06 Welche erbrechtlichen Anordnungen getroffen werden können I n einem Testament oder einem Erbvertrag können verschiedene Verfügungen getrof fen werden. Wer erben oder nicht erben soll, wer er satzweise Erbe wird, ob eine Voroder Nacherbschaft eintritt, ob ein Testaments voll stre cker eingesetzt wird oder wie der Nachlass unter mehreren Erben verteilt werden soll oder nicht verteilt werden darf, kann hierin angeordnet werden. Darüber hinaus kann verfügt werden, ob bestimmten Personen ein Vermächtnis zustehen soll oder ob den Erben bestimmte Verpflichtungen auferlegt werden sollen.
Erbeinsetzung 133 Erbeinsetzung Wenn eine Verfügung von Todes wegen errichtet werden soll, dann gehört die Erbein setzung zu den wichtigsten Bestimmungen. Wer als Erbe eingesetzt wird, ist zunächst die ganz persönliche Entscheidung des Erblassers. Allerdings sollten bestimmte rechtliche Gege benheiten beachtet werden, um eine für die jeweilige persönliche Situation richtige Entscheidung treffen zu können. Persönliche Entscheidung 06 Checkliste: Wer soll was erben? Welches Vermögen möchte ich vererben? Wem möchte ich mein Vermögen vererben? Will ich einen Alleinerben bestimmen oder wünsche ich eine Erben gemeinschaft? Wer soll welche Erbquote erhalten? Werden die Miterben in der Erbengemeinschaft miteinander klar kommen oder sind Schwierigkeiten zu erwarten? Wie ist die Beziehung zu den Schwiegerkindern? Sollen bestimmte Vermögenswerte den Miterben unmittelbar über tragen werden? Wie alt sind die Erben? Wer soll erben, wenn ein eingesetzter Erbe vor dem Erbfall verstirbt? Nachdem sich der Erblasser einen grundsätzlichen Überblick über sein Vermögen verschafft hat (vgl. Seite 18 f.), muss er zunächst entscheiden, wer allein oder gemeinsam mit anderen erben soll. Grundsätzlich kann jede Person unabhängig vom Alter, Geschlecht oder von der Staatsangehörigkeit als Erbe eingesetzt werden. Es steht dem Erblasser frei, bestimmte Kinder zu bevorzugen oder zu enterben. Auch der nichteheliche Lebenspartner kann Erbe sein, und zwar selbst dann, wenn der Erblasser selbst oder der Partner noch verheiratet Freie Bestimmung
134 Welche erbrechtlichen Anordnungen getroffen werden können sind (vgl. auch Seite 85 ff.). Ist der Erblasser allerdings in einer Heimeinrichtung untergebracht, sind Einschrän kungen zu beachten, wenn der Träger des Heims, dessen Leiter oder Heimbeschäftigte bedacht werden sollen (vgl. im Einzelnen Seite 86). Ein Tier kann nicht als Erbe eingesetzt werden. Ein ent sprechendes Tes ta ment wäre unwirksam. Allerdings kann der Tierschutzverein als Erbe bestim mt und in diesem Zusammenhang können dann Verfügungen für die Betreu ung des Tiers getroffen werden. Als Erbe kommt jeder Mensch, also jede natürliche Person in Betracht, wenn sie zum Zeitpunkt des Erbfalls lebt ( 1923 Abs. 1 BGB). Stirbt der eingesetzte Erbe vor dem Erbfall, wird er nicht Erbe. Wer an seiner Stelle Erbe wird, kann der Erblasser in einer Verfügung von Todes wegen bestimmen ( 2096 BGB); andernfalls gilt gesetzliche Erbfolge. Als Erbe kann auch einge setzt werden, wer bei Eintritt des Erbfalls zwar noch nicht geboren, aber bereits gezeugt wor den ist ( 1923 Abs. 2 BGB). Voraussetzung ist, dass das Kind lebend zur Welt kommt. Als Erben können juristische Personen des Privatrechts (zum Beispiel einge tragene Vereine, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Aktiengesellschaften) ebenso eingesetzt werden wie juristische Personen des öffentlichen Rechts (zum Beispiel der Bund, ein Bundesland oder die Kirche). Gesamtrechtsnachfolge Der Erblasser kann einen Alleinerben einsetzen oder mehrere Erben bestimmen, was zwangs läufig eine Erbengemeinschaft zur Folge hat. Wichtig ist, dass sich die Erbeinsetzung entweder auf den gesamten Nachlass oder auf einen Bruchteil (zum Beispiel die Hälfte oder ein Viertel) bezieht. Einzelne Gegenstände können nicht vererbt werden, son dern nur im Rahmen eines Vermächtnisses (vgl. Seite 153) bestimmten Personen zugewendet werden. Für die Gesamtrechtsnachfolge muss der Erblasser einen Er ben bestimmen. Wenn er im Testament nur einzelne Vermächtnisse anordnet, so gilt für den Rest seines Vermögens gesetzliche Erbfolge.
Erbeinsetzung 135 Musterformulierung: Erbeinsetzung Hiermit setze ich meine beiden Kinder... und... zu meinen Erben zu jeweils gleichen Teilen meines gesamten Vermögens ein. Häufig entspricht der gesetzliche Sprachgebrauch nicht dem umgangssprachlichen. Des halb ist es im Einzelfall erforderlich, letztwillige Verfügungen auszulegen, so etwa, ob der Begünstigte Erbe oder nur Vermächtnisnehmer sein soll. 06 Für diesen Fall enthält das Gesetz eine allgemeine Auslegungsregel: Hat der Erblasser sein Vermögen oder einen Bruchteil seines Vermögens dem Bedachten zugewendet, so ist die Verfügung als Erbeinsetzung anzusehen, auch wenn der Bedachte nicht als Erbe bezeichnet ist. Sind dem Bedachten dagegen nur einzelne Gegenstände zugewendet, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, dass er Erbe sein soll, auch wenn er als Erbe be zeichnet ist ( 2087 BGB). Es ist nicht möglich, eine letztwillige Verfügung so zu treffen, dass ein anderer zu bestimmen hat, ob diese gelten oder nicht gelten soll. Auch kann die Bestimmung der Person, die eine Zuwendung erhalten soll, sowie die Bestimmung des Gegenstands der Zuwendung keinem Dritten überlassen werden. In der Regel führt die Unwirksamkeit einer vom Erblasser getroffenen Verfügung aber nicht automatisch dazu, dass das gesamte Testament unwirksam wird. Es wird in diesem Fall ausnahmsweise nur dann unwirksam, wenn anzunehmen ist, dass andere Verfügungen nicht ohne die unwirksame Verfügung getroffen worden wären. Tipp Nehmen Sie sich bei der Formulierung Ihrer Verfügung von Todes wegen ausreichend Zeit. Lassen Sie sich gegebenenfalls von einem Notar oder einem fachkundigen Anwalt beraten.
136 Welche erbrechtlichen Anordnungen getroffen werden können Für den Fall, dass sich der Erblasser in seinem Testament bei der Auswahl der Begünstigten nicht klar ausgedrückt hat, enthält das Gesetz folgende Auslegungsregeln: Tipp Regeln Sie in Ihrem Testament auch den Fall, dass einzelne Verfügungen unwirksam sind. Folgende Formulierung ist zu empfehlen: Sollten eine oder mehrere Verfügungen un wirksam sein, so bleiben die übrigen wirksam. Einsetzung der gesetzlichen Erben : Hat der Erblasser seine gesetzlichen Er ben ohne nähere Bezeichnung bedacht, so sind diejenigen, welche zur Zeit des Erbfalls seine gesetzlichen Erben sein würden, nach dem Verhältnis ihrer gesetzlichen Erbteile bedacht ( 2066 BGB). Beispiel: Einsetzung gesetzlicher Erben Das Testament lautet: Erben sollen meine gesetzlichen Erben sein. Dann erben die gesetzlichen Erben; der Nachlass wird gleichmäßig aufgeteilt. Einsetzung von Verwandten : Hat der Erblasser seine Verwandten oder sei ne nächsten Verwandten ohne nähere Bestimmung bedacht, so sind im Zweifel diejenigen Verwandten, welche zur Zeit des Erbfalls seine gesetzlichen Erben sein würden, als nach dem Verhältnis ihrer gesetzlichen Erbteile bedacht anzusehen ( 2067 BGB). Lautet zum Beispiel das Testament Meine Erben sollen meine Verwandten sein, so erben in diesem Fall die Verwandten, die zum Zeitpunkt des Erbfalls gesetzliche Erben des Erblassers sind. Der überlebende Ehegatte wäre nicht Erbe, weil Ehegatten nicht miteinander verwandt sind. Einsetzung von Kindern : Hat der Erblasser seine Kinder ohne nähere Bestimmung bedacht und ist ein Kind vor der Errichtung des Testaments gestorben und hat Abkömmlinge hinterlassen, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Abkömmlinge insoweit bedacht sind, als sie bei der gesetzlichen Erbfolge an die Stelle des Kindes treten würden ( 2068 BGB).
Erbeinsetzung 137 Einsetzung von Abkömmlingen : Hat der Erblasser einen seiner Abkömmlinge bedacht und fällt dieser nach der Errichtung des Testaments weg, so ist anzunehmen, dass dessen Abkömmlinge insoweit bedacht sind, als sie bei der gesetzlichen Erbfolge an dessen Stelle treten würden ( 2069 BGB). 06 Beispiel: Einsetzung von Abkömmlingen Hat der Erblasser seine Tochter A im Testament namentlich als Erbin bezeichnet und stirbt diese nach der Errichtung des Testaments, aber vor dem Erblasser, so treten ihre Kinder an ihre Stelle. Eine Erbeinsetzung kann auch unter einer sogenannten aufschiebenden Bedingung vorgenommen werden. In diesem Fall erfolgt die Zuwendung im Zweifel nur, wenn der Be dachte den Eintritt der Bedingung erlebt ( 2074 BGB). Aufschiebende Bedingung Beispiel: Aufschiebende Bedingung A hat seinem Sohn B ein Geldvermächtnis für den Fall angeordnet, dass er sein Jura-Studium erfolgreich abschließt. Wenn B sein Studium nach dem Tod seines Vaters beendet, steht ihm das Geldvermächtnis zu, nachdem er die Bedingung erfüllt hat. Für den Fall einer auflösenden Bedingung gilt Folgendes: Hat der Erblasser eine letzt willige Zuwendung unter der Bedingung gemacht, dass der Begünstigte sich in einer be stimmten Weise verhält oder dass er ein bestimmtes Verhalten unterlässt, so verbleibt ihm die Zuwendung, solange er sich entsprechend der Bedingung verhält ( 2075 BGB). Auflösende Bedingung Beispiel: Auflösende Bedingung Der unverheiratete A hat seine Lebensgefährtin B zur Alleinerbin eingesetzt unter der Be dingung, dass sie sich innerhalb von fünf Jahren nach seinem Tod nicht wiederverhei ratet. Beim Tod von A wird B Erbin. Heiratet sie aber vor Ablauf von fünf Jahren, dann hat sie die Erbschaft an die gesetzlichen Erben des A herauszugeben.