Entwicklung und Bekämpfung der Kohlmottenschildlaus an Rosenkohl



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Transkript:

Entwicklung und Bekämpfung der Kohlmottenschildlaus an Rosenkohl Dr. Ellen Richter, Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei M-V, Kompetenzzentrum für Freilandgemüsebau (GKZ) In den letzten Jahren war eine deutliche Zunahme der Kohlmottenschildlaus Aleurodes proletella in Gebieten mit intensivem Rapsanbau, wie z. B. Mecklenburg-Vorpommern (M-V), zu beobachten. Sie bereitet Probleme von Thüringen über M-V bis nach Schleswig-Holstein. Aber auch aus der Pfalz und Baden wird über eine Zunahme des Befalls berichtet. Kohlmottenschildläuse (auch Weiße Fliegen genannt) leben auf der Blattunterseite von Brassicaceen und ernähren sich wie Blattläuse vom Phloemsaft. Der Hauptschaden entsteht vor allem durch die Honigtauabgabe. Dieser Honigtau kann bei starkem Befall praktisch alle Pflanzenteile verschmutzen und dient Schwärzepilzen als Nährboden. Die Kohlmottenschildlaus vermehrt sich vor allem in wärmeren Jahren und in wärmeren Gebieten Deutschlands und durchläuft 4 bis 5 Generationen pro Jahr. Im Gemüsebau ist sie vor allem an den Kohlarten Rosenkohl, Grünkohl und Kohlrabi bekämpfungswürdig. Die schlechte Erreichbarkeit des Schädlings auf der Blattunterseite und die selektive Wirkung einiger Pflanzenschutzmittel auf die Entwicklungsstadien der Weißen Fliege führen zu Problemen bei der chemischen Bekämpfung. Zwar sind zur Bekämpfung saugender Insekten, wie der Weißen Fliege, einige Insektizide zugelassen, meist bezieht sich diese Zulassung aber auf andere Kohlarten. Derzeit können im Rosenkohl nur die Pflanzenschutzmitteln KARATE MIT ZEON TECHNOLOGIE (lambda-cyhalothrin), NEUDOSAN NEU (Kaliseife), PERFEKTHION (Dimethoat) und SPRUZIT NEU (Pyrethrine+Rapsöl) gegen Weiße Fliegen angewendet werden. MICULA (Rapsöl) und PLENUM 50 WG (Pymetrozin) haben eine Zulassung gegen die Mehlige Kohlblattlaus, sind gleichzeitig aber auch wirksam gegen die Weiße Fliege. Info-Blatt 2/2009 93

Um Betrieben weiterhin den Anbau von Rosenkohl u. a. selteneren Kohlarten zu ermöglichen, werden im Rahmen des Arbeitskreises Lückenindikation, hier im Unterarbeitskreis Gemüse (AK-Lück), Versuche geplant. Am GKZ wurden in diesem Rahmen Versuche zur Wirksamkeit von Pflanzenschutzmitteln in Zusammenarbeit mit dem Pflanzenschutzdienst des Landesamtes für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern durchgeführt. Über die Entwicklung (Populationsdynamik) der Weißen Fliege ist bisher wenig bekannt. Um den Schädling gezielt und sachkundig bekämpfen zu können, ist jedoch die Kenntnis der Populationsdynamik grundlegend. Daher wurden am GKZ 2008 ganzjährig Rosenkohlpflanzen untersucht. 1. Populationsdynamik der Kohlmottenschildlaus in M-V Um einen Überblick über die Populationsdynamik eines Schaderregers zu bekommen, benötigt man Informationen zu den Wirten des Schädlings (z. B. Gemüsearten, Ackerbaukulturen) den Ursachen im Falle eines Neuauftretens oder einer plötzlichen steigenden Vermehrung (z. B. Ausweitung des Rapsanbaus, Überwinterungsanbau von Kohlgemüse) dem Flugverhalten des Schädlings, evtl. gibt es einen begrenzten Zeitraum des Zufluges (evtl. nur im Juni zur Rapsernte) mit der Möglichkeit die Bekämpfung auf diesen Zeitraum einzugrenzen der Überwinterung der Schädlinge, zur Verteilung im Bestand sowie zur Entwicklung im Jahresverlauf sowie zur regionalen Verteilung Methode Pflanzenproben Im Jahre 2008 erfolgten erste Erhebungen der Populationsdynamik von Aleurodes proletella mithilfe von Pflanzenproben. Dazu blieb Grünkohl aus einem Spritzversuch von 2007 über Winter stehen, um frühzeitig für Besatz zu sorgen. An vier Terminen im Zeitraum März bis April wurden jeweils 20 Pflanzen auf Besatz mit Weißen Fliegen, ihren Larven und Eigelegen untersucht. Im Mai 2008 wurden dann etwa 400 Rosenkohl- 94 Info-Blatt 2/2009

pflanzen ausgepflanzt und jeweils 15 dieser Pflanzen wurden ab dem 17. Juni bis zum Oktober vollständig auf Besatz untersucht. Entwicklung im Jahresverlauf Aufgrund der milden Temperaturen im Winter 2007/2008 konnte sich ein großer Teil der Weißen Fliegen in den Raps- und Kohlbeständen halten. Auf dem überwinterten Grünkohl waren bereits Mitte März adulte A. proletella, viele Eigelege und einige Larven zu finden (Abbildung 1). Der Besatz hielt sich konstant bis Ende April, im Mai ging der Bestand in Blüte und wurde gemulcht. Nachdem am 11. April die jungen Rosenkohlpflanzen auf dem Nachbarschlag (Schlag 5) ausgepflanzt worden waren, wurden sie zügig von den Weißen Fliegen aus dem Grünkohl besiedelt. Im Rosenkohl waren ab Anfang Juli die ersten Larven zu finden. Für den Zeitraum Ende Juli bis Anfang September flossen die Daten aus den Auszählungen der Kontrollpflanzen der Bekämpfungsversuche in die Grafik ein. Da in diesen, räumlich entfernten Versuchen (Schlag 2) der Befall etwas später auftrat, liegen die Werte etwas niedriger. Ab dem 9. September wurden dann wieder die Pflanzen von Schlag 5 bonitiert. Auf der logarithmischen Skala zeigt sich, dass bis Mitte September bis zu 1.000 Eigelege und ca. 12.000 Larven auf den Pflanzen zu finden waren. Mit sinkenden Temperaturen von unter 10 C im Oktober nahm die Anzahl der Eigelege deutlich ab. Im Freiland waren auch Nützlinge vertreten. Leicht versetzt zum Auftreten der Zehrwespe Encarsia tricolor in einem Gewächshausversuch mit ersten Parasitierungen Anfang Juli, waren parasitierte Larven im Freiland ab Ende Juli zu finden (Abbildung 2). Zwar traten sie wiederum in den Bekämpfungsversuchen etwas später auf, spätestens ab September zeigten sie aber ihr Potenzial. Während die Parasitierungsrate im September bei ca. 10 % lag, stieg sie im Oktober auf 45 %. Dabei waren die Wespen selbst im Freiland selten zu sehen. Ob es möglich ist, dieses Nützlingspotenzial evtl. durch frühen Einsatz der Schlupfwespen auszunutzen, werden Ergebnisse einer Doktorarbeit am Bereich Ökologischer Pflanzenschutz der Universität Kassel-Witzenhausen zeigen. Info-Blatt 2/2009 95

100000 Grünkohl Rosenkohl-Popdyn Rosenkohl-Versuch Popdyn 10000 1000 100 10 1 0 13.10. 18.09. 09.09. 02.09. 13.08. 05.08. 31.07. 24.07. 16.07. 11.07. 03.07. 26.06. 17.06. 30.04. 16.04. 01.04. 17.03. Eigelege Larven Weiße Fliegen Abbildung 1: Entwicklung von Aleurodes proletella auf unbehandeltem Grünkohl (überwintert) und Rosenkohl 100000 Grünkohl Rosenkohl-Popdyn Rosenkohl-Versuch Popdyn 10000 1000 100 10 1 0 17.03. 01.04. 16.04. 30.04. 17.06. 26.06. 03.07. 11.07. 16.07. 24.07. 31.07. 05.08. 13.08. 02.09. 09.09. 18.09. 13.10. Larven Parasitierte WF Schlupfwespen Abbildung 2: Entwicklung der Larven von Aleurodes proletella sowie Auftreten der einheimischen Schlupfwespe Encarsia und von ihr parasitierter Larven 96 Info-Blatt 2/2009

Verteilung an der Pflanze Um die Verteilung des Schädlings an der Pflanze zu ermitteln, wurden die einzelnen Blätter der Pflanzen nacheinander separat ausgezählt (Abbildung 3). Die Pflanzen waren direkt nach der Pflanzung von Weißen Fliegen besiedelt und die Eier an den ersten Blättern abgelegt worden, an denen später die ersten Larven zu finden waren. Die erwachsenen Weißen Fliegen wanderten anschließend immer zu den jüngsten Blättern, so dass die Adulten ebenso wie die Eigelege immer an den Triebspitzen finden sind. Beide sitzen versteckt in den Herzblättern der Kohlpflanzen. Adulte sind erst dann in tieferen Blattetagen zu finden, wenn sie aus den Puparien schlüpfen (Blätter 19-24 und 45-48). Ebenso wandern die Larven mit nach oben, so dass auf den unteren Blättern nur noch leere Hüllen zu finden sind. Dies spiegelt sich auch in den parasitierten Larven wider. So ist der größte Teil der Larven der unteren Blätter parasitiert, während es nach oben weniger werden. Die ganz jungen Larven an den oberen Blättern waren nicht parasitiert. 2. Chemische Bekämpfung der Kohlmottenschildlaus Versuchsaufbau Versuchskultur war Rosenkohl der Sorte Cyrus. Nach Bodenprobe (N min ) wurden insgesamt 300 kg Stickstoff pro ha gedüngt. Unkräuter wurden mit den Pflanzenschutzmitteln Butisan und Lentagran und anschließend mit Anbauhacke bzw. mit der Handhacke entfernt. Gegen Schadraupen erfolgten drei Behandlungen mit dem selektiven Insektizid XenTari (Bacillus thuringiensis spp. aizawai), das keinen Einfluss auf die Weißen Fliegen hat. Versuchsmittel waren: PLENUM (Pymetrozin)+Netzmittel, MOSPILAN (Acetamiprid), MOSPILAN+MICULA (Rapsöl), RELDAN (Chlorpyrifosmethyl), TALSTAR 8 SC (Bifenthrin), DANTOP (Chlothianidin), TEPPEKI (Flonicamid)+Rapsöl, SPRUZIT NEU (Pyrethrine+Rapsöl), NEEMAZAL- T/S (Azadirachtin A) AFFIRM (Emamectin) und MOVENTO (Spirotetramat). Info-Blatt 2/2009 97

Verteilung der Stadien der Weißen Fliege an der Rosenkohlpflanze 73 71 69 67 65 63 Adulte Puparien Paras Eigelege 61 59 57 55 53 51 49 47 45 43 41 39 37 35 33 31 29 27 25 23 21 19 17 15 13 11 9 7 5 3 1 0 100 200 300 400 500 600 700 Abbildung 3: Verteilung der Entwicklungsstadien von Aleurodes proletella an der Rosenkohlpflanze 98 Info-Blatt 2/2009

Alle Testmittel wurden ab Befallsbeginn (mind. 20 Larven je Pflanze) dreimal behandelt. Behandlungstermine waren der 23.07., 30.07. und 07.08. Der Wasseraufwand betrug 1000 l/ha. Wichtig war die Benetzung der Blattunterseiten, um die Schädlinge zu treffen. Aus diesem Grunde wurden Droplegs (Spritzbeine, Abbildung 4) benutzt. Die Vorbonitur erfolgte vor der ersten Anwendung. Bonitiert wurden die Anzahl erwachsener Weißer Fliegen, ihrer Larven und Eigelege. Jeweils 6 Tage nach der zweiten und dritten Behandlung erfolgten weitere Bonituren. Ebenso wurde auf phytotoxische Symptome geachtet. Ergebnis Der Anfangsbefall bei der Vorbonitur am 17.07. betrug etwa 60 Larven pro Pflanze. Nach der zweiten Behandlung (1. Bonitur) war der Befall in der Kontrolle stark angestiegen, bis auf 240 Larven je Pflanze. Die meisten Mittel konnten noch nicht überzeugen. Nur NEEMAZAL-T/S, MOSPI- LAN, TEPPEKI (mit Öl) und RELDAN hatten eine deutliche Wirkung. Gut schnitten MOVENTO und MOSPILAN+MICULA ab (Abbildung 5). Abbildung 4: Pflanzenschutzmittelanwendung mit Droplegs Info-Blatt 2/2009 99

Nach der dritten Behandlung (2. Bonitur) zeigte sich ein verändertes und differenzierteres Bild. Als nicht zufrieden stellend erwiesen sich weiterhin PLENUM, DANTOP, AFFIRM und auch MOSPILAN. Die Wirksamkeit der Behandlungen mit TALSTAR, SPRUZIT NEU, NEEMAZAL-T/S war etwas besser. Gut schnitten wiederum MOVENTO und MOSPILAN (mit MICULA) und auch RELDAN und TEPPEKI ab. Die Varianten MOSPI- LAN+MICULA und MOVENTO wurden vier Wochen nach Behandlung ein weiteres mal bonitiert. Der Befall in der Kontrolle war zu diesem Zeitpunkt bereits auf über 4.000 Larven pro Pflanze gestiegen. Trotzdem war der Besatz in beiden behandelten Versuchsgliedern mit 463 Larven (MOSPILAN+MICULA) und 44 Larven (MOVENTO) sehr gering und zeigt den guten Bekämpfungserfolg. Deutlich wird, dass sich eine Ölkomponente positiv auswirkt (NEEMA- ZAL-T/S, SPRUZIT NEU, TEPPEKI+ÖL und MOSPLAN+MICULA). Das Mittel SPRUZIT NEU käme somit für eine Befallsreduzierung im ökologischen Anbau in Betracht. Für die Anwendung im integrierten Anbau eignen sich die Präparate TEPPEKI und MOSPILAN in Kombination mit Ölpräparaten sowie insbesondere das Mittel MOVENTO. Wirkungsgrad nach Abbott 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 1 Woche nach 2. Beh. 1 Woche nach 3. Beh. 4 Wochen nach 3. Beh. 0 Kontrolle Affirm Dantop Plenum + Adigor Mospilan Talstar NeemAzal-TS Spruzid Neu Reldan Teppeki + Meroöl Mospilan + Micula Movento Abbildung 5: Wirkungsgrad der Behandlungen 100 Info-Blatt 2/2009

3. Schlussfolgerung Die Untersuchungen zur Populationsdynamik der Kohlmottenschildlaus werden weitergeführt. Die neuen Erkenntnisse sind grundlegend für die gezielte Bekämpfung des Schädlings, denn sie zeigen beispielsweise auf, wann sich welche Stadien des Schädlings an bestimmten Pflanzenteilen aufhalten. Auch zeigte sich, dass Kontrollen der Bestände spätestens ab Anfang Juni notwendig sind. 2009 wird auch der Raps als potenzieller Träger des Ausgangsbefalls mit einbezogen. Beim chemischen Pflanzenschutz ist zu beachten, dass es bei Mitteln mit Wirkung auf die erwachsenen Tiere oder solchen mit ovizider Wirkung ausreicht, die oberen Blätter zu benetzen. Sollen die Larven bekämpft werden, ist es vor allem bei nicht systemischen Mittel wichtig die Blattunterseiten zu erreichen. Nur so können Kontaktmittel, wie die in den Bekämpfungsversuchen guten Ölpräparate, ihre befallsreduzierende Wirkung zeigen. Dies ist beispielsweise mit Droplegs möglich. Ihre praktische Anwendung ist wahrscheinlich nur in spezialisierten Betrieben möglich. Aber auch bei translaminar verlagerbaren oder systemischen Pflanzenschutzmitteln ist eine frühzeitige Bekämpfung und möglichst vollständige Benetzung der Pflanze wichtig. Vor der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln ist die aktuelle Zulassungssituation zu beachten. Das bei den Versuchen sehr gut wirksame Mittel MOVENTO wird voraussichtlich ab 2010 verfügbar sein. Info-Blatt 2/2009 101