Ulrich Benterbusch Wie kann die Energiewende in Deutschland finanziert werden? Paris, 13.04.2015: Deutsch-Französischer Workshop 1
Agenda. Rahmenbedingungen der Energiewende Finanzierung im Bereich Energieeffizienz Finanzierung im Bereich erneuerbare Energien und Energiesysteme 3
Rahmenbedingungen der Energiewende. 4
Reduktion von CO 2 -Emissionen: Energieeffizienz und Erneuerbare sind wichtigste Faktoren. Reduktion der CO 2 -Emissionen im 450 Szenario durch: Energieeffizienz REG Quelle: IEA, World Energy Outlook 2012 5
Die energiepolitischen Ziele der Bundesregierung. Mit ihrem Energiekonzept formuliert die Bundesregierung Leitlinien für eine bis zum Jahr 2050 reichende Gesamtstrategie mit den zentralen Zielsetzungen: Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 %, bis 2050 um 80 % (ggü. 1990) Senkung des Primärenergieverbrauchs um 20 % bis 2020 und um 50 % bis 2050 (ggü. 2008) Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch auf 18 % bis 2020 und auf 60 % bis 2050 Anteil der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch Koalitionsvertrag: 40-45 % bis 2025 und 55-60 % bis 2035 Energiekonzept: 80 % bis 2050 6
Nachfrage - Strom Nachfrage - Wärme EE Kraftwerke Übertragungsnetz Verteilnetz Offshore-Netz Status Quo der Handlungsfelder. Ausbauziel erneuerbare Energien (EE) als einziges Ziel (über-)erfüllt: Allerdings zu sehr hohen Kosten. Auf allen Ebenen dringender Handlungsbedarf: Kernaspekt ist die Koordination des EE-Ausbaus mit dem Fortschritt der anderen Handlungsfelder. Akuter Handlungsbedarf u. a. in: Koordination des Netzausbaus mit dem EE-Ausbau Senkung der Energienachfrage (d. h. Energieeffizienz) Erstellung eines neuen Strommarktdesigns Speicher EU Marktdesign Die Weichen für eine erfolgreiche Energiewende müssen jetzt gestellt werden. 7
Finanzierung im Bereich Energieeffizienz. 8
NAPE: Nationaler Aktionsplan Energieeffizienz. Strategie zur Steigerung der Energieeffizienz bis 2020 einschließlich Umsetzung der EU- Energieeffizienz-RL Grundsatz: Informieren Fördern Fordern Vier Handlungsfelder: Energieeffizienz in Gebäuden Energiesparen als Rendite- und Geschäftsmodell Eigenverantwortlichkeit für Energieeffizienz Weiterentwicklung Maßnahmen Verkehr 14 Sofortmaßnahmen und 22 weiterführende Arbeitsprozesse für die Handlungsfelder. 9
Förderung für Energieeffizienz in Gebäuden. Vor-Ort-Beratung: Staat fördert 60 Prozent der Beratungskosten; max. 800 Euro bei Ein- und Zweifamilienhäusern. CO2-Gebäudesanierungsprogramm: Förderung für Energieeffizienz in Neubau oder Sanierung über Zuschüsse oder zinsverbilligte Darlehen (insg. 2 Mrd. Euro p.a.) Marktanreizprogramm: Zuschüsse für Privathaushalte und Unternehmen, die erneuerbare Energien zum Heizen einsetzen wollen, über Zuschüsse (insg. 300 Mio. Euro p.a.) Steuerliche Förderung für energetische Sanierungsmaßnahmen (1 Mrd. Euro für 5 Jahre) 10
Energiesparen als Rendite- und Geschäftsmodell. Wettbewerb um Förderzuschüsse für Stromeffizienz: Je höher die Stromeinsparung pro Förder-Euro, desto höher der Zuschuss (300 Mio. Euro bis 2018). Ausfallbürgschaften für Contracting durch KMU: Soll es KMU erleichtern, Energieeinspar- Contracting anzubieten. KfW-Kredite für Energieeffizienz in Produktionsanlagen und prozessen. Höhe richtet sich nach Höhe der Energieeinsparung. Mittelfristig: Hemmnisse für Contracting und Effizienzinvestitionen abbauen. 11
Energieeinsparpotenziale. Endenergieverbrauch 2008 (in Petajoule) und wirtschaftliche Einsparpotenziale bis 2020 (in %) 700 600 500 400 300 200 100 0 702 11% 400 16% 710 17% 714 17% Quellen: BMWi Energiedaten 2012; Energieeffizienz-Szenario in der Studie EnEffVSys von dena + frontier economics 2013 12
Förderung flankieren durch Information. Energieeffizienz-Netzwerke für Unternehmen und Kommunen Überbetriebliche Lösungen durch Energieeffizienzmanager in Gewerbegebieten Branchenspezifische Informationskampagnen Transparenz: Kennzeichnung verbessern und Produktinformation erweitern Ausbau der Energieberatung, z. B. für den Mittelstand Etablierung einheitlicher Qualitätsstandards in der Beratung 13
Der deutsche marktorientierte Energieeffizienz- Ansatz. EnEV* EVPG* EBPG* Ordnungsrecht Standards und Spielregeln setzen Push-Wirkung EDL-G* Markt Angebot an und Nachfrage nach Energieeffizienz treffen aufeinander Markttransparenz Markt anreizen Pull-Wirkung Förderung Nachfrage anreizen Pull-Wirkung Erheblichen Einfluss auf die Entwicklung des deutschen Marktansatzes haben auch Energiedienstleistungen sowie wirtschaftliche Entwicklungen und Rahmenbedingungen *EnEV - Energieeinsparverordnung, EVPG - Energieverbrauchsrelevante-Produkte-Gesetz, EBPG - Energiebetriebene-Produkte-Gesetz, EDL-G - Energiedienstleistungs-Gesetz Quelle: Eigene Darstellung im Rahmen der Studie EnEffVSys 14
Finanzierung im Bereich erneuerbare Energien und Energiesysteme. 15
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), 2000-2014. Feste Vergütung für 20 Jahre (anfangs bis zu 50 Cent/kWh) Garantierte Abnahme Vorrangige Einspeisung für Strom aus erneuerbaren Energien Folgen: Rascher Ausbau der erneuerbaren Energien zu einer tragenden Säule der Stromversorgung in Deutschland (2014: über 25 Prozent) Anstieg der Umlage als Teil des Strompreises (2014: 6,24 Cent/kWh; insg. über 20 Mrd. Euro pro Jahr) Starke Veränderung der Marktbedingungen, z. B. für fossile Kraftwerke oder Pumpspeicher Zunehmender Flexibilitätsbedarf im Energiesystem (fossile Kraftwerke, Netze, Speicher, Demand Side Management) hoher Investitionsbedarf 16
EEG-Reform 2014. Festlegung des Anteils der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch. 40-45 % bis 2025 und 55-60 % bis 2035. Festlegung von Ausbaukorridoren und Degression der Vergütungssätze abhängig vom Ausbau für Solarenergie, Windenergie und Biomasse. Verpflichtende Direktvermarktung für Neuanlagen. ab einer Leistung von 500 KW (ab 01.08.2014) bzw. ab einer Leistung von 100 KW (ab 01.01.2016). Marktprämienmodell als Instrument zur schrittweisen Marktintegration der erneuerbaren Energien. Test von Ausschreibungsverfahren anstelle von gesetzlich festgelegten Vergütungen (Pilotausschreibung für PV-Anlagen) 17
Weiterentwicklung des Strommarkts. BMWi-Grünbuch: Ein Strommarkt für die Energiewende (Oktober 2014) Nennt Maßnahmen zur Optimierung des Strommarkts (Flexibilisierung der Netze, Kraftwerke, Speicher, Nachfrage) Konsultationsphase läuft. Als nächstes kommt Weißbuch. Kernfrage: Reicht optimierter Strommarkt (Energy- Only-Markt), um genügend Kapazitäten im Markt zu halten, oder braucht es Kapazitätsmarkt? Wichtig ist: Der Strommarkt muss auch zum Bau effizienter konventioneller Kraftwerke Signale geben. 18
Energy-Only-Markt Möglichkeiten und Grenzen. Energy-Only-Markt ist ein effizienter Mechanismus zur Koordination von Nachfrage und Erzeugung Ausbau erneuerbarer Energien im Stromsystem ist deutlich schneller als geplant erfolgt, daraus resultiert ein erheblich gesunkenes Strompreisniveau im Großhandelssegment Neue, moderne Kraftwerke sowie Investitionen in Retrofit- Maßnahmen bestehender Kraftwerke: hohe Abschreibungen und oftmals hohe Brennstoffkosten (Missing Money Problem) Erhebliche Marktverunsicherung infolge unrentabler Kraftwerksinvestitionen Kapitalkosten für Erzeugungsleistung und viele Flexibilitätsoptionen sind nicht allein über strompreisbasierten Markt zu decken 19
Derzeitiger Favorit: EOM plus strategische Reserve. Die Marktoption EOM plus strategische Reserve wird derzeit von politischer Seite favorisiert Dieses Marktkonzept wirft Fragen auf: Hohe Preisspitzen sollen die Refinanzierbarkeit kapitalintensiver Investitionen ermöglichen: Sind die zu erwartenden Preisspitzen politisch durchhaltbar? Die heutige Netzreserve erreicht bereits 2017 einen Umfang von 7 GW. Ist die außermarktliche Kapazität dieser Größenordnung eine Reserve? Wie kann über diesen Ansatz ein gemeinsamer Markt für EE und gesicherte Leistung erreicht werden? 20
Ein effizienter und klimaschonender Kraftwerkspark. Neues Strommarktdesign erforderlich, das die EE-Marktintegration und Versorgungssicherheit gleichermaßen ermöglicht: Umsetzung der Ausbauziele für erneuerbare Energien Gewährleistung von Versorgungssicherheit Im Einklang mit dem EU-Binnenmarkt Elektrizität Das Strommarktdesign muss Anreize setzen: Best in class Kraftwerke bzgl. Wirkungsgrad, Flexibilität, Emissionsintensität und Regionalität Zur Erreichung der klimapolitischen Ziele Diskriminierungsfreie Teilnahme von Flexibilitäten Zur Tätigung langfristig wirksamer Investitionen Klimapolitische Zielsetzungen unter Einbeziehung der europäischen Potenziale erreichen: Ausgleich fluktuierender EE-Erzeugung Nutzung von Speicherpotenzialen (Wasserkraft, Gas) 21
Effizienz entscheidet. Vielen Dank. www.dena.de shop.dena.de 22