Wohnungslüftung. Energiesparen und Wohlfühlen

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Transkript:

Wohnungslüftung Energiesparen und Wohlfühlen

Inhalt 3 < Seite Inhalt 4 Ressourcenschonung und Klimaschutz 25 Energiebedarf 5 Herausforderung Wohnungslüftung 28 Kosten 5 Feuchteschutz und Schimmelpilzvermeidung 30 Richtig Lüften - Heizen - Einrichten 6 Energieeinsparung 30 Betrieb der Lüftungstechnik 7 Luftqualität 31 Begriffe aus der DIN 1946-6 Lüftung von Wohnungen 8 Thermische Behaglichkeit 10 Schallschutz 11 Gebäude 13 Nutzer 15 Mietrecht 16 Politik 17 Notwendigkeit lüftungstechnischer Maßnahmen 17 Festlegung lüftungstechnischer Maßnahmen 19 Lüftungssysteme 20 Freie Lüftung 22 Ventilatorgestützte Lüftung

> 4 Einleitung Ressourcenschonung und Klimaschutz Um die globale Erwärmung auf ein erträgliches Maß zu begrenzen, ist eine Reduktion der globalen Kohlendioxidemissionen bis 2050 um mindestens 30 Prozent gegenüber 1990 erforderlich. Dies bedeutet für Industrieländer eine Reduktion um etwa 80 Prozent. Dagegen dürfen die Emissionen in Entwicklungs- und Schwellenländern um maximal 30 Prozent steigen. Somit sind die heutigen Reduktionsziele der deutschen Bundesregierung von 20 Prozent bis 2020 und 50 Prozent bis 2050 gegenüber dem Wert von 1990 keineswegs zu hoch, sondern sollten mindestens angestrebt werden. Die technischen Entwicklungen der vergangenen Jahre zeigen, dass diese Ziele erreichbar sind. Rund 80 Prozent des Energieverbrauchs weltweit werden gegenwärtig noch durch fossile Brennstoffe (Erdöl, Erdgas und Kohle) - die Hauptverursacher von Kohlendioxidemissionen - gedeckt. Aber nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Gründe erfordern eine nachhaltige Energieversorgung. Neben dem Klimawandel stellen auch die Endlichkeit fossiler Energieträger sowie die Abhängigkeit von Energieträgerimporten ein erhebliches Problem dar. Derzeit werden rund 50 Prozent der fossilen Energieträger in der Europäischen Union aus Drittländern importiert. Die Abhängigkeit der Europäischen Union von Energieimporten aus Drittländern steigt weiter an. Dies führt unter anderem zu wirtschaftlichen, sozialen und politischen Risiken. Wenn der Energieverbrauch nicht reduziert und der Anteil der einzelnen Brennstoffarten nicht verändert wird, könnte die Abhängigkeit von Ölimporten bis 2030 auf über 90 Prozent und von Gasimporten auf über 80 Prozent steigen. Die Konkurrenz auf dem Energiemarkt wird zugleich immer härter. Um diesen Tendenzen entgegen zu wirken, muss Energie effizient genutzt und Ressourcen geschont werden. Ein Drittel des gesamten Endenergieverbrauches in Deutschland wird für den Gebäudebereich Heizung, Lüftung und Warmwasserbereitung benötigt. Somit ist dieser Bereich einer der Hauptverursacher von Emissionen und es sind umfassende Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs zu initiieren, um das Klima zu schützen und die Energiekosten für zukünftige Gebäudeeigentümer und -nutzer in bezahlbaren Grenzen zu halten. Wärmeverluste über die bauliche Hülle, sogenannte Transmissionswärmeverluste, und Lüftungswärmeverluste bestimmen im Wesentlichen den Heizenergieverbrauch von Gebäuden. Die Erschließung der Einsparpotenziale erfolgte in der Vergangenheit vorrangig durch eine ständig verbesserte Wärmedämmung der Gebäudehülle. Hierdurch wurde der Transmissionswärmebedarf deutlich vermindert. Durch eine höhere Fugendichtigkeit der Bauteile konnten auch ungewollte Lüftungswärmeverluste durch freie Lüftung reduziert werden. Unabhängig davon können Mindestluftwechsel aus hygienischen und bauphysikalischen Anforderungen nicht reduziert werden und betragen heute im Neubau und nach energetischen Modernisierungen ca. 50 Prozent der Gesamtwärmeverluste. Damit bekommt die Frage der Lüftung mit den auf den ersten Blick gegensätzlichen Aspekten Energieeffizienz gegenüber Raumluftqualität und Bautenschutz eine zentrale Bedeutung: 1. Energieeffizienz: Minimierung der Lüftungswärmeverluste auf Basis einer hohen Gebäudedichtheit durch einen möglichst geringen Außenluftwechsel oder durch alternative Lösungsansätze mit ventilatorgestützter Lüftung 2. Raumluftqualität und Bautenschutz: Erfüllung der hygienischen und bauphysikalischen Anforderungen durch ausreichenden Außenluftwechsel Die scheinbare Diskrepanz der beiden Zielfunktionen der Lüftung lässt sich nur durch den Einsatz einer ventilatorgestützten Lüftung lösen. Durch Wärmerückgewinnung (Abwärmenutzung), Einbindung regenerativer Energie und bedarfsgeführter oder zonengeregelter Lüftung lassen sich die Lüftungswärmeverluste entscheidend senken, ohne Einschränkungen bei Raumluftqualität und Bautenschutz befürchten zu müssen.

Notwendigkeit 5 < Herausforderung Wohnungslüftung Eine zunehmend dichtere Bauweise führt zu neuen Fragestellungen hinsichtlich der Wirksamkeit und energetischen Effizienz der Wohnungslüftung im Neubau und nach Modernisierungen im Gebäudebestand. Bauherren, Vermieter, Architekten und Planer, aber auch die Nutzer müssen sich den gestiegenen Herausforderungen bewusst werden und stellen (Abb. 1). Feuchteschutz und Schimmelpilzvermeidung Eine aktuelle Umfrage lässt erstmals für Deutschland statistisch belastbare Aussagen zum Schimmelpilzrisiko im Wohnungsbestand zu. Danach sind für ca. jede fünfte Wohnung in Deutschland Feuchteschäden bzw. Schimmelpilzbefall zu konstatieren. Für 5,8 Prozent oder etwa 2,1 Millionen Wohnungen wird ein Zusammenhang zwischen der Wohnungslüftung und dem sichtbaren Schimmelpilzbefall festgestellt. Abb. 1: Herausforderungen der Wohnungslüftung Abb. 2: Feuchteschäden und Schimmelpilzbefall in deutschen Wohnungen Dichte Wohnung Schadenscharakter Belastete Wohnungen in Deutschland relativ absolut 1) Feuchteschäden 21,9 % ca. 7,8 Mio. Schimmelpilzbefall (sichtbar und lüftungsrelevant) 5,8 % ca. 2,1 Mio. 1) Hochrechnung für einen Wohnungsbestand von ca. 35,8 Mio. Schimmelpilzrisiko ( zu wenig Lüften ) Energieverbrauch ( zu viel Lüften ) Neben den bereits vielfach thematisierten, durch Feuchte und Schimmelpilz verursachten Bauschäden wird in der Studie erstmals für Deutschland ein signifikant erhöhtes Erkrankungsrisiko der Bewohner in Wohnungen mit Feuchte- oder Schimmelpilzschäden hinsichtlich Asthma, Allergien, aber auch Erkältungskrankheiten ermittelt. Die Feuchtesituation und daraus resultierend das Schimmelpilzrisiko in Wohnungen unterliegt vielfältigen Einflüssen, wesentlich sind: > Lüftungssituation, ggf. einschließlich lüftungstechnischer Maßnahmen, Richtig Lüften und Heizen > Wärmeschutz, insbesondere im Bereich potenzieller Wärmebrücken, > Nutzergewohnheiten (Lüften und Heizen) sowie > Feuchtequellen.

> 6 Energieeinsparung Auf der Suche nach Energie-Einsparmöglichkeiten im Gebäudebereich geraten die Lüftungswärmeverluste verstärkt in den Fokus. Durch die stetig verschärften Anforderungen in der Wärmeschutz- und Energieeinsparverordnung sind im Wesentlichen die Transmissionswärmeverluste reduziert worden, damit ist trotz erhöhter Anforderungen an die Gebäudedichtheit der Anteil der Lüftungswärmeverluste am Gesamtwärmeverlust beständig größer geworden (Abb. 3). Eine weitere Senkung der Lüftungswärmeverluste bei freier Lüftung verstärkt die Gefahr einer Zunahme hygienischer und bauphysikalischer Probleme vor allem in modernisierten, aber auch in neu errichteten Gebäuden. Die ventilatorgestützte Lüftung bietet demgegenüber die Möglichkeit, die Lüftungswärmeverluste unter Einhaltung der Anforderungen an Raumlufthygiene und Bautenschutz weiter zu senken. Dazu bestehen prinzipiell drei Möglichkeiten: 1. Rückgewinnung der in der Abluft enthaltenen (und sonst an die Umwelt abgegebenen) Wärmeenergie mittels Wärmeübertrager und/oder Wärmepumpe (Bsp. Kompaktgerät Abb. 4) 2. Vorwärmung der zugeführten Außenluft mittels erneuerbarer Energien (z. B. Erdreich-Luft-Wärmeübertrager oder Solar-Luftkollektor), 3. Verringerung des Außenluftwechsels (Bedarfs oder Zonenlüftung). Abb. 3: Anteil der Lüftung am Gebäudewärmeverlust in Abhängigkeit von den Anforderungen an den Wärmeschutz 1) Gebäudewärmeverlust, in % 350% 300% 250% 200% 150% 100% 50% 0% Altbau WSV 1977 WSV 1982 WSV 1995 1) Beispielhaft für ein Reihenhaus mit vier Wohnungen. EnEV 2002/07 EnEV 2009 Abb. 4: Kompaktgerät Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung und Wärmepumpe Abluft Lüftungswärmeverluste Transmissionswärmeverluste Zuluft? EnEV 2012 Unter Bedarfslüftung versteht man die Anpassung der Luftvolumenströme an die durch geeignete Sensoren (z. B. Luftfeuchte oder Kohlendioxid) erfassten Lastverhältnisse in der Wohnung. Eine Zonenregelung kann beispielsweise realisiert werden, indem wechselweise Schlafräume nachts und Wohnräume tagsüber verstärkt gelüftet werden. Wärmepumpe Fortluft Wärmetauscher Außenluft

7 < Luftqualität Die Luftqualität beschreibt die Beschaffenheit der Luft bezogen auf den Anteil der Luftverunreinigungen. Für die Bewertung der Luftqualität in Räumen wird oft auf die Kohlendioxid-Konzentration zurückgegriffen. Kohlendioxid (CO 2 ) ist dabei ein brauchbarer Indikator für andere, die Gesundheit und die Befindlichkeit beeinträchtigende Emissionen und Geruchsstoffe. Der Münchner Mediziner Max von PETTENKOFER führte vor etwa 150 Jahren den Kohlendioxid-Maßstab ein und definierte für gute Raumluftqualität einen Grenzwert von 1000 ppm CO 2 (parts per million). Dies entspricht einem Anteil des Kohlendioxids an der Raumluft von 0,1 Volumenprozent in der Luft. Die CO 2 -Konzentration in der Außenluft ist innerhalb der letzten 100 Jahre im Mittel von etwa 300 ppm auf etwa 350 ppm angestiegen. Den Zusammenhang zwischen Lüftung und der Kohlendioxid-Konzentration und damit der Raumluftqualität verdeutlicht Abb. 5 am Beispiel eines Schlafzimmers. Es existieren viele weitere, die Raumluftqualität negativ beeinflussende Schadstoffe, beispielhaft lassen sich aufzählen: > Staub/Feinstaub aus Straßenverkehr, Industrie und Verbrennungsprozessen, > Ruß aus Verkehr und Verbrennungsprozessen, > flüchtige organische Komponenten (VOC Volatile Organic Compounds) aus der Raumausstattung sowie aus Pflege- und Reinigungsmitteln, > Nikotin aus Tabakrauch, > Ozon aus der Atmosphäre, fotochemischen Prozessen, Kopiergeräten, > Radon aus Baumaterialien und Erdreich, Für die Verbesserung der Raumluftqualität spielt neben der (nur teilweise möglichen) Vermeidung der Emissionen im Wohnbereich wiederum das Lüftungskonzept die zentrale Rolle. Ventilatorgestützte Lüftungssysteme bieten die Möglichkeit, durch > witterungs- und nutzerunabhängige Sicherstellung des Luftaustausches und > Luftfilterung die Raumluftqualität maßgeblich zu verbessern. Abb. 5: Kohlendioxid-Konzentration in einem Schlafzimmer 1) C02-Konzentration, in ppm 5000 4500 4000 3500 3000 2500 2000 1500 1000 500 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Zeit, in h Luftwechsel 0,1 pro Stunde (3,6 m³/h), z. B. Fenster geschlossen, nur durch Undichtheit Luftwechsel 0,8 pro Stunde (36 m³/h), z. B. Lüftungsanlage oder angekipptes Fenster 1) Zwei schlafende Personen, Grundfläche 18 m². gute Raumqualität nach PETTENKOFER > Allergene aus Pollen und Mikroorganismen (Hausstaub milben, Schimmelpilze).

> 8 Thermische Behaglichkeit Die thermische Behaglichkeit ist ein wesentliches Kriterium für unser Wohlbefinden. Die Bewertung des Raumklimas hängt von verschiedenen Einflüssen ab, wie > menschliche Aktivität, > menschliche Kleidung und > Raumklimaparameter (Lufttemperatur, mittlere Umgebungstemperatur, Luftgeschwindigkeit, Luftfeuchte). Die Raumklimaparameter wiederum werden beeinflusst durch > Baukonstruktion (Wärmeschutz, Fensterflächenanteile), > Beheizung (Anordnung der Heizflächen, Heiztemperaturen) und > Lüftung (Anordnung der Luftzuführung, Lufttemperaturen). Abb. 6: Thermische Behaglichkeit - Einflussfaktoren Mensch: Bekleidung, Aktivitätsgrad Für die Bewertung werden verschiedene Kenngrößen definiert, es werden globale (z. B. die sogenannte Empfindungstemperatur) und partikuläre Bewertungskriterien (z. B. der Temperaturunterschied zwischen Kopf und Fuß oder das Zugluftrisiko) unterschieden. Im Zusammenhang mit der Bewertung von Lüftungskonzepten spielt insbesondere das Zugluftrisiko eine Rolle. Damit wird der Anteil der Raumnutzer definiert, der über eine Zugbelästigung im Aufenthaltsbereich klagt. Für die Bewertung des Zugluftrisikos ist eine Klasseneinteilung üblich, Kategorie A (< 10 Prozent Unzufriedene) kennzeichnet die höchste Behaglichkeit, Klasse C (< 30 Prozent Unzufriedene) die niedrigste. Den Einfluss des Lüftungskonzepts auf die thermische Behaglichkeit im Raum unter winterlichen Verhältnissen im Vergleich einer Außenluftzuführung im Fassadenbereich mit der Zuführung erwärmter Luft an der Innenwand (z. B. Zu-/Abluftsystem mit Wärmerückgewinnung) verdeutlicht beispielhaft Abb. 7. Um beim Einsatz von ventilatorgestützter Lüftung das Zugluftrisiko zu minimieren, sind die folgenden Grundsätze zu beachten. Abluftanlagen und Zuluftanlagen mit nicht erwärmter Zuluft: > geringer Abstand Luftzuführung - Heizfläche (z. B. unter dem Fenster unmittelbar oberhalb oder hinter dem Heizkörper), > gezielte Luftzuführung in den Raum mit dem Ziel der guten Durchmischung von Außenluft und Raumluft und Thermische Behaglichkeit > optimierte Regelung (z. B. reduzierter Volumenstrom bei niedrigen Außentemperaturen. Zu-/Abluftanlagen und Zuluftanlagen mit erwärmter Zuluft: Raum: Temperatur der Raumumschließungsfläche, Strahlungsanteil Raumluft: Lufttemperatur Luftgeschwindigkeit Luftfeuchte > Anordnung Luftzuführung möglichst im Außenwandbereich, bei Anordnung an der Innenwand nicht unmittelbar über der Zimmertür oder Verwendung von Weitwurfdüsen > Zulufttemperaturen möglichst im Bereich der Raumlufttemperatur (z. B. durch effiziente Wärmerückgewinnung)

9 < Abb. 7: Abluftanlage Außenluftzuführung im Fassadenbereich 1) Zu-/Abluftanlage Zuluftzuführung an der Innenwand 1) 2,5 2,5 2,0 2,0 Raumhöhe in m 1,5 1,0 Raumhöhe in m 1,5 1,0 0,5 0,5 0,0 18 19 20 21 22 23 24 25 26 0,0 18 19 20 21 22 23 24 25 26 Lufttempereatur C Entfernung zur AW 1,0 m 2,5 m 4,0 m Lufttempereatur C Entfernung zur AW 1,0 m 2,5 m 4,0 m Lufttemperatur (in C) Zugluftrisiko bzw. Draft Risk (in %, Anteil der über Zugluft klagenden Raumnutzer) 1) Thermische Behaglichkeit unter winterlichen Verhältnissen bei einem Luftwechsel von 0,5 h -1

> 10 Schallschutz Die normativen Anforderungen an den Schallschutz in Gebäuden sind in DIN 4109 Schallschutz im Hochbau Anforderungen und Nachweise geregelt. Dort wird das Ziel formuliert, Menschen in Aufenthaltsräumen vor unzumutbaren Belästigungen durch Schallübertragung zu schützen. Bei der Diskussion von Schallschutz und Lüftung gilt es, zwei wesentliche Punkte zu beachten. Ein erster Problemkreis besteht in den Schalldämmeigenschaften der Gebäudehülle. Zu beachten sind dabei besonders Fenster und ggf. zusätzliche Lüftungselemente in der Gebäudefassade (so genannte Außenluftdurchlässe - ALD). Fehlender Schallschutz während des Fensteröffnens ist ein entscheidendes Manko der Fensterlüftung, der Außenlärm (besonders kritisch z. B. an stark befahrenen Straßen) beeinflusst folgerichtig oft maßgeblich die Lüftungsintensität und -häufigkeit. Die Einhaltung dieser Grenzwerte lässt sich durch geeignete Maßnahmen sicherstellen. Als Grundregel gilt, dass der Schallvermeidung gegenüber der Schalldämmung bzw. -dämpfung Priorität einzuräumen ist. Anderenfalls bestehen Möglichkeiten zur > Luftschalldämpfung, z. B. Kanalumlenkungen, Absorptionsschalldämpfer (Abb. 9), > Luftschalldämmung, z. B. Kanalauskleidung, schwere Bauteilausführung, > Körperschalldämmung, z. B. Schalldämmmatten, > Schwingungsisolierung, z. B. Federisolatoren. Abb. 8: Zulässiger A-bewerteter Schalldruckpegel von Geräuschen aus Lüftungsanlagen nach DIN 4109 Raumcharakter Wohn- und Schlafräume Unterrichts- und Arbeitsräume Zulässiger Schalldruckpegel 35 db(a) 40 db(a) Werte sind zulässig, wenn es sich um Dauergeräusche ohne auffällige Einzeltöne handelt. Anderenfalls ist eine Reduzierung um 5 db(a) vorzunehmen. Aus Sicht des Schallschutzes wichtig sind auch die durch den Betrieb von ventilatorgestützten Lüftungsgeräten und -anlagen entstehenden oder übertragenen Geräusche. Die dauerhafte Einhaltung der Schallschutzanforderungen stellt Ansprüche an die Konstruktion der Lüftungsgeräte (Schalldämmung) und insbesondere der Ventilatoren (Schallemission). Richtwerte für zulässige Geräusche aus Lüftungsanlagen finden sich in der DIN 4109 (Abb. 8). Abb. 9: Schalldämpfer für Kanaleinbau Rohrschalldämpfer mit Schallschluckpackung für Rohr-, Kanal- und Dacheinbau Kulissenschalldämpfer für Kanalsysteme

Rahmenbedingungen 11 < Gebäude Steigende Anforderungen an den Wärmeschutz von Neubauten haben über die Wärmeschutzverordnungen zur Energieeinsparverordnung (EnEV) und damit zu einem deutlich verringerten Energiebedarf geführt (Abb. 10). Die nächste Verschärfung der Anforderungen ist bereits angekündigt (EnEV 2012). Eine Vielzahl von Gebäuden, oftmals allerdings noch mit Experimentalcharakter, wird heute bereits mit noch geringeren Bedarfswerten errichtet. Häufig genannte Kategorien sind Passivhäuser und Nullenergiehäuser. Trotz des steigenden Anteils der Lüftungswärmeverluste ist nach EnEV das Lüftungskonzept bisher freibleibend. Die höhere Luftdichtheit der Gebäudehülle mit der daraus resultierenden verstärkten Nutzerabhängigkeit der freien Lüftung wird allerdings als Gefährdungspotenzial hinsichtlich Bautenschutz (Tauwasser, Schimmelpilz) und Raumluftqualität gesehen und führt trotz des nach EnEV freibleibenden Lüftungskonzepts zu einer Zunahme der ventilatorgestützten Lüftung. Abb. 10: Entwicklung des Jahresheizenergiebedarfs von Neubauten durch steigende Anforderungen an den Wärmeschutz bzw. den Primärenergiebedarf Abb. 11: Ergebnisse von Luftdichtheitsmessungen an Gebäuden im Zeitraum 1995 bis 2000 im Vergleich mit den heute gültigen Anforderungswerten nach EnEV Altbau 250-350 kwh/m²a WSVO 1977 180-250 kwh/m²a WSVO 1995 54-100 kwh/m²a Bis zur Energieeinsparverordnung sind die Anforderungen auf die Reduzierung der Transmissionswärmeverluste fokussiert, was zur Erhöhung des prozentualen Anteils der Lüftungswärmeverluste geführt hat (Abb. 3). Die mit der ersten Energieeinsparverordnung (2002) zum Neubaustandard erhobenen Niedrigenergiehäuser (NEH) sind gekennzeichnet durch > sehr guten Wärmeschutz, EnEV 2002/2007 30-70 kwh/m²a EnEV 2009 20-50 kwh/m²a > weitgehend luftdichte Ausführung der Gebäudehülle, EnEV 2012 ca. 15-35 kwh/m²a n 50 -Wert in h -1 20 18 16 14 12 10 8 6 4 2 38 % der Messungen mit n 50 > 3,0 h -1 40 % der Messungen mit 1,5 h -1 < n 50 3,0 h -1 0 0 25 50 75 100 125 150 175 200 225 250 Anzahl der Luftdichtheitsmessungen 22 % der Messungen mit n 50 1,5 h -1 > wärmebrückenarme Konstruktion und > primärenergetisch effiziente Anlagentechnik. Messwerte VEW Messwerte ebök Messwerte Ing.-Büro n 50 Grenzwert für freie Luft Grenzwert für ventilatorengestützte Lüftung

> 12 Grundsätzlich weist jedes Gebäude baulich und funktionell bedingte Undichtigkeiten wie Risse, Spalten und Fugen in der Umfassungskonstruktion auf, über die ein Luftaustausch stattfindet. In der Vergangenheit konnte in vielen Fällen darauf vertraut werden, dass ein Mindestmaß an Lufterneuerung über erheblich undichte Fenster und die häufig sehr luftdurchlässige Bauweise erfolgte. Dieser bei oberflächlicher Betrachtung zuerst vielleicht zufrieden stellende Zustand erweist sich jedoch tatsächlich als ungenügend, da der Luftaustausch über undichte Fensterfugen und sonstige bauliche Leckagen > häufig wesentlich zu hoch ist und damit den Heizenergieverbrauch erhöht, Abb. 11 zeigt die Ergebnisse von fast 250 Luftdichtheitsmessungen und verdeutlicht, dass in Abhängigkeit von der Planungs- (Dichtheitskonzept) und Ausführungsqualität (Einweisung der Handwerker) die erreichte Dichtheit der Gebäudehülle stark differiert. n 50 -Werte im Bereich von 1,0 h -1 können aber durchaus flächendeckend im Neubau erreicht werden. Um die energetischen Anforderungen an ein Passivhaus zu erfüllen, ist eine ventilatorgestützte Lüftung mit Wärmerückgewinnung in Verbindung mit einer hochdichten Gebäudehülle zwingend erforderlich. Abb. 12: Blower-Door-Messung > in seiner Höhe völlig unbestimmt ist und objektweise stark differiert, > vom Nutzer nicht zu regulieren ist, > bei starkem Wind und tiefen Temperaturen zu Beheizungsproblemen und Zugerscheinungen führt, > an zufälligen Stellen im Gebäude auftritt und > mit dem Risiko der Kondensation von Wasserdampf in der Baukonstruktion verbunden ist. Die Luftdichtheit ist auf einfache Weise mit so genannten Luftdichtheitsmessungen - auch als Blower-Door-Messung bekannt - messbar. Dabei wird in einem Gebäude mit einem Ventilator entweder Über- oder Unterdruck gegenüber der Umgebung auf gebaut (Abb. 12). Die Druckdifferenz und der zugehörige Volumenstrom werden gemessen. Bezieht man den bei einer Druckdifferenz von 50 Pascal bestimmten Volumenstrom auf das zu bewertende Gebäudevolumen, erhält man den Luftwechsel bei 50 Pascal Druckdifferenz und damit den typischerweise als Kenngröße verwendeten n 50 -Wert. Die Bonusregelungen der EnEV für freie und ventilatorgestützte Lüftung sind an die Einhaltung von Grenzwerten für die Luftdichtheit gebunden. Unterdruck 50 Pa Unterdruck 50 Pa Gebäudedruckdifferenz Volumenstrom Ventilator mit Drehzahlregelung Bespannung Luftdichte Messblende V -50

13 < Nutzer Das Lüftungs- und Heizverhalten der Bewohner kristallisiert sich zunehmend als eine wesentliche Einflussgröße auf den Gebäudeenergieverbrauch heraus. Der Nutzer definiert die Ansprüche an die Raumluft (Temperatur und Luftqualität) und greift in die Anlagentechnik ein. Felduntersuchungen zeigen, dass die Lüftungs- und Heizgewohnheiten eine große Bandbreite aufweisen und von einer Vielzahl von Faktoren, z. B. Wetter (Temperatur, Wind, Sonne, Niederschlag), Lebensgewohnheiten (Anwesenheit, Rauchen), Gebäude (Dichtheit, Fensteranordnung) oder Umgebungseinflüsse (Lärm, Staub) beeinflusst werden. Ein verbesserter Wärmeschutz kann den Energiemehrverbrauch bei höheren Raumtemperaturen teilweise kompensieren, hat aber praktisch keine Auswirkungen bei einem höheren Luftwechsel infolge eines verstärkten Fensterlüftens. Hier bietet der Einsatz von ventilatorgestützten Lüftungssystemen die Möglichkeit, den Nutzereinfluss zu verringern. Anfänglich bestanden Unsicherheiten, inwieweit die Nutzer ihre Lüftungsgewohnheiten umstellen, wenn beispielsweise im Zuge von Modernisierungsmaßnahmen Lüftungsanlagen nachgerüstet werden. Neuere Untersuchungen zeigen, dass bei entsprechender Nutzerinformation das Fensterlüften in ventilatorgestützt gelüfteten Wohnungen von vielen Nutzern deutlich reduziert wird und damit das theoretische Energieeinsparpotenzial der Lüftungstechnik auch praktisch annähernd erschlossen werden kann. Abb. 13: Mittlere tägliche Feuchteabgabe in Modellwohnungen mit typischen Feuchtelasten 1) 10 Mittlere tägliche Feuchteabgabe in l/d 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 (freies) Wäschetrocknen Personen Pflanzen 0,6 0,6 0,5 0,2 0,7 0,7 0,3 0,3 0,3 0,5 berufstätig anwesend 1-Personen-Haushalt 1) Randbedingungen für alle Szenarien: ein Kochgericht, Spülen, Sonstiges: 0,6 1,2 Küche (Koch- und Spülvorgänge Bad (Körperreinigung Sonstiges 1 Pers. 12 h/d; 5 Pflanzen; 1 Bad, 1 Waschmaschine (WM) in 4 d / 1 Pers. 24 h/d; 10 Pflanzen; 1 Bad, 1 WM in 4 d / 2 Pers. je 17 h/d; 10 Pflanzen; 1 Bad; 1 Dusche, 2 WM in 4 d / 3 Pers. je 17 h/d; 15 Pflanzen; 2 Bäder, 1 Dusche, 3 WM in 4 d, Geschirrspüler / 4 Pers. je 17 h/d; 15 Pflanzen; 2 Bäder; 2 Duschen, 4 WM in 4 d, Geschirrspüler 1,3 1,7 0,5 0,7 0,5 0,5 2-Personen-Haushalt 1,9 2,6 0,7 0,8 0,8 0,7 3-Personen-Haushalt 2,5 3,4 0,7 0,8 1,0 0,7 4-Personen-Haushalt

> 14 Die Feuchteabgabe als weitere durch den Nutzer bestimmte Größe hat entscheidenden Einfluss auf den Feuchtehaushalt in Wohnungen. Im Rahmen einer üblichen Nutzung wird Feuchte im Wesentlichen von Personen und Pflanzen sowie bei Kochvorgängen und bei der Körper- und Gebäudereinigung sowie im geringeren Maße bzw. nur teilweise in Wohnungen vorkommend durch Wasserflächen (z. B. Aquarien), durch Zimmerspringbrunnen oder Luftbefeuchter und durch Haustiere freigesetzt. Auch temporäre bzw. nicht nutzungsbedingte Feuchtequellen (z. B. Wasserschäden, Baufeuchte, Spritzwasser, aufsteigendes Grundwasser) können auftreten. Legt man die aktuellen und für heutige Wohnverhältnisse realistischen Ansätze für typische nutzungsbedingte Feuchtequellen zugrunde, erhält man für Modellwohnungen die in Abb. 13 dargestellte mitt lere tägliche Feuchteabgabe. In Abhängigkeit von der Haushaltsgröße und der Nutzungsintensität sind danach bei üblicher Nutzung in einer Wohnung Feuchtelasten zwischen ca. zwei und neun Litern pro Tag zu erwarten. Abb. 14: Erforderlicher mittlerer Außenluftvolumenstrom bzw. Außenluftwechsel zur Schimmelpilzvermeidung in Abhängigkeit von Feuchteabgabe und Jahreszeit 1) In diesem Zusammenhang sei auf das besonders kritische Wäschetrocknen in Wohnungen hingewiesen, dass aufgrund der hohen Feuchtefreisetzung von mehreren Litern Wasser je Waschmaschine nach Möglichkeit vermieden werden sollte oder anderenfalls nur durch ein geeignetes Lüftungs- und Heizkonzept kompensiert werden kann. Aus der mittleren täglichen Feuchteabgabe nach Abb. 13 lässt sich unter Berücksichtigung des Trocknungspotenzials der Außenluft (kalte Luft mit größerem Effekt) ableiten, wie groß der mittlere Außenluftvolumenstrom bzw. Außenluftwechsel zur Ableitung der anfallenden Feuchte unter Vermeidung von Schimmelpilz sein muss (Abb. 14). Der in der rechten Achse angegebene Außenluftwechsel gilt für eine festgelegte Wohnungsgröße (Wohnfläche 100 m² und Raumhöhe 2,50 m). Eine Umrechnung auf andere Wohnungsgrößen kann im Verhältnis erfolgen - die Verdopplung der Wohnfläche bewirkt eine Halbierung des erforderlichen Außenluftwechsels (analoges Vorgehen bei der Raumhöhe). mittlerer Außenluftvolumenstrom, in m³/h 120 100 80 60 40 20 0 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 1-Pers.- Haushalt Mittlere tägliche Feuchteabgabe, in l/d 4-Pers.- Haushalt 0,48 0,4 0,32 0,24 0,16 0,08 mittlerer Außenluftwechsel, in h -1 (Wohnbereich 100 m², Raumhöhe 2,5 m) Außenvolumenstrom bzw. Außenluftwechsel in der Übergangszeit (Außentemp.-bereich 5-12 C) Außenvolumenstrom bzw. Außenluftwechsel in der Winterzeit (Außentemp.-bereich -10-5 C) mit steigender Temperatur 1) Randbedingungen: Außenluftfeuchte 80%, Raumtemperatur 20 C, innere Oberflächenfeuchte < 80% bei frsi = 0,7 wird eingehalten / Anmerkung: Außenluftwechsel gilt für Wohnfläche von 100 m² und Raumhöhe 2,50 m, eine Umrechnung kann jeweils im Verhältnis erfolgen - Halbierung der Fläche entspricht Verdopplung des Luftwechsels usw.

15 < Mietrecht Viele Veröffentlichungen im Bereich der Wohnungslüftung weisen darauf hin, dass zunehmend Rechtsstreitigkeiten über Schimmelpilzschäden die Gerichte beschäftigen. Eine grundsätzliche Positionierung der Rechtsprechung mit Grundsatzurteilen ist bisher aber nicht erfolgt. Obwohl eine Flut unterschiedlicher Urteile zu ähnlichen Sachlagen existiert, zeichnen sich zumindest einige Tendenzen ab. An Mieter werden im Zusammenhang mit der Vermeidung von Feuchteschäden von Seiten des Vermieters häufig Forderungen gestellt: > mehrmals täglich mehrere Minuten stoßlüften, > ausreichend heizen, > Schränke nicht oder nur mit Abständen an Außenwänden positionieren. Dazu wurde u. a. entschieden, dass die Forderung, alle drei bis vier Stunden für ca. fünf bis zehn Minuten Stoßzulüften unzumutbar sei (AG Bochum 1985; AG Köln 1988; LG Nürnberg- Fürth 1988; LG Düsseldorf 1992). Das gleiche trifft auch für die Aufstellung von Schränken in Abständen von zehn bis 20 cm vor Wänden zu. Der Mieter hat das Recht, Möbel aufzustellen, wo er will (AG Bochum 1985; LG Hamburg 1985; LG Berlin 1993), es sei denn, der Mietvertrag enthält bereits entsprechende Hinweise. Ist ein überalterter Wärmeschutz die Ursache für Feuchteschäden, spielt die Einhaltung der baurechtlichen Vorschriften bei Errichtung keine Rolle, da es auf die heutigen Erwartungen ankommt (OLG Celle 1985; AG Köln 1988). Tendenziell ist erkennbar, dass die Position des Mieters in den letzten Jahren zunehmend von den Gerichten gestärkt wurde. So trägt prinzipiell der Vermieter die Beweislast. Das heißt, er muss das Verschulden des Mieters nachweisen, was insbesondere beim Heizungs- und Lüftungsverhalten sehr schwierig ist (LG Osnabrück 1989; AG Dortmund 1993). Von grundsätzlicher Bedeutung ist eine detaillierte Information des Mieters durch den Vermieter (AG Erkelenz 1996). Vor diesem Hintergrund hat der Bundesverband für Wohnungslüftung 2006 ein Rechtsgutachten Erfordern die allgemein anerkannten Regeln der Technik in Wohnungen eine kontrollierte Lüftung? erstellen lassen. Der Autor, ein renommierter Rechtsanwalt im Bereich des Baurechts, kommt zu folgenden Schlüssen: > In dichten Gebäuden sind für eine hinreichende Wohnungslüftung zusätzliche Lüftungsmaßnahmen erforderlich. Nach dem derzeitigen Regelwerk ist dafür nicht zwingend die Planung einer ventilatorgestützten Lüftung erforderlich. > Die Annahme ist gerechtfertigt, dass sich bei den Bau beteiligten zunehmend die Erkenntnis durchsetzen wird, dass in dichten Gebäuden ein hinreichender Luftaustausch nicht allein dem Nutzer überlassen bleiben kann, sondern vielmehr durch kon struktive Maßnahmen wie die ventilatorgestützte Lüftung sicher zu stellen ist. > Unabhängig davon setzt sich der Planer bereits heute erheblichen Haftungsrisiken aus, wenn er den Bauherrn nicht darauf hinweist, dass eine hinreichende Raumluftqualität ohne ventilatorgestützte Lüftung nur durch umfangreiche Lüftungsmaßnahmen des Nutzers gewährleistet ist.

> 16 Politik Energieeinsparverordnung EnEV Die aktuelle Fassung der Energieeinsparverordnung trat im Oktober 2009 in Kraft (EnEV 2009). Im Zusammenhang mit der Wohnungslüftung sind einige Punkte hervor zu heben: > 3 (Anforderungen an Wohngebäude): Im Paragraph 3 wird für neu zu errichtende Wohngebäude das Referenzgebäudeverfahren eingeführt. Bestandteil des Referenz-Wohngebäudes ist eine bedarfsgeführte Abluft anlage und damit erstmalig in Deutschland eine ventilatorgestützte Lüftung. > 6 (Dichtheit, Mindestluftwechsel): Im Paragraph 6 wird für Neubauten die dauerhaft luftundurchlässige Ausführung der Gebäudehülle gefordert. Gleichzeitig ist der für Gesundheit und Beheizung erforderliche Mindestluftwechsel sicher zu stellen. > Anlage 4 (Anforderungen Dichtheit, Mindestluftwechsel): Werden frei gelüftete Gebäude dicht ausgeführt (n 50 3,0 h -1 ) wird ein Bonus bei der Berechnung der Lüftungswärmverluste (Luftwechsel 0,6 statt 0,7 h -1 ) gewährt. Für die Anrechnung der ventilatorgestützten Lüftung im Rahmen der EnEV ist die Prüfung der Luftdichtheit und die Einhaltung des Grenzwertes n 50 1,5 h -1 vorgeschrieben. > Anlagen 6 und 7 (Muster-Energieausweise): Im Energieausweis wird auf das Lüftungskonzept hingewiesen. Neben Konzepten zur freien Lüftung (Fensterlüftung und Schachtlüftung) kann hier explizit eine Lüftungsanlage (mit oder ohne Wärmerückgewinnung) dokumentiert werden. > begleitende Normen: Die Bilanzierung nach EnEV erfolgt mit den begleitenden Normen DIN V 4108-6, DIN V 4701-10 und DIN V 4701-12 (nur für Wohngebäude) bzw. DIN V 18599 für Wohn- und für Nichtwohngebäude. Die Normen erlauben eine differenzierte Berechnung für unterschiedlichste Lüftungskonzepte, u. a. können Wärmerückgewinnung und Bedarfsführung bilanziert werden. Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) Im Januar 2009 trat das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) in Kraft. Dieses Gesetz sieht eine Nutzungspflicht für erneuerbare Energien im Neubau vor. Der Wärmeenergiebedarf muss mit festgelegten Anteilen durch Solarenergie, Biomasse, Geothermie oder Umweltwärme gedeckt werden. Alternativ sind Ersatzmaßnahmen zulässig: > Abwärmenutzung mit Deckungsanteil 50 Prozent an der Wärmeenergie (durch Wärmepumpen, z. B. Abluft- Wärmepumpe mit Jahresarbeitszahl 3,5 oder durch Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung, z. B. Abluft- Zuluft-Wärme übertrager mit Wärmerückgewinnungsgrad 70 Prozent) > Kraft-Wärme-Kopplung mit Deckungsanteil 50 Prozent an der Wärmeenergie, > Unterschreitung der EnEV-Anforderungen um 15 Prozent oder > Nah- oder Fernwärmenetze unter Nutzung erneuerbarer Energie, Abwärme oder Kraft-Wärme-Kopplung. Förderprogramme Informieren Sie sich immer aktuell über bundesweite und regionale Förderprogramme. Förderpartner sind z. B.: > www.bafa.de > www.kfw.de > www.sab.sachsen.de

Lüftungskonzept 17 < Notwendigkeit lüftungstechnischer Maßnahmen Festlegung lüftungstechnischer Maßnahmen Die Entwicklung der letzten Jahre führt im Neubau und nach Modernisierungen zu einer immer luftdichteren Gebäudehülle. Vor diesem Hintergrund fordert die neue DIN 1946-6 für neu zu errichtende oder lüftungstechnisch relevant zu modernisierende Gebäude mit einem so genannten Lüftungskonzept festzustellen, ob für die betroffenen Wohnungen eine lüftungstechnische Maßnahme erforderlich ist. Eine lüftungstechnische Maßnahme ist zur Vermeidung von Schimmelpilzbefall und Feuchtschäden dann erforderlich, wenn ein definierter minimaler Volumenstrom zum Feuchteschutz durch den im Mittel in der Heizperiode gegebenen Volumenstrom durch Infiltration (Undichtigkeiten in der Gebäudehülle) nicht mehr sichergestellt werden kann. Lüftungstechnische Maßnahmen sind notwendig, wenn der Volumenstrom durch Infiltration nicht ausreicht, um die Lüftung zum Feuchteschutz (Vermeidung von Schimmelpilz) sicherzustellen. Abb. 15: Begriffe zur Festlegung der Notwendigkeit lüftungstechnischer Maßnahmen nach DIN 1946-6 Begriffe Lüftungskonzept Lüftungstechnische Maßnahme Lüftung (Volumenstrom) zum Feuchteschutz Lüftung (Volumenstrom) durch Infiltration Feststellung der Notwendigkeit von lüftungstechnischen Maßnahmen und Auswahl des Lüftungssystems unter Beachtung von bauphysikalischen, lüftungs- und gebäudetechnischen sowie hygienischen/gesundheitlichen Gesichtpunkten Geplante Einrichtung zur freien oder ventilatorgestützten Lüftung zur Sicherstellung eines nutzerunabhängigen Luftaustausches Notwendige Lüftung zur Gewährleistung des Bautenschutzes (Feuchte) unter üblichen Nutzungsbedingungen bei teilweise reduzierten Feuchtelasten (z. B. zeitweilige Abwesenheit der Nutzer und kein Wäschetrocknen in der Wohnung) Unterrichts- und Arbeitsräume Bei der Festlegung, ob lüftungstechnische Maßnahmen erforderlich sind, werden nach DIN 1946-6 berücksichtigt: > die Gebäudeart (Einfamilienhäuser als mehrgeschossige Wohnungen/Mehrfamilienhäuser mit meist eingeschossigen Wohnungen) > die Luftdichtheit des Gebäudes (nach Möglichkeit durch Messung der Luftdichtheit, sonst mit n 50 -Standardwerten nach DIN 1946-6 in Abhängigkeit vom Bauzustand bzw. vom Umfang der Modernisierungsmaßnahmen), > die Lage des Gebäudes (windschwach/windstark, Zuordnung zu Windgebiet nach DIN 1946-6) und > der Wärmeschutz des Gebäudes (niedrig: schlechter als Wärmeschutzverordnung 1995 / hoch: Wärmeschutzverordnung 1995 oder besser). Ob nach DIN 1946-6 lüftungstechnische Maßnahmen erforderlich werden, zeigen unter Standardbedingungen für Gebäude mit maximal vier Geschossen beispielhaft > Abb. 16 für niedrigen Wärmeschutz im Bestand, > Abb. 17 für hohen Wärmeschutz im Neubau.

> 18 Nach Abb. 16 ist danach für ein schlecht wärmegedämmtes Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 150 m² in windschwacher Lage nach dem kompletten Austausch aller Fenster ein Infiltrationsluftvolumenstrom von ca. 80 m³/h anrechenbar, lüftungstechnische Maßnahmen sind nicht erforderlich. Für bestehende Gebäude ohne umfassende, die Dichtheit maßgeblich beeinflussende Modernisierungsmaßnahmen (z. B. nur einzelne Fenster ausgetauscht), sind aus Sicht des Feuchteschutzes für mehrgeschossige Wohnungen auch nach der neuen DIN 1946-6 in der Regel keine lüftungstechnischen Anlagen erforderlich. Für eine eingeschossige Wohnung mit einer Wohnfläche von 90 m² in einem neu errichteten Mehrfamilienhaus in windschwacher Lage sind hingegen lüftungstechnische Maßnahmen zu planen (Infiltrationsluftvolumenstrom nach Abb. 17 ca. 20 m³/h). Abb. 16: Notwendigkeit lüftungstechnischer Maßnahmen bei niedrigem Wärmeschutz 1) Abb. 17: Notwendigkeit lüftungstechnischer Maßnahmen bei hohem Wärmeschutz 2) Infiltrationsluftvolumenstrom Nutzungseinheit, in m³/h 160 140 120 100 80 60 40 20 0 10 Lüftungstechnische Maßnahmen nicht erforderlich! 30 50 70 90 110 130 Lüftungstechnische Maßnahmen erforderlich! 150 170 190 210 Infiltrationsluftvolumenstrom Nutzungseinheit, in m³/h 160 140 120 100 80 60 40 20 0 10 Lüftungstechnische Maßnahmen nicht erforderlich! 30 50 70 90 110 130 Lüftungstechnische Maßnahmen erforderlich! 150 170 190 210 Wohnfläche (beheizte Fläche), in m² Wohnfläche (beheizte Fläche), in m² mehrgeschossige Nutzungseinheit (z. B. EFH), windstarke Lage eingeschossige Nutzungseinheit (z. B. MFH), windstarke Lage mehrgeschossige Nutzungseinheit (z. B. EFH), windschwache Lage eingeschossige Nutzungseinheit (z. B. MFH), windschwache Lage 1) Schlechter als WSVO 1995, bei Modernisierung im Bestand Beispiel: Gebäude bis maximal vier Geschosse, mit Standardwerten nach DIN 1946-6 2) WSVO 1995 oder besser, im Neubau Beispiel: Gebäude bis maximal vier Geschosse, mit Standardwerten nach DIN 1946-6

Einteilung Lüftungssysteme 19 < Lüftungssysteme Die Lüftungssysteme werden nach dem Wirkprinzip systematisiert (Abb. 18). Bei den freien Lüftungssystemen wird zwischen der Querlüftung zum Feuchteschutz, der Querlüftung und der Schachtlüftung unterschieden. Bei den ventilatorgestützten Lüftungssystemen wird zwischen Abluft-, Zuluft- sowie Zu-/Abluftsystemen unterschieden. Zuluftsysteme sind erstmals in die neue DIN 1946-6 aufgenommen worden. Der durch Undichtheiten der Gebäudehülle verursachte Luftvolumenstrom durch Infiltration wird nach neuer DIN 1946-6 nicht als eigenständiges Lüftungskonzept betrachtet, wird aber bei der Auslegung der Lüftungssysteme berücksichtigt. Sind in undichten Gebäuden (z. B. im unsanierten Gebäudebestand) nach DIN 1946-6 keine lüftungstechnischen Maßnahmen erforderlich, kann der Nutzer durch die Kombination von Infiltrationslüftung mit Fensterlüftung (regelmäßiges Fensteröffnen) die Wohnungslüftung realisieren. Auch wenn ein Lüftungssystem vorhanden ist, kann die Lüftung jederzeit durch Fensterlüftung (z. B. zur Intensivlüftung bei Lastspitzen) unterstützt werden. Die Fensterlüftung ist aber kein Lüftungssystem nach DIN 1946-6 und wird bei der Auslegung der Lüftungssysteme zur Sicherstellung des erforderlichen Außenluftvolumenstroms nicht berücksichtigt. Abb. 18: Lüftungssysteme nach DIN 1946-6 Systeme der Wohnungslüftung Anrechenbare Infiltration Freie Lüftung Ventilatorgestütze Lüftung Querlüftung (Feuchteschutz) Querlüftung Schachtlüftung Abluftsystem Zuluftsystem Zu-/ Abluftsystem

> 20 Freie Lüftung Antreibende Kräfte für den Luftaustausch bei freier Lüftung sind witterungsbedingte Druckdifferenzen am und im Gebäude, verursacht durch Windkräfte und/oder Temperaturdifferenzen zwischen innen und außen. Nach der maßgeblichen Antriebskraft wird zwischen Quer- und Schachtlüftung unterschieden. Schachtlüftung Die vertikale Antriebskraft für die Schachtlüftung resultiert aus der Temperaturdifferenz zwischen Außenluft und Raumluft und den damit verbundenen Dichteunterschieden und ist von der Höhe der Gebäude abhängig (siehe Abb. 20). > Druckdifferenz = (Dichte Außenluft - Dichte Raumluft) x Höhendifferenz x Fallbeschleunigung > p = (1,29-1,20) kg/m 3 x 10 m x 9,81m/s 2 = 8,8 Pa Abb. 19 Legende für die schematischen Darstellungen Farben der Luftqualität AUL Außenluft ZUL Zuluft ABL Abluft FOL Fortluft Querlüftung Platzhalter für Wohnungslüftungsgerät Filter Ventilator Außenluftdurchlass (ALD) Überstrom-Luftdurchlass (ULD) Leitungsgebundener Luftdurchlass Die horizontale Antriebskraft resultiert aus der Druckdifferenz zwischen angeströmter (Luv) und nicht angeströmter (Lee) Gebäudeseite. Je größer die Windgeschwindigkeit, desto größer der Luftaustausch. Überschlägig kann die Druckdifferenz nach folgender Formel ermittelt werden. > Druckdifferenz = (Dichte Außenluft/2) x (Windgeschwindigkeit) 2 > p = (1,29/2) kg/m 3 x (5,4 m/s) 2 = 18,8 Pa Bereits bei Windstärke 3, nach der Beaufort-Skala schwache Brise mit Windgeschwindigkeiten 3,4 bis 5,4 m/s, ergibt sich eine Druckdifferenz von 7,5 bis 18,8 Pa. Abb. 20: Beispiel für freie Lüftung sind Schacht- und Fugenlüftung Schachtlüftung Querlüftung Überdruck (Luv-Seite) Unterdruck (Lee-Seite)

21 < Querlüftung (Feuchteschutz) Querlüftung ist eine Form der freien Lüftung, die überwiegend durch Winddruck auf die Gebäudeaußenflächen entsteht. Bei Querlüftung (Feuchteschutz) erfolgt die Bemessung der Lüftungskomponenten (Außenluftdurchlässe ALD und Überströmluftdurchlässe ÜLD) lediglich für die Lüftung zum Feuchteschutz. Eine schematische Darstellung enthält Abb. 21; Abb. 19 zeigt für die folgenden schematischen Darstellungen der Lüftungssysteme eine Legende. Schachtlüftung Die Schachtlüftung gehört zur freien Lüftung und entsteht überwiegend durch thermischen Auftrieb in senkrechten Lüftungsschächten. Abb. 22 zeigt eine schematische Darstellung der Schachtlüftung. Abb. 21: Querlüftung zum Feuchteschutz (schematische Darstellung) Abb. 22: Schachtlüftung (schematische Darstellung) ALD, wenn Undichtheit der Gebäudehülle nicht ausreicht SCHLAFEN BAD SCHLAFEN BAD WOHNEN KÜCHE WOHNEN KÜCHE

> 22 Ventilatorgestützte Lüftung Abluftsystem Ein Abluftsystem ist eine Lüftungsanlage oder ein Lüftungsgerät mit ventilatorgestützt geförderter Abluft, die Zuluft strömt als gefilterte Außenluft über Außenluftdurchlässe (ALD) in die Wohnung nach. Es werden zentrale (Abb. 23) und dezentrale Abluftsysteme (Abb. 24) unterschieden. Eine Wärmerückgewinnung aus der Abluft und Nutzung für die Heizung oder Trinkwassererwärmung ist durch eine Abluft-Wasser-Wärmepumpe möglich. In der EnEV 2009 gehört eine bedarfsgeführte Abluftanlage zur Referenzausstattung für neu zu errichtende Wohngebäude. Abb. 23: Abluftsystem (zentral) Abb. 24: Abluftsystem (dezentral) UNIT UNIT SCHLAFEN BAD SCHLAFEN BAD UNIT WOHNEN KÜCHE WOHNEN KÜCHE

23 < Zuluftsystem Ein Zuluftsystem ist eine Lüftungsanlage oder ein Lüftungsgerät mit ventilatorgestützt geförderter Zuluft, die Abluft strömt als Fortluft aus der Wohnung ins Freie. Es werden zentrale (Schema in Abb. 25) und dezentrale Zuluftsysteme (Schema in Abb. 26) unterschieden. Zuluftanlagen sind für die Nutzung von regenerativer Energie geeignet, durch einen vorgeschalteten Solarluftkollektor oder Erdreich-Luft-Wärmeübertrager kann die Zuluft vorgewärmt werden. Eine Wärmerückgewinnung aus der Abluft ist bei Zuluftsystemen nicht möglich. Abb. 25: Zuluftsystem (zentral) Abb. 26: Zuluftsystem (dezentral) UNIT UN IT SCHLAFEN BAD SCHLAFEN BAD UN IT WOHNEN KÜCHE WOHNEN KÜCHE

> 24 Zu-/Abluftsystem Ein Zu-/Abluftsystem ist eine Lüftungsanlage oder ein Lüftungsgerät mit ventilatorgestützt geförderter Zuluft und ventilatorgestützt geförderter Abluft. Es werden zentrale (Abb. 27) und dezentrale Zu-/Abluftsysteme (Abb. 28) unterschieden. Eine Wärmerückgewinnung aus der Abluft ist durch Abluft-Zuluft- Wärmeübertrager, durch Abluft-Wärmepumpen und durch Kombinationen dieser Komponenten möglich. Üblich ist auch die Nutzung von regenerativer Energie durch einen vorgeschalteten Erdreich- Luft-Wärmeübertrager. Zu-/Abluftanlagen mit Wärmerückgewinnung gehören zur Standardausstattung von Passivhäusern. Abb. 27: Zu-/Abluftsystem (zentral) Abb. 28: Zu-/Abluftsystem (dezentral) UNIT UN IT UN IT SCHLAFEN BAD SCHLAFEN BAD UN IT UN IT WOHNEN KÜCHE WOHNEN KÜCHE

Energieeffizienz 25 < Energiebedarf Die Senkung der Lüftungswärmeverluste ist von zentraler Bedeutung, um den Primärenergiebedarf von Gebäuden mit Fortschreibung der Energieeinsparverordnung weiter zu verringern. Die grundsätzlichen Einsparpotenziale energieeffizienter Konstellationen der ventilatorgestützten Lüftung gegenüber freier Lüftung können anhand ausgewählter Beispiele auf Basis der EnEV 2009 nach Abb. 29 (bedarfsgeführte Abluftanlage), Abb. 30 (Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung durch Wärmeübertrager) verdeutlicht werden. Unter typischen Einsatzbedingungen für neu errichtete bzw. energetisch modernisierte Wohngebäude (Nutzfläche zwischen 100 und 500 m², Heizwärmebedarf 40 bis 90 kwh/m²a, Gas-Brennwertheizung, zentrale Warmwasserbereitung) ergeben sich durch die Lüftungsanlagen gegenüber freier Lüftung folgende rechnerische, primärenergetische Einsparpotenziale: > bedarfsgeführte Abluftanlage: 3,5 kwh/m²a (3-7 Prozent) > Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung durch Wärmeübertrager: 11 bis 11,5 kwh/m²a (8-17 Prozent). Die Luftheizung mit Wärmerückgewinnung durch Wärmeübertrager und Abluft-Zuluft-/Trinkwasser-Wärmepumpe ist differenzierter zu bewerten. Ein primärenergetisches Einsparpotenzial gegenüber der Referenzvariante Gas-Brennwertkessel ohne ventilatorgestützte Lüftung besteht in kleineren Gebäuden (Nutzfläche A N < 300 m²) mit hohem Wärmeschutz (Heizwärmebedarf q h = 40 kwh/m²a und beträgt unter diesen Randbedingungen zwischen 2,6 und 10,5 kwh/m²a (3,7 13,4 Prozent). In schlechter wärme gedämmten und in größeren Gebäuden ist die Luftheizung unter den beispielhaften Randbedingungen primärenergetisch ungünstiger als das Referenzsystem. Damit können energieeffiziente Lüftungssysteme einen wesentlichen Beitrag bei der Erfüllung der aktuellen und zukünftigen Vorgaben der Energieeinsparverordnung leisten.

> 26 Abb. 29: Primärenergetischer Vergleich von freier Lüftung und bedarfsgeführter Abluftanlage 1) DC 1K Wirtschaftlichkeit Bedarfsführung 1K BW Trinkwarmwasserbereitung: > gebäudezentrale Versorgung mit Wärmeversorgung über Heizung Ausgangswerte A N = 100-500 m² q h 35-75 kwh/m²a BW Trinkwarmwasserbereitung: > unverändert Lüftung: > keine ventilatorgestützte Lüftung Energiebedarf Ventilator: q HE,E 1 kwh/m²a Lüftung: > zentrale Abluftanlage > bedarfsgeführt mit Anlagenluftwechsel n = 0,35 h -1 > Gleichstromventilator (DC) Heizung: > Brennwertkessel mit Erdgas/Heizöl EL betrieben > Aufstellung inerhalb der thermischen Hülle > 55/45 C-Auslegung Einsparpotenzial Endenergie (Wärme): q WE,E 6,5 kwh/m²a Primärenergie: q p 3,5 kwh/m²a (3-7 %) Heizung: > unverändert 1) Beispiel in Anlehnung an DIN 4701-10 Bbl.1

27 < Abb. 30: Primärenergetischer Vergleich von freier Lüftung und Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung durch Wärmeübertrager Außenluft Fortluft DC Abluft WRG Zuluft 1K 1K BW Trinkwarmwasserbereitung: > gebäudezentrale Versorgung mit Wärmeversorgung über Heizung Ausgangswerte A N = 100-500 m² q h 35-75 kwh/m²a BW Trinkwarmwasserbereitung: > unverändert Lüftung: > keine ventilatorgestützte Lüftung Energiebedarf Ventilator: q HE,E 2,5 kwh/m²a Lüftung: > zentrale Zu-/Abluftanlage (Verlegung der Verteilleitungen innerhalb der thermischen Hülle) > Anlagenluftwechsel n = 0,4 h -1 > Gleichstromventilator (DC) > mit Wärmerückgewinnung durch Wärmeübertrager Wärmebereitstellungsgrad 80%) Heizung: > Brennwertkessel mit Erdgas/Heizöl EL betrieben > Aufstellung inerhalb der thermischen Hülle > 55/45 C-Auslegung Einsparpotenzial Endenergie (Wärme): q WE,E 16,5-17,0 kwh/m²a Primärenergie: q p 11-11,5 kwh/m²a (8-17 %) Heizung: > unverändert 1) Beispiel in Anlehnung an DIN 4701-10 Bbl.1

> 28 Kosten Verbrauchsgebundene Kosten sind die für den Endenergiebedarf anfallenden Energiekosten unter Beachtung von Arbeits- und Leistungspreisen (z. B. für Gas und Strom). Aktuelle mittlere Energiepreise für Deutschland enthält Abb. 31. Mit dem Szenario Preisanstieg in Abb. 31 wird versucht, die Entwicklung der kommenden Jahre abzuschätzen, in dem von einer Fortsetzung der Preisentwicklung der letzten Jahre ausgegangen wird. Eine treffsichere Prognose der Energiepreisentwicklung für einen längeren Zeithorizont erweist sich wegen der Komplexität der Einflüsse (politische Interessen, ökologische Aspekte, verfügbare Ressourcen, Weltmarktentwicklung usw.) auch unter dem Eindruck der Energiepreisturbulenzen der letzten Jahre allerdings als nahezu unmöglich. Abb. 31: Energiekosten - Arbeitspreise (Privatkunden-Tarif) Energiekosten Brutto (inkl. MwSt.) konstant 1) Preisanstieg 2) Erdgas (Heizung) 6,5 ct/kwh 12,0 ct/kwh Haushaltsstrom (Hilfsenergie, Ventilatoren) 19,6 ct/kwh 26,3 ct/kwh 1) Konstant: Mittelwerte für Deutschland, Stand Sommer 2008. 2) Preisanstieg: 20-Jahres-Mittel mit 6 %/a Preissteigerung bei Erdgas und mit 3 %/a Preissteigerung bei Haushaltstrom (Fortsetzung des Preisanstiegs von 1998 bis 2007 nach dem Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes). Für die vorgestellten Beispiele einer energieeffizienten ventilatorgestützten Lüftung sind die verbrauchsgebundenen Kosteneinsparungen in Abb. 32 dargestellt. Den Einsparungen an Heizenergie sind dabei die Mehrkosten für den Strombedarf der Ventilatoren gegen zu rechnen. In Abhängigkeit von den Annahmen zur zukünftigen Energiepreis entwicklung lassen sich im Verbrauch für die bedarfsgeführte Abluftanlage Einsparungen bis zu 0,08 /m²a und für die Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung durch Wärmeübertrager bis zu 1,33 /m²a gegenüber freier Lüftung ermitteln. Die Luftheizung erweist sich unter bestimmten Randbedingungen (kleine Gebäude mit hohem Wärmeschutz bei steigenden Energiepreisen) als vorteilhaft und erzielt dann im Beispiel eine Einsparung von bis 1,86 /m²a gegenüber dem Referenzfall. Abb. 32: Einsparung verbrauchsgebundene Kosten Heizung durch ventilatorgestützte Lüftung 1) Einsparung verbrauchsgebundene Kosten Heizung 2) konstant Brutto (inkl. MwSt.) Preisanstieg Bedarfsgeführte Abluftanlage -0,01 /m²a 0,08 /m²a Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung durch Wärmeübertrager 0,56-0,58 /m²a 1,30-1,33 /m²a 1) Beispiele siehe Abschnitt Energieeffizienz. 2) Gilt für Nutzfläche A N < 300 m² und Heizwärmebedarf q h = 40 kwh/m²a. Wird für die Anlagentechnik die Wirtschaftlichkeit von energetischen Maßnahmen nach VDI 2067 bilanziert, sind in der Berechnung folgende Kostenanteile zu Gesamtkosten zu summieren: > verbrauchsgebundene Kosten, > kapitalgebundene Kosten (aus den Investitionskosten) einschließlich eventueller Zinsen > betriebsgebundene Kosten (z. B. Wartung) und > sonstige Kosten (z. B. Versicherungen). Eine Gesamtkostenbetrachtung der ventilatorgestützten Lüftung nach VDI 2067 ergibt zumeist, dass eine Amortisation gegenüber freier Lüftung kaum oder nicht erreichbar ist. Vergleicht man Lüftungs geräte mit Wärmerückgewinnung jedoch mit einer Abluftanlage EnEV- Referenztechnik bei der energetischen Bewertung von Gebäuden, ist eine Amortisation erzielbar. Die spezifischen Investitionskosten für kombinierte Zu- und Abluftanlagen mit Wärmerückgewinnung bewegen sich in einem Bereich, wie im Diagramm Abb. 33, dargestellt. Bei einer detaillierten und kostenbewussten Planung und unter Beachtung der variablen Rahmenbedingungen, wie Kapitalkosten und Energiepreissteigerungen, ist bereits eine wirtschaftliche Lösung möglich. Jedoch ist eine ausschließlich auf die Einsparung von Energie basierende Wirtschaftlichkeitsbetrachtung nicht zielführend.