Euro I. Der Euro und die Währungsunion Der Euro ist die Währung der Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaft- und Währungsunion (WWU). Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union hatten Ende 1991 im Maastrichter Vertrag vereinbart, bis spätestens 1999 eine WWU mit einer einheitlichen Währung zu schaffen. Nach einem Beschluss der Staats- und Regierungschefs der EU von 1995 heißt diese Währung Euro. Der Euro wurde am 1.1.1999 in elf EU-Staaten eingeführt. Das Projekt Euro fügt sich in eine Reihe längerfristiger finanz-, wirtschafts- und europapolitischer Entscheidungsprozesse und stellt die Krönung der wirtschafts- und währungspolitischen Integration dar. Die Einheitswährung vervollständigt den europäischen Binnenmarkt. Der Euro hebt die Segmentierung des Binnenmarktes durch unterschiedliche Währungen auf. Der Wegfall von Umtausch- und Kurssicherungskosten entlastet die Unternehmen. Ohne Wechselkursrisiko können die Unternehmen grenzüberschreitende Direkt- und Finanzinvestitionen leichter planen und durchführen. Allerdings erfordert die Währungsunion ein erheblich erhöhtes Maß an wirtschaftspolitischer Kooperation und interner struktureller Anpassungsfähigkeit und -bereitschaft der Mitgliedstaaten, weil der Wechselkurs als Ventil für den Ausgleich unterschiedlicher Preis- und Kostenentwicklungen weggefallen ist. Wegen dieses Anpassungszwangs kann der Euro einen Katalysator für notwendige wirtschaftspolitische Reformen darstellen. Umrechnungskurse der Währungen der 17 WWU-Teilnehmer in den Euro Belgischer Franc: 40,3399. Österreichischer Schilling: 13,7603. Deutsche Mark: 1,95583. Portugiesischer Escudo: 200,482. Finnmark: 5,94573. Spanische Peseta: 166,386. Französischer Franc: 6,55957. Griechische Drachme: 340,750. Irisches Pfund: 0,787564. Slowenischer Tolar: 239,640. Italienische Lira: 1936,27. Maltesische Lira: 0,429300. Luxemburgischer Franc: 40,3399. Zypriotisches Pfund: 0,585274. Niederländischer Gulden: 2,20371. Slowakische Krone: 30,1260. Estnische Krone: 15,6466. Die Einführung des Euro hatte unmittelbare praktische Konsequenzen für die Bürger. Der Umtausch in den Euro stellte eine wertneutrale Umrechnung dar, keine Währungsreform. Alle Guthaben und Verbindlichkeiten wurden zu dem unwiderruflich festgelegten Umrechnungskurs von den beteiligten Währungen in Euro umgerechnet. Im Mai 1998 war beschlossen worden, die zu diesem Zeitpunkt geltenden bilateralen Leitkurse im EWS endgültig festzuschreiben. Die Umrechnungskurse zum Euro konnten erst am 31.12.1998 festgelegt werden, da der ECU (Europäische Währungseinheit) als Währungskorb auch Währungen wie z. B. das
Pfund enthielt, die nicht an der WWU teilnahmen, und der Vertrag eine Umstellung von der ECU auf den Euro im Verhältnis 1:1 forderte. Am 1.1.1999 fiel dann der Startschuss zur Währungsunion mit der Einführung des Euro zunächst als Buchgeld und ab 1.1.2002 auch als Bargeld. II. Zeittafel der Europäischen Währungsunion Bereits 1970 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Gemeinschaft mit dem Werner-Plan die Schaffung einer WWU. Jedoch waren die frühen Pläne angesichts der Dollarkrise der siebziger Jahre und der starken Anhebungen der Ölpreise nicht realisierbar. Das 1979 eingeführte Europäische Währungssystem (EWS) erwies sich als eine erfolgreiche Vorstufe zur Einführung einer einheitlichen Währung, zeigte aber auch, dass es ohne unwiderrufliche Festlegung der Wechselkurse immer noch Risiken von Ab- oder Aufwertungen gab. Schließlich wurde das Projekt WWU 1988 durch einen Beschluss des Europäischen Rates erneut aufgegriffen und bis zum EU-Gipfel in Maastricht Ende 1991 zur Beschlussreife geführt. Aufbauend auf den Vorarbeiten des 1989 vorgelegten Delors-Berichts vereinbarten die Staatsund Regierungschefs, die Währungsunion in einem Stufenplan spätestens zum 1.1.1999 zu verwirklichen. In der ersten Stufe bis Ende 1993 wurde der Kapitalverkehr zwischen den EU- Staaten vollständig liberalisiert. Ferner sollte die Wirtschaftspolitik der EU-Mitgliedstaaten besser koordiniert werden. In der zweiten bis zum 31.12.1998 dauernden Stufe wurden das Europäische Währungsinstitut (EWI) als Vorläufer der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt a.m. gegründet, die nationalen Zentralbanken soweit noch nicht geschehen in die volle Unabhängigkeit entlassen und die Konvergenzbemühungen der Mitgliedstaaten, vor allem in der Finanzpolitik, verstärkt. III. Konvergenzkriterien als Eintrittsbedingungen zur Währungsunion Laut Maastrichter Vertrag müssen Staaten, die der WWU beitreten wollen, in ihrer Wirtschaftsentwicklung einen Gleichlauf aufweisen und zum Nachweis bestimmte Kriterien erfüllen. Zu diesen sog. Konvergenzkriterien gehören eine niedrige Inflationsrate, ein niedriger Zinssatz für Staatsanleihen, die Mitgliedschaft im EWS mit einer spannungsfreien Entwicklung des Wechselkurses sowie solide Staatsfinanzen mit Obergrenzen für die jährliche Neuverschuldung und die Höhe der Gesamtverschuldung. Mit dem Näherrücken des Termins für die Auswahl der Erstteilnehmer an der Währungsunion verfolgten alle potentiellen Teilnehmerstaaten in immer stärkerem Maße stabilitätsorientierte Politiken, um auf jeden Fall zu den Erstteilnehmern der WWU zu gehören. Gemäß dem Maastrichter Vertrag legten das EWI und die Europäische Kommission im März 1998 ihren jeweiligen Konvergenzbericht vor, in denen beurteilt wurde, inwieweit die einzelnen Mitgliedstaaten die Konvergenzkriterien erfüllt hatten. Auf Basis dieser Berichte gab die Europäische Kommission am 25.3.1998 abschließend ihre Beschlussempfehlung für die Teilnahme der einzelnen Mitgliedstaaten an der Währungsunion ab. Auf dieser Grundlage beschlossen Anfang Mai 1998 die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten, dass folgende elf EU-Länder an der dritten Stufe der Währungsunion ab dem 1.1.1999 teilnehmen: Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Österreich, Portugal und Spanien. Griechenland verfehlte nach Auffassung des Rates die Eintrittsbedingungen und wurde erst zwei Jahre später Mitglied der WWU. Großbritannien und Dänemark hatten sich im Maastricht-Vertrag das Recht einräumen lassen,
unabhängig davon, ob sie die Konvergenzkriterien erfüllen, der Währungsunion fernbleiben zu können, und teilten mit, dass sie dieses Recht in Anspruch nehmen wollten. Schweden nahm nicht am EWS teil und erfüllte damit nicht das Wechselkurskriterium. Hintergrund dafür waren Vorbehalte gegen die WWU. Die neuen Mitgliedstaaten der WWU müssen ebenfalls die Konvergenzkriterien erfüllen und durchlaufen ein ähnliches Verfahren. Nach Griechenland (2001) wurden Slowenien (2007), Malta und Zypern (2008), die Slowakei (2009) und Estland (2011) in die WWU aufgenommen. Mit Beginn der dritten Stufe der Währungsunion am 1.1.1999 ging die Zuständigkeit für die Geldpolitik von den nationalen Zentralbanken der teilnehmenden Staaten auf die EZB über. Diese ist gem. dem Maastricht-Vertrag, der sich insoweit am Gesetz über die Deutsche Bundesbank orientiert hat, unabhängig von politischen Weisungen von Seiten der Politik und in erster Linie dem Ziel der Erhaltung des Geldwertes verpflichtet. IV. Die Umstellung auf den Euro Mit dem Start der WWU am 1.1.1999 begann für den Euro eine dreijährige Einführungsphase. Zunächst wurde der Euro nur als Buchwährung eingeführt. Geschäfte mit dem Euro als Buchgeld waren ungehindert möglich, ein gesetzlicher Zwang zur Nutzung bestand jedoch nicht. Die EZB führte ihre Geldpolitik von Anfang an in Euro durch. Die Mitgliedstaaten begaben ihre Staatsanleihen in Euro. Die Wertpapiere wurden in Euro notiert, und der Devisenhandel erfolgte in Euro. In den Banken und vielen großen Unternehmen wurde der Euro bereits genutzt. Für die Bürger und die meisten kleineren Unternehmen blieb der Euro in dieser Phase aber eine virtuelle Währung. Für die Umstellung auf den Euro galt das Prinzip der Vertragskontinuität. Damit wurde sichergestellt, dass grundsätzlich alle nationalen Währungsbeträge in Rechtsinstrumenten (Verträgen, Schuldtiteln etc.) zu dem für die jeweilige Währung festgelegten Kurs umgerechnet wurden. Ein besonderes Kündigungsrecht war durch die Währungsunion nicht gegeben. Während der Übergangszeit bis zum 31.12.2001 galten die nationalen Währungen als Untereinheiten des Euro weiter und blieben gesetzliches Zahlungsmittel. Am 1.1.2002 wurde das neue Euro-Bargeld in zwölf Ländern der EU eingeführt, nachdem Griechenland 2001 WWU-Mitglied mit einer verkürzten Einführungsphase für den Euro geworden war. Die meisten Länder sahen bis zum 28.2.2002 einen Parallelumlauf, also den gleichzeitigen Umlauf von nationaler und europäischer Währung, vor. Doch schon nach vier Wochen wurden nahezu 100% der Barzahlungen in Euro abgewickelt. Mit dem 28.2.2002 wurde der Euro alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel im Eurogebiet. Die Bargeldumstellung verlief in organisatorischer Hinsicht reibungslos. Freilich war sie nach dem Empfinden vieler Bürger mit einem Teuerungsschub verbunden. In Deutschland kam es zur Euro Teuro -Diskussion. Die Statistiker sprachen von der gefühlten Inflation, da die Preisanhebungen Güter betrafen, deren Preise der Konsument kennt und beobachtet. Die statistisch gemessene Inflationsrate verminderte sich freilich von 2,1% im Januar 2002 bis Juni auf 0,8%. Das Statistische Bundesamt konnte keinen wesentlichen Einfluss der Bargeldeinführung feststellen, räumte aber Sonderentwicklungen bei einzelnen Gütern ein. In anderen Ländern war die Entwicklung ähnlich, die öffentliche Diskussion war aber weniger aufgeregt. V. Die Geldzeichen
Die Euro-Scheine zeigen fiktive Bauwerke auf der Vorderseite Fenster und auf der Rückseite Brücken. Das soll den Geist der Offenheit und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit symbolisieren. Jeder der sieben Scheine steht für eine Epoche und den entsprechenden Baustil. In die Banknoten, die es in den Stückelungen 5, 10, 20, 50, 100, 200 und 500 EUR gibt, wurde zum Schutz vor Fälschungen eine Reihe von Sicherheitsmerkmalen eingearbeitet. Die acht Münzen unterteilen sich in 1, 2, 5, 10, 20 und 50 EUR-Cent sowie 1 und 2 EUR (1 EUR = 100 Cent). Auf der gemeinsamen Vorderseite ist der Münzwert vor dem Hintergrund von leicht unterschiedlichen Landkarten der EU-Staaten und der zwölf Sterne der Europäischen Union zu sehen. Seit 2007 wird der gesamte europäische Kontinent abgebildet. Die Rückseiten der Münzen sind von Land zu Land unterschiedlich gestaltet. Jedes Mitgliedsland verwendet eigene Symbole. Die deutschen Münzen tragen auf den Ein-, Zwei- und Fünf-Cent- Stücken in Anlehnung an die Pfennige einen Eichenzweig. Auf den 10-, 20- und 50-Cent- Münzen ist das Brandenburger Tor abgebildet. Die beiden Euro-Münzen zeigen den deutschen Adler als Hoheitssymbol. VI. Die internationale Verwendung des Euro Der Euro wird auch in Andorra, Montenegro und im Kosovo als inländische Währung verwendet, ohne dass es hierzu eine formale Vereinbarung mit der Gemeinschaft gibt. Das Gebiet des Euro erstreckt sich auch auf die überseeischen Länder und Gebiete, die zu einem Euro-Staat gehören oder ihm assoziiert sind, wie etwa Guadeloupe, Französisch Guayana und Martinique. 15 Staaten in Schwarzafrika, meistens ehemalige französische Kolonien, waren mit ihrer Währung, dem CFA-Franc, durch ein Währungsabkommen mit Frankreich an den französischen Franc gebunden und sind es jetzt an den Euro. Frankreich ist dabei allein für die Aufrechterhaltung des Wechselkurses für die sog. Franc-Zone in Afrika verantwortlich. Der Euro hat das Gewicht Europas in der internationalen Währungspolitik verstärkt. Er hat sich rasch als zweitwichtigste Weltwährung nach dem US-Dollar etabliert und zb einen wesentlich höheren Anteil an den Währungsreserven als früher die D-Mark. Der Anteil an den weltweiten Devisenreserven stieg von 18% im Jahre 1999 auf 27% im Jahre 2010. Von den ausgegebenen Euro-Banknoten wurden 2010 wertmäßig zwischen 20 und 25% von Ansässigen außerhalb des Euroraums gehalten. VII. Der Stabilitätspakt und die Staatsschuldenkrise Um dauerhaft solide öffentliche Finanzen und eine Überforderung der stabilitätsorientierten Geldpolitik der EZB sicherzustellen, schlossen die Mitgliedstaaten Mitte 1997 den Stabilitätsund Wachstumspakt (SWP). Das Defizitverfahren, das bei einer Überschreitung des Referenzwerts für das Budgetdefizit von 3% einzuleiten ist, kann zur Verhängung finanzieller Sanktionen führen, wenn der Mitgliedstaat das Defizit nicht in hinreichender Zeit korrigiert. Allerdings war der SWP weniger effektiv, als man 1997 bei seiner Verabschiedung erwartet hatte. Sanktionen sind nicht verhängt worden. Eine Reform im Jahr 2005 verminderte nach vielfach vertretener Meinung sogar noch seine Wirksamkeit. Angesichts der 2010 ausgebrochenen Staatsschuldenkrise in der Eurozone beschloss der Europäische Rat im März 2011 eine neue Reform des SWP. Sie soll seine Wirksamkeit durch schnellere Sanktionen und verbesserte Entscheidungsverfahren deutlich verbessern. Gleichzeitig wurde der Euro-Plus-Pakt vereinbart, der eine intensive Überwachung der wirtschaftlichen Entwicklung der Euroländer vorsieht. Das Ziel liegt insb. darin, die Wettbewerbsfähigkeit der schwächeren Länder in der WWU zu verbessern. Nur so könnten sie aus den Schwierigkeiten herauswachsen. Schließlich wurde der Europäische Stabilitätsmechanismus
geschaffen. Er soll ab 2013 dafür sorgen, dass bei neuerlichen Krisen ein ausreichendes Volumen für Beistandskredite zur Verfügung steht. Jedoch dürfen die Kredite nur auf der Basis von strikten Auflagen zur Wirtschaftspolitik vergeben werden. Im Laufe des Jahres 2010 waren derartige Programme bereits für Griechenland und Irland aufgelegt worden, finanziert durch eine spezielle Fazilität für Griechenland bzw für Irland durch Mittel der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF). Im Mai 2011 wurde ein ähnliches Stützungsprogramm für Portugal beschlossen. Der finanzielle Beistand wurde vielfach heftig kritisiert. Er würde falsche Anreize in den Schuldnerländern schaffen ( moral hazard ). Zudem handele es sich um eine falsch verstandene Solidarität, wenn sogar Länder mit einem deutlich geringeren Wohlstand wie etwa Estland oder die Slowakei ein wohlhabendes Land wie Irland unterstützten. Außerdem wurde auf Art. 125 AEUV verwiesen, die sog. No-Bail-Out-Klausel, wonach weder die Gemeinschaft noch die Mitgliedstaaten für die Schulden eines anderen Staates haften. Allerdings verbietet der fragliche Artikel keine Unterstützungsaktionen der EU-Staaten auf freiwilliger Basis. Er besagt lediglich, dass Gläubiger eines insolventen Staates keinen Rechtsanspruch auf Hilfestellung der EU oder durch Mitgliedstaaten haben. Die Stützung von Griechenland und Irland 2010 war nach Meinung der Verantwortlichen alternativlos, da bei ihrer Insolvenz ein Domino-Effekt gedroht hätte, der auch andere Länder hätte mitreißen und sogar die Existenz des Euro gefährden können. Der EU-Gipfel Ende März 2011 hat beschlossen, in einem Zusatz zu Art. 136 AUEV klarzustellen, dass die Gemeinschaft berechtigt ist, Mitgliedstaaten mit Beistandskrediten unter die Arme zu greifen. 2011 war nicht zu übersehen, dass große Anstrengungen der Union und, allem voran, der überschuldeten Mitgliedstaaten, notwendig sein würden, um die WWU zu stabilisieren und eine Transferunion zu vermeiden. Erstes Ziel musste es sein, die damalige Staatsschuldenkrise zu überwinden, und zweitens ging es darum, ähnliche Entwicklungen in der Zukunft zu vermeiden. Dazu war es auch notwendig, dass die Länder der Peripherie, die deutlich stärker inflationiert hatten als die Kernländer der WWU, ihre Kostennachteile ausgleichen eine zweifellos schwierige Aufgabe. So war klar, dass das zweite Jahrzehnt der Währungsunion vermutlich schwieriger werden würde als das erste. Quelle: Ulrich Schröder. In: Bergmann (Hg.), Handlexikon der Europäischen Union. Baden-Baden 2012