Kondensation in Plattenwärmeaustauschern erhöht Effizienz und Druckverlust Dr.-Ing. Edgar Beck Ein wichtiger Vorteil von Plattenwärmeaustauschern zur Wärmerückgewinnung aus Abluft ist die Trennung der Zu- und Abluftströme. Verunreinigungen, Gerüche, aber auch Feuchtigkeit können so nicht übertragen werden. Trotzdem kann auch im Plattenwärmeaustauscher ein Teil der latenten Wärme feuchter Abluft durch Kondensation genutzt werden. Wie gross die Erhöhung der Wärmeübertragung ist, ist in der Praxis allerdings umstritten. Die angegebenen Werte differieren je nach Hersteller und überschreiten teilweise die physikalischen Möglichkeiten. Da die theoretischen Berechnungen noch auf die Bestätigung durch neutrale, reproduzierbare Messwerte warten, hat die Arbeitsgruppe Plattenwärmeaustauscher EPHEA (= European Plate Heat Exchanger Association) im Februar und März 2000 am Prüfstand der Hochschule Technik und Architektur Luzern sechs verschiedene Plattenwärmeaustauscher messen lassen. Die Ergebnisse werden nachfolgend dargestellt und interpretiert. 1 / 12
1. Kondensation in der Abluft Bei tiefen Aussentemperaturen also dann, wenn hoher Wärmebedarf besteht wird die Abluft durch die Aussenluft so weit abgekühlt, dass die Sättigungstemperatur erreicht wird und Kondensat ausfällt. Dabei wird die Verdampfungsenergie frei. Die Kondensation erhöht nicht nur die Wärmeleistung, sondern auch den Druckverlust des Wärmeaustauschers. Dies gilt grundsätzlich für alle Arten der Wärmerückgewinnung also für rekuperative und für regenerative Systeme. Für den Plattenwärmeaustauscher sind folgende Details wichtig: Rückwärmzahl In Deutschland ist nach VDI 2071 [1] für Zu- und Abluft je eine Rückwärmzahl Φ definiert, die in anderen Ländern auch als Wirkungsgrad bezeichnet wird: Φ 1 = t t 11 11 t t 12 21 Φ 2 = t t 22 11 t t 21 21 Bei gleichen Massenströmen (m 1 = m 2 ) und gleichbleibender absoluter Feuchte (x 1 = const.; x 2 = const.) sind die beiden Rückwärmzahlen gleich gross (Φ 1 = Φ 2 ) [2]. Anders ist dies bei Kondensation in der Abluft. Dabei wird Verdampfungswärme frei, d.h. die Abkühlung des Abluftstroms wird geringer (Bild 1). Damit erhöht sich die Temperaturdifferenz zwischen Abluft und Zuluft. Es wird mehr Wärme übertragen. Mit der Kondensation erhöht sich aber auch der Wärmeübergang zwischen der Abluft und der Platte. Dadurch wird ebenfalls die Wärmeübertragung verbessert. Die kalte Luft wird also aus zwei Gründen stärker erwärmt als bei trockenem Betrieb und die Rückwärmzahl Φ 2w = Φ 2d + ΔΦ 2 erhöht sich entsprechend. Bild 1: Kondensation im hx-diagramm Wie gross diese Erhöhung ist, hängt primär von der trockenen Rückwärmzahl des Plattenwärmeaustauschers und von der Kondensatmenge, sprich den Luftkonditionen von Aussenluft und Abluft, ab. 2 / 12
Da in der Praxis die Erwärmung der Aussenluft für die Dimensionierung des Nacherhitzers wichtig ist, wird bei der Planung nahezu ausschliesslich die Rückwärmzahl Φ 2 verwendet. Diese wird deshalb nachfolgend ausschliesslich betrachtet, wobei gleiche Massenströme (m 1 = m 2 ) und Plattenwärmeaustauscher nach dem Kreuzstromprinzip vorausgesetzt werden. In Diagramm 1 ist der grundsätzliche Verlauf der Rückwärmzahlerhöhung ΔΦ 2 in Funktion der Abluftfeuchte und der trockenen Rückwärmzahl (bei einer Ablufttemperatur von 20 C und einer Aussenlufttemperatur von 10 C) dargestellt. Man erkennt daraus Folgendes: Die Rückwärmzahlerhöhung ist stark von der Feuchte der Abluft abhängig. Je höher die Feuchte, d.h. je mehr Kondensat, desto grösser ist die Erhöhung der Rückwärmzahl. Die Kurve für 100 % relativer Luftfeuchte gibt die physikalischen Grenzen wieder; für die Praxis ist sie aber nicht von Bedeutung. Man sieht allerdings gut, dass die Erhöhung der Rückwärmzahl zunächst mit der trockenen Rückwärmzahl ansteigt, um dann wieder abzunehmen. Nur so ist es möglich, dass die Rückwärmzahl Φ 2w den Wert von 100 % nicht überschreitet. Für in der Praxis relevante Luftfeuchten von f 11 < 50 % bedarf es eines Mindestwertes an trockener Rückwärmzahl, um Kondensation zu erhalten. Niedrige Rückwärmzahlen können also nicht immer und nicht beliebig verbessert werden. Anders ausgedrückt: Für eine optimale Nutzung der Kondensationswärme sind trockene Rückwärmzahlen von mehr als 50 % erforderlich. Rückwärmzahlerhöhung bei Kondensation (Prinzipdarstellung) 30 Ablufttemperatur Aussenlufttemperatur Massenstromverhältnis t 11 = 20 C t 21 = -10 C m/m = 1 2 1 2 Rückwärmzahlerhöhung (%-Punkte) 25 20 15 10 5 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Trockene Rückwärmzahl d (%) Diagramm 1: Rückwärmzahlerhöhung bei Kondensation 3 / 12
Im Plattenwärmeaustauscher nach dem Kreuzstromprinzip tritt Kondensat durch die ungleichmässige Abkühlung nur in der «kalten Ecke» auf (Bild 2); nur bei extrem hohen Abluftfeuchten ist mit Kondensat auf der ganzen Platte zu rechnen [3]. Kondensation in der kalten Ecke Bild 2: Kondensation tritt in der «kalten Ecke» auf. Druckverlust Mit der Kondensation entstehen Tropfen oder ein Wasserfilm auf der Abluftseite. Dadurch wird der freie Querschnitt reduziert. Als Folge davon erhöhen sich die Spaltgeschwindigkeit und damit auch der Druckverlust. Bei Auslegungen wird dies meist nicht berücksichtigt, obwohl diese Erhöhung bei normalen Abluftkonditionen durchaus 50 % des Druckverlustes bei trockenem Betrieb sein kann. Einfriergefahr Unter extremen Bedingungen, d.h. bei sehr niedrigen Aussentemperaturen, kann das entstehende Kondensat gefrieren und dadurch unter Umständen den Wärmerückgewinner ausser Funktion setzen. Herstellerinformationen und Literatur [4] sind zu diesem Thema ausreichend verfügbar. Konstruktion In den Lüftungsgeräten ist es wichtig, dass das anfallende Kondensat aus dem Luftstrom abgeschieden, gesammelt und abgeleitet wird. Dazu sind unter Umständen Tropfenabscheider, in jedem Fall aber Sammelwannen und entsprechend dimensionierte Ableitungen mit Siphon notwendig. Um die Übertragung von Kondensat von der Abluft auf die Zuluft zu vermeiden, sollte ein Druckgefälle zur Abluft hin eingeplant werden. 4 / 12
2. Probleme bei der Auslegung Obwohl die Auswirkungen der Kondensation in der Abluft Fachleuten bekannt ist, halten die vielfach daraus gefolgerten zu hohen Steigerungen der Rückwärmzahlen den Erfahrungen in der Praxis nicht stand. Die Entstehung des Fehlers lässt sich leicht nachvollziehen: In den meisten Ländern erfolgt die Auslegung des Wärmerückgewinners für die tiefste Aussentemperatur, um damit den Nacherhitzer richtig dimensionieren zu können. Viele Berechnungsprogramme von Wärmerückgewinnern liefern deshalb nur die für diese Konditionen gültige Rückwärmzahl Φ 2w, die sich aus dem trockenen Wert Φ 2d und der Erhöhung durch Kondensation ΔΦ 2 zusammensetzt. Manche Hersteller von Wärmerückgewinnern überschätzen den Einfluss der Kondensation auf die Rückwärmzahl; sie kommen auf diese Weise zu respektablen Φ 2w -Werten. Ein Gegenbeweis durch theoretische Berechnungen ist ausgenommen für Extremwerte kaum möglich. Ein anderer wesentlicher Grund für zu hohe Rückwärmzahlen sind die Ausgangskonditionen der Abluft. Trotz der trockenen Aussenluft bei niedriger Aussentemperatur wird die Abluftfeuchte vielfach zu hoch angesetzt. Die Folge davon ist zuviel Kondensation in der Abluft und damit eine zu hohe Rückwärmzahl. (Eine sichere Dimensionierung des Nacherhitzers erhält man deshalb mit der Verwendung der trockenen Rückwärmzahl. Diese Empfehlung gilt auch für konservative Wirtschaftlichkeitsberechnungen.) 5 / 12
3. Messung Im Februar und März 2000 wurden sechs verschiedene Plattenwärmeaustauscher unterschiedlicher Konstruktion im Auftrag von vier Mitgliedsfirmen der Arbeitsgruppe Plattenwärmeaustauscher EPHEA bei Kondensation gemessen. Die trockenen Rückwärmzahlen lagen zwischen 46 % und 55 %; die Druckverluste (trocken) zwischen etwa 64 Pa und 350 Pa (siehe Tabelle 1). Gemessen wurde auf dem Prüfstand der Hochschule Technik und Architektur Luzern in Horw (Schweiz). Dieser Prüfstand ist (so weit bekannt) der einzige in Europa, der der Prüfnorm für Wärmetauscher EN308 entspricht [5]. Die Anordnung der Prüflinge im Prüfstand entspricht der üblichen Praxis und ist in Bild 3 dargestellt. kalte Ecke Bild 3: Anordnung der Prüflinge Aus zeitlichen und finanziellen Gründen ist es nicht möglich, Messungen für alle in der Praxis relevanten Luftkonditionen durchzuführen. Mit aussagefähigen Messwerten ist es aber möglich, Auslegungsunterlagen (Diagramme oder PC-Berechnungen) zu überprüfen. Aus diesem Grunde wurden zwei Messreihen für jeden Tauscher durchgeführt: Bei konstanten Temperaturen für Abluft und Aussenluft (t 11 = 25 C, t 21 = 0 C) wird die Abluftfeuchte zwischen ca. 45 % und 75 % variiert. Bei konstanten Abluftkonditionen (25 C und 45 %) wird die Aussenlufttemperatur zwischen 0 C und 10 C variiert. 6 / 12
Prüfling Konstruktionsprinzip Plattengrösse (mm x mm) Lichter Plattenabstand (mm) Rückwärmzahl trocken Φ 2d (%) Druckverlust trocken Δp d (Pa) 1 550 x 550 4,00 50 165 2 484 x 484 3,46 55 350 3 581 x 581 5,13 48 190 4 500 x 500 5,00 47 155 5 790 x 790 7,50 46 64 6 790 x 790 3,50 56 230 Tabelle 1: Kenndaten der Prüflinge 7 / 12
4. Ergebnisse Die Ergebnisse jedes Tauschers sind in einem Prüfbericht der Hochschule Technik und Architektur Luzern aufgeführt [6]. Die Rückwärmzahlen Φ 2w sind in absoluten Werten für jeden Messpunkt angegeben (bei einem Massenstromverhältnis von 1,0), d.h. es wird nicht zwischen trockenem und feuchtem Wirkungsgrad unterschieden. Die Druckverluste der Plattenwärmeaustauscher wurden in einem eigenen Prüfstand gemessen, um exakte Werte zu erhalten; sie werden in Abhängigkeit der Luftleistung angegeben. Die Erhöhung des Druckverlustes bei Kondensation musste im Prüfstand für die Rückwärmzahl gemessen. Aus diesem Grunde ist die Messsicherheit unzureichend; es kann daraus nur eine Tendenz abgelesen werden. Rückwärmzahlerhöhung in Abhängigkeit der Feuchte Diagramm 2 zeigt die Messwerte aller Prüflinge in Abhängigkeit der Abluftfeuchte. Man erkennt daraus Folgendes: Alle Plattenwärmeaustauscher zeigen die gleiche Charakteristik und (innerhalb der Messtoleranz) die gleichen Werte. Das bedeutet, dass die Erhöhung der Rückwärmzahl bei Kondensation für alle Tauscherkonstruktionen gleich ist. Etwaige Unterschiede sind geringer als die Messtoleranzen. Unterschiede durch die Höhe der trockenen Rückwärmzahl zwischen 45 % und 55 % sind bezüglich der Rückwärmzahlerhöhung vernachlässigbar. (Dies gilt jedoch nicht für Extremwerte, also beispielsweise sehr niedrige oder sehr hohe trockene Rückwärmzahlen.) Diagramm 2: Rückwärmzahlerhöhung bei Kondensation in Funktion der Abluftfeuchte 8 / 12
Rückwärmzahlerhöhung in Abhängigkeit der Aussentemperatur In Diagramm 3 sind wiederum alle Messergebnisse aufgetragen. Man erkennt Folgendes: Auch aus dieser Messserie ist ersichtlich, dass die Rückwärmzahlerhöhung nicht vom Konstruktionsprinzip abhängt. Alle Tauscher liefern ungefähr die gleichen Ergebnisse. Der Einfluss der Aussentemperatur ist nicht so stark wie die der Abluftfeuchte. Diagramm 3: Rückwärmzahlerhöhung bei Kondensation in Funktion der Aussenlufttemperatur 9 / 12
Druckverlusterhöhung in Abhängigkeit der Kondensation Bei allen gemessenen Plattenwärmeaustauschern hat sich der Druckverlust bei Kondensation erhöht; eine Trendkurve ist in Diagramm 4 angegeben. Anders als bei der Rückwärmzahl kann man die Erhöhung des Druckverlustes aber nicht produktunabhängig angeben, da diese bestimmt wird vom Plattenabstand, vom Druckverlust in trockenem Zustand, von der Einbaulage des Tauschers (wo ist die kalte Ecke?), vom Konstruktionsprinzip. Bei den Messungen betrug die relative Zunahme des Druckverlustes Δp 1 zwischen 20 % und 50 %; sie ist stark von der Abluftfeuchte abhängig. Aus praktischen Erfahrungen ist bekannt, dass bei hohen Abluftfeuchten und niedrigen Aussenlufttemperaturen, d.h. bei grossen Kondensatmengen, der Druckverlust durchaus sogar auf das Doppelte des Ausgangswertes ansteigen kann. Diagramm 4: Druckverlustzunahme bei Kondensation 10 / 12
5. Folgerungen Aus den oben diskutierten Messwerten lässt sich Folgendes ableiten: Die Erhöhung der Rückwärmzahl bei Kondensation ist unabhängig vom Konstruktionsprinzip. Mit den Messwerten lassen sich die Berechnungsmethoden aller Hersteller bei Kondensation überprüfen, d.h. bei den Messkonditionen muss der Anstieg der Rückwärmzahl den Werten im Diagramm 2 und 3 entsprechen (Toleranz maximal ± 1 Prozentpunkt). Auch bei Konformität bei den Messpunkten ist noch nicht sichergestellt, dass Rechenmodelle auch bei Extremwerten noch richtig funktionieren. Kontrollrechnungen sind deshalb sinnvoll: für sehr kleine Rückwärmzahlen (Wird damit überhaupt Kondensation erreicht?) für sehr hohe Rückwärmzahlen und hohe Luftfeuchtigkeiten (Erhält man damit eventuell sogar Werte über 100 %?) Sinnvoll ist es, Kurven (Teilgraphen) für die Rückwärmzahlerhöhung in Abhängigkeit der trockenen Rückwärmzahl zu berechnen und diese mit dem grundsätzlichen Verlauf in Diagramm 1 zu vergleichen. In Auslegungsunterlagen sollten neben der feuchten Rückwärmzahl Φ 2w auch die trockene Rückwärmzahl Φ 2d angegeben werden, damit der Einfluss der Kondensation sichtbar wird. Ein Hinweis auf die Erhöhung des Druckverlustes bei Kondensation in den Auslegungsunterlagen ist notwendig. Die Abluftkonditionen bei Planungen sind kritisch zu hinterfragen. 11 / 12
Literatur [1] VDI 2071: Wärmerückgewinnung in RLT-Anlagen, 1997, Beuth Verlag Berlin [2] B e c k E. : Zum Problem mit den Rückwärmzahlen, HLH 39 (1988) Nr. 5, VDI Verlag GmbH, Düsseldorf [3] Ammann J.: EDV-unterstützte Berechnung von Kreuzstrom-Plattenwärmeaustauschern, HLH 1991 Nr. 10, VDI Verlag GmbH, Düsseldorf [4] B e c k E. : Über das Einfrieren von Plattenwärmeaustauschern, HLH 1992 Nr. 7, VDI Verlag GmbH, Düsseldorf [5] F r e i B., F u r t e r F. und E g o l f P. : Neuer WRG-Prüfstand am Zentralschweizerischen Technikum Luzern, Heizung Klima 1995 Nº 11, AZ Fachverlage AG, Aarau [6] HP 0009/1, HP 0010, HP 0012, HP 0018/1: Prüfberichte der Prüfstelle HLK der Hochschule Technik und Architektur (HTA) Luzern, 2000 Verwendete Formelzeichen Zeichen Erklärung Einheit Φ Rückwärmzahl oder % t Temperatur K oder C m Massenstrom kg/h oder kg/s x absolute Feuchte g/kg f relative Feuchte % ΔΦ Rückwärmzahlerhöhung % Δp Druckverlust Pa Indices: w d feucht (wet), d.h. mit Kondensation trocken (dry), d.h. ohne Kondensation 1. Index: 1 Abluft 2 Aussenluft 2. Index: 1 Eintritt Plattenwärmeaustauscher 2 Austritt Plattenwärmeaustauscher 12 / 12