1 Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, liebe Gemeinde, der Text, den ich für Eure offizielle Begrüßung in unserer Kirchengemeinde ausgesucht habe, steht im 5. Kapitel des Matthäusevangeliums, also im Neuen Testament. Da wird erzählt, welche Aufgaben die Jünger haben. Und nicht nur die Jünger damals, sondern ihr und auch wir alle, die wir uns zu Jesus halten. Jesus sagt dort: 13Ihr seid das Salz der Erde. Wenn aber das Salz fade wird, womit sollen wir salzen? Es ist völlig unbrauchbar geworden, wird weggeworfen und von den Leuten zertreten. 14 Ihr seid das Licht der Welt. Die Stadt hoch auf dem Berg kann sich nicht verstecken. 15 Niemand zündet ein Licht an und stellt es dann unter einen Krug. Es wird vielmehr auf einen Leuchter gesetzt. Dann leuchtet es für alle, die im Haus sind. 16 So soll auch euer Licht den Menschen leuchten, damit sie eure guten Taten sehen und euren Gott im Himmel loben. Versetzt euch in Gedanken zurück in die Zeit Jesu: Wie so oft ist eine große Menschenmenge mit ihm unterwegs. Die Menschen bedrängen ihn und er steigt auf einen Berg, damit ihn alle sehen und hören können. Dann spricht er zu ihnen. Er sagt ihnen, was er von ihnen als Mitarbeiter erwartet. Klare Ansagen macht er. Eine echte Führungspersönlichkeit. Er kommt nicht daher mit weichgespülten Fragen: Sind vielleicht einige unter euch, die Lust hätten, das Salz der Erde zu sein? Überlegt Euch doch mal ernsthaft, ob das nicht was für euch wäre. Ganz gut könnte ich jetzt ein paar Superfromme gebrauchen, die gut reden können und andere mitreißen, also Leute, die auch wirklich was bewegen können! Oder vielleicht wollen einige lieber Licht der Welt werden? Dann am liebsten diejenigen, die ein bisschen heller sind als die anderen, damit sie den Zuhörenden auch wirklich Erleuchtung bringen können! Fühlt sich da eventuell jemand angesprochen?
2 Das hätten wir vielleicht gerne, dass Jesus den Menschen, die ihm zuhören, so freundliche Vorschläge macht zur Gestaltung ihrer Zukunft - einfach mal nur so, zum Drüber-Nachdenken! Nein, er redet in ganz anderem Tonfall. Keine unverbindlichen Fragen, sondern eine sehr eindeutige Aussage: Ihr seid Salz der Erde. Die Frage ist also nicht, ob wir das wollen oder uns zutrauen. Jesus fragt nicht. Auch nicht nach unserem großen oder kleinen Glauben. Oder nach unserem Alter. Oder ob wir selbstbewusst oder schüchtern sind. Jesus macht eine Ansage: Ihr seid das Salz der Erde. Aha, okay. Problem ist nur: was soll das denn heißen: ihr seid das Salz der Erde. Was will er den Jüngern, was will er uns damit sagen? Einfacher wäre gewesen, wenn er klare Anweisungen gegeben hätte. Wenn er gesagt hätte: Ihr geht in die umliegenden Häuser, holt die Leute raus, bildet Kleingruppen und erzählt ihnen von mir! Das wäre leichter gewesen. Das hätte man tun können oder eben auch nicht. Aber: Salz der Erde? Und dann Salz warum gerade Salz? Für die Menschen damals zur Zeit Jesu und bis weit ins Mittelalter hinein war Salz etwas so kostbares wie Gold. Uns heute ist das nicht mehr so bewusst, das Bild vom Salz ist für uns eher ungewohnt, obwohl heute noch genau wie damals gilt: ohne Salz ist Leben nicht vorstellbar. Salz gehört zu den lebenswichtigen Mineralstoffen, der Mensch muss pro Tag 2-5 Gramm zu sich nehmen, damit genug Salz im Körper vorhanden ist bei jedem von uns ca. 200g Salz. Ohne Salz also werden wir krank doch da wir es heute zumindest bei uns hier in Mitteleuropa unbegrenzt zur Verfügung haben, ist uns das gar nicht mehr so bewusst. Und auch das wissen wir in Zeiten von Konservendosen und Tiefkühlpizza nicht mehr so - Salz ist neben Essigsäure das älteste Mittel, um Lebensmittel haltbar zu machen. Schon im Altertum kannten die Sumerer und Babylonier Salzfleisch und Salzfisch als Handelsartikel. Lange war Salz, das auch als weißes Gold bezeichnet wurde, in den hiesigen Gebieten Mangelware und musste teuer eingeführt werden. Erst als auch hier Salzlager entdeckt wurden, etwa in Bad Reichenhall, wurde man unabhängig vom Import, und dadurch wurde Salz auch für ärmere Leute erschwinglich.
3 Salz der Erde weißes Gold: Jesus sagt zu euch Ihr seid etwas sehr kostbares! Ihr alle seid im wahrsten Sinne Goldwert für diese Welt! Jeder und jede einzelne von euch eine Kostbarkeit, ein Reichtum für diese Welt. Jedes Körnchen ein kleiner Schatz. Hineingestreut in den ganz normalen Alltag. Wie dieser Alltag aussieht ob Schülerin oder Schüler, ob Eltern oder kinderlos, ob berufstätig oder zu Hause das ist für Jesus nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass wir durch unser Leben als Schätze Gottes unseren Mitmenschen ein Leben mit Gott schmackhaft machen. Dass wir die fade Alltagssuppe des Wegschauens und Nichtauffallens würzen, denn das ist unsere Aufgabe! Durch unseren Glauben und unser Bekenntnis sollen wir hineinwirken in die Verhältnisse. Denn wenn man genau hinsieht, erkennt man vieles, wo man nicht wegschauen sollte. Hört doch auf, den Niklas so fertigzumachen! Die und der Schulhof als Topf, in dem manchmal eine gehörige Portion Salz gehört. Anna kann nichts dafür, dass sie kein Handy hat ihre Eltern können es sich einfach nicht leisten! Euch selber werden viele Situationen einfallen, wo ihr ganz im Geheimen bei euch wisst: das ist nicht okay, wie es läuft. Und da sagt Jesus zu Euch: Ihr seid Salz! Ihr könnt euch einmischen! Ihr braucht euch nicht erst zu trauen, ihr könnt es! Und wenn ihr dabei den anderen so manches fieses Vorhaben versalzt, dann ist es grade recht. Denn Salz fühlt sich nicht immer nur gut an. In einer Wunde brennt Salz ganz gehörig. Ihr seid Salz heißt also: ihr habt Begabungen, die ihr vielfach einsetzen könnt: Ihr könnt helfen und aufbauen, aber auch manchmal stören und Salz reinstreuen da wo ihr Unrecht seht und Dinge, die ganz und gar nicht in Ordnung sind. Und ihr müsst das alles nicht erst lernen. Ihr seid nicht zu jung dazu, oder zu unerfahren. Nein: Ihr SEID Salz, heute und morgen auf dem Schulhof. Das sagt Jesus zu euch, zu Ihnen, zu uns. Er sagt nicht: erst wenn ihr die Bibel gelesen habt, werdet ihr Salz sein. Oder: Erst wenn ihr das Glaubensbekenntnis auswendig kennt, werdet ihr Salz sein. Nein, er sagt: ihr seid Salz. Ohne Wenn und Aber. Ohne Einschränkungen. Das heißt soviel wie: Gott traut es uns zu, dass wir uns einmischen. Dass wir unbequem sind. Dass wir eben nicht alles nur so hinnehmen und denken: ich kann da ja eh nichts machen. Jeder von uns hat ein genaues Gespür dafür, wo etwas nicht gut läuft. Wo jemand gemobbt wird. Wo jemand würdelos behandelt wird. Wo Menschen ausgegrenzt werden. Da heißt es: Salz sein. WIR SIND SALZ DER ERDE.
4 IHR SEID DAS LICHT DER WELT! Auch hier ist nicht die Frage, ob wir uns für besonders begabt halten oder ob wir glauben, wir seien ja eh nur ein kleines Licht. Es ist nicht wichtig, ob wir gerne vorne dran stehen oder lieber im Hintergrund wirken, ob wir gerne reden oder lieber zuhören. Auch unser Alter, unsere Bildung, oder unsere Finanzen das alles spielt offensichtlich keine Rolle! Es heißt einfach nur: Ihr seid - das Licht der Welt! Aufgabe des Lichtes ist es, zu leuchten! Ein Licht hat keine Wahl, es kann gar nicht anders als leuchten, das ist die Definition von Licht! Es unter einen Krug zu stellen, das wäre völlig widersinnig! Licht es dringt durch Ritzen und verschlossene Türen. Unser Licht. Wir dringen mit unserem Licht durch Ritzen und verschlossene Türen. Wir erreichen Mitschüler und Kollegen, die verschlossen sind und dicht machen. Leonard Cohen singt in seinem Lied The Bells - There s a crack in everything that s where the light gets in. (Wiederholen) In allen Dingen ist ein Riss durch ihn dringt das Licht hinein. Die Risse und Brüche der anderen Menschen: wir kennen sie genau. Aber wenn wir Licht sind, dann wollen wir diese Schwäche nicht auszunutzen. Nicht nochmal ein Eckchen rausschlagen damit ich selber besser und stabiler und rissloser dastehe. Wir sind Licht und strahlen mit unserem Lächeln, mit guten Worten, mit unserem Wesen hinein in diesen Menschen. Durch die Risse hindurch. Und staunend erkennen wir: ein wunderschönes Muster entsteht durch dieses Licht. Ein Seelen-Raum, der zuvor im Dunkel verborgen und nicht zu erkennen war. There s a crack in everything that s where the light gets in. Ihr seid das Licht der Welt. Salz der Erde, Licht der Welt - Gott traut uns das zu. Dass wir nicht Bremslicht, sondern Scheinwerfer sind. Dass wir nicht fade, sondern Salz sind! Dass wir leuchten und würzen.
5 Das ist eine Herausforderung. Da ist es gut, dass man nicht alleine ist. Dass andere das auch versuchen. Schaut euch mal um, sehen Sie sich alle mal in den Bänken um. Lächeln Sie sich alle mal gegenseitig an und zu. Merken Sie es? Wir, das sind viele. Ich muss nicht ganz alleine würzen und leuchten. Wir sind zu dieser Aufgabe als Gemeinschaft berufen, in der jedes Mitglied wichtig ist, auch das winzigste Salzkorn, auch der kleinste Funke! Auch die schweigsamste Konfirmandin und der mitteilsamste Rentner. Das beruhigt. Denn ich muss nicht alles anpacken. Wir alle haben unseren je eigenen Ort: in der Firma, in der Schule, in der Familie. Ich muss nicht alles anpacken aber ich soll von ganzem Herzen anpacken. An jedem nur erdenklichen Platz bin ich dazu aufgefordert, zu Salz und zu Licht für meine Mitmenschen zu werden. Wir brauchen nicht vergleichen: wer ist das kräftigste Salzkorn, wer strahlt am hellsten? Wir sind nicht lauter Mütter Theresa, bestimmt nicht! Aber alle, die hier sitzen, sind Beschenkte, mit den unterschiedlichsten Gaben ausgerüstet, um Risse zum Leuchten zu bringen. Was für eine Kraft, die aus unseren Herzen kommt! Lasst euch beflügeln davon, dass ihr es könnt. Ganz bestimmt. Denn wir sind es schon. Das Licht der Welt. Und das Salz der Erde. Amen.