Niere & ableitende Harnwege 71 168: Entwicklung der Niere Hühnerembryo HE Ablauf der Entwicklung der Niere Die Entwicklung der Niere beginnt mit dem nephrogenen Strang (ein Derivat des intermediären Mesoderms), aus dem sich kranial die erste rudimentäre Nierenanlage bildet: das Pronephros (Vorniere). Dieses verkümmert aber schnell wieder und hat keine physiologische Funktion. Der nephrogene Strang befindet sich in der Urogenitalleiste und entwickelt sich zum Wolff'schen Gang oder Ductus mesonephricus. Das weiter kaudal gelegene Mesonephros (Urniere) stellt eine transitorische Niere dar, die bereits primitiven Harn filtrieren kann. Die Filtration übernehmen die Tubuli mesonephrici, die an ein Nierenkörperchen erinnern. Aus dem kaudalsten Teil des Wolff'schen Ganges wächst die Ureterknospe auf das in diesem Bereich entstandene metanephrogene Blastem (Metanephros oder Nachniere) zu, das die Differenzierung der Zellen der Ureterknospe durch Induktion stimuliert. Diese bilden alle Strukturen vom Ureter über das Nierenbecken und das Kelchsystem bis zu den Sammelrohren. Die Ureterknospe induziert ihrerseits das metanephrogene Blastem und veranlasst damit die Entwicklung des Nierenkörperchens bis zu den distalen Tubuli. Das Metanephros bildet also ab der 4. bis 6. embryonalen Woche die definitive Niere. Beachte den kraniokaudalen Gradienten, der in der Embryologie nicht nur in der Nephrogenese, sondern mancherorts zu finden ist. Auf dem Schnitt sind das Meso und das Metanephros zu sehen, wobei das Mesonephros unmittelbar neben der Wirbelsäule liegt und das Metanephros mit dem Wolff'schen Gang oberhalb des Mesonephros. Weitere erkennbare Strukturen sind die Leber, die Aorta dorsalis, Darmschlingen und die Gonadenanlagen in der Genitalleiste, welche an Ovarien erinnern. Übersichtsschnitt Mesonephros Tubuli mesonephrici 169: Monopapilläre Niere Maus Trypanblau Filtriertes Trypanblau wird durch die apikalen Vakuolen resp. Lysosomen direkt wieder resorbiert. Die Lysosomen des proximalen Tubulus und der Makrophagen werden angefärbt, da hier der Farbstoff verdaut wird. Die Nieren werden von einer derben Faszie aus straffem, geflechtartigem Bindegewebe umgeben, an die sich aussen die Capsula adiposa renis anschmiegt, die aus Fettgewebe mit reichlich Gefässen besteht. Der Nierencortex lässt sich in Markstrahlen, die histologisch dem Mark entsprechen, und in Rindenlabyrinth gliedern. Die Columnae renales liegen zwischen den Markpyramiden. Die untere Spitze einer Pyramide wird Papille genannt. Im Schnitt sind eventuell in ihrer Nähe die Calices minores oder sogar ein Calyx major mit Mündung in den Ureter zu sehen. Die Calices bilden das Kelchsystem der Niere, das den Endharn über das Nierenbecken (Pelvis renalis) in den Ureter leitet. Vor allem in der Papillenregion sind die Sammelrohre gut zu erkennen. Gefässarchitektur der Niere A. renalis A. segmentalis A. interlobaris A. arcuata A. interlobularis (=A. corticalis radiata) Vasa afferentia Glomerulus peritubuläres Kapillarbett in der Rinde oder über die Vasa recta ins peritubuläre Kapillarnetz des Markes über gleichnamige Venen zurück zur V. renalis. Demzufolge durchläuft das Blut in der Niere zwei nachgeschaltete Kapillarbetten.
Niere & ableitende Harnwege 72 Mikroskopie der Niere Das Nephron besteht aus dem Nierenkörperchen und dem nachgeschalteten Tubulussystem. Das Nierenkörperchen (Corpusculum renale) setzt sich aus dem Glomerulus, ein Kapillarknäuel, das von einem Vas afferens gespeist wird, und der Bowman Kapsel zusammen. Diese Bowman Kapsel besitzt ein inneres, viszerales Blatt, das durch die entwicklungsgeschichtliche Einstülpung des Kapillarknäuels zustandekommt und von den Podocyten (spezialisierte Epithelzellen) gebildet wird, und ein äusseres, parietales Blatt, das von einem einschichtigen, flachen Epithel ausgekleidet wird. Dazwischen liegt der Kapselraum, der sich in den Tubulus proximalis fortsetzt, und den filtrierten Primärharn aufnimmt. Dort, wo das Vas afferens ins Nierenkörperchen eintritt, ist der Gefässpol; im Gegensatz zum Harnpol, der sich an der Mündung in den proximalen Tubulus befindet. Capsula adiposa & Glomeruli Glomeruli Distale Tubuli & Sammelrohre 170: Niere Mensch HE Der Schnitt zeigt deutlich grosse Gefässe, die Aa. und Vv. arcuatae, die die Grenze zwischen Rinde und Mark (Medulla) ziehen. Hier ist eine Papille mit dazugehörigem Calyx minor zu finden. Die Gliederung des Markes sollte man sich mit Hilfe des Schnittes aneignen: Die Medulla wird in ein äusseres und ein inneres Mark unterteilt, das äussere wiederum in einen Aussenstreifen und einen Innenstreifen. Im Aussenstreifen befinden sich die letzten proximalen Tubuli, im Innenstreifen die letzten distalen Tubuli. Im inneren Mark sind ausschliesslich Intermediärtubuli oder Sammelrohre zu finden. Die Grenzen sind auch mit einer kleinen Vergrösserung mit blossem Auge zu erkennen. Nierenkapsel & Glomeruli A. & V. arcuata (Rinden Mark Grenze) Papille mit Sammelrohren und Calyx minor
Niere & ableitende Harnwege 73 171: Niere (Hauptschnitt) Mensch Goldner In dieser Goldner Färbung erscheinen die Tubuli rot, das Bindegewebe grün. Folgende Zellen können in diesem Schnitt gut voneinander unterschieden werden: Podocyten: Kerne dunkler (man sieht nur ihren Kern) Mesangiumzellen: heller, auch Cytoplasma sichtbar, Kern kleiner, mehr in der Mitte gelegen, kontraktil Funktion: halten Glomerulus zusammen (hoher intrakapillärer Druck). Die Mesangiumzellen füllen den Raum zwischen den Podocyten und dem Endothel des Glomerulus. Es wird extra und intraglomerulären Mesangium unterschieden. Das extraglomeruläre spielt eine entscheidende Rolle bei der Regulation des Gefässtonus im Vas afferens im tubuloglomerulären Feedback. Glomerulus Glomerulus mit Macula densa Mesangiumzellen & Podocyten Übersicht über das Tubulussystem proximaler Tubulus: kubisches Epithel, grosse, dunkle Zellen (Eosinophilie), Bürstensaum, wenig Lumen, undeutliche Zellgrenzen, viele Mitochondrien (daher basale Streifung) distaler Tubulus: kubisches Epithel, viel heller, grösseres Lumen, deutlichere Zellgrenzen Intermediärtubulus (v.a. im Mark): flaches Epithel, Kern ragt ins Lumen, sehr dünne Wand, meist neben Vasa recta Sammelrohre: klare Zellgrenzen, hochprismatisches Epithel Merke: Die Epithelien sind jeweils alle einschichtig. Die Papille weist mehrreihiges Übergangsepithel auf. In den Kelchen (Calices) der Niere beginnt das Urothel, welches sich durch den restlichen Harntrakt zieht. proximaler & distaler Tubulus Intermediärtubulus & distaler Tubulus (könnte evtl. auch Sammelrohr sein
Niere&ableitendeHarnwege Sammelrohr 172:Niere 74 Henle SchlaufeeinesIntermediärtubulus Maus alkalischephosphatase DiealkalischePhosphataseisteinEnzymindenMikrovilli.BeiihrerAnfärbungwerdenvorallemdieproximalenTubulisichtbar,da siedenausgeprägtestenbürstensaumhaben. Ausserdem ist die Aussenzonen / Innenzonengrenze gut erkennbar. Die Intermediärtubuli sind hingegen nicht angefärbt, daher lässtsichauchdiecortex Mark Grenzegutsehen. Übersichtsschnitt(Schichtung) Nierenrinde 173:Niere(Retikulinfasernangefärbt) Nierenrinde Glomerulus Mensch Gomori DasInterstitiumderNiereistarmanBindegewebeunddieTubulisindvonvielen,feinenretikulärenFasernumsponnen,diedurch die Silberimprägnation sichtbar werden. Die Capsula fibrosa renalis ist sehr schön sichtbar. Den Hauptteil des eigentlichen BindegewebesderNieremachtdieAdventitiaumdieGefässeaus. Nierenrinde&Glomeruli NierenrindeimDetail Glomerulus
Niere & ableitende Harnwege 75 174: Niere (Retikulinfasern, Basalmembran) Mensch Methenamin Silber Auf diesem Schnitt ist die Basalmembran speziell hervorgehoben. Sie hat eine grosse physiologische Bedeutung, da sie als Filter für das Blut fungiert (Blut Harn Schranke). Es wird eine Lamina rara interna (Endothel Seite) und eine Lamina rara externa (Podocyten Seite) unterschieden. Dazwischen liegt die Lamina densa, die ein molekulares Geflecht aus Laminin und Kollagen IV darstellt. Wichtig für den glomerulären Filter sind auch die Endothelzellen und die Podocyten, die eine negativ geladene Glycocalyx tragen. Zwischen den Podocytenfüsschen, die praktisch die ganze Wandung der Kapillaren abdecken, befinden sich aus Nephrin bestehende Schlitzdiaphragma, das zusammen mit der Lamina densa die Sortierung der Blutbestandteile nach der Grösse vollzieht. Die Strukturen mit anionischem Charakter stossen die vor allem negativ geladenen Proteine elektrostatisch ab. Alle Moleküle, die einen effektiven Radius haben, der kleiner als 4,4 nm ist, werden nicht mehr durch den Filtrationsapparat zurückgehalten und erscheinen im Urin. 175: Harnblase Mensch Goldner Die Mucosa der Harnblase besitzt ein Urothel (Übergangsepithel). Es ist ein mehrschichtiges Epithel mit einer Basal, Intermediärund Superfizialschicht. Um den extremen Volumenschwankungen in den ableitenden Harnwegen zu trotzen, haben die sogenannten Deckzellen (umbrella cells) ihre Zellmembranen als Plaques eingestülpt. Sie bestehen aus Uroplakinen. Ausserdem variiert das Aussehen des Urothels je nach Füllungszustand der Harnblase, denn die Deckzellen können in ihrem Cytoplasma gespeicherte Membranvorräte bei Dehnung apikal wieder in ihre Zellmembran einfügen. Bei leerer Blase beugen sich die umbrella cells ins Lumen vor, bei voller Blase erscheinen sie flachgedrückt. Unter dem Urothel befindet sich ein dichter Kapillarplexus in der Lamina propria. Die Tunica muscularis weist eine kräftige Muskulatur = M. detrusor vesicae auf (PSP Innervation). Die Subserosa wird von einem Serosaepithel (einschichtig, platt) bedeckt. 8 ung: nicht die ganze Blase liegt intraperitoneal. Übersichtsschnitt, M. detrusor vesicae sichtbar Urothel Serosa Epithel
Niere & ableitende Harnwege 76 176: Ureter (Harnleiter) Mensch Goldner Die wichtigsten Merkmale des Ureters sind: Urothel, Lamina propria mit Gefässen, Muscularis (dreischichtig, longitudinal circulär spiralig angeordnet), aussen: begleitende Gefässe im Bindegewebe (Adventitia), welches den Ureter umhüllt. Das sternförmige Lumen entsteht aufgrund von Längsfalten der Mucosa. 8 ung bei der Differentialdiagnose: Ductus deferens: zweireihiges Epithel mit Stereocilien und engeres Lumen; Ösophagus: Kaliber, Muscularis mucosae, Gl. oesophageales Übersichtsaufnahme mit allen Schichten Urothel Muscularis 177: Niere (Färbung des Renins) Rattenniere Immunohisto Die Renin haltigen Zellen (auch epitheloide Zellen des Polkissens oder juxtaglomeruläre Zellen) befinden sich in der Wand des Vas afferens und sind spezialiserte glatte Muskelzellen. Das Signal zur Freisetzung ihrer Reningranula in den Systemkreislauf erhalten sie über das extraglomeruläre Mesangium, das im Winkel zwischen den Vasa afferens und efferens liegt. Das Mesangium wirkt aber nur als Informationsüberträger: das ursprüngliche Signal kommt von der Macula densa, ein kurzer spezialisierter Abschnitt des distalen Tubulus, der "sein" Nierenkörperchen berührt. Die juxtaglomerulären Zellen, das extraglomeruläre Mesangium und die Macula densa bilden den juxtaglomerulären Apparat, der das morphologische Pendant zum tubuloglomerulären Feedback darstellt.