützen, betrifft also das Innenverhältnis zwischen dem Vertreter und dem Vertretenen«. 7 Indes deutet der BGH in einem Urt. v. 3.6.2003 weitergehend an, dass hiervon eine Ausnahme denkbar ist, wenn die kreditierenden Banken»in einer Weise mit dem Rechtsbesorger zusammenarbeiten, dass ihre Tätigkeit als Beteiligung an der unerlaubten Rechtsbesorgung angesehen werden muss«. 8 Der Darlehensvertrag ist also ebenfalls nichtig, wenn sich das vertraglich geschuldete Verhalten des Darlehensgebers als Beteiligung an der Rechtsbesorgung darstellt. 9 Das OLG Celle sah diese Beteiligung dadurch als erwiesen an, dass die kreditierende Bank dem potentiellen Erwerber ein Baufinanzierungskreditprotokoll vorlegte und darin das Verhältnis zwischen dem zu gewährenden und durch eine Grundschuld zu besichernden Kredit und dem Ertragswert der Wohnung darstellte. 10 Dem ist der BGH in der Revisionsentscheidung nicht gefolgt. Begründend führte er aus, dass eine Teilnahme des Darlehensgebers an der Rechtsbesorgung regelmäßig und so auch hier nicht gegeben ist, weil die Vereinbarung eines Darlehensvertrags und die Auszahlung der Darlehensvaluta nicht der Wahrnehmung von Vertragsverhandlungen und -abschlüssen für den Anleger dienen. Sie haben allein den zulässigen Zweck eines Immobilien- oder Anteilserwerbs. 11 Unter Zugrundelegung dieser Prämisse wird es dem Anleger praktisch nur sehr schwer gelingen, die Nichtigkeit des Darlehensvertrags infolge einer Beteiligung der kreditierenden Bank an der unerlaubten Rechtsbesorgung zu begründen. Im Hinblick auf die dem Treuhänder fehlende Vollmacht zum Abschluss des Kreditvertrags für den Erwerber betonte der BGH mehrfach die Geltung der 172 Abs. 2, 171 Abs. 1 BGB. Danach kann sich die allerdings nachweispflichtige 12 Bank auf den Rechtsschein einer wirksamen Vollmacht berufen, wenn ihr die Vollmacht im Original oder (bei notarieller Beurkundung) in Ausfertigung ausgehändigt wurde. 13 Der so vermittelte Gutglaubensschutz gilt sogar dann, wenn der Kreditgeber an der gesetzeswidrigen Tätigkeit des Treuhänders mitgewirkt hat. 14 Entscheidend ist allein, ob die Bank im Moment des Vertragsschlusses Kenntnis von dem Mangel der Vertretungsmacht selbst hatte oder haben musste. 15 Letzteres ist jedenfalls bei Darlehensverträgen, die vor den im Jahr 2000 ergangenen Entscheidungen des BGH datieren, nicht anzunehmen. 16 Darüber hinaus sind neben den 172, 171 BGB auch die Grundsätze über die Duldungs- und Anscheinsvollmacht anwendbar, was insbesondere in den Fällen des fehlgeschlagenen Nachweises der Voraussetzungen von 172, 171 BGB von Bedeutung ist. 17 Allerdings lehnte der BGH in einem Urt. v. 25.3.2003 das Vorliegen einer Duldungsvollmacht ab, weil die Mitwirkungshandlungen des Anlegers (Schweigen auf die Mitteilung der Bank über die Errichtung eines Darlehenskontos zur Vorfinanzierung des Kaufpreises, Erteilung einer Ermächtigung zum Einzug von Forderungen, Vorlage von Gehaltsnachweisen und Steuererklärungen, Unterzeichnung der Sicherungszweckerklärung) lediglich die Vorfinanzierung des Kaufpreises, nicht aber den erst rd. neun Monate später von dem Geschäftsbesorger für den Erwerber abgeschlossenen Darlehensvertrag betrafen, es mithin an einem sachlichen und zeitlichen Bezug mangelte. 18 Dagegen bejahte das OLG Karlsruhe mit Urt. v. 20.1.2004 die Wirksamkeit der Kreditvereinbarung auf der Grundlage einer Duldungsvollmacht, obwohl es an einem mehrfachen Handeln des vermeintlichen Vertreters fehlte. 19 Maßgeblich war bereits die Tatsache, dass dieser Vertreter mit dem Willen des Vertretenen auftrat. Nach Auffassung des Gerichts wurde der Rechtsschein durch die 530 eigenhändige Unterzeichnung verschiedener Formulare (Übermittlung von Daten an die Schufa und Bankauskunftsverfahren, Ermächtigung zum Einzug von Forderungen durch Lastschriften und die Selbstauskunft nebst Gehaltsunterlagen) sowie die Äußerung eines besonderen Tilgungswunsches für das abzuschließende Darlehen gesetzt. Die kreditierende Bank war demgegenüber schutzwürdig, weil sie zum Zeitpunkt der Darlehensvereinbarung (1995) nicht annehmen konnte, dass die Vollmacht wegen des Verstoßes gegen das RBerG unwirksam sei. 20 Vor allem Letzteres stößt in der untergerichtlichen Judikatur 21 und im Schrifttum 22 zunehmend auf Widerstand. Entgegen der vom BGH und OLG Karlsruhe vertretenen Auffassung hätte danach die kreditierende Bank im Rahmen einer ihr gebotenen rechtlichen Prüfung die Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrags und damit auch die Unwirksamkeit der zumeist in derselben Urkunde enthaltenen Vollmacht erkennen können. Sollte der BGH seine allerdings mehrfach bestätigte Rechtsprechung diesbezüglich ändern, kommt den Kreditinstituten bei der Berufung auf Rechtsscheintatbestände eine regelmäßig schwer zu erfüllende Nachweispflicht hinsichtlich ihrer Gutgläubigkeit zu. Zwingend ausgeschlossen ist die allgemeine Rechtsscheinhaftung im Anwendungsbereich des 9 VerbrKrG, 23 weil sie den Grundsätzen über verbundene Geschäfte widerspricht. 24 Die kreditierenden Banken können sich deshalb in einem solchen Fall nicht auf die Grundsätze der Duldungsvollmacht zurückziehen. Offen gelassen hat der BGH, ob dies auch für eine gesetzliche Rechtsscheinvollmacht isv 172, 171 BGB Geltung beansprucht. Der II. Zivilsenat deutete in seiner Entscheidung v. 14.6.2004 eine solche Auslegung immerhin an. 25 Schließlich verstößt die Berufung auf die Unwirksamkeit der von der Treuhänderin abgegebenen Vertragserklärung nach Ansicht 7 BGH, NJW 2003, 2091 (2092). 8 BGH, NJW-RR 2003, 1203 (1205) unter Berufung auf BGH, NJW 1998, 1955. Ein entsprechender Nachweis obliegt dann freilich dem Anleger; vgl. BGH, ZIP 2004, 549 (554). 9 BGH, NJW-RR 2003, 1203 (1205); ZIP 2004, 1188 (1191) mit Hinw. auf die»unfallhilfefälle«; vgl. zuletzt BGH, NJW 2003, 1938. 10 OLG Celle, VuR 2003, 181 (183 f.) mit Anm. Nittel.; ebenfalls zur Nichtigkeit des Darlehensvertrags OLG Naumburg, OLGR Naumburg 2002, 505. 11 BGH, ZIP 2004, 1093 (1096); ebenso BGH, NJW-RR 2003, 1203 (1205). 12 BGH, ZIP 2004, 1188 (1191). Nach BGH, ZIP 2004, 549 (554), reicht die Vorlage einer Ablichtung der dem Treuhänder erteilten Ausfertigung der notariellen Vollmachtsurkunde für den Nachweis wohl nicht aus. 13 Grundlegend BGH, NJW 2002, 2325 (2326); bestätigt durch BGH, NJW 2003, 2091 (2092); NJW-RR 2003, 1203 (1204 f.); ZIP 2004, 549; ZIP 2004, 1093 (1094 f.). Allerdings ist hierfür weder allein die Vorlage eines Zeichnungsscheins (vgl. BGH, ZIP 2004, 1394 [1396 f.]) noch die Vorlage einer»notarbestätigung«ausreichend (vgl. BGH, ZIP 2004, 1492 [1494]); zum maßgeblichen Zeitpunkt vgl. OLG München, ZIP 2004. 1903. 14 BGH, ZIP 2004, 1093 (1095). In dem entschiedenen Fall ging der BGH davon aus, dass die Beteiligung der kreditierenden Bank an der unerlaubten Rechtsbesorgung nicht zur Nichtigkeit des Darlehensvertrags gem. Art.1 1 RBerG ivm 134 BGB führte. 15 BGH, ZIP 2004, 549 (554). 16 BGH, NJW-RR 2003, 1203 (1204) = ZIP 2004, 549 (554). Mit der gleichen Begründung lehnt der BGH auch eine Genehmigung des vollmachtlosen Handelns durch die Anleger ab, vgl. BGH, ZIP 2004, 1394 (1397). 17 BGH, ZIP 2004, 1492. 18 BGH, NJW 2003, 2091 (2092 f.); ZIP 2004, 1492 (1495). 19 OLG Karlsruhe, ZIP 2004, 900 (901 ff.), Revision beim BGH anhängig (Az.: XI ZR 42/04); eine Duldungsvollmacht ebenfalls bejahend: OLG Köln, Urt. v. 5.3.2003 13 U 77/02 (n.v.); OLG Bamberg, Urt. v. 19.2.2003 8 U 125/01 (n.v.); ablehnend: OLG Dresden, NJOZ 2003, 3426; OLG Bamberg, OLGR Bamberg 2003, 283; OLG Jena, ZIP 2004, 1097 (1098), Revision beim BGH anhängig (Az.: XI ZR 82/03); insges. krit. gegenüber der vom BGH postulierten Anwendung von Rechtsscheintatbeständen bspw. OLG Celle, VuR 2003, 181. 20 Unter Berufung auf BGH, NJW-RR 2003, 1203 (1204) = ZIP 2003, 1644. 21 Vgl. dazu die Nachw. in Fn 19. 22 Arnold/Gehrenbeck, VuR 2004, 41; Gerneth, VuR 2004, 125, Nittel, VuR 2003, 184. 23 Zum Anwendungsbereich von 9 VerbrKrG siehe unter III. 2. 24 BGH, ZIP 2004, 1394 (1396). 25 Ebenda.

Fritsche, Entwicklung der Rechtsprechung zum fremdfinanzierten Erwerb des BGH nicht gegen Treu und Glauben, da das Risiko einer möglichen Unwirksamkeit der Darlehensverträge nach Art.1 1 RBerG ivm 134 BGB beide Parteien trifft, der Anleger als Rechtsuchender sogar schutzwürdiger als die kreditierende Bank ist. 26 III. Der Strukturvertrieb Anders als bei einem Treuhandmodell findet innerhalb des Strukturvertriebs keine umfassende Geschäfts- und Rechtsbesorgung durch einen Treuhänder, sondern lediglich eine Vermittlung von Immobilien- oder Fondsanteilskäufen statt. Folglich wurden die anlagebedingten Rechtsgeschäfte (Darlehensvertrag, Erwerb der Immobilie oder des Fondsanteils) von den Anlegern selbst und im eigenen Namen abgeschlossen. Eine Lösung von den zugrunde liegenden Verpflichtungen und Verbindlichkeiten ist dann zumeist nur im Geltungsbereich verbraucherschützender Regelungen möglich. 27 Insoweit hatte der BGH in der maßgebenden Heininger- Entscheidung v. 9.4.2002 festgestellt, dass der Anleger einen Verbraucherdarlehensvertrag ( 1 VerbrKrG), der gleichzeitig die Voraussetzungen eines Haustürgeschäfts ( 1 HTürWG) erfüllt, auf der Grundlage von 1 HTürWG ivm 361a BGB widerrufen kann. 28 Im Zuge der Heininger-Entscheidung des BGH traten für den Anleger jedoch insbesondere zwei bedeutsame Folgeprobleme auf: 1. Die Frage, wann eine Haustürsituation isv 1 HTürWG vorliegt und damit ein entsprechender Widerruf des Darlehens möglich ist. 2. Der Widerruf erfasst zunächst nur den Darlehensvertrag, nicht jedoch das Anlagegeschäft. Die Erwerber sind also weiter an die verlustbringende Immobilie oder den Fondsanteil gebunden und müssen darüber hinaus der Bank aufgrund des Widerrufs den ausgezahlten Nettokreditbetrag und dessen marktübliche Verzinsung erstatten. 29 1. Zurechnung der Haustürsituation Zum erstgenannten Problem formulierte der BGH in einem grundlegenden Urt. v. 11.12.2002 die Prämisse, dass es für ein Widerrufsrecht nicht allein auf die Haustürsituation ankomme, sondern des Weiteren auch eine Zurechnung dieser Situation gegenüber dem Kreditinstitut gem. 123 BGB erforderlich sei. Der Darlehensvertrag stellt sich daher nur in den Fällen als Haustürgeschäft dar, in denen der Vermittler entweder isv 123 Abs. 1 BGB»Angestellter, Mitarbeiter oder Beauftragter ist oder wenn er wegen seiner engen Beziehung zu diesem (dem Kreditinstitut) als dessen Vertrauensperson erscheint«30 oder die kreditierende Bank das Handeln des Vermittlers isv 123 Abs. 2 BGB kannte oder kennen musste. Eine Erkundigungspflicht trifft die Bank allerdings nicht bereits deshalb,»weil die Bank Kenntnis davon hat, dass die Eigentumswohnung nicht von einer Privatperson, sondern von einer gewerblich tätigen Bauträgergesellschaft über einen Vermittler verkauft wird«. 31 Diese Pflicht besteht jedoch dann,»wenn die Bank in irgendeiner Form in das Vertriebssystem des Fonds eingebunden ist, etwa dadurch, dass sie dem Vermittler ihre Vertragsformulare überlassen hat«. 32 Im vorliegenden Fall musste sich so der BGH dem Kreditinstitut bereits aus dem Inhalt des Darlehensantrags (Unterzeichnung am Wohnort der Antragenden) der Eindruck einer Haustürsituation aufdrängen. 33 Dagegen kommt es nach Meinung des OLG Stuttgart bei verbundenen Geschäften isv 9 VerbrKrG auf die Voraussetzungen des 123 Abs. 2 BGB nicht an, vielmehr hat die Bank für die vom Vermittler geschaffene Haustürsituation nach 123 Abs. 1 BGB einzustehen. 34 Eine solche Haustürsituation kann im Übrigen auch auf einer Verbraucherausstellung bestehen, wenn Verkaufs- und Freizeitangebote miteinander verknüpft werden und für den Verbraucher»der Geschäftszweck hinter die vom Veranstalter herbeigeführte freizeitliche Stimmung und Erwartungshaltung zurücktritt, Preisund Qualitätsvergleiche praktisch nicht möglich sind und die Gelegenheit zu ruhiger Überlegung und Umkehr, wenn überhaupt, nur eingeschränkt gegeben ist«. 35 Nach Ansicht des OLG Frankfurt/M. fehlt es allerdings zumeist an der für 1 HTürWG erforderlichen Ursächlichkeit zwischen der Erklärung des Anlegers und der Überrumpelung in der Wohnung, soweit diese Erklärung erst neun Monate nach dem Besuch des Vermittlers abgegeben wurde. Während eine solche Ursächlichkeit bei einer Dauer von wenigen Tagen nach den Grundsätzen des ersten Anscheins angenommen werden kann, bedarf ein längerer Zeitraum der konkreten Darlegung im Einzelfall. 36 Nunmehr hat das OLG Bremen mit Beschl. v. 27.5.2004 dem EuGH u.a. die Frage zur Begutachtung vorgelegt, ob die durch den BGH aufgestellten Grundsätze einer notwendigen Zurechnung der Hautürsituation anhand von 123 BGB europarechtskonform sind. 37 Vorausgegangen war eine Entscheidung, in der das OLG festgestellt hatte, dass der Vermittler nicht als Dritter isv 123 Abs. 2 BGB angesehen werden könne. 38 Der BGH hatte sich dazu innerhalb der Revision nicht geäußert, einen wirksamen Widerruf seinem Urteil aber zugrunde gelegt. 39 Sollte der EuGH zu dem Schluss kommen, dass für das Widerrufsrecht bei einem Immobiliardarlehenshaustürgeschäft das bloße Vorliegen der Haustürsituation genügt, wird sich das kreditierende Institut regelmäßig nicht mehr von einer Geltung des HTürWG freizeichnen können. Damit gestaltet sich die Rechtslage für den Anleger insbesondere im Rahmen eines Realkredits der nach 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG im Geltungsbereich des VerbrKrG nicht widerruflich ist günstiger. 2. Verbundene Geschäfte nach 9 VerbrKrG Das zweitgenannte Problem folgt im Wesentlichen aus der Tatsache, dass der Darlehensvertrag und der Immobilien- oder Fondserwerb rechtstechnisch voneinander abzugrenzende Rechtsgeschäfte darstellen, die deshalb grundsätzlich auch separat zu widerrufen und rückabzuwickeln sind. Hiervon statuiert 9 VerbrKrG eine Ausnahme, indem die Regelung beide Verträge unter den normimmanenten Voraussetzungen als verbundenes Geschäft behandelt. Nach erfolgreichem Widerruf des Darlehensvertrags ist der Anleger folglich auch nicht mehr an seine auf den Abschluss des verbundenen Rechtserwerbs gerichtete Willenserklärung gebunden. Hierzu muss allerdings die Kreditierung der Finanzierung des Erwerbsgeschäfts dienen und eine wirtschaft- 26 BGH, ZIP 2004, 1394 (1397). 27 Ausführl. zu Konstruktion und zeitlichem Anwendungsbereich der jew. verbraucherschützenden Normen nach In-Kraft-Treten des SchuldRModG am 1.1.2002 (BGBl. I S.3138) und des OLGVertrÄndG am 1.8.2002 (BGBl. I S. 2850) I. Fritsche/S. Fritsche, NJ 2003, 231, 234 ff. u. 288 ff. 28 BGH, NJW 2002, 1881; ausführl. zur Entwicklung im Zuge der Heininger- Entscheidung I. Fritsche/S. Fritsche, NJ 2003, 231 ff., 288 ff. 29 Eindringlich insoweit Hoffmann, ZIP 2004, 49, u. Ehricke, ZIP 2004, 1025. 30 BGH, NJW 2003, 424 (425) unter Hinw. auf BGH, NJW 1990, 1661; NJW- RR 1992, 1005; dem allgemein folgend OLG Karlsruhe, ZIP 2004, 946. 31 BGH, NJW 2003, 424 (425); bestätigt durch BGH, ZIP 2004, 500 (502); folgend OLG Dresden, ZIP 2004, 752 (Leits.). 32 BGH, ZIP 2004, 1402 (1404). 33 Ebenda. 34 OLG Stuttgart, ZIP 2004, 891 (896). 35 BGH, ZIP 2004, 365. 36 OLG Frankfurt/M., ZIP 2004, 261 (262); allgemein zur Darlegungs- und Beweislast BGH, ZIP 2004, 159 (162 f.). 37 OLG Bremen, ZIP 2004, 1253 (Vorlagefrage 1). 38 OLG Bremen, Urt. v. 16.1.2003 2 U 20/02 (n.v.). 39 BGH, ZIP 2004, 606. 531

Aufsätze Fritsche, Entwicklung der Rechtsprechung zum fremdfinanzierten Erwerb liche Einheit zwischen beiden Verträgen vorliegen. Letzteres wird isv 9 Abs. 1 Satz 2 VerbrKrG unwiderleglich vermutet,»wenn der Kreditvertrag nicht aufgrund eigener Initiative des Kreditnehmers zustande kommt, der von sich aus eine Bank um Finanzierung seines Anlagegeschäfts ersucht, sondern deshalb, weil der Vertriebsbeauftragte des Anlagevertreibers dem Interessenten zugleich mit den Anlageunterlagen einen Kreditantrag des Finanzierungsinstituts vorgelegt hat, das sich zuvor dem Anlagevertreiber gegenüber zur Finanzierung bereit erklärt hatte«. 40 Praktisch ist diese Vermutung bereits erfüllt, soweit der Kreditgeber den Initiatoren des Fonds und den von ihnen eingeschalteten Vermittlungsunternehmen seine Vertragsformulare überlassen hat. 41 Entgegen vereinzelter Stimmen im Schrifttum 42 findet 9 VerbrKrG sowohl auf den fremdfinanzierten Erwerb einer Immobilie, als auch auf den fremdfinanzierten Erwerb eines Fondsanteils Anwendung. 43 Unanwendbar bleibt die Norm hingegen nach Auffassung des BGH bei Vorliegen eines Realkredits. Das folge aus 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG und gelte unabhängig davon, ob der Darlehensvertrag die Voraussetzungen eines Haustürgeschäfts gem. 1 HTürWG erfüllt oder nicht. 44 Geltung beansprucht 9 VerbrKrG allerdings auch bei grundpfandrechtlicher Sicherung des Kredits, wenn dieses Grundpfandrecht schon bestellt war, als der Anleger dem Fonds beitrat. 45 Dessen ungeachtet hatte das OLG Bremen in einem Urt. v. 16.1.2003 einen Einwendungsdurchgriff isv 9 Abs. 3 VerbrKrG auf der Grundlage von 242 BGB angenommen. 46 Dem erteilte der BGH mit der Revisionsentscheidung v. 27.1.2004 eine Absage und bezeichnete die Vorschrift des 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG auch insoweit als abschließend. 47 Das LG Bochum hat mit Beschl. v. 29.7.2003 dem EuGH u.a. die Frage zur Begutachtung vorgelegt, ob es europarechtlich geboten ist, ein Darlehen, welches ohne den dazugehörigen Immobilienerwerb nicht gewährt worden wäre, im Verbund mit dem Erwerbsgeschäft rückabzuwickeln. 48 Unter Zugrundelegung des fallrelevanten Tatbestands stellt das Gericht damit die Ausschlusswirkung von 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG für Realkredite auf den Prüfstand der europäischen Anforderungen an den Verbraucherschutz. Bedeutung besitzt die Beantwortung dieser Frage insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich die Rückabwicklung der abgeschlossenen Rechtsgeschäfte für den Verbraucher (Anleger) im Rahmen eines verbundenen Geschäfts wesentlich günstiger darstellt. 49 3. Isolierter Widerruf des Erwerbsgeschäfts Darüber hinaus hat das LG Bochum die Problematik aufgeworfen, ob das Erwerbsgeschäft bei einheitlich in einer Haustürsituation geführten Vertragsverhandlungen (Darlehen und Anlagegeschäft) isoliert widerrufen werden könne. 50 Dies dürfte jedoch i.d.r. ausgeschlossen sein. Bei dem Erwerb einer Immobilie enthält auf nationaler Ebene 1 Abs. 2 Nr. 3 HTürWG eine entsprechende Regelung. 51 Danach besteht kein Widerrufsrecht, wenn die Willenserklärung wie gem. 313 BGB af bzw. 311b Abs. 1 BGB nf bei Grundstücksgeschäften erforderlich notariell beurkundet worden ist. 52 Deutlicher noch formuliert Art. 3 Abs. 2a RL 85/ 577/EWG die Unanwendbarkeit der Haustürgeschäfte-RL auf Immobilienkaufverträge. 53 Gleiches gilt, wenn der Erwerb eines Fondsanteils beurkundet wurde, was allerdings im Rahmen des Beitritts zu einer BGB-Gesellschaft nicht zwingend ist. 54 IV. Haftungsrelevante Verantwortlichkeit der Beteiligten 532 Der Anlegerschutz beschränkt sich indes nicht auf Einwände gegen das Rechtsgeschäft an sich, er beruht des Weiteren auf einer haftungsrechtlichen Grundlage. Maßgeblich ist insoweit das vorvertragliche (typisierte) Vertrauen der Anleger gegenüber den die Finanzierung und das Erwerbsgeschäft steuernden Personen. Wird dieses Vertrauen im Vorfeld der Vertragsabschlüsse verletzt, kommt eine Haftung entsprechend den Grundsätzen der culpa in contrahendo (nunmehr 280, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB) in Betracht. Systematisch ist hierbei zwischen der Verantwortlichkeit der Initiatoren, Bauträger und Verkäufer sowie der Verantwortlichkeit der kreditierenden Banken zu unterscheiden. 1. Prospekthaftung der Initiatoren und Anlagevermittler Von besonderer Relevanz ist die sog. Prospekthaftung. Sie betrifft die Wahrnehmung einer vorvertraglichen Aufklärung hinsichtlich des Anlagegegenstands selbst. Verantwortlich sind diejenigen,»die für die Geschicke des Unternehmens und damit für die Herausgabe des Prospekts verantwortlich sind. Das sind namentlich Initiatoren, Gründer und Gestalter der Gesellschaft, soweit sie das Management der Gesellschaft bilden oder sie beherrschen, einschließlich der sog. Hintermänner (Personen, die typischerweise keine vertraglichen Beziehungen zu den Erwerbern begründen, aber besonderen Einfluss auf die Gesellschaft ausüben). 55 Darüber hinaus haften auch diejenigen, die aufgrund ihrer beruflichen und wirtschaftlichen Stellung oder aufgrund ihrer Fachkunde eine Art Garantenstellung einnehmen und durch ihre Mitwirkung an der Prospektgestaltung nach außen hin in Erscheinung getreten sind«. 56 Ungeachtet des eigenen Auftretens müssen sich Initiatoren das Verhalten von Anlagevermittlern gem. 278 BGB zurechnen lassen, wenn diese als Erfüllungsgehilfe im Pflichtenkreis der Anlagegesellschaft aufgetreten sind, was i.d.r. der Fall ist. 57 Allerdings kann der Anlagevermittler auch persönlich aufgrund eines stillschweigend zustande gekommenen Vertrags auf Auskunftserteilung gegenüber den Anlegern haften. 58 Ihn trifft dann eine Überprüfungspflicht bzgl. verwandter Prospekte. 59 Inhaltlich sind vor allem folgende Angaben vollständig (nicht irreführend) zu offenbaren: richtige und unmissverständliche Informationen über die Wohnfläche und deren Berechnungsgrundlage, 60 Darstellung einer»plausibilitätsprüfung«, wenn der Erfolg einer Geldanlage allein auf einer langjährigen gesicherten Pachtzahlung beruht, 61 40 BGH, ZIP 2003, 2111 (2113). 41 BGH, NJW 2003, 2821 (2822); ZIP 2004, 1402 (1405). 42 Habersack, ZIP 2001, 327, 328. 43 BGH, NJW 2003, 2821 (2822); ZIP 2003, 2111; ZIP 2004, 1394; ZIP 2004, 1402 (1405); ZIP 2004, 1407. 44 Grundlegend BGH, NJW 2002, 1881 (1884); bestätigt durch BGH, ZIP 2003, 1741 (1743); ZIP 2004, 64 (65 f.); ZIP 2004, 606 (608). 45 BGH, ZIP 2004, 1394 (Leits. 3). 46 OLG Bremen, Urt. v. 16.1.2003 2 U 20/02 (n.v.). 47 BGH, ZIP 2004, 606 (608 f.). 48 LG Bochum, ZIP 2003, 1437 (Vorlagefrage 2); ausführl. dazu Hoffmann, ZIP 2004, 49; Ehricke, ZIP 2004, 1025. 49 Zur Rückabwicklung genauer unter V. 50 LG Bochum, ZIP 2003, 1437 (Vorlagefrage 1). 51 BGH, ZIP 2003, 1692 (1695). 52 Das hierbei nicht selten sog. Mitternachtsnotare (vgl. Deutsch, NJW 2003, 2881) zum Einsatz kamen, ändert nichts an dem Geltungsbereich der Regelung. Eine Reaktion auf unzureichende oder gänzlich fehlende Belehrung durch den Notar ( 17 BeurkG) obliegt nicht dem HTürWG. 53 Haustürgeschäfte-RL v. 20.12.1985, 85/577 EWG, ABl. EG 1985 Nr. L 372 S. 31; eingehend Hoffmann, ZIP 2004, 49, 53. 54 BGH, ZIP 2004, 303 (307); OLG Stuttgart, ZIP 2004, 891 (894). 55 Vgl. BGH, NJW 2001, 436 (437); ZIP 2004, 40. Zur sog. Prospekthaftung im engeren Sinn vgl. Siol, DRiZ 2003, 204. 56 BGH, ZIP 2004, 1055 (1056 f.); an dieser Stelle betont der BGH nochmals die erhöhte Sorgfaltspflicht bei der Prospektvermittlung derartiger Anlagemodelle. Zu den Verantwortlichen zählt auch eine Bank, wenn sie Treuhandkommanditistin und Mitherausgeberin des Prospekts ist; vgl. BGH, ZIP 2004, 606 (610). 57 BGH, ZIP 2004, 1188 (1192) bzgl. der Frage einer Zurechnung von Vermittlungstätigkeit zur kreditierenden Bank. 58 Sog. Prospekthaftung im weiteren Sinn, vgl. Siol, DRiZ 2003, 204. 59 BGH, NJW-RR 2003, 1351; ZIP 2004, 1055 (1057). 60 BGH, NJW 2001, 436 (438). 61 BGH, ZIP 2004, 1104 (1106); ZIP 2004, 1055 (1057).

Fritsche, Entwicklung der Rechtsprechung zum fremdfinanzierten Erwerb Verdeutlichung sog. weicher Kosten (Vermittlungskosten, Zwischenfinanzierungsbürgschaft, Fremdkapitalnebenkosten, Zinsgarantie), weil durch derartige Zusatzkosten die Rentabilität der Anlage zusätzlich gemindert wird, 62 Offenlegung einer Innenprovision ab einer Größenordnung von 15%, 63 Aufklärung über Mietgarantieumfang. 64 Enthält der Prospekt falsche Angaben, so»entspricht es der Lebenserfahrung, dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist«. 65 Der BGH vermutet also die Kausalität zwischen der fehlerhaften Information und der Kaufentscheidung. 66 Folgerichtig trägt der Prospektverantwortliche die Beweislast dafür, dass der Erwerber bei vollständiger Aufklärung sich dennoch für die Anlage entschieden hätte. 67 Prospekthaftungsansprüche im engeren Sinn verjähren gegenüber den Initiatoren eines Immobilienfonds in sechs Monaten seit Kenntnis des Prospektmangels und spätestens drei Jahre nach dem Fondsbeitritt. 68 Bei Erwerb einer Immobilie (Bauherrenmodell) tritt die Verjährung gem. 195 BGB af 69 in 30 Jahren und gem. 195 BGB nf 70 in drei Jahren ein. 71 Prospekthaftungsansprüche im weiteren Sinn verjähren ebenfalls nach 195 BGB. 72 Eine in dem Prospekt enthaltene und nicht drucktechnisch hervorgehobene Klausel, die eine Verkürzung der Verjährungsfrist auch zu Gunsten der beim Vertrieb der Vermögensanlage tätig gewordenen selbstständigen Unternehmer vorsieht, ist gem. 3 AGBGB (nunmehr 305c Abs. 1 BGB nf) überraschend und deshalb unwirksam. 73 2. Haftung des Verkäufers auf Grundlage eines Beratungsvertrags Darüber hinaus bejaht der BGH eine Haftung auf der Grundlage eines Beratungsvertrags, der zwischen Verkäufer und Käufer zustande kommt,»wenn der Verkäufer im Zuge eingehender Vertragsverhandlungen dem Käufer, insbesondere auf Befragen, einen ausdrücklichen Rat erteilt; Gleiches gilt, wenn der Verkäufer dem Käufer als Ergebnis der Verhandlungen ein Berechnungsbeispiel über Kosten und finanzielle Vorteile des Erwerbs vorlegt, das der Herbeiführung des Geschäftsabschlusses dienen soll«. 74 Hierbei muss sich der Verkäufer ein Verhalten seines»repräsentanten«also desjenigen, der willentlich die Beratung für den Verkäufer übernimmt und durchführt zurechnen lassen. Dessen Vollmacht ergibt sich regelmäßig stillschweigend aus der Vertriebsstruktur und wird dadurch dokumentiert, dass die Berechnungsmodelle von der Vertriebsorganisation bereitgestellt werden. 75 3. Haftung der Banken Wesentlich zurückhaltender äußert sich die Judikatur weiterhin hinsichtlich der Verantwortung der kreditierenden Banken für eine Aufklärung über die Risiken des Anlagegeschäfts. Danach darf ein Kreditinstitut»regelmäßig davon ausgehen, dass die Kunden entweder selbst über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient haben«. 76 Hiervon ist eine Ausnahme nur in folgenden Fällen 77 angezeigt: a) Die Bank geht im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin hinaus. Hierfür reicht es nach Ansicht des BGH nicht aus, dass die Bank eine Vielzahl von Kaufverträgen in dem jeweiligen Objekt finanziert hat, die ausführende Bankfiliale ihren Sitz in demselben Ort wie das Vertriebsunternehmen hat oder dass Letzterem die Formulare des Kreditinstituts für einen Antrag auf Kontoeröffnung vorgelegen haben. Ebenso wenig genügt eine dauerhafte Geschäftsbeziehung zwischen der Bank und der Vertriebsorganisation, die sich auch darin äußert, dass in der Bankfiliale Verkaufsprospekte ausliegen, ohne dass jedoch darüber hinaus für einen Kauf geworben wird. 78 Schließlich überschreitet die Bank ihre Kreditgeberrolle nicht durch die Führung der Treuhandkonten für die Käufer und die Ankündigung, eine Mittelverwendungskontrolle durchzuführen. 79 b) Die Bank schafft einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden oder begünstigt dessen Entstehung, Ein solcher Tatbestand liegt vor, wenn das Kreditinstitut ihr eigenes wirtschaftliches Risiko auf den Anleger verlagert, 80 was allerdings nicht allein aufgrund der Tatsache angenommen werden kann, dass keine Aufklärung über mögliche Nachteile einer Kombination von Kreditvertrag und Kapitallebensversicherung stattgefunden hat. 81 c) Die Bank verwickelt sich im Zusammenhang mit der Kreditgewährung sowohl an den Bauträger als auch an die einzelnen Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte. Insoweit besteht eine Aufklärungspflicht über eine»versteckte Innenprovision«nur bei sittenwidriger Übervorteilung des Kunden. Der BGH hat hierfür eine Provision i.h.v. 18,4% des Kaufpreises jedenfalls nicht ausreichen lassen. 82 Eine entsprechende Pflicht besteht indes, wenn das Kreditinstitut den Vermögensverwalter eines Kunden an ihren Provisionen und Depotgebühren beteiligt. 83 d) Die Bank hat in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer und kann dies auch erkennen. Das ist nicht schon deshalb der Fall, weil das Kreditinstitut Kenntnis davon hat, dass der vom Erwerber zu zahlende Kaufpreis in keinem angemessenem Verhältnis zum Wert des zu erwerbenden Objekts steht. 84 Eine Informationspflicht ist jedoch gegeben, soweit die Bank darüber hinaus weiß, dass das zu finanzierende Geschäft scheitern werde, 85 eine Mietgarantie aufgrund der bereits bestehenden Überschuldung des Immobilienfonds wertlos ist 86 oder sie bei einem Vergleich zwischen Kaufpreis und Objektwert von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen musste. 87 Eine solche Übervorteilung liegt nach der Judikatur des BGH vor, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung. 88 Dagegen wird ein Wissensvorsprung der Bank nicht bereits aufgrund der Kenntnis von der Tatsache angenommen, dass ein geschäftsführender Gesellschafter der Treuhänderin entgegen den Angaben im Prospekt zugleich Gründungsgesellschafter und Aufsichtsrat der Grundstücksverkäuferin sowie Vertragspartnerin des Anlageprojekts ist, da sich dieses Wissen nicht 62 BGH, ZIP 2004, 1104 (1106). 63 BGH, ZIP 2004, 1055 (1059). 64 BGH, NJW-RR 2003, 1351. 65 BGH, ZIP 2004, 1104 (1106). 66 Ausdrückl. auch BGH, ZIP 2004, 452 (455); ZIP 2003, 1651 (1653); zu Letzterem Bayer/Lieder, EWiR 2004, 11. 67 Zum Verschulden BGHZ 84, 141 (148); zur Verantwortung für das fehlende Wissen um die Falschangaben innerhalb einer Organisationsstruktur (hier die kreditierende Bank; gleiches gilt für die Anlagegesellschaft) BGH, ZIP 2004, 452 (455). 68 Bestätigt durch BGH, NJW-RR 2003, 1351. 69 Meint vor In-Kraft-Treten des SchuldRModG am 1.1.2002. 70 Meint nach In-Kraft-Treten des SchuldRModG am 1.1.2002. 71 BGH, ZIP 2004, 40; insoweit hat der BGH nochmals klargestellt, dass 638 BGB keine entsprechende Anwendung findet. Zur Überleitung der Verjährungsvorschriften nach In-Kraft-Treten des SchuldRModG am 1.1.2002 vgl. Art. 229 6 EGBGB. Zur gerichtlichen Zuständigkeitsbestimmung vgl. BGH, 2003, 2090. 72 BGH, ZIP 2004, 414 (415). 73 BGH, ZIP 2004, 414. 74 BGH, NJW 2003, 1811; ZIP 2003, 2367 (2368). 75 BGH, ZIP 2003, 2367 (2369). 76 BGH, ZIP 2003, 2149 (2152); ZIP 2004, 1188 (1191). 77 Allgemein zu den Ausnahmefällen BGH, ZIP 2003, 2149 (2152); ZIP 2004, 209 (210 f.); ZIP 2004, 1188 (1191). 78 Insges. BGH, ZIP 2004, 209. 79 BGH, ZIP 2004, 606 (610). 80 BGH, ZIP 2003, 2149 (2152). 80 BGH, ZIP 2004, 209 (212). 82 BGH, ZIP 2003, 2149 (2152); ZIP 2004, 1188 (1192). 83 BGH, ZIP 2001, 230 (231); ZIP 2003, 2149 (2153). 84 BGH, ZIP 2003, 2149 (2152). 85 BGH, ZIP 1999, 574. 86 BGH, ZIP 2004, 1394 (1401 f.). 87 BGH, ZIP 2003, 2149 (2152). 88 BGH, ZIP 2004, 209; ZIP 2004, 1188 (1192); zu Beweisfragen BGH, ZIP 2004, 500 (504). 533

Aufsätze Fritsche, Entwicklung der Rechtsprechung zum fremdfinanzierten Erwerb auf spezielle Projektrisiken bezieht. 89 Im Vorfeld der Vertragsabschlüsse und während der Vertragsabwicklung ist das Kreditinstitut nicht verpflichtet, sich einen Wissensvorsprung zu verschaffen. 90 e) Zurechnung des Vermittlerverhaltens Ein Fehlverhalten des Vermittlers durch unrichtige Erklärungen im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Anlagegegenstands muss sich die Bank gem. 278 BGB nur dann zurechnen lassen, wenn dieser im Pflichtenkreis der Bank auftritt, seine Informationen also den Bereich der Anbahnung des Kreditvertrags betreffen. 91 Falsche Angaben zum Wert des Objekts und zur monatlichen Belastung des Anlegers unter Berücksichtigung der Mieteinnahmen, Steuervorteilen sowie Zinsund Tilgungsaufwendungen gehören hierzu nicht. Sie bezeichnen die Rentabilität des Anlagegeschäfts und liegen damit außerhalb des Pflichtenkreises der Bank. 92 f) Beratungsvertrag aufgrund tatsächlicher Beratung Hat allerdings im Zusammenhang mit der Anlageentscheidung eine Beratung tatsächlich stattgefunden, so kann auch zwischen der Bank und ihrem Kunden konkludent ein Beratungsvertrag zustande kommen, ungeachtet der Tatsache, wessen Initiative die damit einhergehende Zusammenkunft entspringt. Das Kreditinstitut ist dann»zu einer zutreffenden, negative Fakten nicht verschweigenden, aktuellen Information über das Anlageobjekt, dessen Rentabilität und die damit verbundenen spezifischen Risiken verpflichtet«. 93 Die schuldhafte Verletzung eines solchen Beratungsvertrags führt zu einer Haftung der Bank. V. Grundlagen der Leistungsrückabwicklung Hinsichtlich der Rückgewähr empfangener Leistungen differenziert die Rechtsprechung konsequent anhand des Rechtsgrunds (Unwirksamkeit resp. Widerruf oder Schadensersatz) sowie nach dem Gegenstand der Rückabwicklung. 1. Unwirksamkeit resp. Widerruf abgeschlossener Rechtsgeschäfte Die vertragsbezogene Rechtsfolge offenbart sich im Rahmen von Treuhandmodellen und Strukturvertrieben regelmäßig in Form der Unwirksamkeit (Art. 1 1 RBerG ivm 134 BGB) oder des Widerrufs ( 1 HTürWG). Von entscheidender Bedeutung ist dann die Frage, ob es sich bei dem Anlageerwerb und der Kreditvereinbarung um ein verbundenes Geschäft handelt. a) Isolierte Rückabwicklung von Kreditvertrag und Anlageerwerb Soweit die 9 VerbrKrG zu entnehmenden Grundsätze über verbundene Geschäfte keine Anwendung finden, sind die jeweiligen Verträge individuell rückabzuwickeln. Hierbei geht der BGH bzgl. der Darlehensvereinbarung nach wie vor bei Widerruf auf der Grundlage von 3 HTürWG, bei Unwirksamkeit kann auf der Grundlage von 812 BGB nichts anderes gelten 94 von einer sofortigen Rückzahlungspflicht des Kunden (Anlegers) nebst einer Erstattungspflicht für die marktüblichen Zinsen aus. 95 Der Kunde kann die kreditierende Bank zur Erfüllung dieses Rückzahlungsanspruchs nicht auf den Anlagegegenstand (im vorliegenden Fall eine Immobilie) verweisen, denn damit»würde das Risiko der Verwendung des empfangenen Darlehens zu Unrecht auf den Kreditgeber abgewälzt«. 96 Gleichlautend ist dem Kreditnehmer die Berufung auf einen Wegfall der Bereicherung infolge des Untergangs der Darlehensvaluta gem. 819 BGB versagt, weil»er weiß, dass er das ihm zur zeitweiligen Nutzung überlassene Kapital nicht auf Dauer behalten darf«. 97 Der Rückzahlungsanspruch besteht auch dann, wenn die Darlehensvaluta dem Darlehensnehmer nicht unmittelbar zugeflossen, sondern weisungsgemäß an einen Treuhänder weitergeleitet worden ist. 98 534 Von dieser strikten Rückgewährpflicht ist der II. Zivilsenat des BGH in einer Entscheidung v. 14.6.2004 etwas abgerückt, indem er betont, dass eine solche Pflicht jedenfalls dann besteht, wenn die Bank das Darlehen unmittelbar an den Verbraucher auszahlt,»ohne dabei in irgendeiner Weise mit dem Geschäftspartner des Verbrauchers verbunden zu sein«. 99 Im Übrigen seien die Umstände des Einzelfalles ausschlaggebend. Eine Rückzahlung könne deshalb ausgeschlossen sein,»wenn zwischen dem Partner des zu finanzierenden Geschäfts und der Bank eine über den bloßen Zahlungsfluss hinausgehende Verbindung besteht, etwa weil sich beide wie im vorliegenden Fall derselben Vertriebsorganisation bedienen«. 100 Diese Argumentation lässt vermuten, dass der Senat mit Blick auf die europäischen Vorgaben des Verbraucherschutzes einen Ausschluss der Rückzahlungspflicht entweder auch außerhalb des Anwendungsbereichs von 9 VerbrKrG für möglich hält 101 oder aber die Grenzen dieses Anwendungsbereichs über seine bisherige Rechtsprechung hinaus erweitert. Nunmehr haben sowohl das OLG Bremen 102 als auch das LG Bochum 103 dem EuGH die Frage vorgelegt, ob jedenfalls in den Fällen der Direktauszahlung der Darlehensvaluta an den Verkäufer des Anlagegegenstands eine Einbeziehung des Anlagegeschäfts in die Rückabwicklung europarechtlich geboten ist. Darüber hinaus soll der EuGH auf die Anfrage der o.g. nationalen Gerichte über die europarechtliche Konformität der infolge des Widerrufs bestehenden sofortigen Rückzahlungs- und Verzinsungspflicht befinden. 104 Der BGH selbst hat eine EuGH-Vorlage unter Hinweis auf die seiner Ansicht nach auch unter europäischen Gesichtspunkten gültige nationale Rechtslage im Hinblick auf die Problematik, dass der Darlehensnehmer die kreditierende Bank bzgl. des Rückzahlungsanspruchs nicht auf den erworbenen Anlagegegenstand verweisen kann, abgelehnt. 105 Bei Unwirksamkeit eines anlagebedingten Immobilienkaufs kann der Erwerber von der Anlagegesellschaft Rückzahlung des Kaufpreises gegen Übertragung der Immobilie verlangen. Anders verhält es sich nach Ansicht des BGH im Zuge des Kaufs von Fondsanteilen, denn hier gelten regelmäßig die Grundsätze über den fehlerhaften Gesellschaftsbeitritt. 106 Der unwirksame Fondserwerb begründet folglich ein außerordentliches Kündigungsrecht des Anlegers. Sein Anspruch beschränkt sich dann auf das Auseinandersetzungsguthaben zur Zeit der Kündigung ( 738 BGB). 107 Hiervon hat das Gericht allerdings mögliche Ausnahmen ausdrücklich offen gelassen. So kann der Fondsbeitritt gem. Art. 1 1 RBerG ivm 134 BGB nichtig sein, wenn der Gesellschaftszweck die Besorgung fremder Rechtsgeschäfte umfasst. 108 Dies 89 BGH, NJW-RR 2003, 1203 (1205). 90 BGH, ZIP 2004, 209 (211). 91 BGH, NJW 2003, 422; NJW-RR 2003, 1203 (1206); ZIP 2003, 2149 (2154); ZIP 2004, 1188 (1192). 92 BGH, NJW-RR 2003, 1203 (1206); ZIP 2004, 1188 (1192). 93 BGH, ZIP 2004, 452 (454). 94 BGH, ZIP 2004, 64 (66). 95 BGH, NJW 2003, 422 (423); ZIP 2004, 606 (609). 96 BGH, ZIP 2004, 606 (609). 97 Ebenda. 98 BGH, NJW 2003, 422 (423). 99 BGH, ZIP 2004, 1402 (1405). 100 Ebenda. 101 Insoweit verweist der II. Zivilsenat darauf, dass jedenfalls der XI. Zivilsenat, ZIP 2003, 64 (66), eine Rückzahlungspflicht angenommen habe, sofern nicht 9 VerbrKrG eingreife, ohne allerdings dieser Rspr. ausdrücklich zuzustimmen. 102 OLG Bremen, ZIP 2004, 1253 (Vorlagefrage 2). 103 LG Bochum, ZIP 2003, 1437 (Vorlagefrage 3). 104 OLG Bremen, ZIP 2004, 1253 (Vorlagefrage 3 u. 4); LG Bochum, ZIP 2003, 1437 (Vorlagefrage 4); ausführl. dazu Hoffmann, ZIP 2004, 49, 54 ff. 105 BGH, ZIP 2003, 2064; ZIP 2004, 406 (Leits.). 106 BGH, ZIP 2003, 165 (168). 107 BGH, ZIP 2004, 1402 (1406). 108 BGH, ZIP 2003, 165 (168).

Fritsche, Entwicklung der Rechtsprechung zum fremdfinanzierten Erwerb lehnte der BGH freilich für das Aufgabenfeld der Modernisierung, Instandsetzung und Bewirtschaftung von Grundstücken ab. 109 Nichts anderes dürfte für den Erwerb von Immobilien gelten. Darüber hinaus erklärte der BGH obiter dictum, dass die Grundsätze über den fehlerhaften Gesellschaftsbeitritt u.u. auch bei einem Widerruf der Beitrittserklärung nach dem HTürWG unanwendbar sein könnten, soweit es der Schutzzweck dieses Gesetzes erfordere. 110 In beiden Fällen der anfänglichen Unwirksamkeit bestünde ein Anspruch des Anlegers auf Rückzahlung des ursprünglichen Kaufpreises. b) Rückabwicklung von Kreditvertrag und Anlageerwerb nach den Grundsätzen über verbundene Geschäfte Verbraucherfreundlicher gestaltet sich die Rechtslage bei Anwendung des 9 VerbrKrG, wenn also der Kreditvertrag und der Anlageerwerb als verbundene Geschäfte gemeinsam rückabgewickelt werden. Diesbezüglich urteilte das OLG Stuttgart in einer Entscheidung v. 9.3.2004, dass die kreditierende Bank bei Widerruf des einen Fondsbeitritt finanzierenden Darlehens einen Anspruch auf Rückzahlung des Nettokreditbetrags zzgl. marktüblicher Zinsen (Nutzungsentschädigung) gegen den Darlehensnehmer habe. 111 Sie müsse sich allerdings die bisher geleisteten Zins- und Tilgungsraten Letztere sind ebenfalls marktüblich zu verzinsen 112 sowie den Abfindungsanspruch des Darlehensnehmers gegenüber der Fondsgesellschaft aus 738 BGB anrechnen lassen. 113 Im Ergebnis dieser Judikatur führt die Anwendung der Grundsätze über den fehlerhaften Gesellschaftsbeitritt auch im Geltungsbereich des 9 VerbrKrG dazu, dass der Anleger den Wertverlust seines Fondsanteils trägt. 114 Dass ein solches Abwicklungsmodell nach den Urteilen des BGH v. 14.6.2004 115 Bestand haben wird, darf allerdings bezweifelt werden. Innerhalb dieser Entscheidungen stellte das Gericht nämlich im Wesentlichen auf die Tatsache ab, dass der Fondsanleger jedenfalls im Rahmen einer direkten Auszahlung der Darlehensvaluta durch die kreditierende Bank an die Fondsgesellschaft so verhielt es sich im Übrigen auch in dem Tatbestand, der dem zitierten Judikat des OLG Stuttgart zugrunde lag nicht um ebendiese Valuta, sondern ausschließlich um seine wirtschaftliche Beteiligung an dem Fonds bereichert ist. Der Anleger sei deshalb auch nicht zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet. Er schulde der Bank gem. 812 BGB lediglich die Abtretung seiner Fondsanteile und könne im Gegenzug die geleisteten Zins- und Tilgungsraten sowie die (im entschiedenen Fall) abgetretenen Rechte aus einer Lebensversicherung herausverlangen. 116 Im Gegensatz zum OLG Stuttgart bewertet der BGH offensichtlich beeinflusst durch die kritische Stellungnahme der Europäischen Kommission zur Rückabwicklung kreditfinanzierter Immobiliengeschäfte 117 damit den Schutz des Verbrauchers gegenüber dem Kreditinstitut höher, als eine vorgeschaltete Ausübung der Grundsätze über den fehlerhaften Gesellschaftsbeitritt. 118 Gleichlautend trägt die Bank das Risiko des Wertverlusts der Fondsbeteiligungen. Nichts anderes kann gelten, wenn statt des Fondsanteils eine Immobilie erworben wurde. Der Darlehensnehmer ist dann nur zur Übertragung der Immobilie (Grundbuchberichtigung) an die Bank verpflichtet. Ob diese höchstrichterlich aufgestellten Grundsätze auch in den Fällen einer Auszahlung der Darlehensvaluta an den Kreditnehmer selbst Anwendung finden, ist noch offen. Eine Beantwortung dieser Frage wird in entscheidendem Maße davon abhängen, wie der BGH die Regelung des 9 Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG diesbezüglich handhabt. Eine verbraucherfreundliche Auslegung könnte durchaus zu dem Ergebnis gelangen, dass bei Vorliegen eines verbundenen Geschäfts die Person des direkten Darlehensempfängers ohne Bedeutung ist, eine Rückabwicklung also in jedem Fall den o.g. höchstrichterlich aufgestellten Prinzipien folgt. Weiterhin ausgenommen bleiben nach Aussage des BGH indes Realkreditverträge, denn:»bei diesen Verträgen soll die empfangene und damit zurückzugewährende Leistung in der Darlehensvaluta und nicht in dem Gesellschaftsanteil liegen«. 119 2. Die Rückabwicklung als Inhalt eines Schadensersatzanspruchs Die Rückabwicklung der getätigten Leistungen kann ebenso auf der Grundlage eines Schadensersatzanspruchs geboten sein. Auch insoweit ist zwischen der individuellen und der gemeinschaftlichen ( 9 VerbrKrG) Durchführung zu unterscheiden. a) Die individuelle Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs außerhalb von 9 VerbrKrG Findet 9 VerbrKrG keine Anwendung, so kann der Verbraucher seinen Schadensersatzanspruch nur gegenüber dem Verantwortlichen liquidieren. Dies betrifft sowohl die Ansprüche gegenüber den Initiatoren des Anlagegeschäfts (u.a. aus Prospekthaftung), 120 als auch die Ansprüche gegenüber der kreditierenden Bank (u.a. wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten). 121 Mit dieser personellen Unterscheidung geht jedoch nicht auch eine Differenzierung bzgl. des Inhalts des Schadensersatzes einher. 122 Der Anleger/Darlehensnehmer kann dementsprechend im Ergebnis einer Ersatzpflicht gem. 249 Satz 1 BGB verlangen, so gestellt zu werden, als wäre er dem Fonds nicht beigetreten und hätte mit der Bank keinen Darlehensvertrag geschlossen. 123 Explizit benannte der BGH den Umfang des Ersatzanspruchs gegenüber dem beteiligten Kreditinstitut in einem Urt. v. 13.1.2004. 124 Ersatzpflichtig waren danach in dem entschiedenen Fall: der für den Erwerb des Anlagegegenstands gezahlte Kaufpreis, die im Zusammenhang mit der Investition angefallenen Nebenkosten, die auf das Finanzierungsdarlehen entfallenden Kreditkosten, die Kosten der Bewirtschaftung (einer Immobilie). Im Gegenzug sind allerdings die Leistungen an den Verbraucher (Anlagegegenstand resp. ausgereichte Darlehensvaluta) zu berücksichtigen. 125 Vereinnahmte Gewinnanteile oder sonstige Leistungen des Fonds muss er sich im Wege des Vorteilsausgleiches anrechnen lassen, ebenso Steuervorteile, denen keine Nachzahlungsansprüche des Finanzamtes gegenüberstehen. 126 109 Ebenda. 110 BGH, ZIP 2004, 1402 (1406). 111 OLG Stuttgart, ZIP 2004, 891 (898). 112 BGH, ZIP 2003, 1741 (1744); ZIP 2004, 209 (214). 113 So auch BGH, NJW 2003, 2821 (2824). 114 Ausdrückl. BGH, NJW 2003, 2821 (2824). 115 BGH, Az.: II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394; Az.: II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402; Az.: II ZR 374/02, ZIP 2004, 1407, dazu jüngst Doehner/Hofmann, ZIP 2004, 1884 ff. 116 BGH, ZIP 2004, 1394 (1399); ZIP 2004, 1402 (1404 f.); ZIP 2004, 1407. 117 Abgedr. in: NJW-Dokumentation, 11/04, S. XXX; genauer unter V. 4. 118 Ausdrückl. verweist das Gericht darauf, dass der Anleger seine Beteiligung an dem Fonds nicht diesem gegenüber zu kündigen brauche, um die Rechtsfolgen auszulösen; vgl. BGH, ZIP 2004, 1394; ZIP 2004, 1402; ZIP 2004, 1407. 119 BGH, ZIP 2004, 1394 (1399). 120 Siehe dazu unter IV. 1. 121 Siehe dazu unter IV. 3. 122 Insoweit ist die Person des Anspruchsgegners für den Verbraucher nur im Hinblick auf die Liquidität desselben von Bedeutung. Diese wird bei einem Kreditinstitut regelmäßig eher gegeben sein, als bei den nicht selten insolventen Anlagegesellschaften oder Anlagevermittlern. 123 Für den Anspruch gegen die Initiatoren vgl. BGH, ZIP 2004, 1402 (1406), ZIP 2004, 1407 (1408); für den Anspruch gegen die kreditierende Bank vgl. BGH, ZIP 2004, 452 (455 f.). 124 BGH, ZIP 2004, 452 (456). 125 Ebenda. 126 BGH, ZIP 2004, 1394 (1400). 535

Aufsätze Fritsche, Entwicklung der Rechtsprechung zum fremdfinanzierten Erwerb b) Die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs im Anwendungsbereich von 9 VerbrKrG Im Anwendungsbereich des 9 VerbrKrG ist die Person des haftungsrechtlich Verantwortlichen für den Anleger/Darlehensnehmer ohne Bedeutung, da er seine Ansprüche im Wege des sog. Rückforderungsdurchgriffs auch gegenüber dem jeweils anderen Teil des verbundenen Geschäfts geltend machen kann. Folglich vermag der Anleger der kreditierenden Bank alle Ansprüche entgegenzusetzen,»die er gegen die Gründungsgesellschafter des Fonds und die Initiatoren, maßgeblichen Betreiber, Manager, Prospektherausgeber und sonst für den Anlageprospekt Verantwortlichen hat«. 127 Der BGH postuliert also zugunsten der Anleger eine umfassende Einstandspflicht für alle an dem fremdfinanzierten Anlagegeschäft Beteiligten. Dies dürfte obwohl nicht ausdrücklich benannt auch Kreditvermittler und von der Anlagegesellschaft losgelöste Treuhänder betreffen. Inhaltlich kann der Anleger wiederum verlangen, so gestellt zu werden, als wäre er dem Fonds nicht beigetreten und hätte mit der Bank keinen Darlehensvertrag geschlossen. Er ist dann allerdings verpflichtet, dem Finanzierungsinstitut seine Gesellschaftsbeteiligungen einschließlich der aus der Fehlerhaftigkeit des Erwerbs folgenden Schadensersatzansprüche (entsprechend 255 BGB) abzutreten. 128 Damit wird insbesondere das Risiko fehlender Liquidität des Fonds und seiner Betreiber auf das Kreditinstitut abgewälzt. Für den Anleger ergibt sich aufgrund der o.g. Ansprüche des Weiteren die Möglichkeit, ein Rückzahlungsbegehren der Bank unter Verweis auf 9 Abs. 3 VerbrKrG (Einwendungsdurchgriff) zu verweigern. 129 3. Verwirkung der Anlegerrechte Nicht selten berufen sich die Banken jedenfalls im Rahmen der außerordentlichen Kündigung eines fehlerhaften Gesellschaftsbeitritts infolge der z.t. erheblichen zeitlichen Spannen darauf, dass der Anleger seine Rechte verwirkt habe. Dem ist der BGH deutlich entgegengetreten, indem er ausführt:»eine Verwirkung tritt nur dann ein, wenn sich der Anspruchsgegner wegen der Untätigkeit des Anspruchsinhabers über einen gewissen Zeitraum hinweg ( Zeitmoment ) bei objektiver Betrachtung darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dieser werde von seinem Recht nicht mehr Gebrauch machen ( Umstandsmoment ) und die verspätete Geltendmachung daher gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt«. 130 Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht schon deshalb erfüllt, weil die ausdrückliche Kündigung (im entschiedenen Fall) erst ca. acht Jahre nach dem Beitritt erfolgte, denn:»das Kündigungsrecht kann im Falle eines verbundenen Geschäfts auch dadurch ausgeübt werden, dass der getäuschte Anleger lediglich dem Finanzierungsinstitut mitteilt, er sei durch die Täuschung zum Erwerb der Beteiligung veranlasst worden, und ihm die Übernahme seines Gesellschaftsanteils anbietet«. 131 Darüber hinaus hat der BGH eine Verwirkung bzgl. der aufgeführten Schadensersatzansprüche als fern liegend bezeichnet. 132 4. Stellungnahme der Europäischen Kommission zur Rückabwicklung kreditfinanzierter Immobiliengeschäfte Auf die Vorlage des LG Bochum 133 an den EuGH hat die Europäische Kommission bzgl. der Fragestellungen 3 (Fordert eine Direktauszahlung der Darlehensvaluta an den Verkäufer eine Einbeziehung des Anlagegegenstands in die Rückabwicklung?) und 4 (Ist eine sofortige Rückzahlungs- und Verzinsungspflicht europarechtskonform?) eine durchaus beachtenswerte Stellungnahme abgegeben. 134 Darin äußert sie zwar keine Zweifel an der Rückerstattungspflicht für Darlehensvaluta, weil die Lösung von 536 dem Darlehensvertrag nicht zu einer Bereicherung des Kreditnehmers führen darf. Scharfe Kritik übt die Kommission mit Blick auf den Regelungsgehalt der Haustürgeschäfte-RL (RL 85/577/EWG) und die gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen an den Verbraucherschutz im Übrigen unter ausdrücklicher Einbeziehung von Realkreditverträgen indes an der Rechtsprechung des BGH hinsichtlich der Ausgestaltung der Rückabwicklung. Insoweit gibt sie die Empfehlung, bei der Bestimmung der Rückgewährpflicht grundsätzlich auf das wirtschaftlich Empfangene abzustellen (eine solche Auslegung wird vom BGH bisher nur im Anwendungsbereich des 9 VerbrKrG vertreten), im Rahmen der Direktauszahlung beträfe dies also den Anlagegegenstand. Darüber hinaus meint die Kommission, dass bei wirtschaftlicher Unmöglichkeit der Darlehensrückzahlung aufgrund der wirtschaftlichen Wertlosigkeit des Anlagegegenstands (hier Immobilie) und eines fehlenden gleichwertigen Vermögensstammes bei dem Verbraucher die Vorschrift des 3 HTürWG dergestalt ausgelegt werden kann, dass gem. 818 Abs. 1 BGB nur das Surrogat des Empfangenen (der Anlagegegenstand selbst) herausgegeben werden müsse. Im Ergebnis offenbart sich nach Auffassung der Kommission das Gemeinschaftsrecht im Hinblick auf die Vorlagefragen also wesentlich verbraucherfreundlicher, als das der BGH in seiner Judikatur deutlich gemacht hat. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob der EuGH um eine vorrangige Beachtung der vorliegenden Rechtssache hat die Kommission gebeten den Empfehlungen folgen wird. Der Generalanwalt jedenfalls hat innerhalb seiner Schlussanträge zum Vorabentscheidungsersuchen des LG Bochum inhaltlich klargestellt, dass eine Einbeziehung des Immobilienkaufvertrags in die Rückabwicklung des Realkredits gerade mit Blick auf Art. 3 Abs. 2a RL 85/577/EWG (keine Anwendung der Haustürgeschäfte-RL auf Immobilienkaufverträge) seiner Ansicht nach nicht in Betracht kommt. 135 VI. Die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung Regelmäßig haben die Darlehensnehmer im Hinblick auf die Durchsetzung des Rückzahlungsanspruchs gegenüber der kreditierenden Bank neben der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung in das zur Kreditsicherung bestellte Grundpfandrecht eine gleichlautende Erklärung zur Vollstreckung in das persönliche Vermögen abgegeben. Eine solche Vereinbarung zumeist ivm der Übernahme einer abstrakten persönlichen Zahlungsverpflichtung verstößt nach Ansicht des BGH auch bei formularmäßiger Handhabung nicht gegen 3 AGBG (nunmehr 305c BGB), denn:»es entspricht jahrzehntelanger Praxis, dass sich der mit dem persönlichen Kreditschuldner identische Grundschuldbesteller bei Bankdarlehen regelmäßig der Zwangsvollstreckung in sein persönliches Vermögen unterwerfen muss; eine unangemessene Benachteiligung des Schuldners liegt darin nicht. Der Kl. (Darlehensnehmer) 127 BGH, ZIP 2004, 1394 (1400); ZIP 2004, 1407 (1408). 128 BGH, ZIP 2004, 1402 (1406); ZIP 2004, 1407 (1408). 129 BGH, NJW 2003, 2821 (2822); ZIP 2004, 1402 (1406); ZIP 2004, 1407 (1408). 130 BGH, NJW 2003, 2821 (2823); ZIP 2004, 1402 (1406). 131 BGH, ZIP 2004, 1402 (1406 f.). Im entschiedenen Fall hatte der Anleger seine Gesellschaftsbeteiligung aufgrund arglistiger Täuschung angefochten. Die Ausführungen besitzen jedoch ebenso für den Widerruf des Fondserwerbs oder dessen Unwirksamkeit wegen fehlender Vollmacht des Treuhänders Relevanz. 132 BGH, ZIP 2004, 1402 (1407). 133 LG Bochum, ZIP 2003, 1437; vgl. auch Vorlagebeschl. des OLG Bremen, ZIP 2004, 1253 (Vorlagefrage 2 u. 3). 134 Abgedr. in: NJW-Dokumentation, 11/2004, S. XXX. 135 Schlussanträge des Generalanwalts zur Rechtssache C-350/03, mit denen er in erster Linie vorgeschlagen hat, die Unzulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens des LG festzustellen, ZIP 2004, 1946.

Fritsche, Entwicklung der Rechtsprechung Neue Rechtsvorschriften musste daher mit einer solchen Klausel rechnen. Auf die unterbliebene Belehrung durch den Notar kommt es deshalb nicht entscheidend an«. 136 Wurde die Unterwerfungserklärung von einem vollmachtlosen Treuhänder für die Darlehensnehmer abgegeben, so ist sie unwirksam. Die Rechtsscheintatbestände der 172, 171 BGB finden auf diese prozessuale Vollmacht keine Anwendung, weil die 78 ff. ZPO insoweit ein Sonderrecht bilden. 137 Darüber hinaus kann in der Entgegennahme der Darlehensvaluta, dem langjährigen Zins- und Kapitaldienst und in dem Bestreben nach Erzielung steuerlicher Vorteile keine Genehmigung der treuhänderischen Handlung gesehen werden. 138 Allerdings vermag sich der Darlehensnehmer auf die Unwirksamkeit der Vollstreckungsunterwerfung gem. 242 BGB nicht zu berufen, soweit dies gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt. 139 Das sei so der BGH der Fall, wenn die Darlehensnehmer durch die persönliche Unterzeichnung der Darlehensverträge eine Klausel etwa mit dem Inhalt:»Sämtliche Darlehensnehmer haben sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr persönliches Vermögen zu unterwerfen«140 akzeptiert haben. Begründend führt der BGH aus:» sondern sie (Darlehensnehmer) hatten sich darüber hinaus (im Darlehensvertrag) verpflichtet, die persönliche Haftung zu übernehmen und sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen zu unterwerfen. In einem solchen Fall verstößt es aber gegen Treu und Glauben, die Unwirksamkeit der bereits abgegebenen Unterwerfungserklärung geltend zu machen. Die Kl. (Darlehensnehmer) wären nämlich wenn die in ihrem Namen abgegebenen Erklärungen mangels wirksamer Vollmacht nicht gültig waren zu deren Genehmigung verpflichtet und müssten ihnen damit rückwirkend Wirksamkeit verleihen. Sie wären damit gehindert, aus der bisherigen Nichterfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen Vorteile zu ziehen«. 141 Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn auch der Darlehensvertrag und die darin enthaltene persönliche Haftungsübernahme selbst unwirksam sei (Widerruf gem. 1 HTürWG oder fehlender Rechtsschein bzw. Erstreckung der Nichtigkeit nach Art.1 1 RBerG ivm. 134 BGB). 142 Gleiches gilt bei Vorliegen eines verbundenen Geschäfts isv 9 VerbrKrG. Umfänglich sichert die Vollstreckungsunterwerfung zunächst nur den eigentlichen Darlehensrückzahlungsanspruch. Eine weitergehende Geltung für die Rückgewähransprüche aus 3 HTürWG oder 812 BGB ist durch Auslegung der Vereinbarung zu ermitteln. Allerdings stellt der BGH insoweit folgende Vermutung auf:»eine Sicherungsabrede, die formlos und konkludent getroffen werden kann und die den Entschluss zum Abschluss des zu sichernden Vertrags entscheidend fördert, erfasst nämlich auch ohne entsprechende ausdrückliche Vereinbarung regelmäßig nicht nur die eigentlichen Erfüllungsansprüche, sondern auch diejenigen, die als typische Folgeansprüche für den Fall einer sich im Laufe der Vertragsabwicklung herausstellenden Unwirksamkeit der Erfüllungsansprüche entstehen. Nur bei Vorliegen besonderer vom Schuldner darzulegender und zu beweisender Gründe, die ausnahmsweise gegen die Einbeziehung der Folgeansprüche in die Sicherungsvereinbarung sprechen könnten, kann etwas anderes gelten«. 143 136 BGH, ZIP 2004, 64 (66); ebenso BGH, ZIP 2004, 303 (306). In diesem Zusammenhang betont der BGH, ZIP 2004, 159 (161), dass jedenfalls die widerrufliche Vollstreckungsunterwerfung nicht der notariellen Beurkundung bedürfe. 137 BGH, ZIP 2003, 2346 (2348 ff.); ZIP 2003, 2351 (2352) = NJ 2004, 123 (bearb. v. I. Fritsche); ZIP 2004, 159 (162); OLG Naumburg, NJ 2003, 373 (bearb. v. I. Fritsche/S. Fritsche). 138 BGH, ZIP 2003, 2346 (2348 ff.). 139 So BGH, ZIP 2004, 159 (162); ZIP 2004, 303 (307); ZIP 2003, 2346 (2349); ZIP 2003, 2351 (2352) = NJ 2004, 123 (bearb. v. I. Fritsche). 140 Zit. bei G. Vollkommer, NJW 2004, 818. 141 BGH, ZIP 2004, 159 (162); krit. G. Vollkommer, NJW 2004, 818. 142 BGH, ZIP 2004, 159 (162). 143 BGH, ZIP 2004, 64 (66). Das Opferrechtsreformgesetz Rechtsanwältin Dr. Stefanie Schork und Rechtsanwalt Dr. Stefan König, Fachanwalt für Strafrecht, Berlin Am 1.9.2004 ist das Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Verletzten im Strafverfahren (OpferrechtsreformG OpferRRG) in Kraft getreten, das insbesondere Änderungen der StPO vorsieht. Die Autoren stellen im Folgenden die wesentlichsten Neuregelungen kritisch und praxisbezogen dar.* I. Gesetzesanliegen Die seit der sog. Wiederentdeckung des Opfers in den 80er-Jahren geführte Diskussion über dessen verstärkte Schutzbedürftigkeit im Strafverfahren schlug sich bereits in zahlreichen gesetzgeberischen Reaktionen nieder und wird nun durch das OpferRRG v. 24.6.2004 1 fortgeschrieben. Der Gesetzgeber vermied die nach dem 1. OpferschutzG (OSchG) v. 18.12.1986 2 nahe liegende Bezeichnung als»2. OSchG«, knüpft daran aber unmittelbar an. Das OpferRRG enthält Neuregelungen zugunsten des Verletzten, des (verletzten) Zeugen, des schutzbedürftigen Zeugen und des Nebenklageberechtigten. Dabei werden deren Beteiligungs-, Schutz- und Abwehrrechte sowie die Möglichkeit, im Adhäsionsverfahren vermögensrechtliche Ansprüche geltend zu machen, verstärkt. Zugleich erweitert der Gesetzgeber die Informationsrechte des Verletzten über den Stand der Dinge in jeder Lage des Verfahrens, auch über die Verurteilung hinaus. Der Beschuldigte sieht sich neben dem öffentlichen Strafanspruch nunmehr verstärkt auch einem privaten Ersatzanspruch ausgesetzt; insgesamt öffnet die Neuregelung die Tore für eine durchaus bedenkliche Privatisierung des Strafverfahrens. Für die Verteidigung können daraus freilich auch neue Handlungsmöglichkeiten resultieren. * Eine synoptische und kommentierte Darstellung der Änderungen der StPO durch das OpferRRG ist auf der Homepage der Berliner Strafverteidigervereinigung abrufbar unter www.strafverteidiger-berlin.de/service/justiz_ modernisierung.pdf. 1 BGBl. I S. 1354. 2 BGBl. I S. 2496. 537

Neue Rechtsvorschriften Schork/König, Das Opferrechtsreformgesetz Die ursprünglich im Entwurf vorgesehenen Regelungen zur Einführung der Kommunikation im Ermittlungs- bzw. Zwischenverfahren ( 160a u. 202a StPO) 3 finden sich im Gesetz nicht wieder. Ihre Einführung ist damit freilich nicht aufgegeben, sondern bleibt der Umsetzung des von den Koalitionsfraktionen und dem BMJ im Febr. 2004 vorgelegten»diskussionsentwurfs für eine Reform des Strafverfahrens«vorbehalten. II. Die StPO-Regelungen im Einzelnen 4 1. Verfahrens- und Informationsrechte a) Hinweispflichten bei Ladung Die Neuregelung von 48 erweitert die in 406h Abs. 1 (alter wie neuer Fassung) bereits statuierten Hinweispflichten gegenüber dem Verletzten um solche gegenüber jedem Zeugen. Diese sollen, was in Abkehr von obrigkeitsstaatlicher Gesetzesdiktion begrüßenswert ist, künftig nicht allein auf ihre Pflichten, sondern auch auf ihre Rechte hingewiesen werden. Das Gesetz verzichtet darauf aufzuzählen, auf welche verfahrensrechtlichen Bestimmungen das Gericht künftig hinzuweisen hat, um zu vermeiden,»dass durch formularmäßige Belehrungen, die den Gegebenheiten des konkreten Falles nicht angemessen sind, grundlose Befürchtungen oder unerfüllbare Erwartungen geweckt werden«. 5 Da im Gesetzestext nur die Vorschriften angesprochen werden, die dem Interesse des Zeugen dienen, dürfte in erster Linie an 68a (Fragen nach entehrenden Tatsachen und Vorstrafen), 68b (Beiordnung eines Rechtsanwalts), 247 Abs. 1 Satz 2 (Entfernung des Angeklagten aus dem Sitzungssaal bei Gefahr der Nachteilszufügung) sowie die 171b, 172 Nr. 1a, 2 u. 3 GVG (Ausschluss der Öffentlichkeit) 6 gedacht sein. Die Rechte, die sich aus dem ZeugenschutzG 7 ergeben, wurden dagegen als Sondervorschriften für besonders schutzbedürftige Personen konzipiert und sind aufgrund ihres Umfangs und ihrer Spezialität kaum geeignet, regelmäßig eine Hinweisverpflichtung auszulösen. Ausgeschlossen ist dies jedoch nicht. Der Verzicht auf einen bestimmten Katalog von Vorschriften sollte gerade Raum dafür schaffen, im Einzelfall eine vertiefende Belehrung vornehmen zu können, wo es erforderlich erscheint. b) Anwesenheitsrecht in der Hauptverhandlung In 406g Abs. 1 werden die Informationsrechte erheblich ausgeweitet. Künftig hat auch der nebenklagebefugte Zeuge das Recht, der Hauptverhandlung beizuwohnen, auch wenn er sich dem Verfahren als Nebenkläger nicht angeschlossen hat. 58 nf stellt, darauf Bezug nehmend, klar, dass der nebenklagebefugte Zeuge ein Anwesenheitsrecht bei allen Zeugenvernehmungen in der Hauptverhandlung hat. Der Sinn der Vorschrift erschließt sich nicht: Das Anwesenheitsrecht des Zeugen, der zugleich Nebenkläger ist, resultiert notwendig aus dessen Rechtsstellung, die ihm aktives Einwirken auf das Prozessgeschehen erlaubt und u.a. ein Fragerecht einräumt. Derjenige Zeuge, der zwar nebenklagebefugt ist, sich jedoch nicht angeschlossen hat, verzichtet auf diese Rechte. Seine Anwesenheit vor seiner Vernehmung (nur um diese geht es) kann daher lediglich dem Interesse dienen, über das Geschehen in der Hauptverhandlung informiert zu sein. Das beschädigt die Glaubhaftigkeit seiner Aussage und ist dem Prozessziel kontraproduktiv. c) Bild-Ton-Aufzeichnungen 58a wurde bereits durch das ZeugenschutzG im Jahre 1998 eingeführt. Danach steht fest, dass erstellte Bild-Ton-Aufzeichnungen einer richterlichen bzw. staatsanwaltlichen Vernehmung 538 ( 161a Abs. 1 Satz 2) Bestandteil der Sachakten sind und sich das Akteneinsichtsrecht von Verteidigung und Verletztem auch darauf erstreckt. In 58a Abs. 2 wird nun geregelt, dass zur Vermeidung von Missbräuchen, wie es in der Begründung des Regierungsentwurfs heißt, 8 die Kopien der Aufzeichnung durch den zur Akteneinsicht Berechtigten nicht an Dritte, also durch den Verteidiger auch nicht an den Beschuldigten, weitergegeben werden dürfen. Ferner wird der Anspruch auf Überlassung einer Kopie an nicht zur Akteneinsicht berechtigte Dritte an die Einwilligung des Zeugen geknüpft. Widerspricht der Zeuge der Überlassung einer Kopie der Aufzeichnung, erhalten die zur Akteneinsicht Berechtigten nach 58a Abs. 3 lediglich ein Wortprotokoll. Ihr Recht auf Besichtigung der Aufzeichnung bleibt hiervon unberührt. 58a Abs. 3 ist nach längerer Auseinandersetzung über die Überlassung von Kopien der Aufzeichnungen auf Empfehlung des Vermittlungsausschusses in die StPO eingefügt worden. 9 d) Körperliche Untersuchung von Frauen 81d wird geschlechtsneutral formuliert und dahingehend erweitert, dass zur körperlichen Untersuchung auch dann eine Person oder ein Arzt»bestimmten Geschlechts«, die oder der das Vertrauen der von der Untersuchung betroffenen Person besitzt, auf Wunsch des/der Betroffenen hinzugezogen werden soll, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht. Die Begründung des Entwurfs führt dafür beispielhaft Fälle sexuellen Missbrauchs an. 10 e) Täter-Opfer-Ausgleich 136 Abs. 1 ist um eine weitere Hinweispflicht in der gerichtlichen bzw. ivm 163a Abs. 3 Satz 2 u. Abs. 4 Satz 2 in der staatsanwaltlichen und polizeilichen Vernehmung erweitert worden. Der Beschuldigte soll in geeigneten Fällen auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs hingewiesen werden. Die Begründung des Entwurfs erläutert den Begriff des»geeigneten Falles«so wenig wie die Norm selbst. Es kann lediglich an Fälle gedacht sein, in denen der Beschuldigte geständig ist und nicht erst durch den Hinweis auf den Täter-Opfer-Ausgleich zu einem Geständnis veranlasst werden soll. Denn sonst wäre die Regelung mit dem Normzweck des 136 unvereinbar. 136 soll die verfassungsrechtlich geschützte Aussagefreiheit garantieren. Durch die Belehrung soll der Beschuldigte in die Lage versetzt werden, frei entscheiden zu können, ob er sich zu dem Tatvorwurf einlässt oder von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen möchte. Anders als 155a, der der Staatsanwaltschaft und dem Gericht aufgibt, in jedem Stadium des Verfahrens zu prüfen, ob die Herbeiführung eines Täter-Opfer-Ausgleichs möglich ist, und ggf. auf einen solchen hinzuwirken, kann der schlichte Hinweis auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs sogleich nach Eröffnung des Tatvorwurfs den Beschuldigten in seiner Aussagefreiheit beeinträchtigen. Solange der Beschuldigte schweigt oder den Tatvorwurf bestreitet, ist dafür mangels»täter«kein Raum. f) Terminsbenachrichtigung Im Unterschied zu Satz 1 des 214 Abs. 1 sehen die beiden neu eingefügten Sätze 2 bis 4 nicht die Ladung, sondern die Benach- 3 Ges.Entw. der BReg. (Stand 7.11.2003), BR-Drucks. 829/03, S. 4 f. 4 Paragraphen ohne Nennung des Gesetzes betreffen jeweils die StPO. 5 Ges.Entw. der BReg. (Fn 3), S. 22. 6 Vgl. dazu auch den Ges.Entw. der BReg., ebenda. 7 V. 30.4.1998, BGBl. I S. 820. 8 BR-Drucks. 829/03, S. 23. 9 Vgl. BT-Drucks. 15/3062, S. 2. 10 Vgl. BR-Drucks. 829/03, S. 23.

Schork/König, Das Opferrechtsreformgesetz richtigung vom Termin vor. Korrespondierend mit dem neu eingeführten Anwesenheitsrecht in der Hauptverhandlung ( 406g Abs. 1 Satz 1) erhalten Verletzte und andere Personen, die zur Nebenklage berechtigt sind ( 397 Abs. 1 Satz 1), ungeachtet des Umstands, ob sie sich dem Verfahren angeschlossen haben oder nicht, eine entsprechende Terminsmitteilung, sofern sie dies beantragt haben. Es ist absehbar, dass diese Neuerung besonders in Verfahren mit mehreren Verletzten zu einer deutlichen Mehrbelastung für die Gerichte führen wird, die bei der Terminsvorbereitung jede Verfahrensakte auf Anträge nebenklageberechtigter Personen durchsehen müssen, die eine Terminsmitteilung beantragt haben. g) Audiovisuelle Zeugenvernehmung und Aufzeichnung der Vernehmung Mit der Neufassung des 247a Satz 1wurde die Subsidiaritätsklausel aufgehoben. 247a greift in jenen Fällen, in denen die Zeugenvernehmung in Gegenwart der in der Hauptverhandlung Anwesenden das werden in aller Regel der Angeklagte oder Personen im Publikum sein die dringende Gefahr eines schwerwiegenden Nachteils für das Wohl des Zeugen begründet. Mit der Neuregelung wird die mit Blick auf den Unmittelbarkeitsgrundsatz nur als ultima ratio vorgesehene Maßnahme der audiovisuellen Vernehmung eines Zeugen zum vorrangigen Reaktionsmittel des Gerichts erklärt. Die Möglichkeit, der Gefahr eines schwerwiegenden Nachteils durch andere einschneidende Maßnahmen wie die Entfernung des Angeklagten oder den Ausschluss der Öffentlichkeit abzuwenden, besteht danach künftig nicht mehr. Diese Neuregelung ist aus Verteidigersicht grundsätzlich zu begrüßen. Denn die»entfernung«des Zeugen beeinträchtigt im Gegensatz zur Entfernung des Angeklagten dessen Verteidigungsinteressen (Anspruch auf rechtliches Gehör, Fragerechte) in geringerem Maße. Seine ununterbrochene Anwesenheit in der Hauptverhandlung erhält ihm die Möglichkeit, auf die Zeugenvernehmung aktiv zu reagieren. Die Neuregelung kann allerdings nicht so verstanden werden, dass damit dem Gericht sämtliche Möglichkeiten außer der Verbannung des Zeugen in die Videokabine genommen sein sollen, um das Spannungsverhältnis zwischen Aufklärungspflicht, Verteidigungs- und Zeugenrechten zum Ausgleich zu bringen. Hierfür bietet sich eine Reihe von weniger einschneidenden Maßnahmen an, wie die Beiordnung eines Zeugenbeistands, die Ausübung und Steuerung des Fragerechts durch den Vorsitzenden bei Zeugen unter 16 Jahren etc. 11 Mit der nun in 273 auf Anordnung des Vorsitzenden ermöglichten Aufnahme einer Vernehmung auf Tonträger entsteht ein Wortprotokoll, dessen Anfertigung bisher nicht vorgesehen war. Hierdurch wird künftig das in vielen Fällen völlig unbrauchbare Inhaltsprotokoll der amtsgerichtlichen Hauptverhandlung durch eine zuverlässige Dokumentation ihres Inhalts ersetzt werden. Es ist zu hoffen, dass das Beispiel Schule macht und zur Regel auch in der Hauptverhandlung vor höheren Gerichten wird. 323 Abs. 2 Satz 2 regelt die Einführung des Tonbandmitschnitts einer Vernehmung in die Berufungsverhandlung nach Maßgabe des 325 StPO durch Verlesung einer Übertragung in ein schriftliches Protokoll. Daneben kann es zulässig und auch erforderlich sein, den Tonbandmitschnitt als Beweismittel in Augen- (bzw. Ohren-) schein zu nehmen, soweit es auf die Art und Weise ankommt, in der die Aussage gemacht wurde (stockend, flüssig, an einzelnen Stellen besonders leise oder laut etc.). Der Inhalt der Aussage kann allerdings auf diese Weise nicht eingeführt werden, weil sonst die Regelung des 323 Abs. 2 Satz 2 umgangen würde. h) Nebenklage Die Neuregelung des 395 Abs. 1 stellt fest, dass die Nebenklage auch im Sicherungsverfahren nach den 413 ff. zulässig ist. Das hatte der BGH bereits in Abkehr von seiner vorherigen Rechtsprechung im Jahre 2001 entschieden. 12 Entgegen der ursprünglichen Konzeption der Bundesregierung blieben die Beleidigungsdelikte in dem neu gefassten Katalog des 395 Abs. 1 letztlich doch enthalten. Erweitert wird der Katalog um weitere Sexualdelikte (Ausbeutung von Prostituierten, Zuhälterei). Die Staatsschutzdelikte wurden hingegen gestrichen, da sie nach Auffassung des Gesetzgebers mit der zugespitzten Schutzrichtung der Nebenklage auf Genugtuungs- und Beistandsfunktionen im Interesse des Verletzten nicht vereinbar seien. 13 i) Mitteilung über Verfahrensausgang Nach alter wie neuer Rechtslage wird ein Antragsteller gem. 171 von der Einstellung des Verfahrens in Kenntnis gesetzt. Ist er zugleich Verletzter, wird der Bescheidung eine Belehrung über die Möglichkeit eines Klageerzwingungsverfahrens nach 172 beigefügt. Auf Antrag wurde einem Verletzten überdies auch bisher der Ausgang des Verfahrens mitgeteilt ( 406d Abs. 1). Eine einschneidende Neuregelung enthält 406d Abs. 2. Der Verletzte kann jetzt nicht nur beantragen, von der Einstellung des Verfahrens, sondern auch über Maßnahmen des Strafvollzugs, d.h. über die Anordnung und Beendigung von freiheitsentziehenden Maßnahmen, von der Gewährung von Vollzugslockerungen oder Urlaub in Kenntnis gesetzt zu werden. Ist der Antragsteller Opfer eines nebenklagefähigen Sexualbzw. Körperverletzungsdelikts, eines Delikts gegen die persönliche Freiheit oder eines versuchten Tötungsdelikts geworden, so genügt der bloße Antrag, um den Informationsanspruch auszulösen. In allen anderen Fällen muss der Verletzte bei Antragstellung ein berechtigtes Interesse an der Mitteilung darlegen. Anhaltspunkte dafür, wann ein berechtigtes Interesse vorliegt, gibt 406d Abs. 2 nicht. Das Interesse an einer erfolgreichen zivilrechtlichen Rechtsverfolgung kann hiermit nicht gemeint sein, denn diesem trägt bereits 180 Abs. 5 Satz 2 StVollzG Rechnung, der dem Verletzten einer Straftat die Möglichkeit an die Hand gibt, Auskünfte über Entlassungsadresse oder Vermögensverhältnisse des Gefangenen zu beantragen, um weitere Rechtsansprüche verfolgen zu können. Voraussetzung ist hierfür i.d.r., dass der Gefangene zuvor dazu gehört wird ( 180 Abs. 5 Satz 3 StVollzG). Eine Anhörung des Verurteilten wird angesichts der Schwere des Eingriffs in sein informationelles Selbstbestimmungsrecht auch in allen Fällen des 406d Abs. 2 erforderlich sein. Dem Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 17.10.2003 ist zu entnehmen, dass das Interesse des Verletzten als schützenswert erachtet wird, wenn die Möglichkeit besteht, er werde dem Verurteilten außerhalb der Haft begegnen. Dazu heißt es wörtlich:»aber auch in Fällen der Haft oder Unterbringung kann es möglich sein, dass sich der Verurteilte außerhalb der Anstalt bewegt, wenn Vollzugslockerungen gewährt wurden. Die Gefahr einer Begegnung mit dem Opfer, das sich in Sicherheit fühlt, weil es den Verurteilten in der Anstalt glaubt, besteht auch hier. Aus diesem Grund ist der Verletzte auf Antrag über Vollzugslockerungen ( 11 StVollzG) zu informieren Wichtig für den Verletzten wird es sein, den Zeitpunkt zu erfahren, an dem erstmalig Vollzugslockerungen angeordnet werden. Ab diesem Zeitpunkt muss er damit rechnen, dass er dem Gefangenen auf offener Straße begegnet.«14 11 Vgl. die Aufzählung bei Diemer, in: Karlsruher Komm. zur StPO, 5. Aufl., 247a Rn 10. 12 BGHSt 47, 202. 13 Vgl. BR-Drucks. 829/03, S. 31 f. 14 Ebenda, S. 43. 539

Neue Rechtsvorschriften Schork/König, Das Opferrechtsreformgesetz Das Interesse des Verletzten, dem Täter nicht auf offener Straße zu begegnen, kann kein berechtigtes Interesse isd 406d Abs. 2 Satz 1 an der Erteilung von Auskünften sein. In den Fällen des 395 Abs. 1 Nr. 1 lit. a, c u. d und Nr. 2, also in den Fällen schwerwiegender Sexual- bzw. (sonstiger) Gewaltkriminalität, wo die unverhoffte Begegnung des Verletzten mit dem Täter problematisch sein kann, bedarf es der Darlegung eines berechtigten Interesses gerade nicht, da es als indiziert betrachtet werden kann. Warum der Verletzte einer Betrugstat aber ein berechtigtes Interesse daran haben soll, dem Täter nicht auf der Straße zu begegnen, ist nicht einzusehen. Angesichts des Resozialisierungsgedankens, dessen Bedeutung das BVerfG auch in Hinblick auf Informationen über den Verurteilten und seine Tat nach der Verurteilung hervorgehoben hat, 15 und angesichts des informationellen Selbstbestimmungsrechts des Verurteilten, in das durch die Herausgabe von Informationen eingegriffen wird, sind an das Vorliegen eines berechtigten Interesses auf Auskunftserteilung hohe Anforderungen zu stellen. Zu berücksichtigen ist auch, dass durch das Urteil Rechtsfrieden eintreten soll. Es müssen daher Tatsachen vorgetragen werden, aus denen sich eine konkrete Gefährdung des Verletzten durch den Verurteilten ergibt, die nicht anders abgewendet werden kann, als durch die Information des Verletzten über die Freilassung des Verurteilten oder vollzugslockernde Maßnahmen. Das wird nur in Ausnahmefällen gegeben sein. 2. Schadenswiedergutmachung a) Antragstellung 404 Abs. 2 stellt klar, dass die Wirkungen des Antrags nicht mit Zustellung an den Beklagten, sondern mit Eingang beim Gericht eintreten. Für den Antragsteller bedeutet das eine deutliche Erleichterung, da es ihm anders als im Zivilprozess nicht obliegt, den Aufenthaltsort des Angeschuldigten selbst ausfindig zu machen. b) Ausdehnung des Adhäsionsverfahrens Mit der Neufassung der 405 u. 406 wird der zuletzt durch das 1. OpferschutzG modifizierte Anwendungsbereich des Adhäsionsverfahrens erneut ausgedehnt. 16 405 wurde vollständig neu formuliert. Hier wird nun festgehalten, dass es auch im Strafverfahren möglich ist, einen wirksamen Vergleich über alle aus der Straftat ( 264) erwachsenen Ansprüche des Verletzten bzw. Adhäsionsberechtigten zu schließen dies unabhängig davon, ob das Gericht zu einer Verurteilung kommt. Die Vorschrift hat lediglich deklaratorische Bedeutung. Sie schafft keine neue Rechtslage, denn auch schon nach vorher geltendem Recht konnte ein vollstreckbarer Vergleich vor jedem deutschen Gericht, also auch vor einem Strafgericht, abgeschlossen werden (vgl. 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). 17 Der Regierungsentwurf spricht insoweit allerdings, ohne es weiter zu belegen, von einer früher ungeklärten Rechtslage. 18 In 406 werden die bisherigen 405 u. 406 in einer Vorschrift zusammengefasst. Es bleibt in 406 Abs. 1 bei der bisherigen Regelung, wonach das Strafgericht nur im Falle einer Verurteilung über den Adhäsionsantrag entscheiden kann. Eine den Anspruch aberkennende Entscheidung ist nicht zulässig. Vor dem Hintergrund des Bemühens um eine Stärkung des Adhäsionsverfahrens, ist zunächst die Einschränkung der sog. Absehensklausel zu nennen. 405 Satz 2 sah bisher vor, dass das Gericht von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag absehen kann, wenn sich der Antrag zur Erledigung im Strafverfahren nicht eignet. Dabei wurde dem Gericht ein großer Beurteilungsspielraum eingeräumt und zugleich ein wirksames Mittel an die 540 Hand gegeben, die praktische Bedeutung von vermögensrechtlichen Anträgen im Strafprozess zu regulieren. Die Neufassung des 406 sieht ein Absehen von der Entscheidung vor, sofern der Antrag unzulässig ist oder unbegründet erscheint. Die Entscheidung über Ansprüche auf Schmerzensgeld kann nunmehr nur noch aus diesem Grund abgelehnt werden. Hierdurch ändert sich nicht viel. Denn es sind kaum einen Schmerzensgeldanspruch begründende Umstände denkbar, die nicht zugleich strafzumessungsrelevant und damit notwendig Gegenstand der strafgerichtlichen Hauptverhandlung sind. Für alle anderen Ansprüche bleibt es grundsätzlich dabei, dass die Nichteignung des Strafverfahrens genügt, von der Entscheidung abzusehen. Dabei hebt der Gesetzgeber ausdrücklich hervor, dass die Interessen des Antragstellers an der Entscheidung in die Erwägungen des Gerichts einbezogen werden müssen. Als erwägenswertes Interesse kommt in erster Linie das Interesse des Antragstellers an einer abschließenden rechtlichen Regulierung des dem Strafverfahren zugrunde liegenden Konflikts in Betracht. Es bleibt grundsätzlich bei der bis zum OpferRRG geltenden Rechtslage, wonach die drohende Verzögerung des Verfahrens als einziges Beispiel für die Nichteignung genannt wird, allerdings mit einer einschneidenden Einschränkung: Die Verzögerung muss jetzt erheblich sein. Bei der Entscheidung darüber, ob eine solche Verzögerung vorliegt, sind wiederum die berechtigten Belange des Antragstellers zu berücksichtigen. Die Erheblichkeit wird relativ an der Dauer des Verfahrens zu messen sein, die es ohne den Adhäsionsantrag hätte. So dürfte die Verlängerung einer mehrtägigen Hauptverhandlung um einen oder wenige weitere Verhandlungstag/e jedenfalls dann nicht erheblich sein, wenn der Antragsteller bei schwerwiegenden Straftaten ein berechtigtes Interesse an einer abschließenden straf- und zivilrechtlichen Klärung hat. Es ist damit zu rechnen, dass die Neuregelung im Bereich der Sexual-, der schwerwiegenden Körperverletzungs- und Kapitaldelikte zu einer deutlichen Mehrbelastung der Strafgerichte und zur Verlängerung der Verfahren führen wird. Bemerkenswert ist, dass der Einwand der Mehrbelastung, soweit ersichtlich, in der Diskussion um das OpferRRG nicht erhoben wurde, während er gegen die im»diskussionsentwurf für eine Reform des Strafverfahrens«enthaltenen Regelungen erweiterter Partizipation der Verteidigung immer wieder ins Feld geführt wird. Entscheidet das Strafgericht über den Adhäsionsantrag, hat es nunmehr nach 406 Abs. 2 die Möglichkeit, ein Anerkenntnisurteil zu erlassen. Damit setzt sich der Gesetzgeber in Widerspruch zur Rechtsprechung des BGH, der ein Anerkenntnisurteil im Rahmen des Adhäsionsverfahrens für unzulässig gehalten hat. So heißt es im Urteil v. 18.12.1990:»Es ist zu vermeiden, daß sich ein Angeklagter zumal nach einem Geständnis um keine Zweifel an seiner Einsicht, Reue und Wiedergutmachungswillen aufkommen zu lassen, gedrängt sieht, einen im Adhäsionsverfahren verfolgten Anspruch auch wenn ihm die Höhe der Forderung zweifelhaft erscheint unbedingt anzuerkennen. Ob hieraus sogar Bedenken gegen die Möglichkeit eines Vergleichs im Adhäsionsverfahren erwachsen könnten, bedarf hier keiner Entscheidung; jedenfalls wird der Richter auch nur den Anschein eines unsachlichen Drucks auf den Angeklagten zum Abschluss des Vergleichs zu vermeiden haben.«19 15 Vgl. BVerfGE 35, 202 ff., 235 f. 16 Für eine opferbezogene Anwendung des Adhäsionsverfahrens siehe Rössner/ Klaus, NJ 1996, 288 ff. 17 Vgl. auch Zöller-Stöber, ZPO, 23. Aufl., 794 Rz 5 m. Verw. 18 BR-Drucks. 829/03, S. 36 f. 19 BGHSt 37, 263, 264 = NJ 1991, 426 (Leits.).