Konzept. Streitschlichtung. Konzept zur Streitschlichtung, evaluiert von Y. Hinrichs im September 2013 Seite 1



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Transkript:

Konzept Streitschlichtung Konzept zur Streitschlichtung, evaluiert von Y. Hinrichs im September 2013 Seite 1

1. Bestandaufnahme Der Grundschulalltag ist häufig von Konflikten unter Kindern bestimmt, die durchaus unter Gleichaltrigen lösbar sind. Häufig versuchen sie allerdings, diese mit Hilfe von Lehrkräften zu klären. Das für alle Beteiligten anstrengende Petzen entsteht und Erwachsene ergreifen häufig bei fehlender Auseinandersetzung mit einer sinnvollen Streitschlichtung und aus Gründen des Zeitmangels Partei. Zu verantwortungsvollen Menschen, die in der Lage sind, Konflikte eigenständig zu lösen, werden die Schüler auf diese Weise keineswegs. Um die Schüler dagegen in ihrer Sozialkompetenz zu fördern und zu fordern sowie das Schulklima zu verbessern, wurde an der Marienschule Barßel die Streitschlichtung eingeführt. Im Folgenden werden zunächst die Ziele der Streitschlichtung genauer definiert, bevor Augenmerk auf die Indikatoren bzw. Erfolgskriterien gelegt wird. Anschließend folgt eine Darstellung der in der Schule vorhandenen Ressourcen. Die anschließende Maßnahmenplanung beinhaltet eine Definition des Begriffs Streitschlichtung, die Auswahlkriterien der Streitschlichter sowie die Aus- und Fortbildung. Die praktischen und organisatorischen Maßnahmen zur Umsetzung an der Marienschule Barßel zeigen schließlich den aktuellen Stand unseres Streitschlichterprojekts. Das abschließende Kapitel zur Evaluation stellt dar, inwiefern wir die Zielerreichung überprüfen möchten. 2. Zielformulierung Die von Kindern durchgeführte Streitschlichtung im Sinne der Mediation (siehe 5. 1 Definition Streitschlichtung ) beinhaltet folgende Ziele: Konzept zur Streitschlichtung, evaluiert von Y. Hinrichs im September 2013 Seite 2

Die Schüler werden in die Lage versetzt, Konflikte selbstständig, ohne die Hilfe von Erwachsenen zu lösen Die Schüler verbessern ihre sozialen Kompetenzen (Empathiefähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Kompromissbereitschaft, Problemlösefähigkeit, Selbstkontrolle, Frustrationstoleranz) Genauer bedeutet dies, dass die Schüler in der Lage sind sich auf einer respektvollen Ebene mit ihrem Streitpartner auseinanderzusetzen die Entstehung eines Konfliktes sachlich zu beschreiben ihre dabei entstandenen Gefühle differenziert zu beschreiben Schilderungen ohne Vorwurf an das Gegenüber vorzunehmen sich gegenseitig zuzuhören mögliche Ursachen für einen Konflikt zu erkennen eigene Lösungsideen zu entwickeln diese hinsichtlich ihrer Umsetzung zu beurteilen sich mit ihrem Streitpartner auf eine Lösung zu einigen einen Streit zu lösen, ohne physische oder verbale Gewalt anzuwenden eigene Emotionen zu kontrollieren 3. Indikatoren (Erfolgskriterien) Eine Festlegung von Indikatoren ist im Bereich der Streitschlichtung eine komplexe Angelegenheit, da sich soziale Kompetenzen im Schulalltag häufig schlecht messen lassen. Im sozialen Miteinander kann nicht immer beobachtet werden, ob Schüler gerade einen Streit selbstständig gelöst haben. Wahrscheinlich waren sie dabei unbeobachtet. Außerdem Konzept zur Streitschlichtung, evaluiert von Y. Hinrichs im September 2013 Seite 3

entfällt in den Fällen das Bedürfnis, eine erwachsene Person darüber zu informieren. Nichtsdestotrotz soll an dieser Stelle dargestellt werden, woran wir ansatzweise erkennen können, dass wir unsere Ziele erreicht haben: Die Schüler beschweren sich weniger häufig bei den Lehrern über andere Schüler Sie wenden sich selbstständig an die Streitschlichter Sie nutzen die Hilfe der Streitschlichter, indem sie die Stufen der Streitschlichtung (siehe Kapitel 5) umsetzen Es wird beobachtet, dass die Schüler, die oben genannten Ziele weitestgehend erreichen (z.b. in der Pause, nach, vor und gelegentlich während des Unterrichts) Die Schüler berichten, erzählen von Streitigkeiten, die sie selbstständig und erfolgreich gelöst haben Die Streitschlichter berichten von Erfolgserlebnissen und möglicherweise von einer Veränderung des Streitverhaltens bei einigen oder vielen Schülern 4. Ressourcen Im Rahmen der personellen Ressourcen gibt es für den Bereich der Streitschlichtung zwei verantwortliche Personen. Eine externe Lehrkraft, die selbst eine Mediatorenausbildung absolviert hat (Frau Klenke), ist für die Ausbildung der Streitschlichter im dritten Schuljahr zuständig. Für die Fortbildung, die organisatorische Umsetzung der Streitschlichtung sowie das vorliegende Konzept ist Frau Hinrichs (Lehrkraft der Marienschule Barßel) verantwortlich. Der Austausch dieser beiden zuständigen Personen begünstigt die Übereinstimmung von Aus- und Fortbildungsinhalten. Konzept zur Streitschlichtung, evaluiert von Y. Hinrichs im September 2013 Seite 4

Räumlich-zeitliche Ressourcen sind insofern vorhanden, als die Ausbildung im dritten Schuljahr regelmäßig während der Unterrichtszeit (festgelegte Stunde) im Trainingsraum der Marienschule Barßel stattfindet. Des Weiteren gibt es eine Streitschlichter Ecke in der Aula mit einem runden Tisch, vier Stühlen, einem Schrank mit Streitschlichterordner für die Verträge (siehe Kapitel 5) sowie einer Stellpinnwand, an der die Fotos der Streitschlichter, Infos etc. angebracht sind. Für die Fortbildung ist außerdem ein fester Termin pro Monat für die Streitschlichtertreffen (vierter Jahrgang) im Stundenplan vorgesehen. 5. Maßnahmenplanung 5.1 Definition Streitschlichtung Streitschlichtung, auch "Peer - group Mediation" oder Konfliktschlichtung unter Gleichaltrigen genannt, gibt es in anderen Ländern schon seit ca. 25 Jahren. Die Methode der Mediation (Streitschlichtung) schwappte Ende der 80er Jahre aus den USA nach Deutschland. Sie ist eine erfolgreiche Methode der Konfliktschlichtung unter Gleichaltrigen, die als zentralen Kern die Konfliktschlichtungskompetenz von Schülerinnen und Schülern fördert. Im Rahmen der Mediation soll nicht die Schuldfrage geklärt werden, sondern eine Hinführung zu Lösungsvorschlägen durch die Streitbeteiligten stattfinden. Es ist nicht mehr Aufgabe der Lehrer, Konflikte zwischen Schülern zu schlichten, sondern die Verantwortung für die Lösungsfindung wird den Streitbeteiligten auferlegt. Die Aufgabe von Streitschlichtern ist es hierbei, als unparteiische Dritte zwischen zwei Konfliktparteien unterstützend und vermittelnd zu wirken. Sie sollen Konzept zur Streitschlichtung, evaluiert von Y. Hinrichs im September 2013 Seite 5

Streitenden helfen, gemeinsam eine Lösung des Problems zu entwickeln, mit der beide Konfliktparteien zufrieden sind. Haben die Streitenden eine Übereinkunft gefunden, wird diese als Vertrag zwischen den Seiten festgehalten und von allen beteiligten Personen unterschrieben. Streitschlichtung versteht sich als Angebot. Konfliktparteien können die Hilfe der Streitschlichter in Anspruch nehmen, müssen es aber nicht. Laut Erfahrungsberichten (siehe Götzinger, Kirsch) verringern sich sowohl die Anzahl der auftretenden Konflikte als auch das Ausmaß der Reaktionen der Kinder durch die selbstständige Streitschlichtung. Grundlage ist die Einstellung aller Beteiligten in der Schule, dass die Streitbeteiligten selbst die besten Experten für die Lösung ihrer Probleme sind. Lehrer sollten ihre eigene Rolle überdenken und möglicherweise verändern vom entscheidenden, besserwissenden Erzieher hin zu einem Moderator, der den Kindern die Verantwortung für ihre eigenen Konflikte überträgt. Die Schüler erleben sich so als autonom und fühlen sich ernst genommen. Auf diese Weise halten sie sich eher an die von ihnen selbst entwickelten Lösungen. 5.2 Die Streitschlichter 5.2.1 Eignungskriterien Die Jungen und Mädchen, die als Streitschlichter eingesetzt werden, müssen zur Bewältigung ihrer Aufgabe hohe soziale Fähigkeiten mitbringen. Zu den grundlegenden Kompetenzen gehören: konfliktarmes oder freies Verhalten bzw. ein angemessener, lösungsorientierter Umgang mit eigenen Konflikten Verantwortungsbewusstsein zeigen Konzept zur Streitschlichtung, evaluiert von Y. Hinrichs im September 2013 Seite 6

offen auf andere zugehen können, kontaktfähig sein sich mündlich leicht verständlich ausdrücken können (ausführlich erzählen können, über einen breiten Wortschatz verfügen) schriftlich Inhalte angemessen festhalten können (gute Fähigkeiten im Verfassen von Texten haben) ernsthaft im Umgang mit der Thematik sein und glaubwürdig eine Schlichtung durchführen können Zudem müssen sich die Kinder freiwillig bereit erklären, diese Aufgabe wahrzunehmen, nachdem sie ausführlich über den Aufgabenbereich, dessen Vor- und auch Nachteile informiert wurden. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass Schüler ihre Funktion als Streitschlichter in der vierten Klasse nicht ernst nehmen. 5. 2. 2 Auswahlverfahren Die Streitschlichter der Marienschule Barßel werden jeweils am Anfang des dritten Schuljahres von den jeweiligen Klassenlehrern und in Absprache mit der für die Streitschlichter zuständigen Lehrkraft ausgewählt. Aus jeder der drei dritten Klassen werden 4 bis 5 Kinder ausgewählt, die möglichst viele der oben genannten Kriterien erfüllen. Der Anteil von Jungen und Mädchen sollte dabei in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. 5.3 Aus- und Fortbildung zum/r Streitschlichter/in 5.3.1 Ausbildung Die für die Tätigkeit als Streitschlichter nötigen Fähigkeiten erwerben die Konzept zur Streitschlichtung, evaluiert von Y. Hinrichs im September 2013 Seite 7

Jungen und Mädchen in einer Ausbildung zum/r Streitschlichter/in während des dritten Schuljahres im Rahmen des Vormittagsunterrichts durch die externe Lehrkraft (Mediatorin) Frau Klenke. Durch die frühzeitige Ausbildung im dritten Schuljahr können die Kinder sofort nach den Sommerferien, zu Beginn des vierten Schuljahres, ihren Dienst aufnehmen und in den Hofpausen eingesetzt werden. Inhaltlich basiert die Grundausbildung hauptsächlich auf den Ausführungen über ein Streitschlichterprojekt von Marina Götzinger und Dieter Kirsch, die das Buch Grundschulkinder werden Streitschlichter (2004) veröffentlicht haben. Da an dieser Stelle nicht alle Ausbildungsinhalte dargestellt werden können, soll kurz der Kern der Streitschlichtung präsentiert werden. Streitschlichtung läuft im optimalen Fall nach einem bestimmten, wiederkehrenden Schema ab. Man spricht hierbei von den Stufen der Streitschlichtung. Es gibt sechs Stufen: 1. Regeln erklären Jeder darf ausreden. Man hört dem anderen zu. Man ist ehrlich zu seinem Gesprächspartner. Keiner wird beleidigt. Man sucht nach einer gemeinsamen Lösung. 2. Was ist passiert? Jedes Kind erzählt aus seiner Sicht und darf nicht unterbrochen werden. 3. Wie hast du dich gefühlt? Jedes Kind schildert seine Gefühle ohne Vorwurf. Ich-Botschaften werden formuliert. Konzept zur Streitschlichtung, evaluiert von Y. Hinrichs im September 2013 Seite 8

4. Was war vor dem Streit? Hiermit ist nicht der BEGINN des Konflikts gemeint, sondern die Befindlichkeit (eventuell Sorgen, Ängste, Ärger), die dem Streit vorausgingen. Diese Stufe wird auch als Konflikterhellung bezeichnet. Hilfsfragen sind: Seid ihr miteinander befreundet? Geht es dir nicht gut? Hast du Ärger in der Schule? Hast du Ärger zu Hause? Gibt es etwas, das du uns nicht erzählen kannst? 5. Lösungsvorschläge Die Frage an die Streitenden lautet: Was ist jeder von euch bereit zu tun, um den Streit (Konflikt) zu beenden? Alle Lösungsvorschläge werden gesammelt. Jeder darf alle Lösungsvorschläge streichen, mit denen er unzufrieden wäre. Mit der Frage: Seid ihr beide damit einverstanden? werden schließlich eine oder mehrere Lösungen gewählt. 6. Vertrag/ Nachtreffen Die Lösung(en) werden festgehalten und der Vertrag wird unterschrieben. Ein Mediator soll dabei neutral bleiben, auf die Regeln achten, unparteiisch sein und die Konfliktpartner selbst nach Lösungen suchen lassen. Ziel der Ausbildung ist, dass die Jungen und Mädchen die Stufen der Streitschlichtung gedanklich sicher kennen und ihn selbstständig anwenden können. Konzept zur Streitschlichtung, evaluiert von Y. Hinrichs im September 2013 Seite 9

5.3.2 Fortbildung Auch nach der Ausbildung erwerben und erproben die Streitschlichter und Streitschlichterinnen in Form zusätzlicher Kursstunden weiterhin Handlungskompetenz und wissen, um diese bei Streitschlichtungen anzuwenden. Im vierten Schuljahr treffen sich die Streitschlichter/innen einmal im Monat (Montags in der 5. Stunde) mit Frau Hinrichs im Trainingsraum der Schule. Inhaltlich werden in der Fortbildung einerseits die bei Schlichtungen aufgetretenen Probleme besprochen und Lösungen gesucht, andererseits werden die Inhalte aus der Ausbildung vertieft und erweitert. Auch hier ist die oben angegebene Literatur inhaltliche Basis. 5. 4 Praktischer Einsatz der Streitschlichter/ innen 5. 4. 1 Dauer der Streitschlichtertätigkeit Die Kinder, die an der Ausbildung zum/r Streitschlichter/ in teilnehmen, verpflichten sich grundsätzlich, ihre Aufgabe während des gesamten vierten Schuljahres durchzuführen, um eine Stabilität in der Streitschlichtung zu gewährleisten. 5. 4. 1 Organisatorische Durchführung der Streitschlichteraufgaben Die Streitschlichter und Streitschlichterinnen sind auf dem Schulhof durch das Tragen von gelben Westen gut zuerkennen. Außerdem hängen Fotos der Streitschlichter in der Aula aus (siehe Streitschlichter- Ecke). Jede(r) Streitschlichter/ in hat in zwei Hofpause pro Woche Dienst, den Konzept zur Streitschlichtung, evaluiert von Y. Hinrichs im September 2013 Seite 10

ein fester Plan regelt. Die Klassenlehrer der vierten Klassen haben solch einen Plan in ihren Klassenräumen angebracht. Zusätzlich hat jeder Streitschlichter einen eigenen Plan in der Federmappe oder auf seinem Arbeitsplatz. Auch an den Ausgängen zum Schulhof ist neben dem Aufsichtsplan der Lehrkräfte der Streitschlichterplan angebracht. Auf Wunsch der Streitschlichter werden diese über den Schulhof verteilt. Es gibt drei Abschnitte, die den Aufsichtsbereichen der Lehrkräfte gleichen. Sie sind mit den Buchstaben a, b und c benannt. Die Streitschlichtung findet täglich in der ersten und zweiten Hofpause statt. Pro Pause gibt es drei Streitschlichter (a-, b- und c-dienst). Die Einhaltung des Dienstes ist Pflicht. Damit die Streitschlichter ansprechbar für andere Kinder sind, gibt es die Regel, dass während des Streitschlichterdienstes nicht gespielt wird. Ist ein Streit sehr schwierig zu klären, darf ein Streitschlichter entscheiden, den Streit in Ruhe am runden Tisch in der Streitschlichter-Ecke zu klären. In diesem Fall werden die Lösungen schriftlich in einem Vertrag festgehalten. Die Verträge sind in dem Streitschlichterordner zu finden und werden nach dem Ausfüllen auch wieder dort eingeheftet. Konnte der Streit bis zum Pausenende nicht geklärt werden, können sich die Kinder für die folgende Pause erneut verabreden, um den Streit abschließend zu klären. Auf diese Weise wird erreicht, dass Konflikte, die während der Pause entstanden sind, nicht in den Unterricht getragen werden und dieser somit störungsfreier ablaufen kann. 5.5 Evaluation der Streitschlichtung Zunächst kann die Evaluation durch Beobachtungen seitens der Lehrkräfte in den Pausen, vor und nach dem Unterricht geschehen. Konzept zur Streitschlichtung, evaluiert von Y. Hinrichs im September 2013 Seite 11

Wirklich messbare Instrumente der Evaluation wären Befragungen der Kinder (im Sinne eines Feedbacks) oder ein Fragebogen. Schwierig dabei ist jedoch, dass eine Verbesserung des Streitverhaltens sehr wahrscheinlich häufig unbewusst stattfindet und dass solche Befragungen eine hohe Reflexionskompetenz der Schüler erfordert. Dennoch soll der Erfolg der Streitschlichter am Ende des vierten Schuljahres anhand eines Rundganges durch die Klassen sowie eines Feedbacks durch die Mitschüler evaluiert werden. Ergänzend kann ein Fragebogen eine noch ausführlichere, genauere Einschätzung liefern. 6. Literatur Marina Götzinger, Dieter Kirsch (2004): Grundschulkinder werden Streitschlichter, Verlag an der Ruhr Konzept zur Streitschlichtung, evaluiert von Y. Hinrichs im September 2013 Seite 12